Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.324/2002
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002


2A.324/2002 /bmt

Urteil vom 4. Juli 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin,
Gerichtsschreiber Feller.

A. ________, geb. 1972,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Hans Suter, Rümelinsplatz 14,
Postfach, 4001 Basel,

gegen

Polizei- und Militärdepartement des Kantons Basel-Stadt, Spiegelhof,
Spiegelgasse 6, Postfach, 4001 Basel,
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht,
Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

Aufenthaltsbewilligung,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 1. März 2002.

Es wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

1.
A.  ________, Staatsangehöriger von Bangladesh, reiste 1991 als Asylbewerber
in die Schweiz ein. Das Asylgesuch blieb erfolglos, und A.________ wurde aus
der Schweiz weggewiesen. Am 23. Juni 1992 wies die Schweizerische
Asylrekurskommission seine gegen diesen Asylentscheid erhobene Beschwerde ab.
Am 5. Oktober 1996 heiratete A.________ in Bangladesh die Schweizer Bürgerin
W.________. Am 5. Januar 1997 reiste er in die Schweiz ein; gestützt auf die
Ehe erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei seiner Ehefrau
(Art. 7 ANAG).
Da die Eheleute A.________-W.________ seit Oktober 1997 nicht mehr zusammen
lebten, bewilligte ihnen der Ehegerichtspräsident am 17. Juli 1998 das
Getrenntleben. Die Einwohnerdienste des Kantons Basel-Stadt (kantonale
Fremdenpolizei) erachteten den Aufenthaltszweck des Verbleibs bei der Ehefrau
als nicht mehr gegeben und lehnten das Begehren um Verlängerung der
Aufenthaltsbewilligung von A.________ mit Verfügung vom 18. Februar 1998 ab.
Dagegen erhob dieser Rekurs an das Polizei- und Militärdepartement des
Kantons Basel-Stadt. Während des Rekursverfahrens erklärte der
Ehegerichtspräsident am 25. Oktober 1999 nach einer Vorsprache von W.________
die Trennungsverfügung vom 17. Juli 1998 als dahingefallen. Am 26. Mai 2000
wurde den Ehegatten das Getrenntleben erneut bewilligt. Das Polizei- und
Militärdepartement wies den Rekurs von A.________ am 22. Mai 2001 ab und
setzte diesem eine Ausreisefrist bis Ende August 2001 an. Mit Urteil vom 1.
März 2002 wies das Appellationsgericht als Verwaltungsgericht des Kantons
Basel-Stadt den gegen den Entscheid des Polizei- und Militärdepartements
erhobenen Rekurs ab.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 26. Juni 2002 beantragt A.________ dem
Bundesgericht, das Urteil des Appellationsgerichts vom 1. März 2002 sei
aufzuheben und es sei ihm die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen;
eventualiter seien die Akten im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet noch sind die kantonalen Akten
eingeholt worden. Das in der Beschwerdeschrift im Hinblick auf die
Ausreiseaufforderung gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem
vorliegenden Urteil in der Sache selber gegenstandslos.

2.
Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung
(Satz 1). Nach einem ordnungsgemässen und ununterbrochenen Aufenthalt von
fünf Jahren hat er Anspruch auf die Niederlassungsbewilligung (Satz 2). Art.
7 Abs. 2 ANAG hält fest, dass kein Anspruch besteht, wenn die Ehe eingegangen
worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung von
Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer zu
umgehen.

2.1
2.1.1 Art. 7 Abs. 2 ANAG bezieht sich auf die so genannte Scheinehe. Ein
Bewilligungsanspruch soll nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift dann
nicht bestehen, wenn schon zum Vornherein nie der Wille bestand, eine Ehe
einzugehen, und der einzige Zweck der Heirat darin besteht, einem Ausländer
zu einer fremdenpolizeirechtlichen Bewilligung zu verhelfen. Das
Appellationsgericht hat erwogen, dass der Beschwerdeführer eine Scheinehe
eingegangen sein könnte, ohne dies aber abschliessend anzunehmen. Es hat die
Bewilligungsverweigerung jedoch darum geschützt, weil die Berufung auf die
Ehe, selbst wenn diese ursprünglich nicht bloss aus ausländerrechtlichen
Gründen eingegangen worden sein sollte, unter den gegebenen Umständen
rechtsmissbräuchlich sei.

Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch
vor, wenn der Ausländer sich im fremdenpolizeirechtlichen Verfahren auf eine
Ehe beruft, welche nur noch formell besteht oder aufrecht erhalten wird mit
dem alleinigen Ziel, ihm die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung zu
ermöglichen; dieses Ziel wird von Art. 7 ANAG nicht geschützt (BGE 127 II 49
E. 5a S. 56, mit Hinweisen). Wohl soll eine rechtsmissbräuchliche Berufung
auf die Ehe nicht leichthin angenommen werden, wenn sich der Beweis einer
eigentlichen Scheinehe nicht erbringen lässt. Rechtsmissbrauch liegt indessen
vor, wenn der um Bewilligung ersuchende Ausländer seit Jahren von seinem
schweizerischen Ehegatten getrennt lebt und mit einer Wiederaufnahme der
ehelichen Gemeinschaft offensichtlich nicht mehr zu rechnen ist; dabei kommt
es auf die Ursache der Trennung der Ehegatten an sich nicht an (wobei
allerdings für den Ausländer zusätzlich erschwerend ins Gewicht fallen kann,
wenn er diesbezüglich die treibende Kraft ist). Die Berufung auf die Ehe
läuft in einem solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig losgelöst von
der Aussicht auf ein irgendwie geartetes Zusammenleben mit dem
schweizerischen Ehegatten und trotz Fehlens von jeglichem Willen, eine
Lebensgemeinschaft weiterzuführen, den Aufenthalt in der Schweiz zu
ermöglichen; auf eine derartige Beanspruchung des Aufenthaltsrechts des
ausländischen Ehegatten in der Schweiz ist Art. 7 ANAG nicht ausgerichtet
(BGE 127 II 49 E. 5b-d S. 57 ff., mit Hinweisen auf nicht veröffentlichte
Urteile des Bundesgerichts).

2.1.2   Dafür, dass der um Bewilligung ersuchende Ausländer nicht (mehr) eine
eigentliche Lebensgemeinschaft führen, sondern die Vorschriften über
Aufenthalt und Niederlassung umgehen will, sind konkrete Hinweise
erforderlich. Wie es sich damit verhält, entzieht sich in der Regel dem
direkten Beweis und ist oft - wie bei der eigentlichen Scheinehe (vgl. BGE
122 II 289 E. 2b S. 295) oder früher bei der Bürgerrechtsehe (vgl. BGE 98 II
1 ff.) - nur durch Indizien zu erstellen (BGE 127 II 49 E. 5a S. 57).
Feststellungen über das Bestehen solcher Indizien können äussere Umstände,
aber auch innere, psychische Vorgänge betreffen (Wille der Ehegatten); es
handelt sich so oder anders um tatsächliche Gegebenheiten (BGE 98 II 1 E. 2a
S. 6; vgl. auch BGE 125 IV 242 E. 3c S. 252; 119 IV 242 E. 2c S. 248; 95 II
143 E. 1 S. 146), und diesbezügliche Feststellungen binden das Bundesgericht,
wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt nicht
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensbestimmungen ermittelt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Frei prüft das
Bundesgericht bloss die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen
(Indizien) darauf schliessen lassen, das Festhalten an der Ehe trotz Fehlens
eines Ehewillens beim Ausländer bezwecke die Umgehung fremdenpolizeilicher
Vorschriften.

2.2
2.2.1 Das Appellationsgericht geht in seinem Urteil von der erwähnten
Rechtsprechung zur Frage der missbräuchlichen Berufung auf die Ehe aus. Es
gibt diese bzw. die entsprechenden Kriterien zutreffend wieder. Indem es
erwägt, dass es sich bei der Ehe möglicherweise schon zum Vornherein bloss um
eine Scheinehe gehandelt haben könnte, argumentiert es - entgegen der Ansicht
des Beschwerdeführers - keineswegs widersprüchlich; warum es gerade darum
verpflichtet gewesen wäre, "sich besonders eingehend auch mit den
Gegenindizien zu beschäftigen", ist unerfindlich. Zu Recht hebt es sodann
hervor, dass es letztlich nicht so sehr darauf ankommt, ob die Ehe vom
Schweizer Ehegatten gewollt ist, sondern darauf, ob beim Ausländer der Wille
besteht, eine Ehegemeinschaft zu führen.

2.2.2   Was die tatsächlichen Indizien betrifft, so erwähnt das
Appellationsgericht zuerst richtig, dass der Beschwerdeführer angesichts
seiner fremdenpolizeirechtlichen Situation (Ausreiseverpflichtung und
illegale Anwesenheit in der Schweiz) ein ausländerrechtliches Interesse an
der Heirat mit einer Schweizerin haben konnte (angefochtenes Urteil E. 3a).
Sodann misst es dem bisherigen Verhalten der Schwiegermutter und der Ehefrau
des Beschwerdeführers hinsichtlich des Eingehens von Ehen mit Ausländern zu
Recht einiges Gewicht bei (E. 3b). Von Bedeutung sind weiter die durchaus
speziellen Wohnverhältnisse des Beschwerdeführers bzw. seiner Ehefrau und
seiner Schwiegermutter. Der Beschwerdeführer wohnte nie mit der Ehefrau
zusammen, sondern im Wesentlichen in der Zweizimmerwohnung der
Schwiegermutter mit dieser zusammen, während die Ehefrau eine
Einzimmerwohnung hatte, von wo aus sie ihren Ehemann jeweilen - bei ihrer
Mutter bzw. dessen Schwiegermutter - besuchte (E. 3c). Als gewichtiges Indiz
für das Fehlen eines Ehewillens des Beschwerdeführers zumindest seit mehreren
Jahren müssen ferner die verschiedenen Interventionen des
Ehegerichtspräsidenten und die Etappen des Getrenntlebens in ihren zeitlichen
Abläufen gelten (E. 3d). Das Appellationsgericht hebt schliesslich besonders
die intime Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwiegermutter
hervor (E. 3e), wobei im Zusammenhang mit den übrigen Indizien und Vorfällen
die Persönlichkeit der Ehefrau des Beschwerdeführers eine ganz besondere
Wichtigkeit erhält (E. 3g). Das Appellationsgericht hält zusammenfassend
fest, dass im vorliegenden Fall von einer ehelichen Gemeinschaft, die diesen
Namen verdiene, schon von Anfang kaum die Rede sein könne (angefochtenes
Urteil S. 10).

Bei der Aufzählung der erwähnten Indizien lässt sich dem Appellationsgericht
keine mangelhafte Sachverhaltsfeststellung im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG
vorwerfen. Angesichts der Eindeutigkeit dieser Indizien betreffen die
abweichenden Darstellungen des Beschwerdeführers bzw. diejenigen
Sachverhaltselemente, deren Missachtung er dem Appellationsgericht vorwirft,
bloss unerhebliche Details. Dies gilt ganz ausgesprochen für den Streit
darüber, ob denn die intimen Beziehungen zur Schwiegermutter schon vor oder
erst nach der Einreise des Beschwerdeführers in die Schweiz begonnen haben
sollen. Die Indizien sind insgesamt derart klar, dass sich der tatsächliche
Schluss geradezu aufdrängt, dem Beschwerdeführer sei es möglicherweise nie,
sicher aber seit langer Zeit nicht mehr darum gegangen, mit seiner Ehefrau
eine eheliche Gemeinschaft zu führen. In diesem Zusammenhang soll ergänzend
erwähnt werden, dass der Beschwerdeführer nach eigener Darstellung nunmehr im
Januar 2002, also genau nach fünf Jahren Aufenthalt als mit einer Schweizerin
verheirateter Ausländer, beim Zivilgericht Basel-Stadt das Scheidungsbegehren
eingereicht hat (vgl. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 ANAG).

2.2.3   Steht aber in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Beschwerdeführer
am Fortbestand der Ehe als solcher in keiner Weise interessiert war, sondern
diese allein aus fremdenpolizeirechtlichen Gründen weitergeführt hat, ist der
vom Appellationsgericht gezogene rechtliche Schluss, dass er gemäss Art. 7
Abs. 2 ANAG aus seiner Ehe mit einer Schweizerin keinen Anspruch auf
Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung oder schliesslich gar auf Erteilung
der Niederlassungsbewilligung ableiten kann, nicht zu beanstanden. Das
angefochtene Urteil, auf dessen sorgfältige Erwägungen insgesamt verwiesen
werden kann (Art. 36a Abs. 3 OG), verletzt in keiner Weise Bundesrecht.

2.3   Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich
unbegründet, und sie ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen.

2.4   Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen
Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 OG). Er hat zwar um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung ersucht. Dem
Gesuch ist jedoch nicht zu entsprechen, da die Beschwerde offensichtlich
aussichtslos war (vgl. Art. 152 Abs. 1 OG); deren Einreichung grenzt
letztlich an Rechtsmissbrauch. Jedenfalls ist der Art der Prozessführung,
nebst den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers, bei der
Festsetzung der Gerichtsgebühr (Art. 153 OG) Rechnung zu tragen (Art. 153a
Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Polizei- und Militärdepartement
des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 4. Juli 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: