Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.8/2002
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1A.8/2002/mks

Urteil vom 22. Juli 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Féraud, Catenazzi,
Ersatzrichter Loretan,
Gerichtsschreiber Haag.

Gemeinde Oberrohrdorf-Staretschwil,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch den Gemeinderat, 5452 Oberrohrdorf,
dieser vertreten durch Fürsprecher lic. iur. Richard Eichenberger, Weite
Gasse 34, Postfach 2052, 5402 Baden,

gegen

X.________,
Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürg Pilgrim, Luzernerstrasse 16, 5630 Muri
AG,
Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 3. Kammer, Obere Vorstadt 40, 5000
Aarau.

materielle Enteignung

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Aargau, 3. Kammer,
vom 26. Oktober 2001

Sachverhalt:

A.
Die Einwohnergemeinde Oberrohrdorf-Staretschwil verfügt über eine von der
Einwohnergemeindeversammlung am 25. September 1981 beschlossene, vom
Regierungsrat im Einspracheverfahren teilweise abgeänderte und so vom Grossen
Rat am 18. Mai 1982 genehmigte Bauordnung (BO 1981) mit zugehörigem Zonenplan
(ZP 1981).

X. ________ ist Eigentümer der 979 m2 haltenden Parzelle Nr. 618 im Gebiet
"Märxli-Grossberg". Gemäss dem vom Regierungsrat im Einspracheverfahren
abgeänderten ZP 1981 lag diese Parzelle mit einer Fläche von 633 m2 in der
Einfamilienhauszone (E), 1. Etappe, im Übrigen aber ausserhalb des
Baugebiets.

Am 21. März 1994 beschloss die Einwohnergemeindeversammlung von
Oberrohrdorf-Staretschwil den Kulturlandplan (KP 1994), die Nutzungsordnung
(NO 1994) sowie die Bauzonenplanänderung "Märxli-Grossberg" (Teilzonenplan,
TZP 1994). Durch den TZP 1994 wurde unter anderem die gesamte Parzelle Nr.
618 der Schutzzone "Märxli-Grossberg" zugewiesen. Der Regierungsrat wies
mehrere gegen den TPZ 1994 gerichtete Einsprachen, darunter jene von
X.________, am 29. Mai 1996 ab. Dieser Entscheid erwuchs in Rechtskraft, und
der Grosse Rat genehmigte die erwähnten Pläne bzw. Planänderungen am 2. Juli
1996.

B.
Mit Klage vom 17. April 1997 stellte X.________ bei der Schätzungskommission
nach Baugesetz das Begehren um eine Entschädigung von Fr. 443'867.15
zuzüglich Zins wegen materieller Enteignung. Die Schätzungskommission
beschränkte das Verfahren im Einvernehmen mit den Parteien auf die
Grundsatzfrage, ob eine materielle Enteignung vorliege, und bejahte dies mit
Entscheid vom 20. August 1999. Gegen dieses Urteil gelangte die
Einwohnergemeinde Oberrohrdorf-Staretschwil an das kantonale
Verwaltungsgericht, welches die Beschwerde am 26. Oktober 2001 abwies.

C.
Die Einwohnergemeinde Oberrohrdorf-Staretschwil hat gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts am 16. Januar 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben
und die Klage wegen materieller Enteignung sei abzuweisen; eventuell sei die
Angelegenheit zur Ergänzung des Verfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.
Das Verwaltungsgericht und X.________ schliessen auf Abweisung der
Beschwerde.

Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) beschränkte sich in seiner
Vernehmlassung vom 12. April 2002 auf die Feststellung, seines Erachtens habe
der ZP 1981 wegen der übergrossen Bauzone dem Bundesgesetz vom 22. Juni 1979
über die Raumplanung (RPG, SR 700) nicht entsprochen. Die Parteien erhielten
Gelegenheit, sich hierzu zu äussern.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Entschädigungen als
Folge von Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen und die
auf raumplanerische Massnahmen gemäss dem Raumplanungsgesetz zurückzuführen
sind, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 34 Abs. 1 RPG).
Die Beschwerdeführerin ist als gegebenenfalls entschädigungspflichtiges
Gemeinwesen zur Beschwerde berechtigt (Art. 34 Abs. 2 RPG).

1.2 Der angefochtene Entscheid ist ein Teilentscheid über das Vorliegen einer
materiellen Enteignung, der in gleicher Weise wie ein Endentscheid
angefochten werden kann (BGE 118 Ib 196 E. 1b; Urteil des Bundesgerichts vom
11. November 1992, E. 2c, in ZBl 94/1993 S. 254).

2.
Die Beschwerdeführerin erblickt eine Verletzung ihres Anspruchs auf
rechtliches Gehör darin, dass das Verwaltungsgericht keinen Augenschein
vorgenommen hat. Sie verweist in diesem Zusammenhang vor allem darauf, dass
ein Augenschein gezeigt hätte, dass das Grundstück des Beschwerdegegners
wegen seiner Steilheit für eine Überbauung gar nicht geeignet ist. Diese
Behauptung ist neu; im kantonalen Verfahren hat die Gemeinde nie geltend
gemacht, die Parzelle Nr. 618 sei aus tatsächlichen Gründen nicht überbaubar.
Der Vorwurf der Gehörsverweigerung ist unter diesen Umständen offensichtlich
unbegründet; die Beschwerdeführerin kann dem Verwaltungsgericht nicht
vorwerfen, einen Beweis zu einer Behauptung nicht abgenommen zu haben, die
sie im kantonalen Verfahren gar nicht vorgebracht hat.

Zur Frage, ob die Parzelle aus naturschützerischen Gründen praktisch zwingend
einer Schutzzone zuzuweisen war, hatte das Verwaltungsgericht keinen Beweis
abzunehmen, da diese Frage nicht ernsthaft umstritten war. Ausserdem wären
hierzu andere Beweismittel, z.B. eine Expertise, wesentlich zweckmässiger
gewesen als ein Augenschein.

3.
3.1 Eine materielle Enteignung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 RPG und Art. 26 Abs.
2 BV (welcher Art. 22ter Abs. 3 der bis am 31. Dezember 1999 geltenden
Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, aBV, entspricht), liegt vor, wenn dem
Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch einer
Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt wird, die besonders schwer
wiegt, weil der betroffenen Person eine wesentliche aus dem Eigentum
fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der Eingriff weniger weit, so wird
gleichwohl  eine materielle Enteignung angenommen, falls einzelne Personen so
betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar
erschiene und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hierfür
keine Entschädigung geleistet würde. In beiden Fällen ist die Möglichkeit
einer künftigen besseren Nutzung der Sache indessen nur zu berücksichtigen,
wenn im massgebenden Zeitpunkt anzunehmen war, sie lasse sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen. Unter besserer Nutzung
eines Grundstücks ist in der Regel die Möglichkeit seiner Überbauung zu
verstehen (BGE 125 II 431 E. 3a S. 433 mit Hinweisen).

3.2 Wird bei der erstmaligen Schaffung einer raumplanerischen Grundordnung,
welche den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Anforderungen entspricht,
eine Liegenschaft keiner Bauzone zugewiesen, so liegt gemäss der
Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Nichteinzonung vor, und zwar auch
dann, wenn die in Frage stehenden Flächen nach dem früheren, der Revision des
Bodenrechts nicht entsprechenden Recht überbaut werden konnten. Eine
Nichteinzonung in eine Bauzone löst grundsätzlich keine Entschädigungspflicht
aus (BGE 125 II 431 E. 3b S. 433 mit Hinweisen). Wird eine Parzelle, die
entsprechend den Grundsätzen des revidierten Bodenrechts bereits
rechtskräftig der Bauzone zugewiesen worden war, planungsrechtlich mit einem
Bauverbot belegt, so wird nach der Rechtsprechung von einer Auszonung
gesprochen (BGE 122 II 326 E. 4c S. 330; 121 II 417 E. 3e S. 422 mit
Hinweisen).

Vorliegend hat die Schätzungskommission angenommen, es liege eine
Nichteinzonung vor. Das Verwaltungsgericht geht demgegenüber von einer
Auszonung aus. Die Beschwerdeführerin stellt diese Betrachtungsweise in
Frage.

3.3 Nutzungsbeschränkungen, die im Zuge des Wechsels von einer altrechtlichen
Bau- und Zonenordnung zu einer auf dem Raumplanungsgesetz beruhenden Ordnung
vorgenommen werden, gelten deswegen als Nichteinzonungen (und nicht als
Auszonungen), weil die Festsetzung der in Art. 14 RPG vorgesehenen
Nutzungszonen und die damit verbundene, verfassungsrechtlich (Art. 75 BV,
Art. 22quater aBV) verlangte Trennung des Siedlungs- von Nichtsiedlungsgebiet
Ausgestaltung der Eigentumsordnung und damit Konkretisierung der
verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsrechte darstellt (zum
verfassungsrechtlichen Prinzip der Trennung der Bauzonen von den
Nichtbauzonen vgl.   Alfred Kuttler, Die Trennung der Bauzonen von den
Nichtbauzonen - zur Tragweite eines verfassungsrechtlichen Prinzips, in
Blätter für Agrarrecht 1995, S. 10 ff.; Riccardo Jagmetti, Kommentar BV, Art.
22quater, Rz. 82; s. auch Enrico Riva Kommentar RPG, Zürich 1999, N. 115 zu
Art. 5; Pierre Moor, Kommentar RPG, N. 73 zu Art. 14). Die Zuweisung von Land
zur Nichtbauzone anlässlich der erstmaligen Schaffung einer raumplanerischen
Grundordnung, welche den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen
Anforderungen entspricht, ist somit als Anwendungsfall der in der Regel
entschädigungslos hinzunehmenden Inhaltsbestimmung des Grundeigentums zu
betrachten (BGE 122 II 326 E. 4a mit Hinweisen). Eine Nichteinzonung im Sinne
der erwähnten Praxis liegt auch dann vor, wenn bisher als Bauland
betrachtetes Land einer Nichtbauzone zugewiesen wird, weil eine Bau- und
Zonenordnung, die in zeitlicher Hinsicht unter der Herrschaft des RPG in
Kraft gesetzt wurde, ohne indessen materiell auf die bundesrechtlichen
Planungsgrundsätze ausgerichtet zu sein, zu einem späteren Zeitpunkt
entsprechend diesen Grundsätzen revidiert wird (BGE 122 II 326 E. 5c S. 332).

3.4 Das Verwaltungsgericht vertritt die Auffassung, die Zonenplanung von 1981
sei auf die Grundsätze des RPG ausgerichtet gewesen. Nicht entscheidend könne
sein, dass die damalige Nutzungsplanung einstweilen auf die Festlegung des
Siedlungsgebiets beschränkt gewesen sei und das Nichtbaugebiet ausgeklammert
habe und somit die bundesrechtliche Planungspflicht erst mit der Festsetzung
der revidierten Planung von 1994 abschliessend erfüllt worden sei. Massgebend
sei vielmehr, ob die rechtskräftig ausgeschiedene Bauzone selbst - als Ganzes
betrachtet - den bundesrechtlichen Planungsgrundsätzen entsprochen habe. Dies
sei insbesondere im Kanton Aargau von Bedeutung, wo zahlreiche Gemeinden die
Bauzonenabgrenzung vor der Kulturlandplanung (der Planung des
Nichtsiedlungsgebiets) vorgenommen hätten. Diese Gemeinden verfügen nach der
Auffassung des Verwaltungsgerichts stets dann über RPG-konforme
Bauzonenpläne, wenn die Abgrenzung der Bauzonen vom Nichtbaugebiet den
bundesrechtlichen Planungsgrundsätzen umfassend Rechnung getragen hat.
Hingegen verbiete es sich unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes des
Grundeigentümers, überspannte Anforderungen an die RPG-Konformität einer
Bauzone zu stellen. Einerseits habe schon die formelle Rechtmässigkeit eines
Nutzungsplans eine gewisse vertrauensbegründende Wirkung; die
Rechtssicherheit verlange überdies, dass sich der Grundeigentümer, dessen
Grundstück nach Inkrafttreten des RPG einer Bauzone zugewiesen worden ist,
grundsätzlich darauf verlassen könne, dass eine Verschlechterung dieser
Position nicht ohne gleichzeitige Aktivierung der Eigentumsgarantie -
verstanden als Wertgarantie - eintreten könne. Bei nach dem 1. Januar 1980
erlassenen Nutzungsplänen gelte deshalb die Vermutung der RPG-Konformität,
und es müssten erhebliche Anhaltspunkte vorliegen, um diese Vermutung zu
widerlegen. Seien innerhalb der Anpassungsfrist von Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG
Nutzungsplanrevisionen unterblieben, so werde dadurch die Vertrauensposition
des Grundeigentümers noch verstärkt.

Das Verwaltungsgericht gelangt nach eingehender Untersuchung zum Ergebnis,
die Bauzonenplanung von 1981 sei in verfahrensrechtlicher Hinsicht und unter
dem Aspekt der Bauzonengrösse RPG-konform gewesen. Auch die Tatsache, dass
der Zonenplan von 1981 einen Teil der Bauzone als so genanntes zusätzliches
Baugebiet klassiert hat, was vom Bundesgericht mit Urteil vom 12. Februar
1991 (1P.608/1988) als unzulässig beurteilt wurde, lasse die Planung von 1981
nicht als RPG-widrig erscheinen. Es sei nämlich möglich, das "zusätzliche
Baugebiet" zwanglos in eine zulässige Erschliessungsetappierung umzudeuten.
Weil das Verwaltungsgericht die Bauzonenplanung von 1981 als RPG-konform
ansieht, betrachtet es die am 21. März 1994 beschlossene Umzonung des
Grundstücks Nr. 618 als Auszonung.

3.5 Das Verwaltungsgericht beschränkt seine Beurteilung der RPG-Konformität
der Bauzonenplanung von 1981 im Wesentlichen auf die drei soeben genannten
Gesichtspunkte, d.h. auf die Prüfung, ob damals die Verfahrensvorschriften
des RPG eingehalten wurden, die Bauzone nicht überdimensioniert war und
welche Bedeutung der Regelung des "zusätzlichen Baugebietes" zukam.

3.5.1 Es trifft zu, dass für die Frage der RPG-Konformität in zahlreichen vom
Bundesgericht beurteilten Fällen - abgesehen vom verfahrensrechtlichen Aspekt
- entscheidend war, ob die betreffende Bauzone überdimensioniert war oder
nicht. Dennoch kann der Betrachtungsweise des Verwaltungsgerichts nicht
beigepflichtet werden. Wie das Bundesgericht verschiedentlich erwogen hat -
das Verwaltungsgericht beruft sich sogar ausdrücklich auf solche Urteile -
ist  eine Zonenplanung nach den gesetzlichen Zonenkriterien (Art. 14 ff. RPG)
und aufgrund einer gesamthaften Abwägung und Abstimmung aller räumlich
wesentlichen Gesichtspunkte vorzunehmen. Planungsmassnahmen sind nur dann
verfassungskonform, wenn neben den Kriterien der Eignung, der Überbauung und
des Bedarfs auch alle anderen im konkreten Fall massgebenden raumplanerischen
Gesichtspunkte bei der Interessenabwägung berücksichtigt wurden. Hierzu
gehört auch das Gebot der Schonung der Landschaft; insbesondere sollen
naturnahe Landschaften und Erholungsräume erhalten bleiben (Art. 3 Abs. 2
lit. d RPG; BGE 118 Ia 151 E. 4b S. 157; 117 Ib 4 E. 3a/aa S. 7, je mit
Hinweisen; vgl. auch das vom Verwaltungsgericht zitierte Urteil des
Bundesgerichts 1A.155/1999 vom 22. Mai 2000, E. 2b). Dabei muss die
Nutzungsplanung als Ganzes den Anforderungen des RPG genügen. Ausdrücklich
verworfen hat das Bundesgericht daher die so genannte sektorielle
Betrachtungsweise, die sich nur auf einen Teil des Planungsgebiets beschränkt
(BGE 122 II 326 E. 5b S. 330; 121 II 417 E. 3d S. 421, je mit Hinweisen).

3.5.2 Die Ablehnung einer sektoriellen Betrachtungsweise durch das
Bundesgericht stand zwar in den erwähnten Fällen im Zusammenhang mit der
Dimensionierung von Bauzonen; sie hat aber darüber hinausreichende Bedeutung
und gilt auch hinsichtlich der übrigen gemäss RPG auszuscheidenden
Nutzungszonen.

Zutreffend ist, dass das Bundesgericht festgehalten hat, es dürfe allein aus
dem Fehlen einer Landwirtschaftszone nicht geschlossen werden, der Zonenplan
genüge den Anforderungen des RPG nicht (BGE 119 Ib 124 E. 3a S. 130 mit
Hinweis). Indessen ist diese Aussage in ihrem Zusammenhang zu würdigen. Das
Bundesgericht hat festgestellt, das Raumplanungsgesetz verlange nicht, dass
in jeder Gemeinde alle Nutzungsansprüche zu befriedigen seien. Das ändert
nichts daran, dass die Zonenfestlegung, namentlich auch die Festlegung der
Nichtbauzonen, auf einer die Planungsgrundsätze des RPG umfassend
berücksichtigenden Abwägung und Beurteilung zu beruhen hat. Planungsgebiet
ist dabei das gesamte Gemeindegebiet (Pierre Moor, a.a.O., N. 72 f. zu Art.
14; Felix Jost, Grösse und Lage von Bauzonen, Diss. Zürich 2000, S. 33 f., 82
und 90 ff.). Die RPG-konforme Abgrenzung der Bauzone kann daher nicht
ausschliesslich unter den Gesichtspunkten der Baulandeignung, des Bedarfs und
allenfalls weiterer Kriterien, die für eine bauliche Nutzung sprechen,
festgelegt werden, sondern es muss auch geprüft werden, ob andere in Art. 1
und 3 RPG genannte Nutzungs- bzw. Schutzansprüche vorhanden sind, die sich
auf die Begrenzung der Bauzone auswirken.

3.5.3 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kann nicht angenommen
werden, dass die Nutzungsplanung der Einwohnergemeinde
Oberrohrdorf-Staretschwil von 1981 in diesem Sinn den Zielen und Grundsätzen
der Raumplanung umfassend Rechnung trug. Dem Beschwerdegegner ist
grundsätzlich zuzustimmen, dass es nicht angeht, eine Zonenplanänderung als
erstmalige RPG-konforme Planung anzusehen, wenn der Änderung hauptsächlich
andere Gewichtungen raumplanerischer Kriterien oder zusätzliche bzw. neue
Erkenntnisse und Auffassungen zu Grunde liegen. Darin mögen veränderte
Verhältnisse liegen, die eine Nutzungsplanrevision rechtfertigen (Art. 21
Abs. 2 RPG); sie gestatten aber nicht von vornherein den Schluss, dass der
frühere Zustand nicht RPG-konform war.

Im vorliegenden Fall ergibt sich indessen, dass die Planung, die zur
Bauzonenordnung von 1981 führte, im Wesentlichen auf Grundlagen beruhte, die
im vorausgegangenen Jahrzehnt erarbeitet worden waren. Sie war darauf
gerichtet, die Bauzone nach Überlegungen zum Baulandbedarf abzugrenzen. Den
weiteren raumplanungsrechtlich relevanten Aspekten wurde, soweit ersichtlich,
nur eingeschränkt Rechnung getragen, z.B. durch die Ausscheidung von
Quellwasserschutzzonen (§ 37 BO 1981) und von so genannten empfindlichen
Gebieten, in denen gewisse Einschränkungen der in der Einfamilienhauszone an
sich zulässigen Nutzung vorgesehen wurden (§ 53 Abs. 6 BO 1981). Im Übrigen
wurde die Kulturlandplanung, d.h. die Nutzungsplanung für das Nichtbaugebiet,
einer späteren Planungsphase vorbehalten.

3.5.4 Diese Trennung der Nutzungsplanung in zwei zeitlich auseinander
fallende Phasen kann zu unliebsamen Konsequenzen führen, wenn erst in der
zweiten Phase erkannt wird, dass die umfassende Berücksichtigung der
raumplanerischen Ziele und Grundsätze eine Ausdehnung etwa einer Schutzzone
oder Landwirtschaftszone zu Lasten der Bauzone verlangt (Urteil des
Bundesgerichts 1P.611/2001 vom 25. Januar 2002, E. 3.4). Die verständliche
Kritik des Verwaltungsgerichts am Zeitpunkt solcher Planungsmassnahmen - erst
lange nach Ablauf der in Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG dafür vorgesehenen Frist -
ändert nichts daran, dass mit der Festlegung einer solchen umfassenden
Planung erstmals ein RPG-konformer Nutzungsplan geschaffen wird. Indessen ist
wie bis anhin zu prüfen, ob Gründe des Vertrauensschutzes einen
Entschädigungsanspruch begründen. Es ist mithin zu untersuchen, ob trotz
Nichteinzonung besondere Umstände, zu denen jene des Vertrauensschutzes
gehören können, entschädigungsrechtlich eine Einzonung geboten hätten (vgl.
BGE 125 II 431 E. 4a S. 434 mit Hinweisen). Abzulehnen ist die vom
Verwaltungsgericht postulierte Vermutung, dass nach Inkrafttreten des RPG
verabschiedete Nutzungsplanungen RPG-konform seien, da diese Vermutung in der
Rechtswirklichkeit keine ausreichende Grundlage findet (vgl. Urteil des
Bundesgerichts 1P.692/2001 vom 22. Januar 2002; Enrico Riva, a.a.O., N. 143
f. zu Art. 5).

4.
4.1 Die Einwohnergemeinde Oberrohrdorf-Staretschwil hat erst mit der 1994
vorgenommenen Ergänzung ihres Nutzungsplans für das Gemeindegebiet einen
Nutzungsplan geschaffen, der sich an den Zielen und Grundsätzen des
Raumplanungsgesetzes orientiert. Hier ist nicht abschliessend zu untersuchen,
ob diese Nutzungsplanung sämtlichen rechtlichen Anforderungen genügt;
namentlich ist nicht Verfahrensgegenstand die Frage, welche Bedeutung es hat,
dass eine Bereinigung der Bauzonengrösse auch in dieser Revision noch einmal
vorbehalten wurde. Es genügt die Feststellung, dass frühestens mit der
Planung von 1994, nicht aber bereits mit der Bauzonenordnung von 1981, eine
Planung nach den Grundsätzen des RPG geschaffen wurde. Die sektorielle
Planung von 1981 war nicht mit dem RPG vereinbar und berücksichtigte dessen
Ziele und Grundsätze nicht umfassend. Die 1994 vorgenommene Zuweisung des
Grundstücks Nr. 618 zur Schutzzone stellt daher eine Nichteinzonung dar.

4.2 Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob die 1981 ausgeschiedene
Bauzone überdimensioniert war, wie dies das Bundesamt für Raumplanung
annimmt, weil die der Bedarfsermittlung zu Grunde gelegte Einwohnerdichte von
30 Einwohnern pro Hektare (E/ha) weit unter dem bisherigen Erfahrungswert von
ca. 50 E/ha lag (vgl. hierzu Jost, a.a.O., S. 123 f.).
4.3 Die Schätzungskommission hat in ihrem Urteil vom 20. August 1999 eine
materielle Enteignung des Beschwerdegegners bejaht, weil seine Parzelle im
massgeblichen Zeitpunkt baureif und von einem gewässerschutzrechtskonformen
Generellen Kanalisationsprojekt erfasst gewesen sei; zudem habe der
Beschwerdegegner für die Überbaubarkeit seiner Parzelle bereits erhebliche
Kosten aufgewendet.

Die Beschwerdeführerin hat vor Verwaltungsgericht insbesondere bestritten,
dass diese Aufwendungen erheblich gewesen seien; zudem hat sie bestritten,
dass der Beschwerdegegner sie im guten Glauben getätigt habe. Vielmehr habe
er im Zeitpunkt ihrer Vornahme bereits gewusst, dass sein Grundstück aus
planungsrechtlichen Gründen allenfalls nicht überbaut werden könnte. Das
Verwaltungsgericht hat sich mit diesen Fragen nicht näher auseinander
gesetzt, ebenso wenig mit der Frage, ob allenfalls vorliegend eine
Entschädigungspflicht aus Gründen des Vertrauensschutzes zu bejahen sei (vgl.
BGE 125 II 431 E. 6 S. 438 f.). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, sich
hierzu zu äussern, bevor das Verwaltungsgericht diese Fragen beurteilt hat.

5.
Es ergibt sich, dass die Beschwerde im Sinne der Erwägungen teilweise
gutzuheissen ist. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die
Angelegenheit zur Fortsetzung des Verfahrens an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

Angesichts ihres teilweisen Unterliegens und weil es sich um ihre
Vermögensinteressen handelt, sind der Beschwerdeführerin die Verfahrenskosten
zur Hälfte aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 2 OG). Ebenso hat der Beschwerdegegner
die Hälfte der Gerichtsgebühr zu bezahlen (Art. 156 Abs. 1 und 3 OG). Der
Beschwerdeführerin steht keine Parteientschädigung zu; angesichts des
Verfahrensausgangs hat auch der Beschwerdegegner keinen Anspruch auf
Parteientschädigung (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im Sinne der Erwägungen teilweise
gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgericht des Kantons Aargau vom 26.
Oktober 2001 wird aufgehoben, und die Angelegenheit wird zur Fortsetzung des
Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird zur Hälfte der Beschwerdeführerin
und zur Hälfte dem Beschwerdegegner auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Aargau, 3. Kammer, sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 22. Juli 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: