Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.219/2002
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2A.219/2002 /kil

Urteil vom 14. Mai 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Merkli,
Gerichtsschreiber Küng.

S. ________ Establishment, 9490 Vaduz,
Gesuchstellerin, vertreten durch Dr. Max H. Albers und Niccolò Gozzi,
Rechtsanwälte, CMS von Erlach Klainguti Stettler Wille, Dreikönigstrasse 7,
Postfach, 8022 Zürich,

gegen

Eidgenössische Bankenkommission, Schwanengasse 12, Postfach, 3001 Bern.

Revision des bundesgerichtlichen Urteils vom 15. April 2002 (2A.567/2001)

Sachverhalt:

A.
Die schwedische Finanzaufsichtsbehörde Finansinspektionen, Securities Market
Department, richtete am 22. März 2000 im Zusammenhang mit Käufen von Aktien
der E.AB.________ und der C.AB.________ je ein Gesuch um Amtshilfe an die
Eidgenössische Bankenkommission. Nachdem diese zusätzliche Angaben verlangt
hatte, reichte die Finansinspektionen am 27. Juni 2000 zwei neue Gesuche ein.
Mit diesen ersuchte sie die Eidgenössische Bankenkommission, ihr auf dem Weg
der Amtshilfe in Bezug auf die vom 28. April bis 26. Mai 1999 (A.AB.________)
und vom 17. bis 24. August 1999 (C.AB.________) festgestellten Aktienkäufe
folgende Informationen zukommen zu lassen:
-  Angaben über die Identität der Kontoinhaber, für welche die GZB-Bank
diese Aktienkäufe getätigt hat;
-  Angabe der wirtschaftlich Berechtigten (Adresse, Nationalität);
-  Weitere für die Untersuchungen relevante Informationen.

Für den Fall einer Widerhandlung gegen den Swedish Insider Act ersuchte die
Finansinspektionen um Zustimmung der Eidgenössischen Bankenkommission zur
Übermittlung der Informationen an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden.

Auf Anfrage der Eidgenössischen Bankenkommission erklärte die GZB-Bank
(Schweiz) AG, die in Frage stehenden 126'400 Aktien der C.AB.________ und
37'000 Aktien der A.AB.________ unter anderen für ihren Kunden S.________
Establishment, Vaduz, (nachfolgend: S.________) gekauft zu haben (gemäss
beigelegter Aufstellung 33'700 Aktien A.AB.________ und 105'200 Aktien
C.AB.________); alle Kaufaufträge seien ihr durch die Triaxis Trust AG,
Zürich, erteilt worden; diese verfüge in Bezug auf das Konto bei der GZB-Bank
über eine Vermögensverwaltungsvollmacht des Kunden S.________.

Am 19. Januar 2001 gab die Eidgenössische Bankenkommission der
Finansinspektionen bekannt, die in Frage stehenden Aktienkäufe seien durch
die Vermögensverwalterin Triaxis in Auftrag gegeben worden. Die Namen der
Kunden wurden nicht bekanntgegeben, da die Eidgenössische Bankenkommission
als glaubhaft erachtete, dass Triaxis die Aktien der beiden Gesellschaften
auf Grund eingehender Marktanalysen und nicht gestützt auf
Insiderinformationen und überdies schon seit 1998 gekauft hatte. Die Namen
der Kunden beziehungsweise der wirtschaftlich Berechtigten wurden deshalb
nicht bekanntgegeben.

Am 9. Februar 2001 teilte die Finansinspektionen der Eidgenössischen
Bankenkommission mit, sie habe Informationen erhalten, wonach X.________,
welcher Vorstandsmitglied sowohl der C.AB.________ als auch der A.AB.________
sei, kurz vor Bekanntgabe der Informationen - selber oder über
Gesellschaften, an denen er wirtschaftlich berechtigt ist - grössere
Transaktionen mit diesen Titeln getätigt habe.
Mit Verfügung vom 25. Oktober 2001 hat die Eidgenössische Bankenkommission
entschieden, der schwedischen Finanzaufsichtsbehörde Finansinspektionen
Amtshilfe zu leisten und dieser folgende Informationen und Dokumente zu
übermitteln:

Inhaberin des Kontos bei der GZB-Bank, über welches zwischen dem 28. April
und dem 24. August 1999 Käufe von 41'900 Aktien der A.AB.________ sowie
126'400 Aktien der C.AB.________ getätigt wurden, sei die S.________;
wirtschaftlich Berechtigter dieses Kontos bei der GZB-Bank sei X.________,
Stockholm (Ziff. 1).

Eine durch die S.________ gegen diese Verfügung gerichtete
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. Dezember 2001 hiess das Bundesgericht
mit Urteil vom 15. April 2002 teilweise gut und hob Ziffer 3 des
angefochtenen Entscheides der Eidgenössischen Bankenkommission vom 25.
Oktober 2001 auf, soweit der allfälligen Weiterleitung der in Ziffer 1
erwähnten Informationen in Bezug auf die C.AB.________ an die zuständigen
Strafverfolgungsbehörden zugestimmt worden war.

Die in Ziffer 1 genannten Zahlen von Aktienkäufen wurden dahingehend
berichtigt, als über das fragliche Konto der Beschwerdeführerin 105'200
Aktien der C.AB.________ sowie 55'100 Aktien der A.AB.________ gekauft worden
seien. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.

B.
Mit Revisionsgesuch vom 6. Mai 2002 beantragt die S.________ Establishment,
Vaduz, dem Bundesgericht, Ziffer 1 des Dispositivs des Urteils vom 15. April
2002 dahingehend in Revision zu ziehen, dass die in Ziffer 1 des Entscheides
der Eidgenössischen Bankenkommission vom 25. Oktober 2001 genannten Zahlen
insofern berichtigt werden, als über ihr fragliches Konto 105'200 Aktien der
C.AB.________ sowie 33'700 Aktien der A.AB.________ gekauft worden seien.

Bei der Eidgenössischen Bankenkommission wurde keine Vernehmlassung eingeholt
(vgl. Art. 143 Abs. 1 und 2 OG).

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Gesuchstellerin beanstandet, das Bundesgericht habe in Verletzung von
Art. 114 Abs. 1 OG zusätzlich zu der durch die Eidgenössische
Bankenkommission gewährten Amtshilfe einen weiteren Kauf vom 12. Juli 1999
von 8'200 Aktien der A.AB.________ bekanntgegeben. Sie übersieht dabei, dass
dieser Kauf bereits in die in der angefochtenen Verfügung mitgeteilten Anzahl
gekaufter Aktien enthalten war. Nach ihrem Rechtsbegehren scheint sie sich
vielmehr gegen die Bekanntgabe eines weiteren Kaufes vom 9. Juli 1999 von
13'200 Aktien der in Frage stehenden Gesellschaft zu wehren.

2.
2.1Die Gesuchstellerin stützt ihr Revisionsgesuch auf Art. 136 lit. b OG.
Nach dieser Bestimmung ist die Revision eines bundesgerichtlichen Urteils
zulässig, wenn das Gericht einer Partei mehr oder, ohne dass besondere
Gesetzesvorschriften es erlauben, anderes zugesprochen hat, als sie selbst
verlangt, oder weniger, als die Gegenpartei anerkannt hat.

Dieser Revisionsgrund bezieht sich vorab auf das Berufungsverfahren, für
welches die Bindung an die Parteianträge ausdrücklich festgelegt ist (Art. 63
Abs. 1 OG; Urteil P.354/1987 vom 23. April 1987, E. 2). Auch im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ist aber das Bundesgericht
grundsätzlich an die Parteianträge gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG).

2.2 Wenn im Bereich des Börsengesetzes - wie im vorliegenden Fall - Amtshilfe
zur Abklärung eines Anfangsverdachts eines Insiderdelikts verlangt und die
Bewilligung zur Weiterleitung der Informationen an die
Strafverfolgungsbehörden bewilligt wird, ersetzt das Amtshilfeverfahren
faktisch ein Rechtshilfeverfahren (Annette Althaus, Internationale Amtshilfe
als Ersatz für die internationale Rechtshilfe bei Insiderverfahren?, in: AJP
1999, S. 945). Denn in diesem Fall muss vor einer Weiterleitung
kundenbezogener Informationen an die Strafverfolgungsbehörden kein separates
Rechtshilfeverfahren mehr durchgeführt werden (BGE 126 II 409 E. 6b/aa, S.
417).

Es fragt sich daher, ob hier nicht - wie schon bei anderen
verfahrensrechtlichen Fragen der internationalen Amtshilfe - die
entsprechende Regelung im Bereich der internationalen Rechtshilfe analog
heranzuziehen ist (vgl. BGE 127 II 323 E. 3b/cc, S. 330; Urteil 2A.234/2000
vom 25. April 2001, E. 2b/bb; 2A.108/2000 vom 2. Oktober 2000, E. 6c/aa;
1A.254/1998 vom 1. April 1999, E. 4; 2A.124/1998 vom 29. Oktober 1998, E. 2b;
Annette Althaus, a.a.O:, S. 941). Das sinngemässe Heranziehen von
Bestimmungen des Rechtshilfegesetzes erscheint umso eher zulässig, als das
Rechtshilfeverfahren höhere Anforderungen an die für die Weiterleitung
erforderlichen Voraussetzungen stellt beziehungsweise den Betroffenen einen
weitergehenden Rechtsschutz bietet als das Amtshilfeverfahren (vgl. BGE 126
II 409 E. 6b/cc, S. 419 bzw. 127 II 323, E. 4).

Ob aus diesen Gründen in Fällen wie dem vorliegenden die Art. 21 ff. IRSG und
insbesondere Art. 25 Abs. 6 IRSG (der als Spezialbestimmung der allgemeinen
Vorschrift von Art. 114 Abs. 1 OG vorgeht, und nach welchem das Bundesgericht
nicht an die Begehren der Parteien gebunden ist) analoge Anwendung finden
können, braucht hier indessen nicht entschieden zu werden, da das Gesuch
ohnehin abzuweisen ist.

3.
3.1Auch wenn mit der Gesuchstellerin davon auszugehen wäre, dass Art. 114
Abs. 1 OG im Beschwerdeverfahren gegen Amtshilfeverfügungen ohne
Einschränkungen anwendbar wäre, läge kein Revisionsgrund im Sinne von Art.
136 lit. b OG vor, weil das Bundesgericht keiner Partei mehr zugesprochen
hat, als sie selbst verlangt hat.

3.2 Das eigentliche Auskunftsbegehren der schwedischen Behörden ist für das
vorliegende Verfahren unerheblich: Das Bundesgericht hat im in Frage
stehenden Urteil dargelegt, weshalb die Eidgenössische Bankenkommission im
Rahmen der spontanen Amtshilfe über dieses Begehren hinausgehen durfte (E. 7;
vgl. insbesondere BGE 126 II 409 E. 6c/aa, S. 421).

3.3 Anfechtungsgegenstand des Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahrens bildete
die Amtshilfeverfügung der Eidgenössischen Bankenkommission vom 25. Oktober
2001. Mit dieser wurde - soweit hier von Interesse - folgende Auskunft
erteilt:

"Inhaberin des Kontos bei der GZ-Bank (Schweiz) AG, über das zwischen dem 28.
April und dem 24. August 1999 Käufe von 41'900 Aktien der A.AB.________ sowie
126'400 Aktien der C.AB.________ getätigt wurden, ist die S.________ ...."

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens waren damit die
entsprechenden Käufe von Aktien beider Gesellschaften in der Zeit vom 28.
April bis 24. August 1999. Indem die Eidgenössische Bankenkommission
lediglich beantragte, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen, stellte
sie sinngemäss materiell den Antrag, die in diesem zusammenhängenden Zeitraum
getätigten Käufe von Aktien beider Gesellschaften mitzuteilen.

Dass sie über das fragliche Konto in der fraglichen Zeit tatsächlich 55'100
Aktien der A.AB.________ gekauft hat, bestreitet die Gesuchstellerin nicht.

Im Urteil ist dargelegt worden, dass die Bankenkommission im
Verfügungsdispositiv - das in dieser Hinsicht klar und eindeutig formuliert
ist - den von den zwei ursprünglichen beiden Amtshilfegesuchen erfassten
Zeitraum zusammengefasst und die in diesem gesamten Zeitraum gekauften Aktien
der beiden Gesellschaften mitgeteilt hat. Dabei hat die Bankenkommission
offensichtlich aus Versehen einen Kauf von 13'200 Aktien nicht in die Anzahl
der gekauften Aktien der A.AB.________ einbezogen, obwohl sich dieser Kauf
ohne weiteres aus der der Bankenkommission eingereichten und in den
Verfahrensakten liegenden Zusammenstellung der GZB-Bank über die fraglichen
Aktienkäufe ergab.
Indem das Bundesgericht in seinem Urteil dieses offensichtliche Versehen
behob und die mitzuteilende Anzahl der im massgebenden Zeitraum gekauften
Aktien berichtigte, hat es daher keineswegs "mehr zugesprochen" als verlangt.
Der durch die Gesuchstellerin angerufene Revisionsgrund ist daher
offensichtlich nicht erfüllt.

4.
Die Gesuchstellerin musste auf Grund des Zeitraumes, für welchen die
Bankenkommission die Auskunft über die Aktienkäufe der beiden Gesellschaften
erteilen wollte, damit rechnen, dass das Bundesgericht diese dem Grundsatz
nach schützen und dabei alle, das heisst auch allenfalls durch die
Eidgenössische Bankenkommission versehentlich nicht berücksichtigte
Transaktionen während dieses Zeitraumes miteinbeziehen würde. Sie musste
daher unter dem Gesichtspunkt der Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht zu
einer ergänzenden Vernehmlassung eingeladen werden.

5.
Das Gesuch ist aus diesen Gründen abzuweisen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der
Gesuchstellerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

6.
Das vorliegende Urteil erübrigt einen Entscheid über das Gesuch um Gewährung
der aufschiebenden Wirkung.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 143 Abs. 1 OG:

1.
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Gesuchstellerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Gesuchstellerin und der Eidgenössischen
Bankenkommission schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Mai 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: