Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.404/2002
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2A.404/2002 /zga

Urteil vom 28. November 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Gerichtsschreiber Schaub.

A. ________ AG,
Beschwerdeführerin,

gegen

Staat Zürich, vertreten durch das Kantonale Steueramt Zürich, Abteilung
Rechtsdienst, Sumatrastrasse 10, 8090 Zürich Amtsstellen Kt ZH,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.

Staats- und Gemeindesteuern 1994-1996,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 2. Abteilung,
vom 8. Mai 2002.

Sachverhalt:

A.
Aus der Einzelfirma "B.________ Treuhand- und Revisionsbüro" ging 1984 die
A.________ AG hervor, deren Verwaltungsratspräsident B.________ ist. Er war
auch Verwaltungsratspräsident der C.________ AG, die seit 1988 erhebliche
finanzielle Schwierigkeiten hatte und über die 1991 der Konkurs eröffnet
wurde. Für die von der C.________ AG dringend benötigten Darlehen hatte sich
B.________ der Bank als Solidarbürge verpflichtet. In den Jahren 1993 bis
1995 musste er deshalb im Umfang von Fr. 55'000.--, Fr. 60'000.-- und Fr.
95'000.-- Leistungen erbringen, die alle der Erfolgsrechnung der A.________
AG belastet wurden.

B.
In der Folge hat das Steueramt des Kantons Zürich im Wesentlichen diese
Bürgschaftszahlungen als geschäftsmässig begründeten Aufwand nicht anerkannt
und dem steuerbaren Reinertrag zugerechnet. Ebenfalls nicht als
Geschäftsaufwand anerkannt hat es Kosten aus einem Aktenherausgabeprozess.
Auf Rekurs hin wurde die A.________ AG von der Steuerrekurskommission II des
Kantons Zürich (nachfolgend: Rekurskommission) am 3. Dezember 2001 bei der
Staats- und Gemeindesteuer für die Steuerjahre 1994 bis 1996 mit einem
steuerbaren Ertrag von Fr. 77'700.-- (zum Satz von 9,714%), Fr. 114'900.--
(Satz 11,091%) bzw. Fr. 105'600.-- (Satz 11,721%) und einem steuerbaren
Kapital von Fr. 555'000.--, Fr. 557'000.-- bzw. Fr. 401'000.-- (je zum Satz
von 1,5 Promille) eingeschätzt. Die dagegen geführte Beschwerde mit den
Begehren, den steuerbaren Ertrag auf Fr. 22'700.--, Fr. 54'900.-- bzw. Fr.
5'800.-- herabzusetzen, wies die 2. Abteilung des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich (nachfolgend: Verwaltungsgericht) mit Urteil vom 8. Mai 2002
ab.

C.
Mit Eingabe vom 21. August 2002 führt die A.________ AG
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil
des Verwaltungsgerichts vom 8. Mai 2002 aufzuheben und an die Vorinstanz zur
Neubeurteilung zurückzuweisen sowie festzustellen, dass der Sachverhalt
unrichtig festgestellt wurde, insbesondere B.________ nicht Hauptaktionär der
Beschwerdeführerin sei, und dass gewisse Zahlungen der Beschwerdeführerin
keine verdeckten Gewinnausschüttungen, sondern geschäftsmässig begründeten
Aufwand darstellten.

Gerügt werden die unrichtige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts,
die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, des
Untersuchungsgrundsatzes, des Grundsatzes von Treu und Glauben, des
Beschleunigungsgebots nach Art. 29 Abs. 1 BV bzw. des daraus abgeleiteten
Verbots der Rechtsverzögerung sowie des Anspruchs auf ein faires Verfahren
und gerechte Behandlung gemäss Art. 29 Abs. 1 BV.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach Art. 73 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die
Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden
(Steuerharmonisierungsgesetz StHG; SR 642.14) unterliegen Entscheide der
letzten kantonalen Instanz, die eine in den Titeln 2-5 und 6 in Kapitel 1
dieses Gesetzes geregelte Materie betreffen, der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Das
Steuerharmonisierungsgesetz ist am 1. Januar 1993 in Kraft getreten. Es
gewährt den Kantonen eine Frist von acht Jahren ab Inkrafttreten, um ihre
Gesetzgebung den Vorschriften der Titel 2-6 anzupassen (Art. 72 Abs. 1 StHG).
Nach Ablauf dieser Frist findet das Bundesrecht direkt Anwendung, wenn ihm
das kantonale Steuerrecht widerspricht (Art. 72 Abs. 2 StHG). Wie das
Bundesgericht in BGE 123 II 588 E. 2 lit. d und e S. 592 dargelegt hat, sind
die Kantone während der achtjährigen Anpassungsfrist in der Ausgestaltung und
Anwendung des Steuerrechts frei. Das Steuerharmonisierungsgesetz sieht nicht
vor, dass die Bundesbehörden den Harmonisierungsgrundsätzen schon vor Ablauf
dieser Frist Nachachtung zu verschaffen haben, auch wenn der kantonale
Gesetzgeber sein Steuerrecht vorzeitig angepasst hat. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist deshalb zur Überprüfung der Anwendung des
kantonalen Steuerrechts selbst dann nicht vor dem 1. Januar 2001 zulässig,
wenn das kantonale Recht dem Steuerharmonisierungsgesetz bei dessen
Inkrafttreten bereits entspricht oder diesem vor dem 1. Januar 2001 angepasst
wird.

Inzwischen ist die Anpassungsfrist des Art. 72 Abs. 1 StHG abgelaufen und das
Steuerharmonisierungsgesetz direkt anwendbar, wenn ihm das kantonale
Steuerrecht widerspricht. Das gilt jedoch nur für die Steuerperioden seit dem
1. Januar 2001. Für die Steuern früherer Perioden ist weiterhin das bisherige
kantonale Recht anwendbar, das noch nicht harmonisiert sein musste. Gegen
entsprechende kantonale Entscheide steht daher die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, die der Durchsetzung des
Steuerharmonisierungsgesetzes dient, nicht zur Verfügung (Urteil des
Bundesgerichts 2P.311/2001 vom 5. April 2002, E. 1; 2A.436/2001 vom 7. März
2002, E. 1.1, mit Hinweisen; Danielle Yersin, Harmonisation fiscale: La
dernière ligne droite, ASA 69 S. 305 ff., 308 f.; Markus Reich, Gedanken zur
Umsetzung des Steuerharmonisierungsgesetzes, ASA 62 S. 577 ff., 603). Da es
im vorliegenden Fall um die Steuerjahre 1994-96 geht, kann auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden.

1.2 Zulässig ist einzig das Rechtsmittel der staatsrechtlichen Beschwerde
nach Art. 84 ff. OG. Die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels schadet
der Beschwerdeführerin nicht, sofern die Eingabe die formellen Anforderungen
des zutreffenden Rechtsmittels erfüllt (BGE 120 Ib 379 E. 1a S. 381, mit
Hinweisen). Die Beschwerde ist insoweit als staatsrechtliche Beschwerde
entgegenzunehmen. Sie richtet sich gegen einen letztinstanzlichen kantonalen
Endentscheid (Art. 86 OG), der die Beschwerdeführerin in rechtlich
geschützten Interessen trifft (Art. 88 OG).

Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
"welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind". Das
Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur klar
und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Der
Beschwerdeführer hat sich mit der Begründung des angefochtenen Entscheids im
Einzelnen zu befassen und zu erklären, welches geschriebene oder
ungeschriebene verfassungsmässige Individualrecht seiner Ansicht nach
verletzt sein soll. Wirft der Beschwerdeführer der kantonalen Behörde zum
Beispiel vor, sie habe mit einer vorgenommenen Anwendung des kantonalen
Rechts Art. 9 BV (früher: Art. 4 aBV) verletzt, so genügt es nicht, wenn er
einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich; bei der
Rechtsanwendungsrüge hat der Beschwerdeführer vielmehr die Rechtsnorm, die
qualifiziert unrichtig oder nicht angewendet worden sein soll, zu bezeichnen
und anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen zu zeigen, inwiefern der
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem und offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Auf Vorbringen, die diesen Anforderungen
nicht genügen, und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid
tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3 f.; 125 I 492 E.
1b S. 495, mit Hinweisen). Weiter ist die staatsrechtliche Beschwerde - von
hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen - rein kassatorischer
Natur (BGE 128 I 63 E. 6 S. 78 f.; 127 II 1 E. 2 S. 5, mit Hinweisen;
grundlegend BGE 124 I 327 E. 4 S. 332 ff.); der Erlass positiver Anordnungen
oder Feststellungen ist demnach ausgeschlossen. Auf die Beschwerde ist daher
nicht einzutreten, soweit mehr als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids
verlangt wird.

1.3 Umstritten sind Aufwendungen aus Bürgschaftsverpflichtungen, die von
B.________ zur Finanzierung der C.________ AG eingegangen, als Aufwand der
Erfolgsrechnung der Beschwerdeführerin belastet und bei ihr von den
Steuerbehörden als verdeckte Gewinnausschüttungen aufgerechnet wurden. Zudem
sind dem Geschäftsaufwand der Beschwerdeführerin belastete Kosten aus einem
Aktenherausgabeprozess zwischen ihr und B.________ einerseits und
andererseits den Unternehmen D.________ SA, E.________ AG, F.________ und
G.________ AG (in denen B.________ vorher als Verwaltungsratspräsident
gewirkt hatte) steuerlich nicht anerkannt worden. Die Beschwerdeführerin
wirft dem Verwaltungsgericht bzw. der Rekurskommission vor, von einem
falschen Sachverhalt ausgegangen zu sein bzw. falsche Sachverhaltsannahmen
getroffen, gewisse Vorbringen wegen des Novenrechts im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht berücksichtigt und damit ihr
rechtliches Gehör verletzt zu haben.

Die Argumentation der Beschwerdeführerin genügt den Begründungsanforderungen
einer staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) nicht. Soweit
die Beschwerdeführerin auf Grund des Novenrechts mit ihren Vorbringen nicht
gehört wurde, hätte sie ausgehend von den massgebenden Gesetzesvorschriften
darlegen müssen, inwiefern diese nicht nur unzutreffend, sondern darüber
hinaus qualifiziert unrichtig und damit willkürlich angewendet worden sein
sollen (BGE 123 III 261 E. 4a S. 270; 110 Ia 1 E. 2a S. 3). Auch die Rüge,
das Verwaltungsgericht sei bei der Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts in Willkür verfallen, wird nicht rechtsgenügend erhoben. Die
Beschwerdeführerin behauptet, sie sei mit ihren Darstellungen nicht gehört
worden, und stellt den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die sie als
falsch oder willkürlich bezeichnet, bloss ihre Sicht der Dinge gegenüber.
Eine solche, rein appellatorische Begründung genügt für die Substanziierung
der Willkürrüge im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nicht. Ebenso
wenig ist eine Verfahrensverzögerung durch die Steuerbehörden ausreichend
substanziiert. Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten.

2. Soweit die Beschwerdeführerin gestützt auf Art. 29 Abs. 1 BV eine fehlende
Rechtsmittelbelehrung rügt, kann ihr nicht gefolgt werden. Es besteht keine
bundesrechtliche Bestimmung, wonach mit einer Rechtsmittelbelehrung auf die
Möglichkeit des ausserordentlichen Rechtsmittels (vgl. Art. 35 Abs. 2 VwVG)
der staatsrechtlichen Beschwerde hingewiesen werden müsste (vgl. BGE 98 Ib
333 E. 2a S. 337 ff., mit Hinweisen; Jean-François Egli, La protection de la
bonne foi dans le procès, in Verfassungsrechtsprechung und
Verwaltungsrechtsprechung, Sammlung von Beiträgen veröffentlicht von der I.
öffentlichrechtlichen Abteilung des schweizerischen Bundesgerichts, Zürich
1992, S. 231; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung,
Ergänzungsband, Basel 1990, Nr. 86/I). Dass eine entsprechende Pflicht aus
dem zürcherischen Verfahrensrecht abgeleitet werden könnte, ist weder geltend
gemacht noch nachgewiesen.

3.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit nicht einzutreten. Die als
staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommene Eingabe erweist sich als
unbegründet und ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine
Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Eingabe wird als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen und
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Staat Zürich und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, sowie der
Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. November 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: