Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.313/2002
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2A.313/2002 /kil

Urteil vom 29. August 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Müller, Bundesrichterin Yersin,
Bundesrichter Merkli,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Bundesamt für Ausländerfragen, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,
Migrationsamt des Kantons Zürich, 8090 Zürich,

gegen

A.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwältin Christine Kessi,
Birmensdorferstrasse 65, Postfach 9811, 8036 Zürich,
Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, Wengistrasse 28, Postfach, 8026 Zürich.

Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich,
Haftrichter, vom 29. Mai 2002.

Sachverhalt:

A.
Der mazedonische Staatsangehörige A.________, geboren am ... 1965, war von
1989 bis 1992 als Saisonnier in der Schweiz tätig. Von Ende 1992 an verfügte
er über die Aufenthaltsbewilligung im Kanton Zürich, die ihm letztmals bis
zum 1. Dezember 1999 verlängert wurde. Am 28. Mai 1999 wurde A.________ wegen
Verdachts von Drogendelikten verhaftet. Mit Urteil vom 6. März 2001 bestrafte
ihn das Obergericht des Kantons Zürich zweitinstanzlich wegen Widerhandlung
gegen das Betäubungsmittelgesetz, namentlich wegen der Einfuhr von rund zehn
Kilogramm Heroingemisch, welches ungefähr zweieinhalb Kilogramm reinem Heroin
entsprach, mit viereinhalb Jahren Zuchthaus sowie mit sieben Jahren
Landesverweisung bei unbedingtem Vollzug. Am 14. Februar 2002 verfügte der
Justizvollzug des Kantons Zürich die bedingte Entlassung von A.________ auf
den 27. Mai 2002 und schob den Vollzug der Landesverweisung probeweise für
eine Dauer von drei Jahren auf.

B.
Mit Verfügung vom 7. Mai 2002 entschied das Migrationsamt des Kantons Zürich,
die bis zum 1. Dezember 1999 gültige Aufenthaltsbewilligung von A.________
werde nicht verlängert und dieser habe das Gebiet des Kantons Zürich
unverzüglich nach Entlassung aus dem Strafvollzug zu verlassen; einem
allfälligen Rekurs entzog es die aufschiebende Wirkung. Am gleichen Tag
ordnete das Migrationsamt überdies die Ausschaffungshaft und die Ausschaffung
nach der Entlassung an und beantragte beim Bundesamt für Ausländerfragen die
Ausdehnung der kantonalen Wegweisung auf das ganze Gebiet der Schweiz. Das
Bundesamt antwortete mit Schreiben vom 10. Mai 2002, es werde die Ausdehnung
erst verfügen, wenn der kantonale Wegweisungsentscheid rechtskräftig geworden
sei. In Beantwortung einer weiteren brieflichen Anfrage des Migrationsamts
mit demselben Anliegen hielt das Bundesamt am 21. Mai 2002 an seinem
Standpunkt fest. Am 15. Mai 2002 erhob A.________ Rekurs gegen die Verfügung
vom 7. Mai 2002 und stellte gleichzeitig ein Gesuch um Erteilung der
aufschiebenden Wirkung; das entsprechende Verfahren ist hängig.

C.
Am 27. Mai 2002 wurde A.________ aus dem Strafvollzug entlassen und dem
Migrationsamt zugeführt. Am 27./28. Mai 2002 verfügte dieses die
Ausschaffungshaft bis zum 26. August 2002 und stellte beim zuständigen
Bezirksgericht Zürich Antrag auf Genehmigung der Haft. Mit Urteil vom 29. Mai
2002 wies der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich das Begehren ab. Zur
Begründung führte er im Wesentlichen aus, Ausschaffungshaft setze einen Weg-
oder Ausweisungsentscheid voraus, der sich auf die ganze Schweiz beziehe; an
dieser Voraussetzung fehle es jedoch, weil das Bundesamt die lediglich für
das Gebiet des Kantons Zürich angeordnete Wegweisung von A.________ bisher
nicht auf die ganze Schweiz ausgedehnt habe.

D.
Gegen das Urteil des Haftrichters vom 29. Mai 2002 erhob das Bundesamt für
Ausländerfragen am 21. Juni 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht mit dem Begehren, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben.
Der Haftrichter am Bezirksgericht Zürich liess sich dazu in abweisendem Sinne
vernehmen, ohne einen ausdrücklichen Antrag zu stellen. A.________
verzichtete auf eine Vernehmlassung. Das Migrationsamt des Kantons Zürich hat
innert Frist keine Stellungnahme eingereicht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Nach Art. 103 lit. b OG ist das in der Sache zuständige Departement oder,
soweit das Bundesrecht es vorsieht, die in der Sache zuständige
Dienstabteilung der Bundesverwaltung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht berechtigt. Gemäss Art. 14 Abs. 2 der Organisationsverordnung
vom 17. November 1999 für das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
(OV-EJPD; SR 172.213.1) ist das Bundesamt für Ausländerfragen in den
Bereichen des Ausländer- und Bürgerrechts ermächtigt,
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zu
führen.

Das Beschwerderecht der Bundesbehörden soll den richtigen und rechtsgleichen
Vollzug des Bundesverwaltungsrechts sicherstellen. Dabei muss grundsätzlich
kein spezifisches öffentliches Interesse an der Anfechtung der Verfügung
nachgewiesen werden (BGE 113 Ib 219 E. 1b S. 221; BGE 127 II 32 E. 1b S. 35;
125 II 633 E. 1a S. 635, je mit Hinweisen). Erforderlich ist nur, dass es der
beschwerdeführenden Verwaltungseinheit nicht um die Behandlung abstrakter
Fragen des objektiven Rechts, sondern um konkrete Rechtsfragen eines
tatsächlich bestehenden Einzelfalles geht (vgl. BGE 125 II 633 E. 1a und b S.
635). Dies trifft jedenfalls hinsichtlich der einzig zum Gegenstand der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemachten Rechtsfrage zu, ob die Wegweisung aus
dem Gebiet des Kantons Grundlage für eine Ausschaffungshaft sein kann. An der
Beurteilung der Beschwerde besteht damit ein hinreichendes Interesse. Dass
der Beschwerdegegner unmittelbar nach Eröffnung des Haftrichterentscheids aus
der Haft entlassen wurde, ist unerheblich (vgl. BGE 2A.170/2002 vom 4. Juni
2002, E. 1).

1.2 Nach Art. 103 lit. b OG sind Verfügungen, gegen welche die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig ist, den
beschwerdeberechtigten Verwaltungseinheiten sofort und unentgeltlich
zuzustellen. Das beschwerdeführende Bundesamt rügt, im vorliegenden Fall sei
dies nicht geschehen. Der Haftrichter wendet dagegen ein, es sei jeweils
unklar, ob das Departement oder das Bundesamt Beschwerde erhebe; beides komme
vor. Im Übrigen habe das Bundesamt durchaus rechtzeitig Kenntnis vom
angefochtenen Entscheid erhalten, wie die fristgerechte Beschwerdeerhebung
belege.

Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt für Ausländerfragen auch ohne
förmliche Zustellung des angefochtenen Entscheids durch den Haftrichter davon
rechtzeitig Kenntnis erhalten. Da es somit rechtzeitig Beschwerde führen
konnte, wirkte sich die unterbliebene Mitteilung des Haftrichterentscheides
nicht nachteilig aus. Dennoch rechtfertigt es sich aus grundsätzlichen
Erwägungen, darauf einzugehen.

Mit der in der Organisationsverordnung getroffenen Regelung gibt es nunmehr
zwei eidgenössische Verwaltungseinheiten, die im Bereich des Ausländerrechts
zur Beschwerde berechtigt sind: das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement sowie das Bundesamt für Ausländerfragen. Das Departement
überlässt die Ergreifung von Rechtsmitteln nicht allein dem genannten
Bundesamt, sondern es führt auch selber in ausländerrechtlichen Fällen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht (vgl. etwa BGE 2A.170/2002
vom 4. Juni 2002). Es handelt sich somit um eine doppelte - nicht
ausschliessliche, sondern parallele - Beschwerdeberechtigung, was
grundsätzlich bundesrechtlich abgestützt ist. Es muss aber davon ausgegangen
werden, dass sich die beiden Verwaltungseinheiten absprechen, wäre es doch
sonst theoretisch möglich, dass zwei Bundesbehörden, die zueinander in einem
hierarchischen Verhältnis stehen, gleichzeitig in der gleichen Sache beim
Bundesgericht Beschwerde erheben, was nicht der Sinn der gesetzlichen
Regelung der Behördenbeschwerde nach Art. 103 lit. b OG sein kann.

Bei dieser Sachlage obliegt es dem Departement, dafür besorgt sein, dass die
ihm mitgeteilten anfechtbaren Entscheide den ihm unterstellten, zusätzlich
beschwerdeberechtigten Ämtern rechtzeitig weitergeleitet werden und
umgekehrt. Es kann weder den kantonalen Haftrichtern in Anwendung von Art.
103 lit. b OG noch dem Bundesgericht in Anwendung von Art. 110 Abs. 1 OG (in
Verbindung mit Art. 103 lit. b OG) zugemutet werden, alle von den
Bundesbehörden anfechtbaren Entscheide bzw. alle in solchen Fällen
eingegangenen Beschwerden doppelt mitzuteilen, nachdem sich die
Bundesbehörden ohnehin zu koordinieren haben. Hingegen muss die entsprechende
Mitteilung wenigstens an eine der beiden Bundesinstanzen ergehen. Der
Haftrichter war somit nicht verpflichtet, sein Urteil sowohl dem
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement als auch dem Bundesamt für
Ausländerfragen zuzustellen; er hat aber Bundesrecht dadurch verletzt, dass
er es keiner dieser Bundesbehörden mitgeteilt hat.

2.
Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen, wenn
die Voraussetzungen von Art. 13b des Bundesgesetzes vom 26. März 1931 über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) erfüllt sind.
Danach ist erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht notwendigerweise
auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II
59 E. 2 S. 61; 122 II 148 ff.), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender
Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a
S. 374, 377 E. 2a S. 379). Zudem muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG
genannten Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381;
124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffungshaft verhältnismässig erscheinen (vgl.
BGE 126 II 439; 125 II 377 E. 4 S. 383), die Ausschaffung rechtlich und
tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG; vgl. BGE 127 II 168;
125 II 217, 377 E. 5 S. 384; 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.) und die
Papierbeschaffung mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b Abs. 3
ANAG; vgl. BGE 124 II 49).

3.
3.1 Im vorliegenden Fall ist einzig streitig, ob die Ausschaffungshaft
angeordnet werden darf, wenn das Bundesamt für Ausländerfragen die kantonale
Wegweisungsverfügung noch nicht auf das Gebiet der ganzen Schweiz ausgedehnt
hat.

Der Beschwerdegegner wurde nicht in Anwendung von Art. 12 Abs. 1 ANAG "zur
Ausreise aus der Schweiz verhalten" (so genannte "formlose Wegweisung"),
sondern gemäss Art. 12 Abs. 3 ANAG förmlich weggewiesen. Danach ist ein
Ausländer unter anderem dann zur Ausreise verpflichtet, wenn ihm, wie dies
vorliegend zutrifft, die Verlängerung einer Bewilligung verweigert wird.
Gemäss der gesetzlichen Regelung von Art. 12 Abs. 3 ANAG hat die zuständige
Behörde diesfalls den Tag festzusetzen, an dem die Aufenthaltsberechtigung
aufhört, d.h. sie hat dem Ausländer eine Ausreisefrist anzusetzen. Ist die
Behörde eine kantonale, so hat der Ausländer aus dem Kanton, ist sie eine
eidgenössische, so hat er aus der Schweiz auszureisen. Die eidgenössische
Behörde kann die Pflicht zur Ausreise aus einem Kanton auf die ganze Schweiz
ausdehnen. Art. 17 Abs. 2 letzter Satz der Vollziehungsverordnung vom 1. März
1949 zum Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAV;
SR 142.201) präzisiert diese Regel, indem dort festgehalten wird, dass das
Bundesamt für Ausländerfragen "in der Regel die Ausdehnung der Wegweisung auf
die ganze Schweiz" verfügt, "wenn nicht aus besonderen Gründen dem Ausländer
Gelegenheit geboten werden soll, in einem anderen Kanton um eine Bewilligung
nachzusuchen".

3.2 Gemäss dem Wortlaut von Art. 13b Abs. 1 ANAG sowie der Rechtsprechung
(BGE 125 II 465 E. 2a S. 467; 124 II 1 E. 1 S. 3; 122 II 148 E. 1 S. 150)
braucht der Wegweisungsentscheid nicht rechtskräftig zu sein, um Grundlage
für eine Ausschaffungshaft zu bilden. Vielmehr genügt, dass ein
erstinstanzlicher Wegweisungsentscheid eröffnet wurde. Die Wegweisung muss
somit noch nicht zwingend bereits vollstreckbar sein, der Vollzug hat aber
absehbar zu sein, damit es sich rechtfertigt, ihn mit Haft sicherzustellen.
Auch Art. 5 Ziff. 1 lit. f der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze
der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101) verlangt als
Haftvoraussetzung keine rechtskräftige oder allenfalls bereits vollstreckbare
Wegweisung, sondern es genügt, dass der Ausländer "von einem gegen ihn
schwebenden" Entfernungsverfahren betroffen ist, d.h. dass gegen ihn ein
Entfernungsverfahren eingeleitet worden ist (dazu BBl 1994 I 323 f.; Philip
Grant, Les mesures de contrainte en droit des étrangers, hrsg. von der
Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Bern 2001, S. 12; Thomas Hugi Yar,
Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, in: Uebersax/Münch/ Geiser/Arnold
(Hrsg.), Ausländerrecht. Ausländerinnen und Ausländer im öffentlichen Recht,
Privatrecht, Strafrecht, Steuerrecht und Sozialrecht der Schweiz,
Basel/Genf/München 2002, Rz. 7.61; Walter Kälin, Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht: Materielles Recht, in AJP 1995 S. 848; Peter Uebersax,
Menschenrechtlicher Schutz bei fremdenpolizeilichen Einsperrungen, in recht
1995 S. 61; Alain Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en
matière de police des étrangers, in RDAF 53/1997 I S. 329; Felix Ziltener,
Neues aus der Praxis zur Ausschaffungshaft, in AJP 2001 S. 505).

3.3 Der Gesetzeswortlaut schreibt nicht ausdrücklich vor, dass die mit der
Haft zu sichernde Wegweisung auf Entfernung aus der Schweiz gerichtet sein
muss. Doch entspricht dies dem Sinn der gesetzlichen Ordnung. Einen
zwangsweisen Wegweisungsvollzug bloss aus dem Kanton kennt das Gesetz nicht.
Art. 14 ANAG, worin die Ausschaffung geregelt ist, sieht denn auch lediglich
die Ausschaffung in einen anderen Staat und nicht in einen anderen Kanton vor
(vgl. dazu Andreas Zünd, Beendigung der Anwesenheit, Entfernung und
Fernhaltung, in: Uebersax/Münch/Geiser/Arnold (Hrsg.), Ausländerrecht.
Ausländerinnen und Ausländer im öffentlichen Recht, Privatrecht, Strafrecht,
Steuerrecht und Sozialrecht der Schweiz, Basel/Genf/München 2002, Rz. 6.71
ff.). Daraus ist grundsätzlich zu schliessen, dass die Ausschaffungshaft eine
auf Entfernung aus der Schweiz gerichtete Wegweisung voraussetzt.

Das heisst nun aber nicht, dass die Ausschaffungshaft ausgeschlossen ist,
solange keine Ausdehnungsverfügung ergeht. Das Bundesgericht hat seit jeher
kantonale Wegweisungsentscheide als Grundlage für die Ausschaffungshaft
gelten lassen, ohne näher zu prüfen, ob die Ausdehnung auf die ganze Schweiz
bereits verfügt worden war. Schon in BGE 121 II 59 E. 2b S. 61 hat es ohne
weitere Einschränkung festgehalten, der Haftrichter habe sich "Gewissheit
darüber zu verschaffen, ob ein kantonaler Weg- oder Ausweisungsentscheid oder
ein Wegweisungsentscheid einer Bundesbehörde vorliegt". Diese Formulierung
ist einzig insoweit zu präzisieren, als es entscheidend auf den Zweck bzw.
die Zielrichtung der mit der Haft zu sichernden Wegweisung ankommt. Dabei ist
davon auszugehen, dass auch kantonale Wegweisungen in der Regel die
Entfernung aus der Schweiz zur Folge haben. Zwar hat der Ausländer die
Möglichkeit, in einem anderen Kanton um Bewilligung nachzusuchen, solange die
Pflicht zur Ausreise nicht auf die ganze Schweiz ausgedehnt worden ist.
Ersucht er aber nicht um eine solche Bewilligung oder erscheint ein solches
Begehren von vornherein als aussichtslos, unterliegt er der Pflicht, nicht
nur aus dem Kanton, sondern aus der Schweiz auszureisen (vgl. Nicolas Wisard,
Les renvois et leur exécution en droit des étrangers et en droit d'asile,
Basel/Frankfurt a.M. 1997, S. 130; Zünd, a.a.O., Rz. 6.53). Dem entspricht,
dass Art. 17 Abs. 2 ANAV die Ausdehnung der Wegweisung auf das Gebiet der
ganzen Schweiz zur Regel erklärt, wovon nur dann abgewichen werden soll, wenn
eben aus besonderen Gründen dem Ausländer Gelegenheit zu bieten ist, in einem
anderen Kanton um Bewilligung nachzusuchen.

3.4 Bedeutet somit eine kantonale Wegweisung im Ergebnis die Entfernung eines
Ausländers aus der Schweiz, soweit nicht ganz besondere Umstände die
Bewilligung des Aufenthaltes in einem anderen Kanton erwarten lassen, so
bildet der kantonale Wegweisungsentscheid schon für sich allein eine
genügende Grundlage für die Ausschaffungshaft. Es ist diesfalls insbesondere
nicht erforderlich, dass die Wegweisung bereits auf die ganze Schweiz
ausgedehnt worden ist. Immerhin muss doch wenigstens davon ausgegangen werden
können, dass innert absehbarer Frist die angeordnete Wegweisung rechtskräftig
und vollstreckbar und im Anschluss daran die Ausdehnungsverfügung ergehen
wird.

Auf die Gründe, weshalb die zuständigen eidgenössischen Behörden vorerst
nicht über die Ausdehnung entscheiden wollen, kommt es grundsätzlich nicht
an. Dass sie im Regelfall die Rechtskraft des kantonalen
Wegweisungsentscheides abwarten wollen, wie dies das Bundesamt für
Ausländerfragen im vorliegenden Fall erklärt hat, ist nachvollziehbar, lassen
sich doch damit widersprüchliche Entscheide bzw. unnötige
Rückkommensverfahren vermeiden. Einzig wenn die Ausdehnungsverfügung gerade
deshalb zurückgestellt wird, weil der Ausländer beabsichtigt und ernsthaft
Aussicht darauf besitzt, in einem anderen Kanton eine Anwesenheitsbewilligung
zu erhalten, wäre dies als Hinweis darauf zu werten, dass der kantonale
Wegweisungsentscheid nicht als Grundlage für die Ausschaffungshaft genügen
könnte.

3.5 Im vorliegenden Fall liegt ein kantonaler Wegweisungsentscheid gegen den
Beschwerdegegner vor, der von diesem angefochten worden ist; das
Beschwerdeverfahren ist noch hängig. Der Beschwerdegegner wurde bisher nur
aus dem Gebiet des Kantons Zürich weggewiesen; das Bundesamt für
Ausländerfragen verzichtet auf eine Ausdehnung auf die ganze Schweiz, solange
der Wegweisungsentscheid nicht rechtskräftig geworden ist. Der
Beschwerdegegner hat jedoch kein Gesuch in einem anderen Kanton um Erteilung
einer Anwesenheitsbewilligung gestellt. Der Beschwerdegegner wurde wegen
einer schwerwiegenden Straftat verurteilt; überdies befand sich sein
schweizerischer Lebensmittelpunkt, soweit bekannt, bisher offenbar einzig im
Kanton Zürich; ein allfälliges Gesuch um Bewilligung in einem anderen Kanton
erscheint daher als von vornherein aussichtslos. Schliesslich kann zurzeit
davon ausgegangen werden, dass innert absehbarer Frist der
Rechtsmittelentscheid ergehen und damit die Wegweisung rechtskräftig und
vollziehbar wird und im Anschluss daran die Ausdehnungsverfügung
ausgesprochen wird. Damit genügt der gegen den Beschwerdeführer ergangene
Wegweisungsentscheid als Grundlage für die Ausschaffungshaft, und der
angefochtene Entscheid verstösst insoweit gegen Bundesrecht.

4.
4.1 Der Haftrichter hat das Vorliegen der weiteren Haftvoraussetzungen nicht
näher geprüft, nachdem er die Ausschaffungshaft aus dem genannten Grund als
unzulässig erachtet hatte. Es fragt sich, ob er nicht wenigstens hätte prüfen
müssen, ob die angeordnete Haft gegebenenfalls als Vorbereitungshaft zu
genehmigen gewesen wäre, wenn er schon von der Unzulässigkeit der
Ausschaffungshaft ausgegangen ist. Dass das Migrationsamt lediglich Antrag
auf Genehmigung von Ausschaffungs- und nicht auch - alternativ oder subsidiär
- von Vorbereitungshaft gestellt hatte, schloss dies entgegen der in der
Vernehmlassung an das Bundesgericht vertretenen Auffassung des Haftrichters
nicht aus. Geht es nur darum, bei gleichen Haftvoraussetzungen der unter
falschem Titel verfügten Haft die richtige Bezeichnung zu geben und bestehen
ansonsten keine Verfahrens- und Abgrenzungsprobleme, so kann es nicht auf die
Bezeichnung der Haftart durch die antragstellende kantonale Behörde, sondern
einzig darauf ankommen, ob die Haftvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BGE 125
II 377 E. 2c S. 381).

4.2 Im vorliegenden Fall stützte sich die Haft nicht etwa auf den einzig bei
der Ausschaffungshaft anwendbaren Haftgrund der Untertauchensgefahr gemäss
Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG, sondern auf den für beide Haftarten gültigen
Haftgrund nach Art. 13b Abs. 1 lit. b in Verbindung mit Art. 13a lit. e ANAG.
Danach kann ein Ausländer je nach den weiteren Voraussetzungen in
Vorbereitungs- oder Ausschaffungshaft genommen werden, wenn er Personen
ernsthaft bedroht oder an Leib und Leben erheblich gefährdet und deshalb
strafrechtlich verfolgt wird oder verurteilt worden ist, was im vorliegenden
Fall angesichts des gegen den Beschwerdegegner ausgesprochenen Strafurteils
wegen Einfuhr von rund zehn Kilogramm Heroingemisch wohl angenommen werden
könnte. Im Übrigen dient die Vorbereitungshaft der Sicherstellung der
Durchführung eines Wegweisungsverfahrens gegenüber einem Ausländer, der keine
Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzt, während der Vorbereitung
des Entscheides über seine Aufenthaltsberechtigung. Dass die entsprechenden
Voraussetzungen im vorliegenden Fall hätten erfüllt sein können, lässt sich
nicht von vornherein ausschliessen und hätte vom Haftrichter jedenfalls
subsidiär geprüft werden müssen.

5.
Nachdem der Beschwerdegegner inzwischen ohnehin aus der Haft entlassen worden
ist, rechtfertigt es sich im vorliegenden Verfahren weder, dass das
Bundesgericht die weiteren Haftvoraussetzungen selber prüft, noch dass die
Angelegenheit an den Haftrichter zurückgewiesen wird zur neuen Beurteilung
der Zulässigkeit der Haft (vgl. BGE 2A.170/2002 vom 4. Juni 2002, E. 2.3;
Urteile 2A.96/2002 vom 16. April 2002 sowie 2A.241/2002 und 2A.242/2002,
jeweils vom 28. Juni 2002). Es ist Sache der zuständigen kantonalen Behörden,
darüber zu entscheiden, ob sie eine erneute Verhaftung anordnen wollen, und
gegebenenfalls im entsprechenden Verfahren das Vorliegen der dafür
erforderlichen Voraussetzungen zu prüfen.

6.
6.1 Demnach ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und der
angefochtene Entscheid aufzuheben.

6.2 Nachdem der Beschwerdegegner vor dem Bundesgericht auf einen Antrag
verzichtet hat, sind für das bundesgerichtliche Verfahren praxisgemäss keine
Kosten zu erheben. Eine Parteientschädigung ist ebenfalls nicht zuzusprechen
(Art. 159 Abs. 2 OG).

6.3 Der kantonale Haftrichter wird über die Kosten und Entschädigungen des
kantonalen Verfahrens neu zu entscheiden haben.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, und das Urteil des
Bezirksgerichts Zürich, Haftrichter, vom 29. Mai 2002 wird aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben, und es wird keine Parteientschädigung
zugesprochen.

3.
Die Akten gehen an das Bezirksgericht Zürich, Haftrichter, zu neuem Entscheid
über die Kosten und Entschädigungen des kantonalen Verfahrens.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Zürich, Haftrichter,
sowie dem Migrationsamt des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. August 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: