Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.163/2002
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2A.163/2002/zga

Urteil vom 3. Juni 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Hugi Yar.

1. A.________,

2. B.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Fürsprecher Mark Schibler, Käfig-
gässchen 10, 3011 Bern,

gegen

Regierungsstatthalter des Amtsbezirks Biel, Amthaus, Spitalstrasse 14, 2501
Biel/Bienne,
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.

Betreiben eines Jetonsapparats

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts
des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 18. Februar 2002)
Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 9. Februar 2001 wies der Regierungsstatthalter von Biel ein
Gesuch von A.________ zum Aufstellen und Betrieb eines Jetonsapparats im
Restaurant "C.________" in Biel ab. Das Polizei- und Militärdepartement sowie
das Verwaltungsgericht des Kantons Bern bestätigten diesen Entscheid auf
Beschwerde hin am 6. November 2001 bzw. 18. Februar 2002.

B.
A.________ und die B.________ AG haben hiergegen am 5. April 2002 beim
Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie beantragen, das
angefochtene Urteil aufzuheben und die für den Betrieb des umstrittenen
Jetonsapparats erforderliche gastgewerbliche Zusatzbewilligung zu erteilen;
eventuell seien die Akten an das Regierungsstatthalteramt Biel zur
Fortsetzung des Verfahrens zurückzuweisen.

C.
Mit Formularverfügung vom 9. April 2002 wurden beim Verwaltungsgericht die
Akten eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegenstand des kantonalen Verfahrens bildete die Erteilung einer
gastgewerblichen Zusatzbewilligung gestützt auf die bernische
Spielapparateverordnung vom 20. Dezember 1995 (Art. 7). Umstritten ist
indessen nicht deren Auslegung, sondern jene von Art. 60 Abs. 2 des
Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken
(Spielbankengesetz, SBG; SR 935.52). Hiergegen ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 97 ff. OG; vgl. das Urteil
2P.217/2001 vom 3. Dezember 2001, E. 2). Auf die frist- und formgerecht
eingereichte Eingabe der durch den kantonalen Entscheid als Gesuchsteller
(A.________) bzw. Aufstellerin und Betreiberin (B.________) betroffenen
Beschwerdeführer (Art. 103 lit. a OG) ist deshalb einzutreten.

2.
Ausserhalb von konzessionierten Spielbanken sind Glücksspielautomaten von
Bundesrechts wegen verboten (Art. 4 Abs. 1 SBG). Nach der bisherigen Praxis
homologierte Geschicklichkeitsspielautomaten, die wie der hier umstrittene
Apparat des Typs "Super Cherry Action" gemäss der neuen Gesetzgebung als
Glücksspielautomaten gelten, dürfen seit dem 1. April 2000 nur noch in Grands
Casinos und Kursälen betrieben werden (Art. 60 Abs. 1 SBG). Während einer
Übergangsfrist von fünf Jahren sind die Kantone indessen befugt, in
Restaurants und anderen Lokalen den Weiterbetrieb von je höchstens fünf
solcher Geräte zu gestatten, wenn diese bereits vor dem 1. November 1997 in
Betrieb genommen wurden (Art. 60 Abs. 2 SBG). Der Kanton Bern hat von dieser
Möglichkeit insofern Gebrauch gemacht, als er gestützt auf Art. 5 Abs. 3 bzw.
Art. 6 Abs. 2 lit. b der Spielapparateverordnung einen Jetonsapparat pro
Restaurant zulässt (Urteil 2P.217/2001 vom 3. Dezember 2001, E. 3).

3.
3.1Der Beschwerdeführer 1 ersuchte am 9. Januar 2001 um die Bewilligung, in
seinem auf den 1. Januar 2001 eröffneten Restaurant "C.________" in Biel
einen Jetonsapparat betreiben zu dürfen. Ein solcher  hatte dem Publikum dort
bereits vom 18. Juli 1997 bis zum Konkurs des früheren Restaurateurs am 30.
Oktober 1999 zur Verfügung gestanden und war  durch die kantonalen Behörden
am 1. Mai 1999 letztmals bewilligt worden. Hernach verblieb der Apparat -
offenbar an sich spielbereit - bis zur Betriebsöffnung des Beschwerdeführers
1 in den betreffenden Räumlichkeiten, bevor er nach Eröffnung des
"C.________s" am 9. Januar 2001 durch ein neues Gerät des gleichen Typs
ersetzt wurde (vgl. Art. 135 der Verordnung vom 23. Februar 2000 über
Glücksspiele und Spielbanken; VSBG; SR 935.521). Obwohl das umstrittene Gerät
somit an dem nach Art. 60 Abs. 2 SBG massgeblichen Stichtag (1. November
1997) bewilligt und dem Publikum zugänglich war, lehnten es die kantonalen
Behörden ab, die beantragte Genehmigung zu erteilen, da wegen des
Betriebsunterbruchs zwischen dem 1. November 1999 und dem 31. Dezember 2000
nicht mehr von einem "Weiterbetrieb" gesprochen und deshalb von Bundesrechts
wegen keine kantonale Bewilligung mehr erteilt werden könne.

3.2 Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer ist diese Auffassung nicht
zu beanstanden:
3.2.1Als Ausnahmebestimmung zu Art. 60 Abs. 1 SBG, der den Betrieb von
Geräten des umstrittenen Typs auf Grands Casinos und Kursäle beschränkt, ist
Art. 60 Abs. 2 SBG restriktiv auszulegen (Urteil 2A.98/2001 vom 19. September
2001, E. 3). Schon aus dem Begriff "Weiterbetrieb" ("continuation de
l'exploitation", "proseguimento dell'esercizio") ergibt sich, dass eine
gewisse Kontinuität im tatsächlichen Betrieb seit dem massgebenden Stichtag
(1. November 1997) bestehen muss, ansonsten im Gesetz nur von "Betrieb" und
nicht von "Weiterbetrieb" die Rede wäre. Ein entsprechend formulierter
Änderungsantrag ist im Nationalrat zugunsten der heutigen Fassung verworfen
worden (Amtl. Bull. N 1998 S. 1946 f. [Votum Engler]). Entgegen den
Einwendungen der Beschwerdeführer bezieht sich der Begriff des
"Weiterbetriebs" nicht nur auf die Verhältnisse vor dem 1. November 1997,
sondern auch auf die Benutzung danach. Bereits im Zusammenhang mit der
Auslegung von Art. 10 der Verordnung vom 22. April 1998 über die
Geldspielautomaten (GSAV; AS 1998 S. 1518 ff.) ist das Bundesgericht davon
ausgegangen, dass es beim entsprechenden Stichtag (22. April 1998) nicht auf
die Betriebsbereitschaft des Geräts, sondern auf den tatsächlichen, für das
Publikum zugänglichen Betrieb ankommt (Urteil 6S.463/2000 vom 20. Februar
2001, E. 3c/aa). Ähnlich hat es inzwischen hinsichtlich Art. 135 VSBG
entschieden, wonach vor dem 22. April 1998 homologierte Automaten am
bisherigen Standort "weiterbetrieben" und durch baugleiche Geräte ersetzt
werden dürfen, soweit die Massnahme zur Wiederherstellung des bisherigen
Zustands dient. Von einem solchen Austausch könne - so das Bundesgericht im
Entscheid 2A.98/2001 vom 17. September 2001 - nicht mehr die Rede sein, wenn
der Spielbetrieb für ein oder zwei Jahre wegen einer Betriebsschliessung habe
eingestellt werden müssen; in diesem Fall gehe es nicht mehr um den Ersatz
eines Geräts, sondern um eine vom Gesetz verpönte Neuinstallation. Dies gilt
auch im vorliegenden Zusammenhang.

3.2.2 Was die Beschwerdeführer hiergegen einwenden, überzeugt nicht: Entgegen
ihren Ausführungen geht es nicht darum, bisher zulässige Apparate bei jeder
Gelegenheit aus dem Verkehr zu ziehen, sondern Geräte nicht mehr zuzulassen,
die aufgrund einer klaren Zäsur während der bundesrechtlichen Übergangsfrist,
aus welchen Gründen auch immer, faktisch ausser Betrieb genommen worden sind.
Art. 60 Abs. 2 SBG gewährt keine absolute Betriebs- und
Amortisationsgarantie. Er ermöglicht lediglich einen beschränkten
Weiterbetrieb unter dem neuen Recht, soweit ein solcher tatsächlich mehr oder
weniger kontinuierlich erfolgt. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist nicht,
alle am 1. November 1997 in Betrieb stehenden Apparate an ihrem bisherigen
Standort bedingungslos bis zum Ende der Übergangsfrist in Betrieb zu belassen
und damit die Automatenbranche generell zu schützen, stünde dies doch im
Widerspruch zur Stossrichtung des Gesetzes, welches den Betrieb von
Glücksspiel- bzw. unechten Geschicklichkeitsspielautomaten auf
konzessionierte Spielbanken beschränken will (Art. 4 SBG; BBl 1997 III 145
ff. S. 158 f.). Hätte den Betreibern oder Aufstellern - wie die
Beschwerdeführer geltend machen - generell eine Übergangsfrist von fünf
Jahren für alle am 1. November 1997 betriebenen Apparate eingeräumt werden
sollen, soweit nur deren Zahl im Resultat nicht erhöht wird, wäre
übergangsrechtlich an den einzelnen Apparat und nicht an dessen Standort
anzuknüpfen gewesen (Art. 135 Abs. 1 VSBG). Kommt es auf diesen entscheidend
an, kann der Aufsteller nicht geltend machen, sein Gerät habe wegen einer
Betriebsschliessung des Restaurants gegen seinen Willen nicht weiter genutzt
werden können, weshalb ihm zu gestatten sei, dieses während der fünfjährigen
Übergangsfrist am gleichen Ort jederzeit wieder in Betrieb zu nehmen. Eine
solche Sichtweise bewirkte, dass alle am 1. November 1997 rechtlich und
tatsächlich betriebenen unechten Geschicklichkeitsspielautomaten an ihrem
Standort jederzeit ersetzt und dem Publikum wieder zugänglich gemacht werden
dürften, selbst wenn sie bereits während Jahren ausser Betrieb gestanden
haben sollten, was nicht Sinn und Zweck von Art. 60 Abs. 2 SBG entspricht
(Urteil 2A.98/2002 vom 17. September 2001, E. 3).

3.2.3 Nicht jede noch so kurze Einstellung des Spielbetriebs unterbricht
diesen indessen derart, dass kein Weiterbetrieb mehr im Sinne von Art. 60
Abs. 2 SBG vorläge (vgl. das entsprechende Kreisschreiben der Eidgenössischen
Spielbankenkommission vom April 2001). Kurzfristige Betriebseinstellungen zu
Ferienzwecken oder für Unterhalts- und Reparaturarbeiten im Restaurant heben
die im Rahmen von Art. 60 Abs. 2 SBG erforderliche Kontinuität nicht auf.
Auch ein Wirtewechsel schliesst eine solche nicht unbedingt aus, doch ist die
Frage in jedem Einzelfall mit Blick auf den Grund des Unterbruchs und dessen
Dauer zu prüfen. Wo dabei genau die Grenzen liegen, braucht vorliegend nicht
abschliessend entschieden zu werden, da im Falle der Beschwerdeführer der
Spielbetrieb auf jeden Fall eingestellt und der Weiterbetrieb damit
unterbrochen worden ist: Der bisherige Bewilligungsinhaber ist in Konkurs
gefallen, wobei sein Restaurant am 31. Oktober 1999 geschlossen werden
musste. In der Folge stand der umstrittene Apparat während 14 Monaten ausser
Betrieb, und der Beschwerdeführer 1 wollte ihn anfänglich auch gar nicht mehr
aufstellen lassen. Am 27. Oktober 2000 soll er der Stadtpolizei Biel
gegenüber erklärt haben, dass das Gerät zur Entsorgung im Keller stehe; erst
im Januar 2001 besann er sich dann eines Besseren. Unter diesen Umständen
ging es bei der umstrittenen kantonalen Zusatzbewilligung aber nicht mehr um
den übergangsrechtlich einzig zulässigen Weiterbetrieb eines bereits bisher
allgemein zugänglichen Geräts, sondern um die unzulässig neue Aufstellung
eines ausser Betrieb genommenen Apparats, woran die verschiedenen Hinweise
der Beschwerdeführer auf die Wirtschaftsfreiheit nichts zu ändern vermögen.
Auch von einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung anderen Wirten
gegenüber, denen die Bewilligung im Rahmen einer Betriebsübernahme erteilt
wird, kann nicht die Rede sein, da die Frage, ob ein Betriebsunterbruch
bestand, ein sachliches Abgrenzungskriterium bildet, welches die kritisierte
Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermag.

4.
4.1Verletzt der angefochtene Entscheid - auf dessen Ausführungen im Übrigen
verwiesen werden kann - somit kein Bundesrecht, ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen.

4.2 Dementsprechend werden die unterliegenden Beschwerdeführer
kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a
OG). Parteientschädigungen sind nicht geschuldet (vgl. Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, dem Regierungsstatthalter des
Amtsbezirks Biel, der Polizei- und Militärdirektion und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie
der Eidgenössischen Spielbankenkommission schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Juni 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: