Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.150/2002
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2A.150/2002/sch

Urteil vom 10. April 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Merkli,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________, zzt. Ausschaffungsgefängnis, 9443 Widnau, Beschwerdeführer,

gegen

Kantonales Ausländeramt St. Gallen, Oberer Graben 32, 9001 St. Gallen,
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen.

Ausschaffungshaft gemäss Art. 13b ANAG

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der
Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen, Zwangsmassnahmen im
Ausländerrecht, vom 6. März 2002)

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

1.
1.1 Der polnische Staatsangehörige X.________, geboren am 12. April 1966,
reiste nach eigenen Angaben am 14. August 2001 mit dem Flugzeug von
Malaga/Spanien herkommend in die Schweiz ein. Bei der Einreise war er im
Besitz eines gültigen Reisepasses. Das Bundesamt für Flüchtlinge lehnte sein
Asylgesuch am 9. November 2001 ab und ordnete die Wegweisung an, unter
Ansetzung einer Ausreisefrist bis zum 15. Januar 2002. Diese Verfügung des
Bundesamtes erwuchs in Rechtskraft.

Am 3. Januar 2002 bestätigte X.________ gegenüber dem Ausländeramt des
Kantons St. Gallen, er wolle freiwillig mit dem Flugzeug nach Polen
ausreisen. Das Ausländeramt buchte in der Folge einen Flug nach Warschau. Am
Tag des geplanten Fluges, dem 28. Januar 2002, sprach X.________ am
Flughafenschalter in Zürich-Kloten vor und erklärte, dass er das Flugzeug
nicht besteigen wolle, sondern mit seinem Auto aus der Schweiz ausreisen
werde. Dafür benötige er seinen Reisepass. Am 29. Januar 2002 sandte das
Bundesamt für Flüchtlinge den Reisepass  an das Ausländeramt des Kantons St.
Gallen zurück. Am 6. Februar 2002 erklärte X.________, er habe (auch) seinen
Führerschein nicht zurückbekommen. Abklärungen ergaben aber später, dass ihm
der Führerausweis schon nach der  Anhörung vom 31. August 2001 (im
Asylverfahren) ausgehändigt worden war.

Am 13. Februar 2002 übergab das Ausländeramt des Kantons St. Gallen
X.________ u.a. den Reisepass und wies ihn an, die Schweiz bis zum 17.
Februar 2002 zu verlassen. Dieser Weisung kam er nicht nach. Am 20. Februar
2002 sprach er erneut auf dem Ausländeramt vor und machte geltend, weil seine
Autoversicherung inzwischen - am 31. Januar 2002 - abgelaufen sei und er kein
Geld für deren Weiterführung habe, müssten noch weitere Formalitäten geregelt
werden.

1.2 Am 26. Februar 2002 ordnete das Ausländeramt des Kantons St. Gallen
gegenüber X.________ Ausschaffungshaft an, nachdem es für ihn auf den 6. März
2002 erneut einen Flug nach Warschau gebucht hatte. Am 2. März 2002 wurde
X.________ in Ausschaffungshaft genommen. Der Einzelrichter (im Folgenden:
Haftrichter) der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen
(Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht) prüfte und bestätigte die Haft am 6.
März 2002 "bis längstens 1. Mai 2002".

An der Haftrichterverhandlung vom 6. März 2002 hatte X.________ erklärt, er
habe seinen Pass versteckt. Deshalb scheiterte die für denselben Tag geplante
Ausschaffung.

1.3 Mit einer als "Widerruf" bezeichneten handschriftlichen Eingabe vom 20.
März 2002 gelangt X.________ an das Bundesgericht und verlangt sinngemäss,
aus der Haft entlassen zu werden.

Der Haftrichter und das Ausländeramt schliessen auf Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesamt für Ausländerfragen hat sich innert Frist nicht geäussert.
X.________ hat von der Möglichkeit, sich ergänzend vernehmen zu lassen, nicht
Gebrauch gemacht.

2.
Gegenstand des Entscheids des Haftrichters ist einzig die Rechtmässigkeit und
Angemessenheit der Haftanordnung (vgl. Art. 13c Abs. 2 ANAG). Vor dem
Bundesgericht stellt sich damit lediglich die Frage der Rechtmässigkeit der
Haft (vgl. Art. 104 lit. a und c OG). Auf die Einwendungen des
Beschwerdeführers, die nicht auf den Entscheid des Haftrichters Bezug nehmen,
kann nicht eingetreten werden. Das gilt insbesondere auch, soweit sich
X.________ über die gegen ihn am 27. Februar 2002 verfügte Einreisesperre
beschwert.

3.
3.1 Die zuständige Behörde kann einen Ausländer in Ausschaffungshaft nehmen,
sofern die Voraussetzungen von Art. 13b ANAG erfüllt sind. Danach ist im
Einzelnen unter anderem erforderlich, dass ein erstinstanzlicher, nicht
notwendigerweise auch rechtskräftiger Weg- oder Ausweisungsentscheid vorliegt
(vgl. BGE 121 II 59 E. 2 S. 61; 125 II 369 E. 3a S. 374; 122 II 148 E. 1 S.
150), dessen Vollzug (z.B. wegen fehlender Reisepapiere) noch nicht möglich,
jedoch absehbar ist (BGE 125 II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 2a S. 379). Sodann
muss einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe bestehen (BGE 125
II 369 E. 3a S. 374, 377 E. 3a S. 381; 124 II 1 E. 1 S. 3) und die
Ausschaffung rechtlich und tatsächlich möglich sein (vgl. Art. 13c Abs. 5
lit. a ANAG; dazu BGE 125 II 217 E. 2 S. 220, 377 E. 5 S. 384). Auf Seiten
der Behörden sind die für den Vollzug der Wegweisung notwendigen Vorkehrungen
(wie Identitäts- und Herkunftsabklärungen, Papierbeschaffung) umgehend zu
treffen (Art. 13b Abs. 3 ANAG, Beschleunigungsgebot; vgl. BGE 124 II 49 ff.).
3.2 Der Beschwerdeführer ist im Asylverfahren weggewiesen worden. Die gegen
ihn angeordnete Ausschaffungshaft dient der Sicherstellung des
Wegweisungsvollzugs und damit dem vom Gesetz vorgesehenen Zweck. Wiewohl die
für eine Rückreise nach Polen notwendigen Dokumente - nachdem der
Beschwerdeführer seinen Reisepass hat verschwinden lassen - noch nicht bzw.
nicht mehr vorliegen, erscheint die Heimreise tatsächlich möglich, und es
stehen dem Wegweisungsvollzug auch keine rechtlichen Hindernisse entgegen.
Die Massnahmen zur Beschaffung eines "Laissez-Passer" sind unmittelbar nach
dem Verschwinden des Reisepasses eingeleitet worden, womit dem
Beschleunigungsgebot Genüge getan ist. Damit ist die angeordnete Haft
rechtmässig, wenn einer der in Art. 13b Abs. 1 ANAG genannten Haftgründe
besteht.

3.3 Der Haftrichter stützt die Haft auf den Haftgrund von Art. 13b Abs. 1
lit. c ANAG. Danach ist Ausschaffungshaft dann zulässig, wenn konkrete
Anzeichen befürchten lassen, dass der Ausländer sich der Ausschaffung
entziehen will, insbesondere weil sein bisheriges Verhalten darauf schliessen
lässt, dass er sich behördlichen Anordnungen widersetzt
(Untertauchensgefahr). Dies ist vorliegend der Fall: Seitdem sich der
Beschwerdeführer konkret mit der Möglichkeit der Ausschaffung konfrontiert
sah, versuchte er mit immer neuen Einwänden, die Ausreise zu verhindern bzw.
zu verzögern. Einen ersten Flug nach Warschau verweigerte er am 28. Januar
2002 mit der Begründung, er wolle mit seinem eigenen Auto nach Polen fahren.
Als er seinen Reisepass am 13. Februar 2002 in Empfang genommen hatte, machte
er geltend, nun sei die Autoversicherung abgelaufen und er habe kein Geld für
deren Weiterführung. Weiter argumentierte er, die schweizerischen Behörden
hätten ihm den Führerausweis noch nicht zurückgegeben, obwohl ihm dieses
Dokument nach den Akten bereits im vergangenen Jahr wieder ausgehändigt
worden war. Seine Beteuerungen, er wäre bis zum 31. Januar 2002 (Ablaufdatum
der Autoversicherung) freiwillig mit dem Auto ausgereist, wenn er nur
rechtzeitig im Besitz seines Reisepasses gewesen wäre, erscheinen vor diesem
Hintergrund unglaubwürdig. Dies umso mehr, nachdem der Beschwerdeführer eine
für den 6. März 2002 geplante begleitete Ausschaffung durch Verstecken des
(ihm am 13. Februar 2002 ausgehändigten) Reisepasses vereitelt hat. Zu
berücksichtigen ist sodann, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz
straffällig geworden ist (vgl. die Bussenverfügung vom 29. Januar 2002 des
Untersuchungsamtes Uznach wegen Widerhandlungen gegen das Transportgesetz,
vgl. auch die Schilderung des Ladendiebstahls auf S. "E" der
Beschwerdeschrift). Auch dadurch hat er zum Ausdruck gebracht,  dass er nicht
gewillt ist, sich an die hiesige Rechtsordnung zu halten.

Angesichts seines gesamten bisherigen Verhaltens bietet der Beschwerdeführer
keine Gewähr dafür, dass er sich ohne Haft zu gegebener Zeit, d.h. bei
Vorliegen der Reisepapiere, für den Ausschaffungsvollzug zur Verfügung halten
wird (vgl. BGE 122 II 49 E. 2a S. 50 f.). Die Untertauchensgefahr wurde
deshalb zu Recht bejaht.

4.
Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass ihm für das
Haftprüfungsverfahren kein Rechtsanwalt  beigeordnet wurde (vgl. S. "F"  der
Beschwerdeschrift), ist zu bemerken, dass bei der erstmaligen Anordnung der
Ausschaffungshaft grundsätzlich kein bundesrechtlicher Anspruch auf
unentgeltliche Verbeiständung durch einen Anwalt besteht (BGE 122 I 49 E.
2c/bb S. 53). Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der
Hafteröffnung Gelegenheit gehabt, Drittpersonen "oder Rechtsvertreter in der
Schweiz" benachrichtigen zu lassen. Unter diesen Umständen wurden keine
Verfahrensrechte des Beschwerdeführers verletzt.

5.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten als offensichtlich
unbegründet abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Dem
Verfahrensausgang entsprechend würde der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Da sich eine
Gerichtsgebühr aber als offensichtlich uneinbringlich erweisen würde,
rechtfertigt es sich, von der Erhebung einer solchen abzusehen (vgl. Art.
153a Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach

Art. 36a OG:

Das Bundesgericht erkennt im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Ausländeramt St.
Gallen und der Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen,
(Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht), sowie dem Bundesamt für Ausländerfragen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. April 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: