Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.33/2002
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2A.33/2002/bie

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                        1. März 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichterin Yersin,
Bundesrichter Merkli und Gerichtsschreiber Wyssmann.

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                         In Sachen

N.H.________ und G.H.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

Steuerverwaltung des Kantons  B e r n,
Steuerrekurskommission des Kantons  B e r n,

                         betreffend
               direkte Bundessteuer 1997/98,

hat sich ergeben:

        N.H.________ und G.H.________ wurden für die
direkte Bundessteuer 1997/98 nach Ermessen mit einem steuer-
baren Einkommen von Fr. 200'000.- eingeschätzt. Auf eine
Einsprache trat die Steuerverwaltung des Kantons Bern nicht
ein, weil die Eingabe keine genügende Begründung enthalte.

        Mit Entscheid vom 16. Oktober 2001, versandt am
24. Oktober 2001, wies die Steuerrekurskommission des
Kantons Bern die Beschwerde ab und bestätigte den Ein-
spracheentscheid (Nichteintretensentscheid).

        Nach Ablauf der Beschwerdefrist, mit Eingabe vom
17. Januar 2002, erhoben die Steuerpflichtigen Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde. Gleichzeitig stellten sie das Gesuch, es
sei die Frist für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wieder
herzustellen.

        Mit Schreiben vom 25. Januar 2002 wurden die
Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass das Fristwieder-
herstellungsgesuch nach Ablauf der Frist von 10 Tagen, die
das Gesetz vorsehe, gestellt worden sei und darauf schwer-
lich eingetreten werden könne. Es wurde ihnen angeboten,
die Beschwerde kostenlos zurückzuziehen. Mit Eingabe vom
13. Februar 2002 hielten die Beschwerdeführer an der
Beschwerde fest.

        Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführer mit
ihrer Eingabe die Frist von 30 Tagen, die Art. 106 Abs. 1 OG
für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorschreibt, nicht
eingehalten haben. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
kann somit nur eingetreten werden, wenn ein Grund für die
Wiederherstellung der Frist gegeben und das Gesuch um
Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist recht-
zeitig gestellt worden ist.

     2.- Gemäss Art. 35 des Bundesgesetzes über die Organi-
sation der Bundesrechtspflege vom 16. Dezember 1943 (Bundes-
rechtspflegegesetz, OG) kann Wiederherstellung gegen die
Folgen der Versäumung einer Frist nur dann erteilt werden,
wenn der Gesuchsteller oder sein Vertreter durch ein unver-
schuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innert der Frist
zu handeln; er muss binnen zehn Tagen nach Wegfall des Hin-
dernisses unter Angabe desselben die Wiederherstellung ver-
langen und die versäumte Rechtshandlung nachholen (Abs. 1).
Die Entscheidung erfolgt auf Grundlage eines schriftlichen
Verfahrens ohne öffentliche Beratung (Abs. 2).

        Diese Vorschrift findet Anwendung, wenn Wiederher-
stellung der Frist für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gemäss Art. 106 OG verlangt wird. Das gilt auch dann, wenn
ein Entscheid der Eidg. Steuerrekurskommission über die
direkte Bundessteuer angefochten wird. Das Bundesgesetz über
die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (DBG) enthält
für das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde diesbe-
züglich keine Sondervorschrift, die hier angewendet werden
könnte (vgl. Art. 146 DBG). Die von den Beschwerdeführern
zitierten Bestimmungen, Art. 133 Abs. 3 und 140 Abs. 4 DBG,
gelten für das Einspracheverfahren sowie das Verfahren vor

der Steuerrekurskommission, wie aus den Überschriften her-
vorgeht, und sind auf das Verfahren der Verwaltungsgerichts-
beschwerde nicht anwendbar (s. auch ASA 60 S. 633 ff.;
Känzig/Behnisch, Die direkte Bundessteuer, 2. Aufl. 1992,
N 31 zu Art. 112).

     3.- Die Beschwerdeführer begründen ihr Fristwiederher-
stellungsgesuch damit, dass im Rahmen des aussergerichtli-
chen Nachlassvertrages zwischen ihnen und der Steuerverwal-
tung am 12. November 2001, während laufender Beschwerdefrist
für die Anfechtung des Steuerrekurskommissionsentscheides,
eine Vereinbarung getroffen worden sei. Danach sei für die
Kantons- und Gemeindesteuern sowie direkte Bundessteuer per
Saldo aller Ansprüche per 31. Dezember 2000 ein Betrag von
Fr. 125'267.65 zu bezahlen. Gestützt auf Ziff. 3 dieser Ver-
einbarung hätten die Beschwerdeführer verzichtet, gegen den
Entscheid der Steuerrekurskommission vom 16. Oktober 2001
Beschwerde zu führen. Sie hätten erst aus dem Schreiben der
Steuerverwaltung vom 17. Dezember 2001 ersehen können, dass
die Steuerverwaltung es ablehne, die Verlustvorträge per
1. Januar 1999 mit künftigen Gewinnen zu verrechnen. Auf-
grund dieser neuen Situation seien die Beschwerdeführer
nicht mehr an Ziff. 3 der Vereinbarung gebunden und sähen
sich gezwungen, gegen den Entscheid der Steuerrekurskommis-
sion Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen.

        Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob
im Sinne der subjektiven Theorie die Vereinbarung mit der
Steuerbehörde vom 12. November 2001 einen genügenden Grund
darstellte, um die verspätete Beschwerde zu entschuldigen.
Jedenfalls bestand mit dem Schreiben der Steuerverwaltung
vom 17. Dezember 2001 das Hindernis, das die Beschwerdefüh-
rer gemäss ihren eigenen Ausführen von der rechtzeitigen
Beschwerdeführung abhielt (Art. 35 Abs. 1 OG), nicht mehr.
Dieses Ereignis fiel in die Gerichtsferien, die bis und mit

dem 1. Januar 2002 dauerten, weshalb es auf den 2. Januar
2002 zu verlegen ist und die Frist von zehn Tagen gemäss
Art. 35 OG am 3. Januar 2002 zu laufen begann. Die Frist
endete am Montag, 14. Januar 2002. Das am 17. Januar 2002
zur Post gegebene Gesuch um Wiederherstellung der Frist
erweist sich somit als verspätet.

     4.- Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, dringt
nicht durch. Zum einen machen sie geltend, es bestehe kein
sachlicher Grund für die Verkürzung der Beschwerdefrist auf
10 Tage, wenn der Beschwerdeführer durch ein unverschuldetes
Ereignis abgehalten worden sei, rechtzeitig Beschwerde zu
erheben. Art. 35 Abs. 1 OG ist indessen klar und eindeutig
und lässt keinen Interpretationsspielraum offen. Danach
beträgt die Frist für die Wiederherstellung gegen das Ver-
säumnis zehn Tage und beginnt die Frist mit dem Wegfall des
Hindernisses zu laufen. An diese gesetzliche Regelung ist
das Bundesgericht gebunden.

        Andererseits machen die Beschwerdeführer geltend,
Art. 146 DBG sei Bestandteil der im Bundesgesetz über die
direkte Bundessteuer getroffenen einheitlichen Fristenrege-
lungen, weshalb diese Vorschrift als Sonderbestimmung dem
Art. 35 OG vorgehe. Über Art. 146 DBG finde auch Art. 133
Abs. 3 DBG, der die verspätete Einsprache bis 30 Tage nach
Wegfall des Hinderungsgrundes zulasse, analog auf die Wieder-
herstellung der Frist für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
Anwendung. Art. 146 DBG ist indessen keine Sondervorschrift.
Er wiederholt nur, was bereits aufgrund der Art. 97 ff. OG
und der diesbezüglichen Praxis gilt. Es kann daraus nicht
abgeleitet werden, Art. 146 DBG führe für die Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde eine gegenüber dem Bundesrechtspflege-
gesetz abweichende Ordnung ein. Vielmehr ist das Verfahren
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde für die verschiedenen

Bereiche des materiellen Bundesverwaltungsrechts einheit-
lich im Bundesrechtspflegegesetz geordnet. Dass Art. 146
DBG - im Gegensatz zu Art. 112 Abs. 1 des früheren Bundes-
ratsbeschlusses über die Erhebung einer direkten Bundes-
steuer vom 9. Dezember 1940 (BdBSt) - die Artikel 97 ff.
OG betreffend die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht mehr
ausdrücklich erwähnt, vermag keinen sachlichen Unterschied
zu begründen.

        Das Fristwiederherstellungsgesuch ist offensicht-
lich verspätet und damit unzulässig.

     4.- Da Fristwiederherstellung nicht gewährt werden
kann, ist auch die Verwaltungsgerichtsbeschwerde verspätet
und durch Nichteintreten zu erledigen. Mit dem Entscheid
über das Fristwiederherstellungsgesuch und die Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde ist auch das Gesuch um Sistierung gegen-
standslos.

        Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind
den Beschwerdeführern aufzuerlegen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Auf das Fristwiederherstellungsgesuch wird nicht
eingetreten.

     2.- Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht
eingetreten.

     3.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird den
Beschwerdeführern auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der
Steuerverwaltung und der Steuerrekurskommission des Kantons
Bern sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich
mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 1. März 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: