Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.60/2002
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1A.60/2002 /zga

Urteil vom 10. September 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Féraud, Ersatzrichter Loretan,
Gerichtsschreiber Haag.

Stiftung WWF Schweiz, Hohlstrasse 110, 8010 Zürich, Beschwerdeführerin,
vertreten durch die WWF Sektion Bodensee-Thurgau, 8570 Weinfelden, diese
vertreten durch Rechtsanwältin Regula Schmid, Engelgasse 2, Postfach 230,
9001 St. Gallen,

gegen

Kanton Thurgau, 8500 Frauenfeld, vertreten durch das Tiefbauamt des Kantons
Thurgau, Verwaltungsgebäude, Postfach, 8510 Frauenfeld,
Politische Gemeinde Kemmental, 8573 Alterswilen, vertreten durch den
Gemeinderat,
Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau, Verwaltungsgebäude, 8500
Frauenfeld,
Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau,
Frauenfelderstrasse 16, 8570 Weinfelden.

Südumfahrung Kreuzlingen (Strassenbau; UVP)

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom 23. Januar 2002

Sachverhalt:

A.
Der Kanton Thurgau plant seit längerem eine Südumfahrung der Stadt
Kreuzlingen, die an die westlich von Kreuzlingen verlaufende Nationalstrasse
A7 angeschlossen werden soll. Der Grosse Rat des Kantons Thurgau bestimmte am
4. Oktober 1999 die erste Etappe dieser Südumfahrung, den Abschnitt Bernrain
- Bätershausen, im kantonalen Richtplan als Festsetzung und beschloss
gestützt auf § 15 Abs. 1 des Gesetzes über Strassen und Wege vom 14.
September 1992 (StrWG) - unter Vorbehalt der Bewilligung des
Gemeindebeitrages der Stadt Kreuzlingen - den Bau dieses Strassenabschnittes.

Das anschliessend erarbeitete Ausführungsprojekt wurde samt zugehörigem
Bericht über die Umweltverträglichkeit (UVB) und einem Gesuch für die Rodung
von 7'844 m2 Wald am 20. April 2000 öffentlich aufgelegt. Am 25. Mai 2000
erhoben vier Umweltschutzorganisationen, darunter die Stiftung WWF Schweiz,
gemeinsam Einsprache beim Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau
und verlangten die Verweigerung der Baubewilligung. Das Departement
genehmigte das Projekt am 22. Juni 2001 und wies die Einsprache der
Umweltschutzorganisationen ab; die Rodungsbewilligung des Kantonsforstamtes
vom 6. Juni 2001 erklärte es zum Bestandteil des Einspracheentscheides.

Die vier Organisationen gelangten gegen diesen Entscheid erfolglos an das
kantonale Verwaltungsgericht.

B.
Die Stiftung WWF Schweiz hat am 6. März 2002 gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichtes vom 23. Januar 2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils
und die Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung.

Das Verwaltungsgericht und das Departement für Bau und Umwelt beantragen, die
Beschwerde abzuweisen. Die Stadt Kreuzlingen teilte mit, dass sie sich am
Verfahren nicht beteilige.

Das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) hat sich am 14. Mai
2002 zu einzelnen Gesichtspunkten der Angelegenheit geäussert, ohne einen
ausdrücklichen Antrag zu stellen. Diese Stellungnahme wurde den Beteiligten
zur Kenntnis zugestellt. Die Verfahrensbeteiligten haben keinen Antrag auf
Einräumung einer Frist zur Vernehmlassung zur Stellungnahme des BUWAL
eingereicht.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gemäss Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf
öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen, sofern
diese von einer in Art. 98 OG genannten Vorinstanz erlassen worden sind und
keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen
Ausschlussgründe greift. Sodann unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gemischtrechtliche Verfügungen bzw. (auch) auf unselbstständiges kantonales
Ausführungsrecht zum Bundesrecht gestützte Anordnungen sowie auf übrigem
kantonalem Recht beruhende Anordnungen, die einen hinreichend engen
Sachzusammenhang mit der im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu
beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dem
angefochtenen Entscheid selbstständiges kantonales Recht ohne den genannten
Sachzusammenhang zum Bundesrecht zugrunde liegt, steht die staatsrechtliche
Beschwerde zur Verfügung (BGE 128 I 46 E. 1b/aa; 123 II 359 E. 1a/aa, je mit
Hinweisen).

Der angefochtene Beschluss stützt sich in erster Linie auf das Bundesgesetz
über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01), die Verordnung
über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19. Oktober 1988 (UVPV, SR
814.011) und das Bundesgesetz über den Wald vom 4. Oktober 1991 (WaG; SR
921.0), d.h. auf öffentliches Recht des Bundes. Er kann daher mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden (Art. 97 OG). Es liegt
keiner der in Art. 99 ff. OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen
Ausschlussgründe vor.

1.2 Das streitige Strassenprojekt soll mit Bundesgeldern subventioniert
werden; es untersteht der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach Art. 9 USG
(vgl. Art. 1 und 5 UVPV in Verbindung mit Ziffer 11.2 Anhang UVPV). Die
Stiftung WWF (Schweiz) ist gemäss Art. 55 USG beschwerdelegitimiert, wie sich
aus der Verordnung vom 27. Juni 1990 über die Bezeichnung der im Bereich des
Umweltschutzes sowie des Natur- und Heimatschutzes beschwerdeberechtigten
Organisationen (VBO; SR 814.076) ergibt. Sie hat sich bereits am kantonalen
Einspracheverfahren beteiligt und ist daher berechtigt, den Projektentscheid
mit Beschwerde anzufechten (Art. 55 Abs. 5 USG).

Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt unter anderem die Missachtung des rechtlichen
Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV). Das Recht, angehört zu werden, ist formeller
Natur. Seine Verletzung führt ungeachtet der Erfolgsaussichten in der Sache
selbst zur Aufhebung der angefochtenen Verfügung (BGE 126 V 130 E. 2b mit
Hinweisen). Die Rüge ist daher vorab zu behandeln.

2.1 Die Beschwerdeführerin hat sich als gemäss Art. 55 USG
beschwerdelegitimierte Organisation am Einspracheverfahren beteiligt und sich
damit als Partei konstituiert (Alfred Kölz/Isabelle Häner,
Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Auflage,
Zürich 1998, S. 95, Rz. 262). Ihr standen daher während des Verfahrens alle
einer Partei zukommenden Rechte zu.

Der früher aus Art. 4 aBV abgeleitete und heute in Art. 29 Abs. 2 BV
ausdrücklich verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör dient einerseits der
Sachaufklärung und gibt anderseits dem Betroffenen als
persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht das Recht, sich vor Erlass eines in
seine Rechtsstellung eingreifenden Entscheides zu äussern, erhebliche Beweise
beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen Beweisanträgen
gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise entweder
mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn dieses
geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen. Dem Mitwirkungsrecht entspricht
die Pflicht der Behörde, die Argumente und Verfahrensanträge der Partei
entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig
angebotenen Beweismittel abzunehmen, es sei denn, diese beträfen eine nicht
erhebliche Tatsache oder seien offensichtlich untauglich, über die streitige
Tatsache Beweis zu erbringen. Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör
wird zunächst durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben.
Unabhängig davon greifen die aus der Bundesverfassung folgenden
Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz. Die
Beschwerdeführerin beruft sich nicht auf kantonales Recht. Somit ist einzig -
und zwar mit freier Kognition - zu prüfen, ob die aus Art. 29 Abs. 2 BV
folgenden Regeln missachtet wurden (BGE 126 I 15 E. 2a; 124 I 241 E. 2, je
mit Hinweisen).

2.2 Das Verwaltungsgericht vertritt die Auffassung, der Anspruch der Parteien
auf rechtliches Gehör werde im Verfahren der UVP primär durch die UVPV
umschrieben. Indessen regelt die UVPV bloss den Ablauf der UVP, soweit dies
möglich ist, ohne die Regel zu verletzen, dass die UVP im Rahmen eines
ohnehin stattfindenden Zulassungsverfahrens durchzuführen ist (vgl. hierzu
Heribert Rausch/Peter Keller, Kommentar USG, 2. Auflage, Zürich 2001, N. 10
und 49 ff. zu Art. 9). Dabei befasst sich die Verordnung insbesondere auch
mit Einsichtsrechten, welche gemäss Art. 9 Abs. 8 USG jedermann zustehen.
Art. 15 und 20 UVPV über die Zugänglichkeit des UVB und des Entscheides sind
Ausführungsvorschriften hierzu. Hingegen sagen diese Bestimmungen über das
Einsichtsrecht oder andere Mitwirkungsrechte der Parteien nichts aus.
Massgebend für die Parteirechte sind daher auch in mit einer UVP verbundenen
Konzessions-, Bewilligungs- oder Genehmigungsverfahren das massgebliche
Verfahrensrecht sowie die Minimalgarantien gemäss der Bundesverfassung.

2.3 Der aus Art. 29 Abs. 2 BV fliessende Gehörsanspruch verpflichtet die
Behörden unter anderem, die Berechtigten über entscheidwesentliche
Aktenergänzungen zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme
einzuräumen (BGE 114 Ia 97 E. 2c; Kölz/Häner a.a.O., S. 115, Rz. 313; s. auch
Alfred Kölz/Jürg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Auflage, Zürich 1999, N.
13 und 17 ff. zu § 8 und Thomas Merkli/Arthur Aeschlimann/Ruth Herzog,
Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, Bern
1997, N. 11 zu Art. 21).

Das Departement für Bau und Umwelt hat nach der Auflage des Strassenprojektes
die Akten mehrfach ergänzt. Insoweit es der Beschwerdeführerin diese Akten
zugestellt und sie zur Stellungnahme eingeladen hat, liegt keine
Gehörsverweigerung vor. Es lässt sich wohl gerade bei UVP-pflichtigen
Vorhaben nicht immer vermeiden, dass gewisse Dossiers im Zeitpunkt der
Auflage unvollständig sind. Namentlich besteht kein Anspruch darauf, dass
Stellungnahmen anderer Bewilligungsbehörden im Sinne von Art. 21 UVPV bereits
während der Projektauflage vorliegen. Werden die Akten im Anschluss an das
Einspracheverfahren ergänzt, allenfalls sogar wegen Eingaben im
Einspracheverfahren, so ist den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, sich
hierzu innert angemessener Frist zu äussern. Diese Möglichkeit wurde der
Beschwerdeführerin insbesondere auch hinsichtlich der aktualisierten
Verkehrsdaten vom 31. Mai 2000 zugestanden.

Anders verhält es sich hinsichtlich der Stellungnahme des BUWAL vom 18. Mai
2001. Diese Stellungnahme, deren Eingang den Parteien vor dem
erstinstanzlichen Entscheid nicht angezeigt wurde, befasst sich nicht nur mit
dem aufgelegten Projekt (1. Etappe), sondern auch mit der
Umweltverträglichkeit der 2. Etappe, d.h. der Fortsetzung der projektierten
Hauptstrasse ostwärts in den Raum westlich Lengwil. Nachdem die
Beschwerdeführerin im Einspracheverfahren unter anderem gerügt hatte, die 1.
Etappe könne nicht für sich allein betrachtet werden, wäre es zwingend
geboten gewesen, ihr vor dem Projektentscheid Gelegenheit einzuräumen, zu
dieser wesentlichen Entscheidungsgrundlage Stellung zu nehmen. Indem das
Departement davon absah, hat es den Anspruch der Beschwerdeführerin auf
rechtliches Gehör verletzt. Die Rüge der Gehörsverweigerung war insofern
bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren begründet, was das
Verwaltungsgericht verkannt hat.

2.4 Eine Heilung dieses Mangels vor Bundesgericht kommt vorliegend nicht in
Frage. Abgesehen davon, dass in der Lehre immer wieder beachtenswerte Gründe
gegen die Heilung von Gehörsverweigerungen vorgebracht werden (vgl. etwa den
Überblick bei Kölz/Bosshart/Röhl, a.a.O, N. 50 zu § 8 VRG) und die Heilung
auch nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Ausnahme bleiben sollte
(vgl. BGE 126 V 130 E. 2b), hatte das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall
eine weitere Kognition als das Bundesgericht, weil es als erste kantonale
Rechtsmittelinstanz amtete und daher auch Ermessenskontrolle auszuüben hatte
(§ 56 Abs. 3 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 23. Februar
1981, VRG). Die Kognition des Bundesgerichts ist daher in Anwendung von Art.
104 OG eingeschränkter als jene der letzten kantonalen Instanz, was nach der
Praxis einer Heilung der Gehörsverweigerung grundsätzlich entgegensteht (BGE
126 I 68 E. 2 S. 72; 125 II 369 E. 2e S. 373 f., je mit Hinweisen). Zudem
liegen keine Gründe dafür vor, vorliegend einem raschen Entscheid den Vorzug
vor einer korrekten Abwicklung des Verfahrens zu geben.

3.
Dies führt zur Gutheissung der Beschwerde und zur Rückweisung der Sache an
die Vorinstanz, der es freisteht, die Angelegenheit an das Departement für
Bau und Umwelt zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis müsste an sich auf die
weiteren Argumente der Verfahrensbeteiligten nicht eingegangen werden.
Immerhin rechtfertigen sich aufgrund der besonderen Sach- und Rechtslage
einige Bemerkungen. Die Behörden des Kantons und des Bundes vertreten
unterschiedliche Auffassungen über die Frage, ob der Bau der ersten Etappe
der Südumfahrung Kreuzlingen für sich allein sinnvoll sei oder nicht. Das
Departement für Bau und Umwelt hat dies bejaht, während das BUWAL und das
Bundesamt für Strassen (ASTRA) die Frage verneinen. Die Antwort auf diese
Frage hat Konsequenzen, die im bisherigen Verfahren zu wenig beachtet wurden.

3.1 Wird das angefochtene Projekt als an sich sinnvolles Vorhaben angesehen,
so muss dafür entsprechend Art. 9 Abs. 4 USG eine Begründung vorgelegt
werden. Die Begründung dient als Entscheidungsgrundlage bei der Abwägung, ob
die projektbedingten Umweltbeeinträchtigungen durch das öffentliche Interesse
am Vorhaben aufgewogen werden (BGE 126 II 26 E. 3d S. 33). Der Umstand, dass
ein Projekt in einem Richtplan oder in einem Sachplan raumplanerisch
ausgewiesen ist, belegt zwar ein gewisses öffentliches Interesse, stellt für
sich allein jedoch noch keine ausreichende Begründung dar (Rausch/Keller,
Kommentar USG, N. 92 zu Art. 9).

Laut der - äusserst summarischen - Begründung im
Umweltverträglichkeitsbericht soll die 1. Etappe der Südumfahrung "Verkehr,
insbesondere den Schwerverkehr, von den Nord - Süd-Achsen durch Kreuzlingen
auf die A7 verlagern und damit das Siedlungsgebiet von Lärm- und
Luftschadstoffen entlasten." Eine nähere Betrachtung der Verkehrsprognosen,
namentlich auch der Aktualisierung vom 31. Mai 2000, zeigt indessen, dass das
Projekt in nennenswerter Weise nur den südlichen Teil der Bernrainstrasse und
die Brunnenstrasse entlastet. Auf der Bergstrasse führt es zu Mehrverkehr,
und weiter nördlich, im eigentlichen Siedlungsgebiet von Kreuzlingen,
verursacht es nur geringfügige Veränderungen und jedenfalls keine
Entlastungen. Es wäre daher näher zu untersuchen, ob tatsächlich ein
ausreichendes öffentliches Interesse am Bau dieser Strasse besteht. Weiter
wäre näher zu prüfen, ob die Standortgebundenheit für die beabsichtigte
Waldrodung und das überwiegende Interesse an dieser Rodung angesichts der
objektiv zu erwartenden Vorteile des Vorhabens zu bejahen sind oder nicht. Es
ist zweifelhaft, ob die vorhandenen Unterlagen das Thema abschliessend
behandeln.

In diesem Zusammenhang kann sich das Verwaltungsgericht nicht auf den
Standpunkt stellen, wegen der Kompetenzverteilung in § 15 Abs. 1 StrWG sei
ihm eine Beurteilung des Projektentscheids des Grossen Rates verwehrt. Der
Entscheid des Grossen Rates über ein Strassenprojekt ergeht ohne Prüfung der
Umweltverträglichkeit. Er steht daher unter dem Vorbehalt, dass das Vorhaben
diese Prüfung in jeder Hinsicht besteht. Das hierfür massgebliche Verfahren
ist jenes der Projektgenehmigung gemäss § 21 StrWG. Die Auffassung des
Verwaltungsgerichts würde es zulassen, dass auf dem Weg über die kantonale
Zuständigkeitsregelung bei Projektgenehmigungen das Umweltschutzrecht des
Bundes teilweise unterlaufen werden könnte. Ausserdem entstünde ein
Widerspruch zu Art. 98a Abs. 1 OG, wonach die Kantone eine richterliche
Behörde als letzte Instanz bestellen, soweit gegen deren Entscheide
unmittelbar die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig
ist. Der Projektgenehmigungsentscheid über mit Bundeshilfe ausgebaute
Hauptstrassen oder über andere Hochleistungs- und Hauptverkehrsstrassen
untersteht der UVP in einem von den Kantonen zu bezeichnenden Verfahren (Art.
1 UVPV und Ziff. 11.2 und 11.3 Anhang UVPV); gegen diesen Entscheid ist
letztinstanzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
gegeben. Das kantonale Verwaltungsgericht hat daher alle Rechtsfragen, die
zum Gegenstand der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemacht werden können, zu
prüfen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1A.114/2001 vom 14. März 2002, E.
4.3.2). Hierzu gehört wie erwähnt auch die Frage, ob für das Projekt eine
formell und materiell ausreichende Begründung im Sinne von Art. 9 Abs. 4 USG
vorliegt.

3.2 Sollte die vorliegend zu beurteilende 1. Etappe ohne die anschliessende
2. Etappe keinen Sinn machen, so stellt sich die Frage, ob eine isolierte
Beurteilung der Umweltverträglichkeit nur der 1. Etappe zulässig sei. Die
Frage beantwortet sich nach Massgabe von Art. 8 USG. Danach werden
Einwirkungen sowohl einzeln als auch gesamthaft und nach ihrem Zusammenwirken
beurteilt. In BGE 118 Ib 76 verneinte das Bundesgericht eine Verletzung
dieser Vorschrift, als die kantonalen Instanzen ein (nicht der UVP
unterstehendes) Strassenprojekt ohne Berücksichtigung weiterer in der Nähe
gelegener Strassenprojekte beurteilten und für zulässig erklärten. Von
Bedeutung war, dass die isolierte Verwirklichung des Projekts einen Sinn
hatte und dass unsicher war, wann und ob die weiteren Vorhaben verwirklicht
würden. Im Zusammenhang mit UVP-pflichtigen Nationalstrassen- und
Eisenbahnprojekten erwog das Bundesgericht, Art. 8 USG gestatte es, die
Gegenstand eines Ausführungsprojekts bildenden einzelnen Abschnitte für sich
allein zu prüfen. Dabei stellte das Bundesgericht massgeblich auf die Pflicht
ab, eine mehrstufige UVP durchzuführen, und nahm an, dass die vorangehende
Untersuchung des generellen Projekts Gewähr biete, dass sich das Bauvorhaben
als Ganzes umweltverträglich realisieren lasse (BGE 121 II 378 E. 4a S. 388
mit Hinweisen).

Unter der Annahme, dass nur der Bau beider Etappen ein sinnvolles Ergebnis
herbeiführen könnte, liegen die Verhältnisse vorliegend anders als in den
erwähnten Urteilen. Einerseits ist zu erwarten, dass die 2. Etappe innert
fünf Jahren verwirklicht wird, nur schon um die für die 1. Etappe erhaltenen
Bundesbeiträge nicht zurückerstatten zu müssen, aber auch aus sachlichen
verkehrstechnischen Überlegungen. Andererseits liegt kein generelles Projekt
und keine vorausgehende UVP über das ganze Vorhaben vor. Es liesse sich daher
mit der Pflicht zur gesamthaften Beurteilung im Sinne von Art. 8 USG nicht
vereinbaren, die Umweltverträglichkeit der 1. Etappe ohne Einbezug der 2.
Etappe zu prüfen. Namentlich steht zu befürchten, dass der Bau der 1. Etappe
jenen der 2. Etappe in dem Sinn präjudizierte, als auf deren Bau auch dann
nicht verzichtet würde, wenn aus Umweltschutzsicht ernsthafte Einwände
vorhanden wären.

Davon ist auch das BUWAL ausgegangen. Es hat daher eine summarische Prüfung
der Umweltverträglichkeit der 2. Etappe vorgenommen und diese bejaht. Die
Annahme, dass sich das Bauvorhaben als Ganzes umweltverträglich verwirklichen
lasse, könnte sich bei der derzeitigen Aktenlage allerdings allein auf die
Stellungnahme des BUWAL vom 18. Mai 2001 stützen. Die Grundlagen dieser
Stellungnahme sind nicht bekannt. Das Verfahren, das zu ihr geführt hat,
lässt sich mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung erster Stufe in keiner
Weise vergleichen; namentlich hatten weder die betroffenen Grundeigentümer
noch die beschwerdeberechtigten Organisationen die Möglichkeit, Parteirechte
wahrzunehmen, noch wurde zumindest für eine Öffentlichkeit der Unterlagen im
Sinne von Art. 9 Abs. 8 USG gesorgt. Auch für die Rechtsmittelinstanzen ist
es unmöglich, die Stellungnahme des BUWAL in sachlicher Hinsicht
nachzuvollziehen oder gar auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, weil das
Dossier keinerlei entsprechende Unterlagen enthält. Diese Stellungnahme
genügt daher nicht einmal für eine vorläufige Beurteilung der 2. Etappe der
Südumfahrung.

Sollte sich ergeben, dass die 1. Etappe ohne die 2. Etappe keinen Sinn macht,
wäre daher festzustellen, dass ausreichende Unterlagen für die Beurteilung
der Umweltverträglichkeit fehlen und eine Projektgenehmigung nicht hätte
ausgesprochen werden dürfen.

3.3 Der Vollständigkeit halber sei schliesslich erwähnt, dass die Auffassung
der Beschwerdeführerin unberechtigt erscheint, das vorliegende Projekt stelle
Teil der geplanten Verbindung T13 zwischen der A7 bei Kreuzlingen und der A13
bei Arbon dar, weshalb es im Rahmen einer gesamthaften Beurteilung der T13 zu
prüfen sei. Wie die vom Departement für Bau und Umwelt ins Recht gelegte
Zusammenfassung dreier Verkehrsstudien zeigt, lässt sich eine Südumfahrung
von Kreuzlingen projektieren, ohne den Weiterbau der T13 nach Osten zu
präjudizieren. Vielmehr erscheint es noch als völlig offen, ob diese
Fortsetzung verwirklicht werden soll oder nicht.

4.
Die Beschwerde ist nach dem Ausgeführten gutzuheissen. Der angefochtene
Entscheid ist aufzuheben und die Angelegenheit zur Weiterführung des
Verfahrens im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
Diesem steht es frei, die Angelegenheit an das Departement für Bau und Umwelt
zurückzuweisen.

Vom unterliegenden Departement für Bau und Umwelt sind keine Gerichtskosten
zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Hingegen hat das Departement die
Beschwerdeführerin für deren Aufwand angemessen zu entschädigen (Art. 159
Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Thurgau vom 23. Januar 2002 aufgehoben. Die Angelegenheit wird zur
Weiterführung des Verfahrens im Sinne der Erwägungen an das
Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Das Departement für Bau und Umwelt des Kantons Thurgau hat die
Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu
entschädigen.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Kanton Thurgau, den
Politischen Gemeinden Kreuzlingen und Kemmental, dem Departement für Bau und
Umwelt und dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für
Umwelt, Wald und Landschaft schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. September 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: