Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.171/2002
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2A.171/2002 /kil

Urteil vom 28. November 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler, Müller, Merkli,
Gerichtsschreiberin Müller.

A. ________, geb. ... 1964,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Josef Jacober, Unterstrasse
15, Postfach, 9001 St. Gallen,

gegen

Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001
St. Gallen,
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen, Spisergasse 41, 9001 St. Gallen.

Aufenthaltsbewilligung für D.________,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen vom

22. Februar 2002.

Sachverhalt:

A.
A. ________, geb. ... 1964, stammt ursprünglich aus der Bundesrepublik
Jugoslawien. Am ... 1982 gebar sie ihren Sohn D.________, mit dessen Vater,
B.________, sie zusammen lebte, ohne dass sie mit ihm verheiratet war.
A.________ hielt sich erstmals im Jahre 1990 mit einer Saisonbewilligung in
der Schweiz auf. Am 30. August 1991 heiratete sie den Schweizer Bürger
C.________ und erhielt nach damaligem Recht die schweizerische
Staatsangehörigkeit. Zwei Jahre nach der Heirat verstarb der Ehemann infolge
eines Unfalles. In einer Verfügung vom 9. März 1993 lehnte das Zentrum für
Sozialarbeit in E.________ das Begehren von A.________ ab, ihr das Kind
D.________ zu Pflege, Obhut und Erziehung zuzuweisen. Es blieb bei seinem
Vater B.________, der es bei seinen Eltern unterbrachte. Am 18. November 1997
kam das Zentrum auf seinen Entscheid zurück und sprach das Kind der Mutter
zu.

B.
Am 20. Mai 1998 reichte A.________ bei der Fremdenpolizei des Kantons St.
Gallen ein Gesuch um Erteilung der Aufenthaltsbewilligung für ihren Sohn ein.
Mit Verfügung vom 19. Juni 1998 lehnte die Fremdenpolizei des Kantons St.
Gallen dieses Gesuch ab.

A. ________ erhob gegen die ablehnende Verfügung der Fremdenpolizei Rekurs
beim Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen. Während des
Rekursverfahrens reiste D.________ am 7. Dezember 1998 ohne Visum in die
Schweiz ein und hält sich seither hier auf. Das Justiz- und
Polizeidepartement wies den Rekurs am 6. Mai 1999 ab. Gleich entschied das
Verwaltungsgericht auf Beschwerde hin mit Urteil vom 17. August 1999.

Mit Urteil vom 25. Februar 2000 hiess das Bundesgericht die dagegen erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut, hob das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons St. Gallen auf und wies die Sache im Sinne der Erwägungen an dieses
zurück. Es war zum Schluss gekommen, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht
unterlassen habe, den Sohn D.________ persönlich zu befragen.

C.
Mit Urteil vom 18. April 2000 wies das Verwaltungsgericht des Kantons St.
Gallen die Angelegenheit zur Feststellung des Sachverhaltes im Sinne der
bundesgerichtlichen Erwägungen und zu neuer Beurteilung und Entscheidung an
das Ausländeramt (ehemals Fremdenpolizei) zurück. Am 15. Juni 2000 führte das
Ausländeramt des Kantons St. Gallen mit D.________ eine Befragung durch. Mit
Verfügung vom 10. Oktober 2000 wies das Ausländeramt das
Familiennachzugsgesuch erneut ab. Dagegen erhob A.________ am 30. Oktober
2000 Rekurs beim Justiz- und Polizeidepartement des Kantons St. Gallen. Das
Justiz- und Polizeidepartement wies den Rekurs am 19. September 2001 ab.
Dagegen erhob A.________ am 3. Oktober 2001 Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen. Dieses wies die Beschwerde mit
Entscheid vom 22. Februar 2002 ab.

D.
Dagegen hat A.________ am 12. April 2002 beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, den Entscheid des
Verwaltungsgerichts aufzuheben und das Ausländeramt anzuweisen, D.________
eine Aufenthaltsbewilligung im Rahmen des Familiennachzugs zu erteilen. Das
Justiz- und Polizeidepartement sowie das Verwaltungsgericht des Kantons St.
Gallen beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Ausländerfragen enthält sich ausdrücklich eines Antrags, weist aber auf eine
im Zusammenhang mit dem Freizügigkeitsabkommen am 1. Juni 2002 erfolgte
Revision der Verordnung vom 6. Oktober 1986 über die Begrenzung der Zahl der
Ausländer (BVO; SR 823.21) hin, welche es den Kantonen ermöglichen soll, eine
Diskriminierung von Schweizer Bürgern im Vergleich zu Angehörigen der
EU-Staaten beim Familiennachzug zu vermeiden.

Mit Schreiben vom 18. Juni 2002 lud der Abteilungspräsident das Justiz- und
Polizeidepartement des Kantons St. Gallen ein, dem Bundesgericht mitzuteilen,
ob es gestützt auf den Hinweis des Bundesamtes allenfalls bereit wäre, dem
Sohn der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Mit
Schreiben vom 27. Juni 2002 erklärte das Justiz- und Polizeidepartement, es
halte vollumfänglich an seinem ursprünglichen Antrag fest.

E.
Mit Verfügung vom 15. Mai 2002 erkannte der Abteilungspräsident der
Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zu.

F.
Mit Schreiben vom 21. August 2002 liess das Ausländeramt dem Bundesgericht
die Protokolle von mehreren Befragungen D.________s durch die Kantonspolizei
vom 19. und 20. August 2002 zukommen. Mit Verfügung vom 23. August 2002 gab
der Instruktionsrichter der II. öffentlichrechtlichen Abteilung der
Beschwerdeführerin Gelegenheit, zu dieser Eingabe Stellung zu nehmen,
insbesondere zu den von D.________ gemachten Äusserungen in Bezug auf die
Beziehung zu seiner Mutter. Die Beschwerdeführerin erklärte mit Eingabe vom
9. September 2002, D.________ wolle nach wie vor in der Schweiz bleiben; er
habe sich wegen des hängigen Strafverfahrens vor seiner Mutter geschämt.

G.
Mit Schreiben vom 18. September 2002 übermittelte das Ausländeramt dem
Bundesgericht den Schlussbericht der Kantonspolizei St. Gallen über die
kriminalpolizeilichen Ermittlungen gegen D.________ wegen Diebstahls,
Hausfriedensbruchs und Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz und
gegen das Bundesgesetz vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung
der Ausländer (ANAG; SR 142.20) sowie einen Polizeibericht im Zusammenhang
mit einem Einbruchdiebstahl in eine Kleiderboutique. Die Beschwerdeführerin
nahm dazu mit Schreiben vom 25. Oktober 2002 Stellung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Art. 100 Abs. 1 lit. b OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf
dem Gebiet der Fremdenpolizei aus gegen die Erteilung oder Verweigerung von
Bewilligungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Gemäss Art.
4 ANAG entscheidet die zuständige Behörde, im Rahmen der gesetzlichen
Vorschriften und der Verträge mit dem Ausland, nach freiem Ermessen über die
Bewilligung von Aufenthalt und Niederlassung. Es besteht damit grundsätzlich
kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, es sei denn, der
Ausländer oder seine in der Schweiz lebenden Angehörigen könnten sich auf
eine Sondernorm des Bundesrechts oder eines Staatsvertrags berufen (BGE 128
II 145 E. 1.1.1; 127 II 161 E. 1a S. 164, je mit Hinweisen).

1.2 Gemäss Art. 17 Abs. 2 Satz 3 ANAG haben ledige Kinder von Ausländern, die
in der Schweiz niedergelassen sind, Anspruch auf Einbezug in die
Niederlassungsbewilligung ihrer Eltern, wenn sie mit diesen zusammen wohnen
und noch nicht 18 Jahre alt sind. Diese Regelung wendet das Bundesgericht
analog an, wenn es um den Nachzug des ausländischen Kindes eines
schweizerischen Elternteils geht (BGE 118 Ib 153 E. 1b S. 155 f.).

Der Sohn der Beschwerdeführerin war im Zeitpunkt der Gesuchstellung (20. Mai
1998), auf die es für die Altersfrage beim Familiennachzug ankommt (BGE 120
Ib 257 E. 1f S. 262, mit Hinweis), noch nicht ganz 16 Jahre alt. Die
Beschwerdeführerin hat damit grundsätzlich einen Anspruch auf die Erteilung
der Niederlassungsbewilligung an ihren Sohn, weshalb die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist.

1.3 Die Beschwerdeführerin beantragt nur, die Fremdenpolizei anzuweisen,
ihrem Sohn die Aufenthaltsbewilligung zu erteilen. Sollte ein Recht auf
Erteilung der Niederlassungsbewilligung bestehen, was als Rechtsfrage von
Amtes wegen zu prüfen ist, kann die ein weniger gefestigtes Anwesenheitsrecht
gewährende Aufenthaltsbewilligung erst recht nicht verweigert werden (BGE 128
II 145 E. 1.1.4 S. 149, mit Hinweisen).

1.4 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann vorliegend die Verletzung von
Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens,
sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts (Art.
104 lit. a und b OG), nicht jedoch Unangemessenheit des angefochtenen
Entscheids (vgl. Art. 104 lit. c. OG) gerügt werden.

1.5 Im Fremdenpolizeirecht stellt das Bundesgericht auf die aktuellen
tatsächlichen und rechtlichen Umstände ab, ausser wenn eine richterliche
Behörde als Vorinstanz entschieden hat. Diesfalls gilt die Regelung von Art.
105 Abs. 2 OG, wonach das Bundesgericht an die Feststellung des Sachverhalts
gebunden ist, wenn die richterliche Vorinstanz diesen nicht offensichtlich
unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher
Verfahrensgarantien erhoben hat (BGE 124 II 361 E. 2a S. 365; 122 II 385 E. 2
S. 390). Da im vorliegenden Fall der angefochtene Entscheid durch ein Gericht
erging, gelangt Art. 105 Abs. 2 OG zur Anwendung.

1.6 Wegen der grundsätzlichen Bindung des Bundesgerichts an den vom
Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt ist die Möglichkeit, vor
Bundesgericht neue Tatsachen vorzubringen und neue Beweismittel einzureichen,
weitgehend ausgeschlossen. Das Bundesgericht lässt nur solche neuen Tatsachen
und Beweismittel zu, welche die Vorinstanz von Amtes wegen hätte
berücksichtigen müssen und deren Nichtbeachtung eine Verletzung wesentlicher
Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 97 E. 1c S. 99 f.).
Nachträgliche Veränderungen des Sachverhalts (so genannte "echte Noven")
können in der Regel nicht mehr berücksichtigt werden, denn einer Behörde kann
nicht vorgeworfen werden, sie habe den Sachverhalt im Sinne von Art. 105 Abs.
2 OG fehlerhaft festgestellt, wenn sich dieser nach ihrem Entscheid verändert
hat (BGE 125 II 217 E. 3a S. 221).

1.7 Das Bundesgericht wendet das Bundesrecht bei der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Amtes wegen an, ohne an die Begründung der
Parteibegehren gebunden zu sein (Art. 114 Abs. 1 in fine OG). Es kann die
Beschwerde daher aus andern als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder
den Entscheid mit einer Begründung bestätigen, die von jener der Vorinstanz
abweicht (BGE 121 II 473 E. Ib S. 477; 117 Ib 114 E. 4a S. 117, mit Hinweis).

2.
2.1 Zweck das Familiennachzuges ist es, das familiäre Zusammenleben zu
ermöglichen. Sind die Eltern von einander getrennt oder geschieden, und hält
sich der eine Elternteil in der Schweiz, der andere aber im Ausland auf, kann
es nicht um eine Zusammenführung der Gesamtfamilie gehen. In solchen Fällen
entspricht es dem Gesetzeszweck nicht, einen bedingungslosen Anspruch auf
Nachzug der Kinder anzunehmen. Ein Nachzugsrecht setzt voraus, dass das Kind
zum in der Schweiz lebenden Elternteil die vorrangige familiäre Beziehung
unterhält. Dabei kommt es nicht nur auf die bisherigen Verhältnisse an,
sondern es können auch nachträglich eingetretene oder gar künftige Umstände
wesentlich werden. Namentlich kann nicht entscheidend sein, in welchem Land
das Kind bisher seinen Lebensmittelpunkt hatte, bliebe doch sonst ein
Nachzugsrecht praktisch immer wirkungslos. Zu berücksichtigen ist aber, bei
welchem Elternteil das Kind bisher gelebt hat, beziehungsweise wem die
elterliche Gewalt zukommt; wenn sich das Kindesinteresse in der Zwischenzeit
geändert hat, so ist für eine Anpassung der familiären Verhältnisse in der
Regel zunächst der privatrechtliche Weg zu beschreiten. Vorbehalten bleiben
Fälle, in denen klare Anhaltspunkte für neue familiäre Abhängigkeiten oder
für eine wesentliche Verlagerung der Beziehungsintensitäten bestehen, wie
etwa beim Hinschied desjenigen Elternteils, der das Kind bisher betreut hat.
Im Übrigen wird das gesetzgeberische Ziel von Art. 17 Abs. 2 ANAG, das
familiäre Zusammenleben zu ermöglichen und rechtlich abzusichern, nicht
erreicht, wenn der in der Schweiz niedergelassene Ausländer jahrelang von
seinem Kind getrennt lebt und dieses erst kurz vor dem Erreichen des 18.
Altersjahrs in die Schweiz holt. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn es gute
Gründe gibt, aus denen die Familiengemeinschaft in der Schweiz erst nach
Jahren hergestellt wird; solche Gründe müssen sich aus den Umständen des
Einzelfalles ergeben (BGE 125 II 585 E. 2a S. 586 f., mit Hinweisen).

2.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt es beim nachträglichen
Familiennachzug freilich nicht nur darauf an, zu welchem der beiden
Elternteile die vorrangige Beziehung besteht. In die Beurteilung
einzubeziehen ist die Beziehung zu Drittpersonen, welche die Kinder bisher
betreut haben; zu berücksichtigen ist sodann auch, ob bei einer Änderung der
Verhältnisse alternative Betreuungsmöglichkeiten im Heimatland zur Verfügung
stehen, die dem Kindeswohl besser entsprechen, beispielsweise weil dadurch
vermieden werden kann, dass die Kinder aus ihrer bisherigen Umgebung und dem
ihnen vertrauten Beziehungsumfeld herausgerissen werden (BGE 125 II 585 E. 2c
S. 588 ff.).

3.
3.1 Das Verwaltungsgericht war im ersten Urteil vom 17. August 1999 zur
Auffassung gelangt, dass eine vorrangige familiäre Beziehung des Sohnes
während der vergangenen acht Jahre zum Vater bzw. den betreuenden Grosseltern
väterlicherseits, nicht aber zur Mutter bestanden habe. Diese habe ihr Kind
bei der Übersiedlung in die Schweiz freiwillig in Jugoslawien zurückgelassen.
Da keine familiären Kontakte zwischen Mutter und Kind nachgewiesen seien und
die Übertragung des Sorgerechts erst im sechzehnten Altersjahr des Sohnes
erfolgt sei, bestünden keine zwingenden Gründe, die langjährige
Familiengemeinschaft des Sohnes mit seinen Grosseltern auf die Mutter zu
übertragen. Weiter wurde im Urteil des Verwaltungsgerichts ausgeführt, dass
es auf den Gesundheitszustand und auf den Verbleib der in Pec (Kosovo)
lebenden Grosseltern mütterlicherseits, bei denen sich der Sohn nach der
Übertragung des Sorgerechts auf die Mutter zunächst aufgehalten habe - sie
sollen im Verlaufe der kriegerischen Auseinandersetzungen verschollen sein -
nicht ankomme. Über die Grosseltern väterlicherseits, die in Serbien leben,
lägen jedenfalls keine Angaben dazu vor, dass diese gesundheitlich nicht mehr
in der Lage wären, den Sohn zu betreuen.

3.2 Das Bundesgericht kam im Urteil vom 25. Februar 2000 zum Schluss, dass
das Verwaltungsgericht dem Beweisantrag auf Befragung des Sohnes hätte
stattgeben sollen, denn aufgrund der vorliegenden Akten lasse sich jedenfalls
nicht ausschliessen, dass das Kind seine vorrangige familiäre Beziehung zur
Beschwerdeführerin unterhalte, ihr diese jedenfalls mit der Zeit zugefallen
sei. Die vorliegenden Akten liessen keine abschliessende Beurteilung darüber
zu, zu wem der Sohn der Beschwerdeführerin die vorrangige Beziehung
unterhalte; die besondere Ausgangslage rechtfertige eine vertiefte und,
soweit möglich, umfassende Abklärung der tatsächlichen Umstände; das
Verwaltungsgericht habe jedoch nicht alle entsprechenden Möglichkeiten
ausgeschöpft; es hätte insbesondere nicht ablehnen dürfen, den Sohn der
Beschwerdeführerin zu befragen.

4.
4.1 Am 15. Juni 2000 führte die Fremdenpolizei mit dem Sohn der
Beschwerdeführerin eine Befragung durch. Aufgrund der Vorakten, ergänzt durch
diese Befragung, ist das Verwaltungsgericht in seinem Entscheid vom 22.
Februar 2002 davon ausgegangen, dass D.________ nach der Ausreise seiner
Mutter nur wenige Monate bei seinem Vater selbst gelebt hat, dass sich seit
dem Jahre 1990 hauptsächlich die Grosseltern väterlicherseits um D.________
gekümmert haben, und seit anfangs 1996 die Grosseltern mütterlicherseits. Es
ist zum Schluss gekommen, dass seit 1990 nicht von einer vorrangigen
Beziehung D.________s zu seinem Vater gesprochen werden könne; daran vermöge
auch nichts zu ändern, dass der Vater formell seit 1993 Inhaber der
elterlichen Sorge gewesen sei. Allerdings könne in der Zeit von 1990 bis Ende
1995 auch nicht von einer vorrangigen Beziehung zur Mutter die Rede sein;
trotz der anerkannten Bemühungen der Beschwerdeführerin um Kontaktpflege mit
ihrem Sohn hätten deshalb für diesen Zeitraum die Grosseltern
väterlicherseits als engste Beziehungspersonen zu gelten.

Ob in dieser Zeitspanne wirklich die Grosseltern väterlicherseits als die
wichtigsten Bezugspersonen von D.________ zu gelten haben, was die
Beschwerdeführerin bestreitet, kann hier offen bleiben, da diese Grosseltern
nach dem Wechsel D.________s zu den Grosseltern mütterlicherseits an
Bedeutung verloren haben; für die Prüfung des Familiennachzugsgesuchs ist
vielmehr von Bedeutung, zu wem D.________ im Zeitraum vor seiner Einreise in
die Schweiz die vorrangige Beziehung unterhalten hat.

4.2 Die Vorinstanz führt aus, während der Zeit von Ende 1995 bis zum 20. Mai
1998 kämen als Hauptbezugspersonen von D.________ einerseits die Grosseltern
mütterlicherseits und anderseits die Beschwerdeführerin als Mutter in Frage;
sie gelangt zum Schluss, dass während dieses Zeitraums die vorrangige
familiäre Beziehung zu den Grosseltern mütterlicherseits bestanden habe.

Die Beschwerdeführerin behauptet, die von der Vorinstanz vorgenommene
Interpretation der Aussagen von D.________ sei teilweise unrichtig und
aktenwidrig. Ob diese Behauptung begründet ist, kann offen bleiben: Auch wenn
bis zur Einreichung des Familiennachzugsgesuchs die vorrangige Beziehung
D.________s zu seinen Grosseltern mütterlicherseits bestanden haben sollte,
führt dies nicht zwingend zur Verweigerung des Gesuchs; wesentlich ist
vielmehr, ob in einem solchen Fall gute Gründe für die Verlagerung der
Betreuungsverhältnisse sprechen.

4.3 D.________ ist nach eigenen Angaben im Dezember 1998 - als das
Nachzugsgesuch schon hängig war - in die Schweiz eingereist, ohne die
Grosseltern oder seine Mutter vorgängig über seine Pläne zu unterrichten; er
habe sich davor gefürchtet, in die Armee eingezogen zu werden. Er gab an, er
wisse heute über seine Grosseltern mütterlicherseits nur, dass sie irgendwo
als Flüchtlinge lebten, wohl irgendwo in Jugoslawien. Nach der Darstellung
der Beschwerdeführerin haben sie - als Folge der Kriegswirren im Kosovo - als
verschollen zu gelten.

Seit der Einreise in die Schweiz Ende 1998 sind nun über dreieinhalb Jahre
vergangen, in denen der Beschwerdeführer mittlerweile die Beziehung zu seiner
Mutter vertieft hat; heute ist sie seine engste Bezugsperson. Dieser Faktor
darf einerseits nicht allein ausschlaggebend sein, ist doch D.________ damals
illegal eingereist. Es ist aber andrerseits nicht D.________ anzulasten, dass
schon das erste Verfahren vom Einreichen des Nachzugsgesuchs am 20. Mai 1998
bis zum Urteil des Bundesgerichts vom 25. Februar 2000 relativ lange gedauert
hat und, da damals das Urteil des Verwaltungsgerichts vom Bundesgericht
aufgehoben werden musste, sich fortsetzte. Bis zum heute angefochtenen Urteil
vom 22. Februar 2002 sind noch einmal zwei Jahre verstrichen.

4.4 Das Verwaltungsgericht hält fest, dass D.________ heute 20 Jahre alt ist
und damit in einem Alter, wo er auf ein Leben im Familienverband nicht mehr
angewiesen sei. Es zieht daraus den Schluss, dass aus diesem Grunde heute
nicht entscheidend sei, wo sich die Grosseltern mütterlicherseits aufhalten.
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden: Nachdem die Dauer des
Verfahrens nicht D.________ anzulasten ist, darf ihm auch sein heutiges Alter
und die damit zusammenhängende verminderte Abhängigkeit von einer
Betreuungsperson nicht zum Nachteil gereichen. Anders entscheiden hiesse,
dass sich der Anspruch auf Familiennachzug regelmässig dann, wenn das
Verfahren im betreffenden Kanton relativ lange gedauert hat, nicht
realisieren lässt. Es ist vielmehr heute darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt
des ersten Entscheides des Verwaltungsgerichts (17. August 1999) die
Grosseltern mütterlicherseits nach wie vor hätten für D.________ sorgen
können. Diese Frage hätte das Verwaltungsgericht nicht offen lassen dürfen.
Angesichts der damals im Kosovo herrschenden Kriegswirren kann wohl als
hinreichend dargetan gelten, dass die - serbischstämmigen - Grosseltern
mütterlicherseits im Sommer 1999 tatsächlich verschollen waren und sich daher
ein Wechsel der Hauptbetreuungsperson zur Mutter aufdrängte. Wie es sich
damit verhält, und ob das Verwaltungsgericht D.________ aus diesem Grund die
Aufenthaltsbewilligung hätte erteilen müssen, braucht indessen aus den im
Folgenden darzulegenden Gründen nicht abschliessend entschieden zu werden.

5.
5.1 Während der Hängigkeit des bundesgerichtlichen Verfahrens sind nämlich
neue Entwicklungen aufgetreten:

Wie dem Bericht der Kantonspolizei des Kantons St. Gallen vom 19. August 2002
sowie den betreffenden Befragungsprotokollen zu entnehmen ist, hat D.________
zugegeben, in der Nacht vom 18. auf den 19. August 2002 in F.________ durch
ein Toilettenfenster in eine Garage eingebrochen zu sein und anschliessend
ein Auto entwendet zu haben und damit nach St. Gallen gefahren zu sein;
anschliessend sei er dort in einer Garage eingebrochen und habe eine
Fotokamera gestohlen. Anlässlich einer weiteren Befragung vom 20. August 2002
gab D.________ zudem zu, in der Nacht vom 17. auf den 18. August 2002 in
G.________ in eine Pizzeria eingebrochen zu sein und dort auf dem Parkplatz
ein Auto entwendet zu haben; Mitte August 2002 sei er in H.________ in eine
Boutique eingebrochen und habe Schmuck, Kleider und einen Geldbetrag
mitgenommen; anfangs August habe er zudem in einem Restaurant in I.________
Fr. 20.-- mitgenommen, und am 16. August 2002 habe er einen Einbruchdiebstahl
in einen Autokosmetikbetrieb in J.________ verübt.

5.2 All diese Straftaten hat D.________ nach Ausfällung des angefochtenen
Entscheids verübt. Das Bundesgericht berücksichtigt solche so genannten
"echten Noven" grundsätzlich nicht (vgl. E. 1.6 oben). Indessen kann es ihm
nicht verwehrt sein, ausnahmsweise auf nachträglich eingetretene Tatsachen
abzustellen, wenn diese geeignet sind, eine aufgrund des bisherigen
Sachverhalts an sich gebotene Gutheissung der Beschwerde im Nachhinein als
ungerechtfertigt erscheinen zu lassen. Es wäre kaum sinnvoll, wenn das
Bundesgericht den angefochtenen Entscheid aufheben und selbst eine
fremdenpolizeiliche Bewilligung bzw. eine entsprechende Ausweisung erteilen
würde und anschliessend die zuständige kantonale Behörde - in Würdigung der
inzwischen eingetretenen, vom Bundesgericht noch nicht berücksichtigten
Tatsachen - diese Bewilligung umgehend wieder entziehen müsste bzw. nicht
verlängern dürfte.

5.3 Der Anspruch auf Familiennachzug im Sinne von Art. 17 Abs. 2 ANAG
erlöscht, wenn der Anspruchsberechtigte gegen die öffentliche Ordnung
verstossen hat (Art. 17 Abs. 2 letzter Satz ANAG). Die Voraussetzung für das
Erlöschen eines Anspruchs ist weniger streng als im Fall des ausländischen
Ehegatten eines Schweizers oder Schweizerin, bei dem nach Art. 7 Abs. 1
letzter Satz ANAG ein Ausweisungsgrund vorliegen muss. Immerhin muss die
Verweigerung der Bewilligung nach den allgemeinen Regeln des
Verwaltungsrechts verhältnismässig sein; da aber im Vergleich zur Regelung
von Art. 7 ANAG bereits geringere öffentliche Interessen für ein Erlöschen
des Anspruchs genügen, sind auch die entgegenstehenden Interessen weniger
stark zu gewichten als bei einer Ausweisung (BGE 122 II 385 E. 3a S. 390, mit
Hinweisen). Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit können die in Art. 16
Abs. 3 der Vollziehungsverordnung vom 1. März 1949 zum Bundesgesetz über
Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAV; SR 142.201) für die Fälle
einer Ausweisung aufgestellten Kriterien - Schwere des Verschuldens des
Ausländers, Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner
Familie drohenden Nachteile - analog herangezogen werden (Urteil des
Bundesgerichts vom 11. Oktober 2002, 2A.257/2002, E. 2.1).

Bisher ist zu den von D.________ zugegebenen Straftaten, soweit bekannt, noch
kein Strafurteil ergangen. Indessen kann kein Zweifel daran bestehen, dass
die ihm zur Last gelegten Einbruchdiebstähle, soweit er sie zugegeben hat,
einen Verstoss gegen die öffentliche Ordnung darstellen. Es ist daher zu
prüfen, ob die Nichterteilung der Aufenthaltsbewilligung an D.________ nach
Massgabe der bundesgerichtlichen Praxis verhältnismässig ist.

5.4 D.________ hat eine ganze Serie von Einbruchdiebstählen zugegeben; es
handelt sich also nicht um eine einmalige Entgleisung. Die begangenen Delikte
können keinesfalls als Bagatelldelikte abgetan werden, und die wiederholte
Tatbegehung wiegt schwer, ebenso wie die Tatsache, dass D.________ sich noch
während des vor Bundesgericht hängigen Beschwerdeverfahrens überhaupt zu
solchen Taten hinreissen liess. Es besteht daher ein gewichtiges öffentliches
Interesse daran, D.________ aus der Schweiz fern zu halten. Im vorliegenden
Fall vermögen die entgegenstehenden privaten Interessen D.________s an einem
Verbleib in der Schweiz das öffentliche Interesse an seiner Fernhaltung nicht
zu überwiegen:
D.________ lebt zwar seit bald vier Jahren in der Schweiz. Dabei handelt es
sich jedoch nicht um einen ordnungsgemäss geregelten Aufenthalt; vielmehr ist
er illegal in die Schweiz eingereist und wurde sein Aufenthalt in der Folge
aufgrund des laufenden Nachzugsgesuchs geduldet. Von einer besonderen
Verwurzelung in der Schweiz kann bisher nicht gesprochen werden. Dass er sich
beruflich noch nicht integrieren konnte, ist zwar nicht D.________
anzulasten, hat ihm doch die Fremdenpolizei - gemäss den Angaben der
Beschwerdeführerin - nie eine Arbeitsbewilligung erteilt. Dies ändert aber
nichts daran, dass die mangelnde berufliche Integration im Rahmen der Prüfung
der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen ist. Auch wenn davon ausgegangen
wird, dass D.________ als Serbe nicht in den Kosovo zurückkehren möchte, ist
ihm zuzumuten, etwa in Serbien von vorne anzufangen, einen Beruf zu ergreifen
und sich ein soziales Netz aufzubauen. Der Betreuung durch die Grosseltern
bedarf er heute nicht mehr. Den Kontakt zu seiner Mutter wird er in Form von
Besuchen aufrechterhalten können.

Aus heutiger Sicht durfte das Verwaltungsgericht D.________ somit eine
Aufenthaltsbewilligung verweigern; der angefochtene Entscheid erweist sich
jedenfalls im Ergebnis als bundesrechtskonform.

5.5
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten abzuweisen. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Justiz- und Polizeidepartement
und dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen sowie dem Bundesamt für
Flüchtlinge schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 28. November 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: