Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.85/2002
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1A.85/2002 / kil

Urteil vom 15. April 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Reeb, Féraud,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

A. ________ (alias B.________), zzt. in Auslieferungshaft,
Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion
Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.

Auslieferung an Österreich - B 130545-BUG

(Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Bundesamts für Justiz,
Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, vom 19. März
2002)

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gestützt auf ein Verhaftsersuchen von Interpol Wien vom 5. Februar 2002
ordnete das Bundesamt für Justiz am 6. Februar 2002 die provisorische
Auslieferungshaft gegen A.________ an. Dieser befand sich in der Schweiz bis
zum 11. Februar 2002 in Ausschaffungshaft und vom 11. - 17. Februar 2002 im
Strafvollzug. Am 13. Februar 2002 erliess das Bundesamt für Justiz einen
Auslieferungshaftbefehl. Dieser stützte sich auf einen Haftbefehl des
Landesgerichts Korneuburg vom 13. Juni 2001 wegen Betäubungsmitteldelikten.

2.
Am 14. Februar 2002 ersuchte das Bundesministerium für Justiz der Republik
Österreich um Auslieferung von A.________. Anlässlich der Einvernahme vom 28.
Februar 2002 widersetzte sich dieser der Auslieferung an Österreich. Mit
Schreiben vom 28. Februar 2002 reichte er zudem eine schriftliche
Stellungnahme zum Auslieferungsersuchen ein. Im Wesentlichen machte er
geltend, er sei mit der im Haftbefehl genannten Person nicht identisch. Sein
richtiger Name sei B.________. Er sei nigerianischer Staatsangehöriger und
komme nicht aus Sierra Leone. Er habe auf Anraten einer Person namens
A.________ diesen Namen angenommen und gesagt, er komme aus Sierra Leone,
damit er nicht nach Afrika zurückgeschickt werde. Ausserdem sei er nie in
Österreich gewesen. Er wolle in sein Heimatland Nigeria ausgeschafft werden.

3.
Dem Verfolgten wird vorgeworfen, in Österreich als Mitglied einer Bande im
Zeitraum vom September bis Dezember 2000 gewerbsmässig am Handel mit Heroin
und Kokain in erheblichen Mengen beteiligt gewesen zu sein, indem er die
Drogen übernommen habe bzw. hätte übernehmen sollen, um diese in Verkehr zu
setzen. Namentlich werden vier Fälle aufgeführt.

4.
Mit Entscheid vom 19. März 2002 bewilligte das Bundesamt für Justiz die
Auslieferung des Verfolgten an Österreich für die dem Auslieferungsersuchen
zugrunde liegenden Straftaten. Dagegen gelangte A.________ mit einer in
englischer Sprache abgefassten Eingabe vom 20. März 2002 an das
Bundesgericht. Das Bundesgericht wies ihn mit Schreiben vom 25. März 2002
darauf hin, dass Parteien, die sich an das Bundesgericht wenden, sich einer
der Nationalsprachen des Bundes zu bedienen haben (Art. 30 OG). Mit einer
weiteren in englischer Sprache abgefassten Eingabe vom 1. April 2002
(eingegangen am 5. April 2002) ersuchte A.________ sinngemäss um
unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung eines Rechtsbeistandes. Diesem
Gesuch kann - wie nachfolgende Ausführungen zeigen werden - nicht entsprochen
werden.

Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

5.
Die Beurteilung von Auslieferungsersuchen der Republik Österreich richtet
sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957
(EAUe; SR 0.353.1), dem Zweiten Zusatzprotokoll zum EAUe vom 17. März 1978
(SR 0.353.12) sowie dem Zusatzvertrag zwischen der Schweiz und Österreich
über die Ergänzung des EAUe und die Erleichterung seiner Anwendung vom 13.
Juni 1972 (SR 0.353.916.31). Das schweizerische Recht - namentlich das
Rechtshilfegesetz (IRSG; SR 351.1) und die dazugehörige Verordnung (IRSV; SR
351.11) - wird nur subsidiär angewendet, wenn eine staatsvertragliche
Regelung fehlt oder lückenhaft ist oder wenn das nationale Recht geringere
Anforderungen an die Auslieferung stellt (BGE 122 II 140 E. 2, 485 E. 3b).

Gegen den angefochtenen Auslieferungsentscheid ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde  an das Bundesgericht zulässig (Art. 55 Abs. 3
in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 IRSG). Der Beschwerdeführer ist durch den
Entscheid persönlich und direkt berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse
an dessen Aufhebung oder Änderung, so dass er zur Beschwerde legitimiert ist
(Art. 21 Abs. 3 IRSG).

Das Bundesgericht prüft die bei ihm erhobenen Rügen grundsätzlich mit freier
Kognition; es ist aber nicht verpflichtet, nach weiteren der Auslieferung
allenfalls entgegenstehenden Gründen zu forschen, die aus der Beschwerde
nicht hervorgehen (BGE 122 II 367 E. 2d S. 372).

6.
Der Beschwerdeführer bestreitet, mit der im Auslieferungsersuchen und im
Haftbefehl genannten Person identisch zu sein. Sein richtiger Name sei
B.________ und nicht A.________. Er sei nigerianischer Staatsangehöriger und
komme nicht aus Sierra Leone. In den Akten des Bundesamtes für Justiz
befindet sich indessen ein Faxschreiben von Interpol Wien vom 22. Februar
2002, wonach die Fingerabdrücke des am 22. Januar 2002 in St. Gallen
erkennungsdienstlich behandelten A.________ mit denjenigen von den
österreichischen Behörden gesuchten Person übereinstimmen. Bei dieser
Sachlage erweist sich die Rüge der fehlenden Identität mit der gesuchten
Person sowie der Einwand, noch nie in Österreich gewesen zu sein, als
unbegründet.

7.
Hinsichtlich der weiteren Rügen des Beschwerdeführers kann auf die
Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden (Art. 36a Abs. 3
OG).

8.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit als unbegründet abzuweisen.

Das vom Beschwerdeführer sinngemäss gestellte Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege unter Beiordnung eines Rechtsbeistandes ist abzuweisen, da sich
die Beschwerde von vornherein als aussichtslos erwies (Art. 152 OG). Demnach
hätte der Beschwerdeführer dem Ausgang des Verfahrens entsprechend die
bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Ausnahmsweise kann
jedoch von der Erhebung von Verfahrenskosten abgesehen werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Bundesamt für Justiz,
Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 15. April 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: