Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.1/2002
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002


2A.1/2002/bie

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
            ***********************************

                      15. Januar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Betschart, Müller
und Gerichtsschreiberin Müller.

                         ---------

                         In Sachen

A.________, geb. 1977, zzt. Ausschaffungsgefängnis Witzwil,
Gampelen, Beschwerdeführer,

                           gegen

Migrationsdienst des Kantons  B e r n,
Haftgericht III  B e r n - M i t t e l l l a n d,
Haftrichter 1,

                         betreffend
          Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,

hat sich ergeben:

     A.- Der aus Georgien stammende A.________, geboren
1977, reiste nach eigenen Angaben am 12. Juni 2001 illegal
in die Schweiz ein. Tags darauf stellte er ein Asylgesuch.
Am 24. Juli 2001 nahm ihn die Kantonspolizei Basel-Stadt
wegen Diebstahlverdachts fest; am 25. Juli 2001 verfügten
die Einwohnerdienste des Kantons Basel-Stadt, Internatio-
nale Kundschaft, die Ausgrenzung von A.________ aus dem
Gebiet des Kantons Basel-Stadt. Am 30. August 2001 teilte
das Bundesgrenzschutzamt Weil am Rhein dem Bundesamt für
Flüchtlinge mit, dass A.________ schon am 18. Dezember 2000
nach Deutschland eingereist und dass sein dort gestelltes
Asylgesuch am 18. April 2001 abgelehnt worden sei. Mit Ver-
fügung vom 21. September 2001 trat das Bundesamt für Flücht-
linge auf das Asylgesuch von A.________ nicht ein und wies
diesen aus der Schweiz weg. Nachdem die Stadtpolizei Bern
A.________ am 6. September 2001 und am 3. Oktober 2001 in
der Drogenszene angetroffen sowie am 2. November 2001 wegen
Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz verzeigt
hatte, grenzte ihn der Migrationsdienst des Kantons Bern mit
Verfügung vom 15. November 2001 aus dem Gebiet der Gemeinde
Bern aus.

     B.- Am 3. Dezember 2001 nahm der Migrationsdienst des
Kantons Bern A.________ in Ausschaffungshaft. Mit Entscheid
vom 6. Dezember 2001 prüfte und genehmigte der Haftrichter 1
des Haftgerichts III Bern-Mittelland die Ausschaffungshaft.

     C.- Dagegen hat A.________ mit Schreiben vom 27. Dezem-
ber 2001 beim Bundesgericht in russischer Sprache Beschwerde
erhoben. Die Eingabe wurde von Amtes wegen übersetzt. Der

Beschwerdeführer beantragt, aus der Haft entlassen zu werden,
damit er seinen Vater noch lebend wiedersehen könne. Er er-
klärt, er sei psychisch krank und drogenabhängig.

        Der Haftrichter sowie der Migrationsdienst des
Kantons Bern schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das
Bundesamt für Ausländerfragen hat sich nicht vernehmen
lassen. Der Beschwerdeführer hat sich nicht mehr zur Sache
geäussert.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die Begehren,
deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unter-
schrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu ent-
halten (Art. 108 Abs. 2 OG). Sie muss sich sachbezogen mit
dem angefochtenen Entscheid auseinandersetzen (BGE 118 Ib
134 ff.). Bei Laienbeschwerden gegen die Genehmigung der
Ausschaffungshaft stellt das Bundesgericht indessen keine
hohen Anforderungen an die Beschwerdebegründung (vgl. BGE
122 I 275 E. 3b S. 277). Ist daraus ersichtlich, dass sich
der Betroffene - wie hier - (zumindest auch) gegen seine
Haft wendet, nimmt es entsprechende Eingaben als Verwal-
tungsgerichtsbeschwerden entgegen.

     2.- Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Aus-
schaffungshaft nehmen, wenn die Voraussetzungen von Art. 13b
ANAG erfüllt sind. Danach ist erforderlich, dass ein erst-
instanzlicher, nicht notwendigerweise auch rechtskräftiger,
Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59

E. 2a S. 61), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reise-
papiere) noch nicht möglich, jedoch absehbar ist. Zudem muss
einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe be-
stehen (BGE 124 II 1 E. 1 S. 3), die Ausschaffung rechtlich
und tatsächlich möglich sein (Art. 13c Abs. 5 lit. a ANAG;
vgl. BGE 122 II 148 E. 3 S. 152 ff.) und die Papierbeschaf-
fung mit dem nötigen Nachdruck verfolgt werden (Art. 13b
Abs. 3 ANAG; Beschleunigungsgebot; BGE 124 II 49 ff.).

     3.- a) Das Bundesamt für Flüchtlinge hat den Be-
schwerdeführer mit Entscheid vom 21. September 2001 aus der
Schweiz weggewiesen. Der Vollzug der Wegweisung ist zurzeit
wegen fehlender Reisepapiere noch nicht vollziehbar.

        b) Der Haftrichter stützt die Haft auf Art. 13b
Abs. 1 lit. c ANAG. Danach kann der Ausländer in Aus-
schaffungshaft genommen werden, wenn konkrete Anzeichen
befürchten lassen, dass er sich der Ausschaffung entziehen
will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf
schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen
widersetzt (Gefahr des Untertauchens). Erforderlich sind
konkrete Anhaltspunkte, dass sich der Ausländer der Aus-
schaffung entziehen und untertauchen will. Der Vollzug der
Wegweisung muss erheblich gefährdet erscheinen. Dies trifft
namentlich zu, wenn der Ausländer bereits einmal unterge-
taucht ist, behördlichen Anordnungen keine Folge leistet
oder durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche
Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden erschwert. Bei
einem straffälligen Ausländer ist eher als bei einem unbe-
scholtenen davon auszugehen, er werde in Zukunft behörd-
liche Anordnungen missachten. Der illegale Aufenthalt in
der Schweiz, die Tatsache, dass der Betroffene keine Papiere
besitzt und nur mangelhaft an deren Beschaffung mitwirkt so-
wie das Fehlen eines festen Aufenthaltsortes oder Mittel-
losigkeit genügen für sich allein nicht für die Annahme von

Untertauchensgefahr, können diese jedoch gegebenenfalls zu-
sammen mit andern Hinweisen indizieren (vgl. BGE 122 II 49
E. 2a S. 50 f.).

        Der Beschwerdeführer wurde in Basel wegen Dieb-
stahlverdachts festgenommen und gestützt darauf aus dem
Gebiet des Kantons Basel-Stadt ausgegrenzt; die Stadtpoli-
zei Bern griff ihn zweimal im Drogenmilieu auf und verzeigte
ihn wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz,
worauf ihn der Migrationsdienst des Kantons Bern aus dem
Gebiet der Gemeinde Bern ausgrenzte. Auch betreffend die
Stadt Luzern besteht offenbar eine Ausgrenzungsverfügung.
Der Beschwerdeführer hat zudem die Behörden nicht darüber
informiert, dass er schon in Deutschland erfolglos um Asyl
ersucht hatte. Wie aus dem Informationsschreiben des Bundes-
grenzschutzamtes Weil am Rhein vom 30. August 2001 hervor-
geht, war der Beschwerdeführer am 18. Dezember 2000 nach
Deutschland eingereist. Damit aber kann seine Reiseschilde-
rung gegenüber der Empfangsstelle Basel vom 15. Juni 2001,
wonach er sein Heimatland im Januar 2001 verlassen und sich
vor der Einreise in die Schweiz während fünf Monaten in
Russland (Nordossetien) aufgehalten habe, nicht der Wahrheit
entsprechen. Der Beschwerdeführer hat zudem dem Haftrichter
gegenüber erklärt, er habe ihm nicht seinen wirklichen Namen
angegeben. Vor Bundesgericht droht er damit, dass er im
Falle der Ablehnung seines Begehrens wieder Gelegenheit
haben werde, allerschlimmste Straftaten zu begehen, da er
psychisch krank und drogenabhängig sei.

        Damit liegen mehrere Indizien vor, die in ihrer Ge-
samtheit darauf schliessen lassen, dass der Beschwerdeführer
kaum Gewähr dafür bietet, dass er sich zu gegebener Zeit,
wenn die Reisepapiere vorliegen, für den Vollzug der Aus-
schaffung zur Verfügung halten wird. Der Haftrichter hat da-
her die Untertauchensgefahr zu Recht bejaht.

        c) Es besteht kein Anzeichen dafür, dass sich Geor-
gien einer Rückübernahme widersetzen würde, sobald die Iden-
tität des Beschwerdeführers geklärt ist.

        d) Der Beschwerdeführer ist möglicherweise psy-
chisch angeschlagen.

        Einen psychisch Kranken im ordentlichen Haftregime
zu belassen, kann gegen das Gebot verstossen, wonach die
Haft in geeigneten Räumlichkeiten zu vollziehen ist (unver-
öffentlichtes Urteil vom 29. August 1997 i.S. H., E. 1b/bb,
2A.313/1997). Die Berner Behörden werden daher dafür zu sor-
gen haben, dass dem Beschwerdeführer die notwendige psy-
chische Betreuung zukommt und er notfalls in geeignete Räum-
lichkeiten verlegt wird.

        Fraglich ist auch, ob aufgrund des psychischen Zu-
standes des Beschwerdeführers eine Ausschaffung zumutbar und
zulässig ist (vgl. Art. 14a ANAG und Art. 3 EMRK; vgl. un-
veröffentlichtes Urteil vom 3. Mai 2001 i.S. M., E. 3e,
2A.190/2001 sowie vom 29. August 1997 i.S. H., a.a.O.,
E. 1b/cc). Sollte eine Unzumutbarkeit der Ausschaffung wäh-
rend einer Dauer vorliegen, welche die maximale Haftdauer
von vornherein übersteigt, so erwiese sich die Aufrechter-
haltung der Haft als unzulässig (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a
ANAG).

        Zurzeit bestehen keine Hinweise darauf, dass die
psychische Situation des Beschwerdeführers seine Ausschaf-
fung im beschriebenen Sinn geradezu als unzumutbar erschei-
nen liesse; die Behörden haben aber die Entwicklung im Auge
zu behalten.

        e) Die Anordnung der Ausschaffungshaft erweist sich
daher als mit dem Bundesrecht vereinbar.

     4.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem
Gesagten abzuweisen. Der Beschwerdeführer würde damit grund-
sätzlich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Es rechtfer-
tigt sich jedoch mit Blick auf seine finanziellen Verhält-
nisse, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen
(Art. 153a Abs. 1 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Migrationsdienst des Kantons Bern, dem Haftgericht III
Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen
schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 15. Januar 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: