Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.366/2002
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2A.366/2002/sch

Urteil vom 31. Juli 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Feller.

X. ________, geb. 1985,
zzt. Ausschaffungsgefängnis, Basel-Stadt Bässlergut, Freiburgerstrasse 48,
4057 Basel,
Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Ausländerfragen Zug,
Aabachstrasse 1, Postfach 857, 6301 Zug,
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Haftrichter,
An der Aa 6, Postfach 760, 6301 Zug.

Verlängerung der Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b Abs. 2 OG,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zug, Haftrichter, vom 5. Juli 2002.

Sachverhalt:

A.
Der russische Staatsangehörige X.________ reiste am 24. September 2001 in die
Schweiz ein und stellte ein Asylgesuch. Am 26. Oktober 2001 wurde er wegen
Verdachts des Diebstahls, des Hausfriedensbruchs, der Sachbeschädigung, des
Verstosses gegen das Waffengesetz und der Vorbereitung zum Raub in
Untersuchungshaft genommen. Gestützt auf Art. 13a lit. e des Bundesgesetzes
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) ordnete das
Amt für Ausländerfragen des Kantons Zug am 7. November 2001 gegen X.________
Vorbereitungshaft an. Mit Verfügung vom 9. November 2001 bestätigte der
Haftrichter des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug die Vorbereitungshaft.
Mit Verfügung vom 7. Dezember 2001 trat das Bundesamt für Flüchtlinge auf das
Asylgesuch nicht ein, weil X.________ innert Frist keine Reisepapiere oder
andere Dokumente zwecks Identifikation abgegeben und nicht glaubhaft gemacht
hatte, dass er hiezu nicht in der Lage gewesen wäre, und weil sich zudem
seinen Angaben zur Asylbegründung keine Hinweise auf eine Verfolgung
entnehmen liessen, die sich nicht als offensichtlich haltlos erwiesen.
Gleichzeitig wies das Bundesamt X.________ aus der Schweiz weg, wobei er die
Schweiz sofort zu verlassen hatte. Mit dem Vollzug der Wegweisung wurde der
Kanton Zug beauftragt. Nach Eröffnung dieses Asylentscheids, der in
Rechtskraft erwachsen ist, ordnete das Amt für Ausländerfragen des Kantons
Zug am 11. Dezember 2001 die Umwandlung der Vorbereitungs- in
Ausschaffungshaft an (Art. 13b Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 13a lit.
e ANAG). Die Ausschaffungshaft wurde mit Verfügung des Haftrichters vom 13.
Dezember 2001 (zusätzlich gestützt auf Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG)
bestätigt. Am 4. März 2002 stimmte der Haftrichter einer Verlängerung der
Ausschaffungshaft um maximal vier Monate, d.h. bis zum 8. Juli 2002, zu. Auf
Gesuch des Amtes für Ausländerfragen verlängerte er sodann nach mündlicher
Verhandlung die Ausschaffungshaft mit Verfügung vom 5. Juli 2002 um maximal
zwei Monate, d.h bis zum 8. September 2002.

B.
Mit Eingabe in russischer Sprache vom 18. Juli 2002, von Amtes wegen in die
deutsche Sprache übersetzt, erhob X.________ gegen die Verfügung des
Haftrichters Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Das Amt für Ausländerfragen und der Haftrichter beantragen, die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als vollumfänglich unbegründet abzuweisen,
soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Ausländerfragen hat keine
Stellungnahme eingereicht.

Der Beschwerdeführer hat von der Möglichkeit, ergänzend Stellung zu nehmen,
innert Frist nicht Gebrauch gemacht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1  Wurde ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger
Weg- oder Ausweisungsentscheid eröffnet, so kann die zuständige kantonale
Behörde (Art. 13c Abs. 1 ANAG) einen Ausländer zur Sicherstellung von dessen
Vollzug in Ausschaffungshaft nehmen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b
ANAG (s. auch Art. 13c Abs. 3 und 5 lit. c ANAG) erfüllt sind, insbesondere
wenn ein gesetzlicher Haftgrund gemäss Art. 13b Abs. 1 ANAG vorliegt. Die
Rechtmässigkeit und die Angemessenheit der Haft sind spätestens nach 96
Stunden durch eine richterliche Behörde aufgrund einer mündlichen Verhandlung
zu überprüfen (Art. 13c Abs. 2 ANAG). Die Haft darf vorerst für höchstens
drei Monate angeordnet werden; stehen dem Vollzug der Weg- oder Ausweisung
besondere Hindernisse entgegen, so kann die Haft mit Zustimmung der
kantonalen richterlichen Behörde um höchstens sechs Monate verlängert werden
(Art. 13b Abs. 2 ANAG); die Ausschaffungshaft darf damit maximal neun Monate
dauern. Die für den Vollzug der Weg- oder Ausweisung notwendigen Vorkehrungen
sind umgehend zu treffen (Art. 13b Abs. 3 ANAG; Beschleunigungsgebot).

1.2
1.2.1Mit der gegen den Beschwerdeführer verfügten Ausschaffungshaft soll die
Vollstreckung der rechtskräftigen Wegweisungsverfügung des Bundesamtes für
Flüchtlinge sichergestellt werden. Sie dient somit dem vom Gesetz
vorgesehenen Zweck.

1.2.2 Die Haft muss sich auf einen der gesetzlichen Haftgründe stützen
lassen.
Gemäss Art. 13b Abs. 1 lit. a und b ANAG in Verbindung mit Art. 13a lit. e
ANAG kann der Ausländer in Ausschaffungshaft belassen bzw. genommen werden,
wenn er Personen ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet
und deshalb strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist. Gegen
den Beschwerdeführer wird im Rahmen einer Strafuntersuchung unter anderem
wegen Vorbereitung zum Raub ermittelt. Dabei handelt es sich um ein Delikt,
welches dazu führen kann, dass Personen an Leib und Leben erheblich gefährdet
werden, bei welchem aber jedenfalls Personen ernsthaft bedroht werden. Es
kann hiefür auf die Verfügung des Haftrichters vom 9. November 2001
betreffend Bestätigung der Vorbereitungshaft (E. 3 und 5) verwiesen werden.
Ferner erachten die kantonalen Behörden den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1
lit. c ANAG für erfüllt. Danach ist die Ausschaffungshaft zulässig, wenn
konkrete Anzeichen befürchten lassen, dass der Ausländer sich der
Ausschaffung entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten
darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt
(Haftgrund der "Untertauchensgefahr", Kriterien zusammengefasst in BGE 122 II
49 E. 2 a S. 50 f., s. auch BGE 125 II 369 E. 3 b/aa S. 375). Der Haftrichter
hat festgestellt, dass der Beschwerdeführer sich einerseits unkooperativ
verhalte und andererseits kontinuierlich bestätige, dass er nicht bereit sei,
nach Russland zurückkehren. Die Aktenlage bestätigt diese
Sachverhaltsdarstellung. Die Ausführungen des Beschwerdeführers vor
Bundesgericht sind nicht geeignet, diese als offensichtlich unrichtig
erscheinen zu lassen oder auch nur zu relativieren, weshalb sie für das
Bundesgericht verbindlich ist (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG). Bei dieser Sachlage,
insbesondere angesichts der Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch nach
rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens sich konsequent weigert, nach
Russland zurückzukehren, ist es naheliegend anzunehmen, dass er, sollte er
aus der Haft entlassen werden, sich den Behörden für den Vollzug der
Wegweisung nicht zur Verfügung halten würde. Die Haft lässt sich auch auf den
Haftgrund der Untertauchensgefahr stützen.

1.2.3 Die Feststellungen des Haftrichters über die von den Behörden im
Hinblick auf den Wegweisungsvollzug unternommenen Schritte finden ihre
Bestätigung in den Akten und halten jedenfalls der beschränkten Überprüfung
durch das Bundesgericht (vgl. Art. 105 Abs. 2 OG) stand. Es ist davon
auszugehen, dass sich die entsprechenden Bemühungen vor allem auch wegen des
Verhaltens des Beschwerdeführers schwierig gestalten. Damit steht fest, dass
die Behörden das Beschleunigungsgebot im Sinne von Art. 13b Abs. 3 ANAG
eingehalten haben. Zugleich ist davon auszugehen, dass dem Vollzug der
Wegweisung besondere Hindernisse im Sinne von Art. 13b Abs. 2 ANAG
entgegenstehen, die die Verlängerung der Haft erlauben. Trotz dieser
Hindernisse muss aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Ausschaffung
innerhalb der noch verbleibenden zulässigen Haftdauer nicht möglich sein wird
(vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG).

1.2.4 Die Haft (bzw. deren Dauer) muss verhältnismässig sein (BGE 126 II 439
E. 4b S. 440 f.; 125 II 377 E. 4 S. 383; 119 Ib 193 E. 2c S. 198; vgl. auch
BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.). Zu beachten sind dabei die gesetzlichen
Anforderungen an die Haftbedingungen (vgl. Art. 13c Abs. 3 sowie Art. 13d
ANAG; dazu BGE 123 I 221; 122 II 299; 122 I 222), wobei insbesondere zu
prüfen ist, ob der Ausländer hafterstehungsfähig ist.

Mit dem angefochtenen Entscheid ist die Ausschaffungshaft von bisher sieben
auf neun Monate verlängert worden. Angesichts der gesamten Umstände
(schleppender Wegweisungsvollzug letztlich wegen der unkooperativen Haltung
des Beschwerdeführers) lässt sich dies, korrekte Haftbedingungen
vorausgesetzt, grundsätzlich rechtfertigen. Was die Haftbedingungen betrifft,
macht der Beschwerdeführer geltend, er sei für zwei Tage in eine "Strafzelle"
versetzt, er sei einmal geschlagen und es seien ihm einmal Hand- und
Fussschellen verpasst worden; im Gefängnisladen würden Waren mit abgelaufenem
Datum verkauft; medizinische Hilfe gebe es sodann überhaupt nicht. Der
Beschwerdeführer erklärt nicht, in welcher Situation Hand- und Fussschellen
zum Einsatz kamen und unter welchen Umständen er in eine Einzelzelle
verbracht wurde; beide Massnahme sind jedenfalls nicht per se untersagt.
Ebenso wenig konkretisiert er, wann ihm - notwendige - medizinische Betreuung
nicht angeboten worden sei. Dafür, dass er einmal geschlagen worden sei und
dass ihm vom Mitarbeiter des Bundesamtes für Flüchtlinge Prügel angedroht
worden sein sollen, gibt es keine genügenden Hinweise. Diese Behauptungen
sind jedenfalls auf dem Hintergrund der gesamten Äusserungen des
Beschwerdeführers zu sehen, die insgesamt eher auf ein Unverständnis
gegenüber der Institution Ausschaffungshaft und auf eine (im
bundesgerichtlichen Verfahren unzulässige) Infragestellung der Ablehnung des
Asylbegehrens hinauslaufen. Die  Ausführungen des Beschwerdeführers sind
jedenfalls nicht geeignet, unzulässige Haftbedingungen oder fehlende
Hafterstehungsfähigkeit glaubhaft zu machen. Die (letztmalige) Verlängerung
der Haft um weitere zwei Monate ist nicht unverhältnismässig.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich in jeder Hinsicht als
offensichtlich unbegründet, und sie ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a
OG) abzuweisen; soweit die Asylfrage zum Gegenstand der Beschwerde gemacht
wird, ist darauf nicht einzutreten.

Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer als unterliegende
Partei grundsätzlich kostenpflichtig (Art. 156 OG). In Fällen der
vorliegenden Art rechtfertigt es sich jedoch, von der Erhebung einer
Gerichtsgebühr abzusehen (vgl. Art. 154 und Art. 153a Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht im

Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt für Ausländerfragen und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Haftrichter, sowie dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. Juli 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: