Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.11/2002
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2A.11/2002/sch

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
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                      11. Februar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Betschart, Bundes-
richterin Yersin und Gerichtsschreiber Wyssmann.

                         ---------

                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Andreas
S. Biner, Haus Theodul, Postfach 402, Zermatt,

                           gegen

Steuerverwaltung des Kantons  W a l l i s,
Steuerrekurskommission des Kantons  W a l l i s,

                         betreffend
                direkte Bundessteuer 1995/96
           (Sondersteuer auf Liquidationsgewinn),

hat sich ergeben:

     A.- A.________ betrieb bis Ende 1994 die Boutique
"X.________" in B.________. Sie liquidierte in der Folge das
Geschäft und gab die selbständige Erwerbstätigkeit auf. Am
28. Oktober 1998 setzte die Steuerbehörde den Liquidations-
gewinn für die direkte Bundessteuer 1995 auf Fr. 150'000.--
fest. Mit Schreiben vom 16. November 1998 bestätigte die
Vertreterin der Beschwerdeführerin die Liquidationsgewinn-
steuerabrechnung und ersuchte um Bewilligung von Raten-
zahlungen. Die Veranlagung erwuchs Ende November 1998
unangefochten in Rechtskraft.

        Im Dezember 1998 eröffnete A.________ die Boutique
"Y.________" in C.________. Mit Eingabe vom 1. Mai 2000 er-
suchte sie die kantonale Steuerverwaltung um Revision der
Liquidationsgewinnsteuerveranlagung. Sie machte geltend, sie
habe erst am 7. April 2000 bei einer Besprechung mit ihrem
Anwalt erfahren, dass die Möglichkeit bestanden hätte, die
im Jahre 1995 bei der Veräusserung von betriebsnotwendigem
Anlagevermögen realisierten stillen Reserven im Rahmen einer
Ersatzbeschaffung auf das betriebsnotwendige Ersatzobjekt zu
übertragen. Es handle sich um eine neue erhebliche Tatsache,
die ihr im Jahre 1998 noch nicht bekannt gewesen sei.

        Mit Entscheid vom 28. Juni 2000 trat die Bezirks-
steuerkommission auf das Revisionsgesuch nicht ein, weil die
Beschwerdeführerin bei der ihr zumutbaren Sorgfalt die neuen
Tatsachen bereits im November 1998 mit Einsprache gegen die
Veranlagungsverfügung vom 28. Oktober 1998 hätte vorbringen
können.

     B.- Eine Beschwerde gegen den Entscheid der Bezirks-
steuerkommission vom 28. Juni 2000 wies die Steuerrekurs-
kommission des Kantons Wallis mit Urteil vom 24. Oktober
2001 ab.

     C.- A.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
den Anträgen, der Entscheid der Steuerrekurskommission sei
aufzuheben und es sei auf die Besteuerung eines Liquida-
tionsgewinnes zu verzichten.

        Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt, sondern
nur die kantonalen Akten.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Gemäss Art. 147 Abs. 2 DBG ist die Revision "aus-
geschlossen, wenn der Antragsteller als Revisionsgrund vor-
bringt, was er bei der ihm zumutbaren Sorgfalt schon im
ordentlichen Verfahren hätte geltend machen können".

        Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin
bereits im November 1998 Vorbereitungen traf, um im Dezember
1998 die neue Modeboutique in C.________ zu eröffnen. Darauf
wies auch das Treuhandbüro im Schreiben vom 16. November
1998 an die kantonale Steuerverwaltung hin. Die Beschwerde-
führerin hatte somit bereits im November 1998 Kenntnis von
den Tatsachen, die sie als Revisionsgrund anruft. Damals
stand die Einsprache gegen die Veranlagungsverfügung vom
28. Oktober 1998 aber noch offen. Die Einsprachefrist lief
erst Ende November 1998 ab. Die mit dem Revisionsgesuch vor-
gebrachten Tatsachen hätten somit bereits im ordentlichen
Verfahren geltend gemacht werden können.

     2.- Die Beschwerdeführerin wendet ein, sie habe in
diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von der Möglichkeit einer
steuerneutralen Übertragung des Liquidationsgewinnes im
Rahmen einer Ersatzbeschaffung gehabt. Obschon sie sich
durch namhafte Treuhandbüros habe beraten lassen, sei sie
nie auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht worden.

        Der Einwand ist unbehelflich. Rechtsunkenntnis des
Steuerpflichtigen ist (wie auch die falsche Rechtsanwendung
durch die Behörde) kein Revisionsgrund. Das Gesetz verlangt
"zumutbare Sorgfalt" (Art. 147 Abs. 2 DBG). Nachdem die Ver-
treterin der Beschwerdeführerin von der Eröffnung der neuen
Modeboutique Kenntnis hatte, lag es an ihr, allenfalls vor-
handene steuerrechtliche Möglichkeiten auszuschöpfen. Wenn
die Steuervertreterin das versäumte, wie die Beschwerde-
führerin behauptet, hätte die Beschwerdeführerin sich deren
Verhalten anrechnen zu lassen. Es würde dem Zweck der Revi-
sion widersprechen, nachträglich eine Überprüfung der Ver-
anlagung zu gestatten, welche die Vertreterin der Steuer-
pflichtigen absichtlich oder in Unkenntnis der Rechtslage
im ordentlichen Verfahren geltend zu machen unterliess. Aus
dem gleichen Grund können auch mangelnde Rechtskenntnis oder
Rechtsirrtum nicht revisionsweise berücksichtigt werden.

     3.- Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die
Steuerbehörden hätten die neuen Tatsachen von Amtes wegen
berücksichtigen und die Veranlagungen widerrufen müssen,
ist die Beschwerde unbegründet. Wohl kann die Veranlagungs-
behörde unter bestimmten Voraussetzungen auf eine Veranla-
gung zurückkommen, solange die Einsprachefrist läuft (BGE
121 II 273 E. 1). Indessen ist das nur der Fall bei un-
richtiger Veranlagung. Diese Voraussetzung ist nicht er-
füllt: Ein Ersatzbeschaffungstatbestand nach Art. 30 DBG
liegt nicht vor. Die Übertragung des Liquidationsgewinnes
auf ein anderes Unternehmen ist nicht möglich. Es wäre auch
nicht ersichtlich, welches betriebsnotwendige Anlagevermögen
(Art. 30 Abs. 1 DBG) ersetzt worden sein soll. Zudem wären
die buchhalterischen Voraussetzungen für eine Rückstellung
(vgl. Art. 30 Abs. 2 DBG) offensichtlich nicht gegeben.

     4.- Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet. Die
Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind der Beschwer-
deführerin aufzuerlegen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird der Be-
schwerdeführerin auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der
Kantonalen Steuerverwaltung Wallis, der Steuerrekurs-
kommission des Kantons Wallis sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 11. Februar 2002

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
      Der Präsident:            Der Gerichtsschreiber: