Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.107/2002
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2A.107/2002 /RrF

Urteil vom 6. September 2002
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Müller, Ersatzrichter Cavelti,
Gerichtsschreiberin Diarra.

A. +B.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch  Dr. Carla Wassmer, Rechtsanwältin, Oberer
Steisteg 18, Postfach 148, 6431 Schwyz,

gegen

Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer, Bahnhofstrasse 15,
Postfach 1232, 6431 Schwyz,
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer II, Kollegiumstrasse 28,
Postfach 2266, 6431 Schwyz.

Sondersteuer auf Liquidationsgewinn,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Schwyz, Kammer II, vom

31. Januar 2002.

Sachverhalt:

A.
Die am 30. Dezember 1996 im Handelsregister eingetragene "X.________ Druck
GmbH" übernahm die Aktiven und Passiven der im Handelsregister eingetragenen
Einzelfirma "Buchdruckerei Y.________, Nachfolger A.________" per 1. Juli
1996 zum Gesamtpreis von Fr. 400'000.--. Nicht übernommen wurde die Baute,
die sich auf der Liegenschaft GB-Nr. **** in Z.________ (Gemeinde W.________)
befand.

In der Steuererklärung für die Sondersteuer auf Kapital- und
Liquidationsgewinnen 1996 deklarierte A.________ am 14. Mai 2001 einen
Liquidationsgewinn wegen Überführung der Liegenschaft GB-Nr. **** ins
Privatvermögen von Fr. 0.--. Die Kantonale Verwaltung für die direkte
Bundessteuer veranlagte demgegenüber A.+B.________ mit einem
Liquidationsgewinn von Fr. 394'200.--. Mit Einsprache vom 27. Juli 2001
anerkannten die Einsprecher den Sachverhalt der Überführung der
Geschäftsliegenschaft ins Privatvermögen und beantragten, den
Liquidationsgewinn auf Fr. 33'600.-- festzusetzen. Sie bestritten den
geschätzten Verkehrswert von Fr. 1'709'210.--, und zwar bezüglich des
Ertrags- und des Realwertes. Die Kantonale Steuerkommission Schwyz wies die
Einsprache mit Entscheid vom 25. September 2001 ab.

B.
Mit Eingabe vom 26. Oktober 2001 erhoben A.+B.________ Beschwerde beim
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und beantragten, ausgehend von einem
Verkehrswert von Fr. 1'426'000.-- sei der Liquidationsgewinn auf Fr.
111'000.--zu reduzieren. Mit Entscheid vom 31. Januar 2001 hiess das
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz die Beschwerde teilweise gut,
ermittelte einen Verkehrswert von Fr. 1'673'000.-- und daraus resultierend
einen steuerbaren Kapitalgewinn auf Geschäftsvermögen von Fr. 358'000.--. Im
Übrigen wies es die Beschwerde ab.

C.
A.+B.________ erheben mit Eingabe vom 27. Februar 2002
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht und beantragen, der
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 31. Januar 2002 sei
aufzuheben und es sei von der Erhebung einer Sondersteuer auf
Liquidationsgewinnen abzusehen. Eventuell sei auf den steuerlich
berücksichtigten Abschreibungen von Fr. 262'840.-- die Sondersteuer auf
Liquidationsgewinnen zu erheben. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen
geltend, eine Überführung ins Privatvermögen habe nicht stattgefunden.
Eventuell sei nach dem Grundsatz der Massgeblichkeit der Handelsbilanz die
Sondersteuer nur auf den bei der Einzelfirma "Buchdruckerei Y.________,
Nachfolger A.________" steuerlich berücksichtigten Abschreibungen von Fr.
262'840.-- zu erheben.

Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, die Verwaltung für die direkte
Bundessteuer des Kantons Schwyz sowie die Eidgenössische Steuerverwaltung,
Hauptabteilung direkte Bundessteuer, beantragen in ihren Vernehmlassungen die
Abweisung der Beschwerde. Sie machen im Wesentlichen geltend,
Streitgegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens habe einzig und allein die
Höhe des Kapitalgewinns betroffen. Das Bestehen einer steuerbaren
Privatentnahme sei immer unbestritten gewesen, weshalb auf die neuen
Vorbringen nicht einzutreten sei. Zur Abweisung des Eventualantrags verweisen
sie auf das angefochtene Urteil.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen Entscheide einer kantonalen Rekursinstanz im Sinne von Art. 140 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR
642.11) ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 146 DBG). Die
Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Entscheid beschwert und nach
Art. 103 lit. a OG zur Beschwerde legitimiert. Auf die frist-und formgerechte
Beschwerde ist einzutreten.

1.2 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens sowie die
unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat jedoch - wie hier
- eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden und den Sachverhalt
nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften festgestellt, ist das Bundesgericht an
die Sachverhaltsfeststellungen gebunden (Art. 105 Abs. 2 OG). Offensichtlich
unrichtig ist eine Sachverhaltsermittlung nicht schon dann, wenn sich Zweifel
anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist
(Fritz Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., Bern 1983, S. 286 mit
Hinweisen). Das Bundesgericht kontrolliert die Anwendung des Bundesrechts von
Amtes wegen.

1.3 Die Beschwerdeführer machen erstmals vor Bundesgericht geltend, die
Liegenschaft GB-Nr. **** sei nicht ins Privatvermögen überführt worden. Die
V.________ & Co. habe das Land am 22. Mai 1986 gekauft und sei mit Eintrag im
Grundbuch Eigentümerin geworden. Was die Einzelfirma "Buchdruckerei
Y.________, Nachfolger A.________" baute, sei zivilrechtlich Bestandteil des
Grundstücks geworden. Auch jetzt noch sei die V________ & Co. zivilrechtlich
Eigentümer des Grundstücks GB-Nr. ****, und zwar der bebauten Liegenschaft.
Was am 30. Dezember 1996 geschehen sei, berechtige somit nicht zur Erhebung
einer Sondersteuer auf Liquidationsgewinnen.
Es stellt sich deshalb vorerst die Frage, ob diese neuen Vorbringen zulässig
sind. Die Frage, ob eine Überführung von Geschäftsvermögen in das
Privatvermögen im Sinne von Art. 18 Abs. 2 DBG vorliegt, ist eine
Rechtsfrage. Während im Hinblick auf Art. 105 Abs. 2 OG das Vorbringen neuer
tatsächlicher Feststellungen unzulässig ist, ist die Antwort bezüglich neuer
rechtlicher Behauptungen unter Berücksichtigung von Art. 114 Abs. 1 OG zu
differenzieren. Grundsätzlich ist auch bezüglich neuer rechtlicher Begehren
davon auszugehen, dass sie in einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig
sind (ASA 54 585). In einem als "Klärung der Rechtsprechung" bezeichneten
Urteil (BGE 103 Ib 366 E. 1 S. 368 ff.) kam das Bundesgericht zum Schluss, es
sei zu unterscheiden zwischen dem prozessualen Anspruch des Beschwerdeführers
auf Prüfung eines völlig neuen Rechtsbegehrens, das vor der Vorinstanz nicht
gestellt worden sei, und der Pflicht des Richters, den ihm unterbreiteten
Streitgegenstand von Amtes wegen zu überprüfen. Mit Art. 114 Abs. 1 OG sei
dem Bundesgericht die Möglichkeit gegeben worden, in Abgabestreitigkeiten
einen Entscheid der Vorinstanz im Rahmen seiner von Amtes wegen getroffenen
Abklärungen gegebenenfalls dem objektiven Recht anzupassen, ohne an die
Anträge der Parteien gebunden zu sein. Eine solche Berichtigung werde aber
nur vorgenommen, wenn der betreffende Entscheid offensichtlich unrichtig und
die Korrektur von erheblicher Bedeutung sei. Der Sinn von Art. 114 Abs. 1 OG
bestehe nicht darin, dem Steuerpflichtigen das Recht einzuräumen, den
Streitgegenstand vor Bundesgericht auf neue Fragen auszudehnen, die überhaupt
nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens gewesen seien. Der Bürger
habe darum auch in Abgabestreitigkeiten keinen Anspruch darauf, dass das
Bundesgericht auf völlig neue Begehren eintrete. Soweit in früheren
Entscheiden aus der erwähnten Bestimmung etwas anderes abgeleitet werde,
könne daran nicht festgehalten werden. Diese Rechtsprechung wurde in der
Folge verschiedentlich bestätigt (siehe etwa ASA 56 187; 54 585; abweichend
ohne nähere Begründung ASA 63 818). Dieser Rechtsprechung hat sich auch die
Lehre angeschlossen (vgl. Blumenstein/Locher, System des schweizerischen
Steuerrechts, 6. Aufl., 2002, S. 465).

Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz erscheint in Bezug
auf die rechtliche Qualifikation, nämlich dass per 30. Dezember 1996 eine
Überführung der Liegenschaft GB-Nr. **** ins Privatvermögen stattgefunden
habe, nicht offensichtlich als unrichtig. Zwar ist es grundsätzlich
zutreffend, dass Geschäftsvermögen nur sein kann, was sich zivilrechtlich im
Eigentum des Geschäftsinhabers befindet. Dennoch gibt es von diesem Grundsatz
Ausnahmen, nämlich dann, wenn der oder die Geschäftsinhaber oder die
Eigentümer über den entsprechenden Vermögensgegenstand verfügen können und
dieser deshalb buchführungsrechtlich auch bilanziert werden darf (BGE 110 Ib
121 E. 2a S. 123 mit Hinweisen). Es ist unbestritten, dass das betreffende
Geschäftsgebäude mit Druckerei an der Gewerbestrasse in Z.________ in der
Buchhaltung der Druckerei enthalten war. Sodann bezeichnete sich der
Beschwerdeführer nach der Überführung der Liegenschaft ins Privatvermögen
ausdrücklich als Eigentümer der Liegenschaft und deklarierte in der Steuer-
erklärung für die Sondersteuer auf Kapital- und Liquidationsgewinnen die
Liegenschaft entsprechend. Von einer offensichtlich unrichtigen rechtlichen
Würdigung kann deshalb nicht gesprochen werden.

2.
Was die Höhe des Liquidationsgewinns anbetrifft, so weist die Eidgenössische
Steuerverwaltung zu Recht darauf hin, dass die Beteiligung an der besagten
Kollektivgesellschaft und das Gebäude auf der Liegenschaft GB-Nr. **** in den
Bilanzen der Einzelfirma per 30.6.1993 und 1994 sowie per 30.4.1992
aufgeführt waren. Demgegenüber erscheint die Liegenschaft GB-Nr. ****
erstmals mit der Steuererklärung 1999/2000 in der Liste der privaten
Liegenschaften per 31. Dezember 1998. Noch im Verzeichnis der privaten
Liegenschaften per 31. Dezember 1994 fehlt sie. Aufgrund der Massgeblichkeit
der Handelsbilanz für die steuerrechtliche Gewinnermittlung (vgl.
Cagianut/Höhn, Unternehmungssteuerrecht, 3. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 1993,
S. 161) und in Anwendung von Art. 18 Abs. 2 Satz 3 DBG (Präponderanzmethode)
war die gesamte Liegenschaft, also Land inklusive darauf befindliches Gebäude
dem Geschäftsvermögen zuzuordnen.

Was die Festsetzung des Verkehrswertes der Liegenschaft anbetrifft, so beruht
diese Schätzung auf Tatsachenfeststellungen. Da vorliegend eine richterliche
Behörde als Vorinstanz entschieden hat, kann das Bundesgericht die
Feststellungen der tatsächlichen Verhältnisse nur in den durch Art. 105 Abs.
2 OG gezogenen Schranken überprüfen. Einschreiten kann es nur, wenn die für
das Schätzungsergebnis massgebenden Tatsachen offensichtlich unrichtig oder
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt wurden. Frei prüft das Gericht, ob sich die Vorinstanz bei einer
Schätzung von den zutreffenden rechtlichen Kriterien leiten liess (Art. 104
lit. a OG), das heisst ob sie bei der Schätzung von den rechtlichen
Gesichtspunkten, nach denen sich die Bemessung zu richten hat, ausging (ASA
54 220; 43 241). Dass die Vorinstanz bei der Festsetzung des Verkehrswertes
derartige Grundsätze verletzt haben soll, wird weder geltend gemacht noch
sind derartige Rechtsverletzungen ersichtlich. Was schliesslich die
behauptete nochmalige Besteuerung bei einer Auflösung der V.________ & Co.
anbetrifft, so verweist die Eidgenössische Steuerverwaltung zu Recht darauf
hin, dass nach Art. 16 Abs. 3 DBG Kapitalgewinne aus Veräusserung von sich
nunmehr im Privatvermögen befindlichen Vermögensgegenständen steuerfrei sind.

3.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden kann.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten den
Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 OG in Verbindung mit
Art. 153 und 153a OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Kantonalen Verwaltung für die
direkte Bundessteuer und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer
II, sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. September 2002

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: