Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.209/2002
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2A.209/2002 /bmt

Urteil vom 8. Mai 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Feller.

Y. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, Freiestrasse 82,
Postfach, 4010 Basel,

gegen

Polizei- und Militärdepartement des Kantons Basel-Stadt, Spiegelhof,
Spiegelgasse 6, Postfach, 4001 Basel,
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht,
Bäumleingasse 1, 4051 Basel.

Aufenthaltsbewilligung

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des
Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 11. Januar 2002)

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Es wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

1.
Der libanesische Staatsangehörige Y.________, geboren 1966, reiste im Oktober
1989 in die Schweiz ein und stellte im Kanton Basel-Stadt ein Asylgesuch.
Nach Abweisung des Asylgesuchs und während der Hängigkeit des diesbezüglichen
Beschwerdeverfahrens heiratete er am 7. August 1992 eine Schweizer Bürgerin.
Demzufolge erhielt er eine Aufenthaltsbewilligung zum Verbleib bei der
Ehefrau. Die Ehegatten lebten seit Anfang 1994 getrennt; am 13. Januar 1996
verstarb die Ehefrau. Die Fremdenpolizei des Kantons Basel-Stadt lehnte es am
13. September 1996 ab, Y.________ die Aufenthaltsbewilligung zu verlängern.
Gegen diese Verfügung erhobene Rekurse blieben erfolglos. Kurz vor dem
letztinstanzlichen kantonalen Entscheid (des Appellationsgerichts des Kantons
Basel-Stadt als Verwaltungsgericht vom 24. Oktober 1997), am 23. September
1997, heiratete Y.________ erneut eine Schweizer Bürgerin, und er erhielt
wiederum eine Aufenthaltsbewilligung. Mit Verfügung vom 4. Januar 2000 wurde
jedoch eine Verlängerung der Bewilligung abgelehnt. Der gegen diese Verfügung
erhobene Rekurs an das Polizei- und Militärdepartement des Kantons
Basel-Stadt blieb erfolglos. Den beim Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt
eingereichten und an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als
Verwaltungsgericht weitergeleiteten Rekurs wies dieses am 11. Januar 2002 ab.
Das Urteil des Appellationsgerichts wurde dem Vertreter von Y.________ am 19.
März 2002 eröffnet.

Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 30. April 2002 beantragt Y.________,
das Urteil des Appellationsgerichts sei vollumfänglich aufzuheben und die ihm
erteilte Aufenthaltsbewilligung sei antragsgemäss um ein weiteres Jahr zu
verlängern.

Es ist weder ein Schriftenwechsel angeordnet, noch sind andere
Instruktionsmassnahmen (Einholen der kantonalen Akten) verfügt worden.

2.
2.1Gemäss Art. 7 Abs. 1 ANAG hat der ausländische Ehegatte eines Schweizer
Bürgers Anspruch auf Erteilung und Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.
Art. 7 Abs. 2 ANAG hält fest, dass kein Anspruch besteht, wenn die Ehe
eingegangen worden ist, um die Vorschriften über Aufenthalt und Niederlassung
von Ausländern und namentlich jene über die Begrenzung der Zahl der Ausländer
zu umgehen.

Art. 7 Abs. 2 ANAG bezieht sich auf die so genannte Scheinehe. Ein
Bewilligungsanspruch soll nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift dann
nicht bestehen, wenn schon zum Vornherein nie der Wille bestand, eine Ehe
einzugehen, und der einzige Zweck der Heirat darin besteht, dem Ausländer zu
einer fremdenpolizeirechtlichen Bewilligung zu verhelfen. Das
Appellationsgericht geht davon aus, dass es sich bei der im Jahr 1997
geschlossenen Ehe um eine Scheinehe handeln könnte, ohne dies aber
abschliessend anzunehmen. Es hat die Bewilligungsverweigerung vielmehr darum
geschützt, weil die Berufung auf die Ehe, selbst wenn diese ursprünglich
nicht bloss aus ausländerrechtlichen Gründen eingegangen worden sein sollte,
unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich sei.

Nach feststehender bundesgerichtlicher Rechtsprechung liegt Rechtsmissbrauch
vor, wenn der Ausländer sich im fremdenpolizeirechtlichen Verfahren auf eine
Ehe beruft, welche nur noch formell besteht oder aufrecht erhalten wird mit
dem alleinigen Ziel, ihm eine Anwesenheitsbewilligung zu ermöglichen; dieses
Ziel wird von Art. 7 ANAG nicht geschützt (BGE 127 II 49 E. 5a S. 56, mit
Hinweisen). So verhält es sich insbesondere dann, wenn der schweizerische
Ehegatte des um Bewilligung ersuchenden Ausländers seit Jahren von diesem
getrennt lebt und mit einer Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft
offensichtlich nicht mehr zu rechnen ist, wobei es auf die Ursache der
Trennung der Ehegatten nicht ankommt. Die Berufung auf die Ehe läuft in einem
solchen Fall darauf hinaus, dem Ausländer völlig losgelöst von der Aussicht
auf ein  irgendwie geartetes Zusammenleben mit dem schweizerischen Ehegatten
den Aufenthalt in der Schweiz zu ermöglichen; auf eine derartige
Beanspruchung des Aufenthaltsrechts des ausländischen Ehegatten in der
Schweiz ist Art. 7  ANAG nicht ausgerichtet  (BGE 127 II 49 E. 5b-d S. 57
ff., mit Hinweisen auf nicht veröffentlichte Urteile des Bundesgerichts).

2.2 Dafür, dass der um Bewilligung ersuchende Ausländer nicht (mehr) eine
eigentliche Lebensgemeinschaft führen, sondern die Vorschriften über
Aufenthalt und Niederlassung umgehen will, sind konkrete Hinweise
erforderlich. Wie es sich damit verhält, entzieht sich in der Regel dem
direkten Beweis und ist oft - wie bei der eigentlichen Scheinehe (vgl. BGE
122 II 289 E. 2b S. 295) oder früher bei der Bürgerrechtsehe (vgl. BGE 98 II
1 ff.) - nur durch Indizien zu erstellen (BGE 127 II 49 E. 5a S. 57).
Feststellungen über das Bestehen solcher Indizien können äussere
Gegebenheiten, aber auch innere, psychische Vorgänge betreffen (Wille der
Ehegatten); es handelt sich so oder anders um tatsächliche Gegebenheiten (BGE
98 II 1 E. 2a S. 6; vgl. auch BGE 125 IV 242 E. 3c S. 252; 119 IV 242 E. 2c
S. 248; 95 II 143 E. 1 S. 146), und diesbezügliche Feststellungen binden das
Bundesgericht, wenn eine richterliche Behörde als Vorinstanz den Sachverhalt
nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt hat (Art. 105 Abs. 2 OG). Frei
zu prüfen ist dagegen die Rechtsfrage, ob die festgestellten Tatsachen
(Indizien) darauf schliessen lassen, das Festhalten an der Ehe bezwecke die
Umgehung fremdenpolizeilicher Vorschriften.

2.3 Das Appellationsgericht geht in seinem Urteil von der erwähnten
Rechtsprechung aus. Seine Ausführungen zur Bedeutung von Indizien für die
Annahme einer Scheinehe bzw. eines Rechtsmissbrauchs sind zutreffend (E. 4a
und b). In E. 5 und E. 6c und d hat es eine Reihe von tatsächlichen
Feststellungen getroffen, die im Einzelnen unter dem Gesichtspunkt von Art.
105 Abs. 2 OG nicht zu beanstanden sind. Namentlich werden folgende Indizien
hervorgehoben: Beide Ehen ging der Beschwerdeführer gerade rechtzeitig ein,
um sich aus einer prekären fremdenpolizeirechtlichen Situation zu retten.
Bereits in erster Ehe war der Beschwerdeführer mit einer - drogensüchtigen -
Prostituierten verheiratet, mit welcher er keine wirkliche Ehegemeinschaft
lebte. Die zweite Ehefrau ist als freischaffende Masseuse tätig. Alles weist
darauf hin, dass die Ehegatten, wenn überhaupt je, höchstens während kurzer
Zeit und dann unter dem Druck erkennbarer fremdenpolizeilicher Abklärungen
zusammen wohnten. Im angefochtenen Urteil wird schlüssig aufgezeigt, dass
insbesondere diesbezüglich widersprüchliche, variierende Äusserungen der
Ehegatten vorliegen. Bei Vorliegen einer echten Ehe nicht nachvollziehbar
erscheint, zumindest unter den konkreten tatsächlichen Umständen (die Ehefrau
pflegt enge Kontakte mit ihrer Mutter, vgl. angefochtenes Urteil E. 6c), dass
die Schwiegermutter den Beschwerdeführer selbst Mitte 1999 noch nie gesehen
hatte. Die in E. 6d des angefochtenen Urteils geschilderte Episode ist sodann
nicht isoliert zu bewerten, sondern auf diesem Hintergrund zu sehen.

Es ist nicht zu beanstanden, sondern liegt vielmehr auf der Hand, dass das
Appellationsgericht bei derartigen Verhältnissen der schriftlichen Erklärung
der Ehefrau des Beschwerdeführers vom 14. Juli 2001, worauf er sich beruft,
keine massgebliche Bedeutung beigemessen hat. Ebenso wenig ist
ausschlaggebend, dass bisher kein Scheidungsverfahren angestrengt worden ist,
wie das Appellationsgericht in E. 6e seines Urteils zutreffend dargelegt.
Jedenfalls durfte die Vorinstanz angesichts der geschilderten Gegebenheiten
den tatsächlichen Schluss ziehen, dass die Ehegatten, insbesondere der
Beschwerdeführer, seit langem keinen Ehewillen haben und keine eheliche
Gemeinschaft bilden wollen, sofern dies überhaupt je der Fall gewesen sein
sollte. Die tatsächliche Feststellung, der Bestand der Ehe sei für den
Beschwerdeführer ausschliesslich nur noch für ausländerrechtliche Zwecke von
Bedeutung, hält der beschränkten Überprüfung gemäss Art. 105 Abs. 2 OG stand.

2.4 Steht aber in tatsächlicher Hinsicht fest, dass der Beschwerdeführer nur
darum am Fortbestand der Ehe interessiert ist, um eine weitere Verlängerung
der Aufenthaltsbewilligung zu erwirken, kann er gemäss Art. 7 Abs. 2 ANAG aus
seiner Ehe mit einer Schweizer Bürgerin keinen Anspruch auf
fremdenpolizeiliche Bewilligung ableiten, selbst wenn bisher kein Scheidungs-
oder Trennungsverfahren eingeleitet worden ist. Die Voraussetzungen für die
Annahme eines offensichtlichen Rechtsmissbrauchs sind erfüllt. Das
angefochtene Urteil, auf dessen Erwägungen im übrigen verwiesen werden kann
(vgl. Art. 36a Abs. 3 OG), verletzt somit Art. 7 ANAG nicht.

2.5 Der Beschwerdeführer beruft sich sodann vergeblich auf Art. 8 EMRK.
Soweit dieser das Recht auf Achtung des Familienlebens garantiert, kommt er
mangels tatsächlich gelebter ehelicher Beziehung nicht zum Tragen. Was den
Gesichtspunkt des Rechts auf Achtung des Privatlebens betrifft, so liesse
sich aus Art. 8 EMRK allenfalls bei Vorliegen ganz besonderer Umstände ein
Recht auf Erteilung einer fremdenpolizeirechtliche Bewilligung ableiten (BGE
120 Ib 16 E. 3b S. 21 f.). Selbst langjährige Anwesenheit im Land lässt für
sich allein aber grundsätzlich noch kein derartiges Recht entstehen, nachdem
der Gesetzgeber einen solchen Tatbestand nicht vorsehen wollte. Vorausgesetzt
wäre jedenfalls eine besonders ausgeprägte Verwurzelung in der Schweiz,
welche einen Wegzug und ein Leben anderswo als praktisch unmöglich erscheinen
liesse (Urteil des Bundesgerichts 2P.113/2000 vom 25. Mai 2000, E. 2b, mit
Hinweis). Davon kann vorliegend schon darum keine Rede sein, weil die
bisherige Landesanwesenheit des Beschwerdeführers in erheblichem Masse auf
missbräuchlichen Vorkehrungen beruht und zudem teils auch verfahrensrechtlich
bedingt ist.

2.6 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als offensichtlich
unbegründet, und sie ist im vereinfachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen.

Mit diesem Urteil wird das im Hinblick auf die mit der
Bewilligungsverweigerung verbundene Wegweisung gestellte Gesuch um
aufschiebende Wirkung gegenstandslos.

2.7 Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und
153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

Das Bundesgericht erkennt im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Polizei- und Militärdepartement
des Kantons Basel-Stadt und dem Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 8. Mai 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: