Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.194/2002
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002


2A.194/2002 /dxc

Sitzung vom 25. April 2003
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Müller, Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter
Merkli,
Gerichtsschreiber Uebersax.

Kantonales Steueramt Nidwalden, 6371 Stans,
Beschwerdeführer,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. iur. Louis Bochud, Hirschmattstrasse 13, 6003 Luzern,
Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Rathausplatz 1, 6370 Stans.

Steuerhinterziehung (Direkte Bundessteuer 1997/1998),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Nidwalden vom 6. August 2001.

Sachverhalt:

A.
A. ________ war mit acht Aktien an der X.________ AG beteiligt, deren übrige
Aktien von ihren beiden Brüdern gehalten wurden. Mit Gesellschaftsbeschluss
vom 17. Mai 1996 wurde die X.________ AG aufgelöst und einer der Brüder als
Liquidator eingesetzt. Die Löschung erfolgte mit Bestätigung des Revisors auf
den 3. April 1997. A.________ erhielt einen Liquidationsüberschuss im Betrag
von Fr. 458'956.--, der zu einem grossen Teil in Wertschriften ausgerichtet
wurde. Für die Ausrichtung des Liquidationsüberschusses bewilligte die
Eidgenössische Steuerverwaltung am 25. März 1997 das Meldeverfahren bei der
Verrechnungssteuer. Nach Art. 20 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über
die Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21) kann dem Steuerpflichtigen gestattet
werden, seine Steuerpflicht durch Meldung der steuerbaren Leistung zu
erfüllen, wo bei Kapitalerträgen die Steuerentrichtung zu unnötigen Umtrieben
oder zu einer offenbaren Härte führen würde. Mit der Genehmigung des
Meldeverfahrens verzichtete die Eidgenössische Steuerverwaltung somit auf die
Erhebung der Verrechnungssteuer. Eine entsprechende Mitteilung ging am 20.
Oktober 1997 beim kantonalen Steueramt Nidwalden ein und wurde usanzgemäss
dem Gemeindesteueramt Hergiswil weitergeleitet.

B.
In der von A.________ und ihrem - inzwischen verstorbenen - Ehemann
unterzeichneten und am 29. Juli 1997 eingereichten Steuererklärung 1997/98,
welche von der V.________ Treuhand-Gesellschaft vorbereitet worden war,
unterliessen es die Steuerpflichtigen, den Liquidationsüberschuss als
Einkommen zu deklarieren. Die Beteiligung an der X.________ AG wurde hingegen
mit einem Hinweis auf die Liquidation derselben im Wertschriftenverzeichnis
aufgeführt. Bei der Bearbeitung des Wertschriftenverzeichnisses durch die
Abteilung Wertschriftenkontrolle des kantonalen Steueramtes wurde das Fehlen
des Liquidationserlöses als Wertschriftenertrag aufgrund des Meldedoppels der
eidgenössischen Steuerverwaltung betreffend die Verrechnungssteuer bemerkt
und eine entsprechende Aufrechnung vorgenommen. Mit Veranlagungsverfügung vom
11. Mai 1999 wurden die Eheleute A.________ für die Steuerperiode 1997/98
definitiv veranlagt. Diese Verfügung erwuchs in Rechtskraft.

C.
Am 12. August 1999 teilte die Kantonale Steuerverwaltungskommission Nidwalden
den Eheleuten A.________ die Einleitung eines Strafsteuerverfahrens wegen
versuchter Steuerhinterziehung mit. In der Folge wurde A.________ mit
Bussenverfügung der Kantonalen Steuerverwaltungskommission Nidwalden vom 5.
Juni 2000 wegen Nichtdeklarierung steuerbarer Leistungen der X.________ AG im
Jahre 1996 der versuchten Steuerhinterziehung bei der direkten Bundessteuer
schuldig gesprochen und mit einer Busse von Fr. 13'254.20 bestraft.

D.
Gegen diese Verfügung erhob A.________ am 27. September 2000 Beschwerde bei
der Steuerrekursabteilung des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden. Das
Gericht nahm die Eingabe als Sprungbeschwerde entgegen, hiess diese mit
Urteil vom 6. August 2001 (versandt am 13. März 2002) gut und hob die
Bussenverfügung der Kantonalen Steuerverwaltungskommission vom 5. Juni 2000
wegen versuchter Steuerhinterziehung von direkten Bundessteuern 1997/98 auf.
Für das Gericht war weder der objektive Tatbestand der versuchten
Steuerhinterziehung erfüllt noch ergaben sich aus den Akten genügend
Anhaltspunkte dafür, dass die Steuerpflichtige mit dem Vorsatz handelte, der
Steuerbehörde Einkommen zu verheimlichen.

E.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. April 2002 an das Bundesgericht
beantragt das kantonale Steueramt Nidwalden, das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 6. August 2001 vollumfänglich aufzuheben und die
Bussenverfügung der Kantonalen Steuerverwaltungskommission Nidwalden vom 5.
Juni 2000 zu bestätigen.

Das Verwaltungsgericht hat unter Verweis auf das angefochtene Urteil auf eine
Vernehmlassung verzichtet. A.________ stellt den Antrag, die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen und das verwaltungsgerichtliche
Urteil zu bestätigen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung, Hauptabteilung
Direkte Bundessteuer, Verrechnungssteuer, Stempelabgaben, schliesst auf
Gutheissung der Beschwerde und Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen
Urteils.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden handelte im vorliegenden
Fall als kantonale Steuerrekurskommission im Sinne von Art. 140 ff. DBG.
Gegen deren Entscheid ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art.
146 DBG). Das kantonale Steueramt ist als kantonale Verwaltung für die
direkte Bundessteuer zur Beschwerde legitimiert (Art. 146 zweiter Satz DBG in
Verbindung mit Art. 103 lit. c OG). Auf die Beschwerde ist einzutreten.

1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht,
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die
unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier
- eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt
nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an
die Sachverhaltsfeststellung gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG).

1.3 Das Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
das Bundesrecht von Amtes wegen an; es ist gemäss Art. 114 Abs. 1 OG an die
von den Parteien vorgebrachten Begründungen nicht gebunden und kann die
Beschwerde auch aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder
abweisen (BGE 117 Ib 114 E. 4a S. 117, mit Hinweis).

2.
2.1 Nach Art. 175 Abs. 1 DBG wird unter anderem mit Busse bestraft, wer als
Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung
zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung
unvollständig ist. Wer eine Steuer zu hinterziehen versucht, wird gemäss Art.
176 Abs. 1 DBG mit Busse bestraft.

2.2 Der objektive Tatbestand der vollendeten Steuerhinterziehung setzt
voraus, dass aufgrund des Verhaltens des Steuerpflichtigen eine Veranlagung
überhaupt unterbleibt oder eine rechtskräftige Veranlagung sich als
unvollständig erweist (vgl. dazu Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz
über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, Art. 175, N 1 ff., S. 474 ff.;
Agner/ Digeronimo/Neuhaus/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte
Bundessteuer, Ergänzungsband, Zürich 2000, Art. 175, N 2 ff., S. 333 ff.;
Blumenstein/ Locher, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl.,
Zürich 2002, S. 363 f.; Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Bd. I, 9. Aufl.,
Bern/Stuttgart/Wien 2001, S. 1009 ff., § 38, N 9 ff.; Roman Sieber, in:
Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1,
Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden [StHG], 2. Aufl., Basel/Genf/München 2002, N 6 ff. zu Art. 56). Bei
der versuchten Steuerhinterziehung tritt der erwünschte Deliktserfolg, die
ausgebliebene oder unvollständige Veranlagung, nicht ein, d.h. dass die
Veranlagung steuerrechtlich korrekt und umfassend erfolgt. Bei der
unvollständigen Veranlagung bleibt die Straftat solange im Versuchsstadium,
bis die Veranlagung rechtskräftig geworden ist. Zwischen dem Verhalten des
Steuerpflichtigen und dem erwünschten Deliktserfolg muss eine hypothetische
Kausalität in dem Sinne bestehen, dass jenes für dieses adäquat kausal
gewesen wäre, wenn der Deliktserfolg eingetreten wäre (vgl. dazu
Agner/Jung/Steinmann, a.a.O., Art. 176, N 1 ff., S. 477 f.;
Agner/Digeronimo/Neuhaus/Steinmann, a.a.O., Art. 176, S. 340; Blumenstein/
Locher, a.a.O., S. 363 f.; Höhn/Waldburger, a.a.O., § 38, N 11 ff.; Roman
Sieber, a.a.O., N 21 ff. zu Art. 56).

2.3 Der subjektive Tatbestand der versuchten Steuerhinterziehung setzt
Vorsatz voraus; Fahrlässigkeit genügt dafür nicht (Agner/Jung/Steinmann,
a.a.O., Art. 176, N 2, S. 477; Agner/Digeronimo/Neuhaus/Steinmann, a.a.O.,
Art. 176, N 3.3, S. 341; Höhn/Waldburger, a.a.O., § 38, N 20; Sieber, a.a.O.,
N 22 zu Art. 56). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gilt der
Nachweis des Vorsatzes als erbracht, wenn mit hinreichender Sicherheit
feststeht, dass sich der Beschuldigte der Unrichtigkeit oder
Unvollständigkeit der gemachten Angaben bewusst war. Ist dieses Wissen
erwiesen, so muss angenommen werden, dass er auch mit Willen handelte, d.h.
eine Täuschung der Steuerbehörden beabsichtigt und eine zu niedrige
Veranlagung bezweckt (direkter Vorsatz) oder zumindest in Kauf genommen hat
(Eventualvorsatz). Diese Vermutung lässt sich nicht leicht entkräften, weil
in der Regel ein anderer Beweggrund für die Unrichtigkeit oder
Unvollständigkeit der gemachten Angaben nur schwer vorstellbar ist (BGE 114
Ib 27 E. 3a S. 29 f., mit Hinweisen; Urteil 2A.187/2000 vom 3. November 2000,
E. 3c/bb). Lediglich fahrlässig handelt der Steuerpflichtige demgegenüber,
wenn er die Folgen seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit
nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat. Pflichtwidrig ist die
Unvorsichtigkeit, wenn der Steuerpflichtige die Vorsicht nicht beachtet, zu
der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen
verpflichtet ist (vgl. Art. 18 Abs. 3 StGB).

2.4 In objektiver Hinsicht ergibt sich zunächst, dass die Veranlagung
unbestrittenermassen rechtskräftig geworden und vollständig ausgefallen ist,
dies allerdings erst aufgrund der nachträglichen Mitberücksichtigung des
Meldeformulars der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Die Steuererklärung war
nämlich nicht vollständig.

Zwar sind im der Steuererklärung beigelegten Wertschriftenverzeichnis "8
Aktien X.________ AG" mit dem Vermerk "Liquidation", einem Steuerwert am 1.
Januar 1997 von Fr. 0.-- sowie jeweiligen jährlichen Bruttoerträgen für die
Jahre 1995 und 1996 von Fr. 10'000.-- aufgeführt. Die Beschwerdegegnerin hat
somit die Liquidation und weitgehend auch die damit verbundenen Finanzwerte
in der Steuererklärung angegeben. Sie hat sie aber nicht als Einkommen
deklariert. Dieser Mangel war für die Steuerbehörde nicht klar ersichtlich,
weil sich für sie der Schein ergab, der Überschuss sei noch nicht verteilt
worden bzw. es sei noch kein Anspruch darauf entstanden.

2.4.1 Die Beschwerdegegnerin macht geltend, der Liquidationserlös sei erst im
Bemessungsjahr 1997 angefallen; vor April 1997 seien keine Vermögenswerte an
die Aktionäre verteilt worden noch habe ein bestimmter und konkreter
Rechtsanspruch auf die Wertschriften bestanden. Die sie damals vertretende
V.________ Treuhand-Gesellschaft hat aber in einem Schreiben vom 28. April
1999 eingewilligt, den Erlös aus der Liquidation der X.________ AG "in der
Veranlagung 1997/98 nachzutragen, obwohl die Übertragung der Wertschriften
ins Portefeuille des Steuerpflichtigen nachweislich erst per 23.4.97
erfolgte". Damit hat die Beschwerdegegnerin die Steuerpflicht für das Jahr
1996 anerkannt.

2.4.2 Im Übrigen gilt ein Einkommen grundsätzlich steuerrechtlich als in
jenem Zeitpunkt erzielt, in welchem der Steuerpflichtige eine Leistung
vereinnahmt oder einen festen Anspruch darauf erwirbt. Der steuerrechtlich
massgebliche Einkommensanfall erfolgt dabei auf den Zeitpunkt des Übergangs
der wirtschaftlichen Verfügungsmacht. Die Fälligkeit einer Leistung oder
deren tatsächliche Erfüllung ist somit nicht zwingend Voraussetzung des
Einkommenszuflusses. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Eingangs ist nur
dort abzustellen, wo ein solcher vorher unsicher erscheint (vgl. BGE 113 Ib
23 E. 2e S. 26; 105 Ib 238 E. 4a S. 242; Urteile des Bundesgerichts
2A.67/1997 vom 14. Oktober 1998 in StR 54/1999 S. 196 E. 5b und 2P.14/1998
vom 3. Juli 1998 in RDAF 1998 2 374 E. 3a; Peter Locher, Kommentar zum DBG,
I. Teil, Therwil/Basel 2001, N 18 ff. zu Art. 16; Markus Reich, in:
Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a,
Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer [DBG], Art. 1-82,
Basel/Genf/München 2000, N 34 ff. zu Art. 16).

Im vorliegenden Fall handelte es sich um eine Verteilung eines
Liquidationsüberschusses im Verfahren nach Art. 745 Abs. 3 OR, weshalb die
Beschwerdegegnerin den Anspruch auf ihren Liquidationsanteil grundsätzlich im
Zeitpunkt der Bestätigung durch den Revisor erwarb. Am 17. Mai 1996 erging
der Beschluss über die Auflösung der X.________ AG. Am 12. September 1996
genehmigte der Revisor die Liquidation und die Verteilung des entsprechenden
Überschusses an die Aktionäre, womit die dreimonatige Frist von Art. 745 Abs.
3 OR eingehalten war. Gemäss späterer Meldung an die Eidgenössische
Steuerverwaltung im Meldeverfahren bei der Verrechnungssteuer wurde der
Anspruch als am 16. Oktober 1996 fällig geworden bezeichnet. Spätestens an
diesem Termin stand der Anteil der Beschwerdegegnerin am
Liquidationsüberschuss betragsmässig fest, und er war damals als solcher auch
einforderbar. Damit war der Liquidationsanteil im Bemessungsjahr 1996 als
Einkommen steuerbar.

2.4.3 Damit hat die Beschwerdegegnerin ein Verhalten gezeigt, das objektiv
auf eine Steuerverkürzung ausgerichtet war und für eine solche hypothetisch
kausal gewesen wäre.

2.5 In subjektiver Hinsicht bleibt zu prüfen, ob sich der Beschwerdegegnerin
ein Vorsatz nachweisen lässt.

2.5.1 Zunächst fragt es sich, wieweit sich die Beschwerdegegnerin das
Verhalten der Treuhandgesellschaft, die für sie die Steuererklärung
vorbereitete, und allenfalls ihres Ehemannes anrechnen lassen muss.
Jedenfalls trifft dies soweit zu, als sie zusammen mit der
Treuhandgesellschaft bzw. zusammen mit ihrem Ehemann gemeinsam gehandelt hat.
Die Beschwerdegegnerin beruft sich nicht auf Art. 180 Abs. 2 DBG, wonach
jedem Ehegatten der Nachweis offen steht, dass die Hinterziehung seiner
Steuerfaktoren durch den anderen Ehegatten ohne sein Wissen erfolgte oder
dass er ausserstande war, die Hinterziehung zu verhindern. Die
Beschwerdegegnerin muss sich auch entgegenhalten lassen, dass sie die
fragliche Steuererklärung persönlich unterzeichnet und damit als eigene
akzeptiert hat. Da die versuchte Steuerhinterziehung als Straftatbestand eine
persönliche Vorwerfbarkeit im Sinne des Schuldprinzips (dazu
Blumenstein/Locher, a.a.O., S. 369 f.) erfordert, setzt die Annahme eines
Vorsatzes freilich auch voraus, dass die Beschwerdegegnerin selber im Wissen
um die objektiven Tatbestandselemente gehandelt und den erwünschten
Deliktserfolg zumindest in Kauf genommen hat.

Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, kann sich ein
Steuerpflichtiger der Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit
der Angaben in der Steuererklärung andrerseits nicht dadurch entziehen, dass
er seine Steuerangelegenheiten durch einen vertraglichen Vertreter besorgen
lässt. Hat der Vertreter in der Steuererklärung unrichtige Angaben gemacht
und damit eine Steuerverkürzung bewirkt, so hat sich der Steuerpflichtige
dessen schuldhaftes Verhalten anzurechnen, wenn er in der Lage gewesen wäre,
die Fehler zu erkennen (ASA 36 S. 374 E. 3). Namentlich nimmt er den Versuch
einer Steuerverkürzung in Kauf, wenn er die Erstellung der Steuererklärung
ohne klare Instruktionen und ohne jegliche Kontrolle einem Treuhänder
überträgt und sich nicht darum kümmert, ob die in der Steuererklärung
enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind (vgl. Urteil des
Bundesgerichts 2A.228/2001 vom 13. November 2001 in StE 2002 B 101.21 Nr.
15).

2.5.2 Beim Ausfüllen der Steuererklärung gingen die Beschwerdegegnerin und
ihr Mann sowie die Treuhandgesellschaft offenbar davon aus, der
Liquidationsüberschuss sei als Einkommen steuerrechtlich erst in der
nachfolgenden Veranlagungsperiode massgeblich gewesen. Die Steuerbehörden
wenden dagegen ein, in der Wegleitung zur fraglichen Steuererklärung sei
ausdrücklich erläutert worden, Liquidationsüberschüsse seien als Einkommen zu
verbuchen, und die Beschwerdegegnerin sei darauf auch ausdrücklich von der
mit der Liquidation betrauten Treuhandgesellschaft hingewiesen worden.

2.5.3 In der Wegleitung zur Steuererklärung 1997/98 wird in Ziff. 4.1 unter
anderem ausgeführt:

"Als Zinsen und Gewinnanteile gelten auch die in Form von Gratisaktien,
Gratisobligationen, Gratisliberierungen, Liquidationsüberschüssen oder in
irgend einer anderen Form enthaltenen geldwerten Leistungen aus Guthaben und
Beteiligungen, die rechtlich keine Rückzahlung eines Kapitalguthabens oder
Kapitalanteils darstellen."

Im von der Steuerbehörde angerufenen Schreiben der U.________ Treuhand AG an
die Beschwerdegegnerin vom 7. Februar 1997 findet sich folgende Passage:

"Wir bitten Sie zu beachten, dass jegliche Erträge ab 1.10.96 in Ihrer
privaten Steuererklärung zu deklarieren sind und entsprechend durch Sie die
Verrechnungssteuer rückforderbar ist. Gleichzeitig sind die Ihnen zugeteilten
Aktien per 1.1.97 im Vermögen anzugeben."

Der Beschwerdegegnerin ist teilweise zugute zu halten, dass es nicht
offensichtlich ist, von welchem massgeblichen Zeitpunkt bei einem
Liquidationsanteil, wie er im vorliegenden Fall zur Diskussion steht,
steuerrechtlich auszugehen ist. In der Mitteilung, welche die
Beschwerdegegnerin von der die Liquidation durchführenden U.________ Treuhand
AG erhielt, ist allgemein von der Deklaration der "Erträge", nicht aber
spezifisch vom Liquidationsüberschuss die Rede. Wie und für welche
Bemessungsperiode die Deklaration in der Steuererklärung zu erfolgen hatte,
ging aus beiden Unterlagen somit für die Beschwerdegegnerin als nicht
fachkundige Person nicht deutlich hervor. Der Beschwerdegegnerin ist daher
eine gewisse Unsicherheit darüber zuzugestehen, ob der Liquidationserlös
bereits steuerpflichtig und in welcher Rubrik der Steuererklärung er
gegebenenfalls einzutragen war. Aufgrund der allfälligen Unsicherheit hätte
sie aber an die Steuerbehörden gelangen können und müssen und nicht einfach
auf eine Deklaration des Liquidationsüberschusses als Einkommen verzichten
dürfen.

2.5.4 Es fällt auf, dass die Beschwerdegegnerin bzw. ihr Ehemann keine
Schwierigkeiten hatten, das Meldeverfahren bei der Verrechnungssteuer
einzuleiten oder einleiten zu lassen, obwohl sich für die entsprechende
steuerliche Behandlung eines Liquidationsüberschusses zumindest vergleichbar
komplexe Fragen stellen wie bei der Veranlagung für die direkte Bundessteuer.
Die Beschwerdegegnerin bzw. die damals für sie handelnde Treuhandgesellschaft
hat im vorliegenden Fall ein solches Gesuch für einen Liquidationsüberschuss
im Betrag von Fr. 458'956.-- gestellt, und diesem Gesuch ist von der
Eidgenössischen Steuerverwaltung stattgegeben worden. Mit der Meldung vom 25.
März 1997 bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung, dass sie auf dem
fraglichen Liquidationsüberschuss die Verrechnungssteuer nicht erhoben hatte.

Einerseits hat also die Beschwerdegegnerin die Vorteile des Meldeverfahrens
zu nutzen gewusst. Andererseits musste sie aufgrund des Meldeverfahrens damit
rechnen, dass nicht nur die Eidgenössische Steuerverwaltung, sondern
vermutlich auch die kantonale und kommunale Steuerbehörde davon Kenntnis
erhalten würden, was in einem gewissen Widerspruch zu einem
Hinterziehungsvorsatz bei der Einkommenssteuer steht.

2.5.5 Die Beschwerdegegnerin ist zwar ihrer Deklarationspflicht bei einem
Liquidationserlös, der mit Fr. 458'956.-- immerhin einen sehr ansehnlichen
Betrag umfasste, nicht nachgekommen. Mehr als eine Sorgfaltspflichtverletzung
lässt sich ihr dabei aber nicht nachweisen. Der vorliegende Fall ist denn
auch entgegen der Auffassung der Eidgenössischen Steuerverwaltung nicht
gleich zu beurteilen wie derjenige, über den das Bundesgericht im Urteil
2A.228/2001 vom 13. November 2001 (in StE 2002 B 101.21 Nr. 15) entschieden
hat. Während sich der damalige Steuerpflichtige überhaupt nicht um die
Buchhaltung seines Betriebes und um seine Steuererklärung kümmerte und damit
unklare Verhältnisse und unvollständige Angaben in Kauf nahm, ist eine
entsprechende Passivität der Beschwerdegegnerin nicht belegt. Sie hat sich im
Wesentlichen über die zeitliche Bedeutung des Liquidationsüberschusses
getäuscht. Aus den dargelegten Gründen kann aus ihrem Verhalten nicht mit
rechtsgenüglicher Gewissheit ein Eventualvorsatz abgeleitet werden. Dass die
Beschwerdegegnerin Kenntnis von der korrekten Deklaration des fraglichen
Liquidationserlöses hatte und eine Steuerverkürzung beabsichtigte oder
wenigstens in Kauf nahm, ist daher nicht belegt.

2.5.6 Fehlt es somit am Vorsatz, entfallen eine Verurteilung wegen versuchter
Steuerhinterziehung und damit die Ausfällung einer Steuerbusse. Der
angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht daher nicht.

3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als unbegründet und ist
abzuweisen.

Damit sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens dem Kanton Nidwalden
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG). Dieser hat überdies die
Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art.
159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Kanton Nidwalden auferlegt.

3.
Der Kanton Nidwalden hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. April 2003

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: