Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.18/2002
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2002


2A.18/2002/bie

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
            ***********************************

                      28. Januar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Betschart, Hungerbühler
und Gerichtsschreiber Klopfenstein.

                         ---------

                         In Sachen

A.________, geb. 1978, z.Zt. Regionalgefängnis,
Genfergasse 22, Bern, Beschwerdeführer,

                           gegen

Migrationsdienst des Kantons  B e r n,
Haftgericht III  B e r n - M i t t e l l a n d,
Haftrichterin 6,

                         betreffend
          Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG,

         wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- A.________, jugoslawischer Staatsangehöriger monte-
negrinischer Herkunft, hält sich seit dem 20. September 1999
in der Schweiz auf. Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnte
sein Asylgesuch am 16. Mai 2001 ab und ordnete die Wegwei-
sung an. Eine gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wies
die Schweizerische Asylrekurskommission am 5. Juli 2001 ab.
A.________ hat die im Anschluss daran ergangene Anordnung,
die Schweiz bis zum 31. Oktober 2001 zu verlassen, bis
heute nicht befolgt. Seit dem 13. November 2001 galt er als
untergetaucht; im Durchgangszentrum für Asylbewerber in
S.________ war er nicht mehr anzutreffen. Aus diesem Grund
wurde er im Fahndungssystem RIPOL zwecks Ausschaffung aus-
geschrieben.

        Am 3. Januar 2002 wurde A.________ polizeilich
angehalten, dem Migrationsdienst des Kantons Bern zugeführt
und von diesem gleichentags in Ausschaffungshaft genommen.
Die Haftrichterin 6 am Haftgericht III Bern-Mittelland
prüfte und bestätigte die Haft am 7. Januar 2002. Ihren
begründeten Entscheid eröffnete sie am 10. Januar 2002.

        Hiergegen wandte sich A.________ mit handschrift-
licher, in serbokroatischer Sprache verfasster Eingabe vom
12. Januar 2002 an das Bundesgericht. Die Eingabe wurde von
Amtes wegen übersetzt. A.________ macht geltend, er könne
nicht nach Jugoslawien zurück, weil er hier in der Schweiz
eine Verlobte habe und weil er "vom Militär geflüchtet" sei,
was bedeute, dass er sein "Land verraten" habe. Vor einem
Transport nach Jugoslawien habe er Angst. Deshalb habe er
"zwei Mal im Gefängnis einen Selbstmord versucht".

        Die Haftrichterin 6 am Haftgericht III Bern-Mittel-
land sowie der Migrationsdienst des Kantons Bern schliessen
auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Ausländer-

fragen hat sich innert Frist nicht geäussert. A.________
hat von der Möglichkeit, sich ergänzend vernehmen zu lassen,
nicht Gebrauch gemacht.

     2.- Gegenstand des Entscheids der Haftrichterin ist
einzig die Rechtmässigkeit und Angemessenheit der Haftan-
ordnung (vgl. Art. 13c Abs. 2 ANAG). Vor dem Bundesgericht
stellt sich damit lediglich die Frage der Rechtmässigkeit
der Haft (vgl. Art. 104 lit. a und c OG). Namentlich ist
das Bundesgericht nicht (auch nicht als Beschwerdeinstanz)
zuständig, Asylbegehren zu beurteilen (vgl. insbesondere
Art. 100 Abs. 1 lit. b Ziff. 2 OG). Auch den Wegweisungsent-
scheid kann es nur dann überprüfen, wenn er offensichtlich
rechtswidrig ist (BGE 121 II 59 E. 2c).

        Der Beschwerdeführer gelangt in erster Linie mit
Anliegen (vgl. vorne Ziff. 1) an das Bundesgericht, welche
die Asyl- und Wegweisungsfrage betreffen. Da es keine An-
haltspunkte für eine offensichtliche Rechtswidrigkeit des
Wegweisungsentscheides gibt, kann nach dem Gesagten insoweit
auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

     3.- a) Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in
Ausschaffungshaft nehmen, sofern die Voraussetzungen von
Art. 13b ANAG erfüllt sind. Danach ist im Einzelnen unter
anderem erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht not-
wendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsent-
scheid vorliegt (vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 125 II 369
E. 3a S. 374; 122 II 148 E. 1 S. 150), dessen Vollzug (z.B.
wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich, jedoch ab-
sehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379).
Sodann muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten
Haftgründe bestehen (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a
S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3) und die Ausschaffung rechtlich

und tatsächlich möglich sein (vgl. Art. 13c Abs. 5 lit. a
ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5 S. 384). Auf
Seiten der Behörden sind die für den Vollzug der Wegweisung
notwendigen Vorkehrungen (wie Identitäts- und Herkunftsab-
klärungen, Papierbeschaffung) umgehend zu treffen (Art. 13b
Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.).

        b) Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren wegge-
wiesen worden. Die gegen ihn angeordnete Ausschaffungshaft
dient der Sicherstellung des Wegweisungsvollzugs und damit
dem vom Gesetz vorgesehenen Zweck. Wiewohl die für eine
Rückreise nach Jugoslawien notwendigen Dokumente noch nicht
vorliegen, erscheint die Heimreise tatsächlich möglich, und
es stehen dem Wegweisungsvollzug auch keine rechtlichen Hin-
dernisse entgegen. Sodann lässt sich den schweizerischen Be-
hörden nicht vorwerfen, sie hätten es unterlassen, die für
den Vollzug der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen zu tref-
fen. Der Beschwerdeführer, dessen Reisepass angeblich von
den italienischen Behörden zurückbehalten werden soll, hat
sich an der Haftrichterverhandlung vom 7. Januar 2002 aus-
drücklich damit einverstanden erklärt, dass die Fremden-
polizei Bern mit der Questura von B.________ - wo sich der
Reisepass befinden soll - Kontakt aufnimmt. Unter diesen
Voraussetzungen ist das Beschleunigungsgebot nicht verletzt
(vgl. dazu BGE 124 II 49 E. 3a S. 50 f.).

        Es ist nachfolgend noch zu prüfen, ob die Haft
sich auf einen der gesetzlichen Haftgründe stützen lässt.

        c) Die Haftrichterin stützt die Haft auf den Haft-
grund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG. Danach ist Aus-
schaffungshaft dann zulässig, wenn konkrete Anzeichen be-
fürchten lassen, dass der Ausländer sich der Ausschaffung
entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten
darauf schliessen lässt, dass er sich behördlichen Anordnun-
gen widersetzt (Untertauchensgefahr). Dabei muss der Vollzug

der Wegweisung erheblich gefährdet erscheinen. Dies trifft
namentlich zu, wenn der Ausländer bereits einmal unter-
getaucht ist, behördlichen Anordnungen keine Folge leistet
oder durch erkennbar unglaubwürdige und widersprüchliche
Angaben die Vollzugsbemühungen der Behörden erschwert
(vgl. BGE 122 II 49 E. 2a; 119 Ib 193 E. 2b S. 198).

        Der Beschwerdeführer bemühte sich - wiewohl er die
Schweiz bis zum 31. Oktober 2001 hätte verlassen müssen -
nicht um die notwendigen Reisepapiere. Im Gegenteil machte
er gegenüber den Behörden - und auch in der Beschwerde an
das Bundesgericht - geltend, nicht in sein Heimatland zu-
rückkehren zu wollen. Vielmehr beabsichtigt er, bei seiner
Freundin in der Schweiz zu leben, zu welcher er nach seinem
Untertauchen offenbar gezogen ist (vgl. Festnahmerapport
vom 3. Januar 2002). Hier ist der Beschwerdeführer überdies
straffällig geworden: Am 8. Januar 2001 verurteilte ihn das
Bezirksamt Zofingen wegen Verletzung von Verkehrsregeln und
wegen Fälschens des Führerausweises zu zehn Tagen Gefängnis.
Im Kanton Zürich wurde A.________ zu weiteren Bussen wegen
Verstössen gegen das Strassenverkehrsgesetz und gegen das
Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Er unterliess es jedoch,
diese Bussen zu bezahlen, weshalb er bereits zum Strafan-
tritt (54 Tage Haft) vorgeladen worden ist. An der Haftrich-
terverhandlung vom 7. Januar 2002 erklärte der Beschwerde-
führer jedoch, er sei nicht bereit, diese Strafe "abzusit-
zen". Zu weiteren drei Monaten Gefängnis (bedingt) wurde
A.________ schliesslich am 31. Juli 2001 verurteilt, weil
er u.a. ein Fahrzeug entwendet hatte.

        Somit sind - angesichts des gesamten bisherigen
Verhaltens des Beschwerdeführers - die von der Rechtspre-
chung zum einzigen von der Haftrichterin ausdrücklich ange-
rufenen Haftgrund von Art. 13b Abs. 1 lit. c ANAG entwickel-
ten Kriterien erfüllt (vgl. BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.).

        d) Der Beschwerdeführer ist möglicherweise psy-
chisch angeschlagen (vgl. Beschwerde Ziff. 2 sowie Diszi-
plinarverfügung der Gefängnisleitung vom 6. Januar 2002,
woraus hervorgeht, dass A.________ bereits dem Gefängnis-
psychiater vorgeführt worden ist).

        Einen psychisch Kranken im ordentlichen Haftregime
zu belassen, kann gegen das Gebot verstossen, wonach die
Haft in geeigneten Räumlichkeiten zu vollziehen ist (unver-
öffentlichtes Urteil vom 15. Januar 2002 i.S. C., E. 3d).
Dies hat die Haftrichterin aber nicht ausser Acht gelassen
und festgestellt, die allenfalls drohende Suizidgefährdung
könne durch Inanspruchnahme des Gefängnis-Pflegedienstes
bzw. mittels einer Verlegung in die Anstalt Witzwil wirksam
gebannt werden. Es gibt keinen Grund, an dieser Beurteilung
zu zweifeln.

        e) Die Anordnung der Ausschaffungshaft erweist sich
daher als mit dem Bundesrecht vereinbar. Dass deren Dauer in
der Urteilsformel des angefochtenen Entscheids nicht fest-
gehalten ist, ändert nichts. Es ist davon auszugehen, dass
die Haftrichterin sie stillschweigend auf die in der ersten
Phase zulässige Höchstdauer von drei Monaten (vgl. Art. 13b
Abs. 2 ANAG) festgesetzt hat, was im konkreten Fall als an-
gemessen erscheint.

     4.- a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist im verein-
fachten Verfahren nach Art. 36a OG abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.

        b) Bei diesem Verfahrensausgang würde der Beschwer-
deführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 OG). Es rechtfer-
tigt sich jedoch mit Blick auf seine offensichtliche Mittel-
losigkeit, von der Erhebung einer Gerichtsgebühr abzusehen
(Art. 153a Abs. 1 OG).

        c) Der Migrationsdienst des Kantons Bern wird er-
sucht, sicherzustellen, dass das vorliegende Urteil dem
Beschwerdeführer korrekt eröffnet und verständlich gemacht
wird.

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Migrationsdienst des Kantons Bern, dem Haftgericht III
Bern-Mittelland sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. Januar 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: