Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.211/2002
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1A.211/2002 /sta

Urteil vom 31. Januar 2003

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Reeb, Féraud, Catenazzi, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Forster.

X. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Prof. Dr. Peter Popp, Unter Altstadt 28, Postfach 1421, 6301 Zug,

gegen

Bundesamt für Justiz, Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion
Auslieferung, Bundesrain 20, 3003 Bern.

Auslieferung an Italien - B 128 715/04 ANS/VOM/BRV 314,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Bundesamtes für Justiz,
Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, vom 19. September
2002.

Sachverhalt:

A.
Die italienischen Strafjustizbehörden ermitteln gegen die US-amerikanische
Staatsangehörige X.________ sowie 123 weitere Personen wegen des Verdachtes
der kriminellen Vereinigung und der Hehlerei an archäologischen Kulturgütern
und Wertgegenständen. Gestützt auf einen (von Interpol Rom übermittelten)
Haftbefehl des Untersuchungsrichters am Gericht von Foggia/I vom 1. August
2001 wurde X.________ am 1. Oktober 2001 (an ihrem Wohnort im Kanton Zürich)
verhaftet und in vorläufige Auslieferungshaft versetzt. Anlässlich ihrer
Einvernahme vom 3. Oktober 2001 widersetzte sich die Verfolgte einer
vereinfachten Auslieferung nach Italien. Gleichentags erliess das Bundesamt
für Justiz (BJ) einen Auslieferungshaftbefehl gegen sie. Am 16. und 17.
Oktober 2001 erfolgte (in Anwesenheit von italienischen Ermittlungsbeamten)
eine Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten der Verfolgten sowie
die Beschlagnahme von antiken Wertgegenständen.

B.
Ein Haftentlassungsbegehren von X.________ wies das BJ mit Verfügung vom 18.
Oktober 2001 ab. Eine dagegen erhobene Beschwerde hiess die Anklagekammer des
Bundesgerichtes mit Urteil vom 14. November 2001 gut, worauf die Verfolgte am
15. November 2001 (gegen eine Kaution von CHF 50'000.-- sowie Hinterlegung
von Reisepass und Ausweispapieren) aus der Auslieferungshaft entlassen wurde.

C.
Mit diplomatischer Note vom 22. Oktober 2001 ersuchte die italienische
Botschaft in Bern um Auslieferung der Verfolgten bzw. Beschlagnahme und
Sachauslieferung von archäologischen Kulturgütern und Wertgegenständen. Das
BJ bewilligte mit Verfügung vom 19. September 2002 die Auslieferung der
Verfolgten an Italien. Ein Entscheid über das Sachauslieferungsbegehren ist
noch nicht ergangen.

D.
Gegen den Auslieferungsentscheid des BJ gelangte X.________ mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14. Oktober 2002 (ergänzt am 21. Oktober
2002) an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Entscheides und die Verweigerung der Auslieferung.

E.
Das BJ beantragt mit Vernehmlassung vom 8. November 2002 die Abweisung der
Beschwerde. Die Beschwerdeführerin replizierte (mit Ergänzung) am 10. Januar
2003.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Beurteilung von Auslieferungsersuchen der Republik Italien richtet
sich zunächst nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13.
Dezember 1957 (EAUe, SR 0.353.1) sowie dem Zweiten Zusatzprotokoll zum EAUe
vom 17. März 1978 (SR 0.353.12), welchen beide Staaten beigetreten sind.
Soweit die genannten Staatsverträge bestimmte Fragen nicht abschliessend
regeln (vgl. BGE 123 II 279 E. 2d S. 283), kommt das schweizerische
Landesrecht zur Anwendung, namentlich das Bundesgesetz über internationale
Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351.1) und die
dazugehörende Verordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11; vgl. Art. 1
Abs. 1 lit. a IRSG).

1.2 Der Auslieferungsentscheid des BJ kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 55 Abs. 3 i.V.m. Art. 25 Abs. 1
IRSG). Die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 97 - 114 OG sind erfüllt.

1.3 Zulässige Beschwerdegründe sind sowohl die Verletzung von Bundesrecht
(inklusive Staatsvertragsrecht), einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, als auch die Rüge der unrichtigen oder
unvollständigen Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts; der
Vorbehalt von Art. 105 Abs. 2 OG trifft hier nicht zu (Art. 104 lit. a - b
OG; vgl. BGE 117 Ib 64 E. 2b/bb S. 72). Soweit die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben (und die staatsrechtliche Beschwerde
daher ausgeschlossen) ist, kann auch die Verletzung verfassungsmässiger
Individualrechte bzw. der EMRK mitgerügt werden (BGE 122 II 373 E. 1b S.
375).

1.4 Das Bundesgericht ist an die Begehren der Parteien nicht gebunden (Art.
25 Abs. 6 IRSG). Es prüft die Auslieferungsvoraussetzungen grundsätzlich mit
freier Kognition. Da es aber in Rechtshilfesachen nicht Aufsichtsbehörde ist,
darf die Prüfung des angefochtenen Entscheides den Rahmen des
Streitgegenstandes nicht sprengen (BGE 117 Ib 64 E. 2c S. 73).

2.
Laut Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen und in dessen Beilagen hätten in
Italien zwei "kriminelle Vereinigungen" bestanden, welche den Zweck verfolgt
hätten, aus verschiedenen Regionen Italiens stammende archäologische
Gegenstände zu hehlen bzw. illegal ins Ausland zu schleusen. Mittelsmänner im
In- und Ausland hätten Fundstücke (von teilweise hohem wirtschaftlichem und
kunsthistorischem Wert) zum Verkauf angeboten, welche zuvor bei illegalen
Ausgrabungen bzw. von lokalen "Grabräubern" gezielt gesucht worden seien.
Gemäss italienischem Recht sei der italienische Staat Eigentümer solcher
Fundstücke. Deren Herkunft sei mittels falscher Kaufs- und
Verkaufsbestätigungen von Kunstgalerien in Grossbritannien, Frankreich,
Belgien, der Schweiz, Spanien und Deutschland verschleiert worden. In der
Schweiz gebe es Inhaber von Galerien sowie unverdächtige Kunstspezialisten,
deren Aufgabe es gewesen sei, die Fundstücke zu "rezyklieren" bzw. in den
legalen Markt einzuschleusen. Wichtigster Hehler und Chef der einen
kriminellen Vereinigung sei A.________ gewesen. Beim Chef der zweiten Bande
handle es sich um B.________.

Die Beschwerdeführerin sei Inhaberin einer Kunstgalerie in Zürich und gelte
als Bezugsperson von A.________ bzw. als hehlerische "Endabnehmerin"
wertvoller archäologischer Fundstücke. Ihre Aufgabe sei es gewesen, Spuren
der widerrechtlichen Herkunft dieser Gegenstände zu verschleiern.
Insbesondere habe sie Kontakte zu internationalen Kunsthändlern und wichtigen
Versteigerungshäusern gepflegt. Ausserdem habe sie über ein ausgedehntes Netz
von italienischen Lieferanten verfügt, welche im illegalen Handel
archäologischer Güter tätig gewesen seien. Insbesondere habe sie persönlich
die Geschäfte mit den italienischen Schiebern C.________ und D.________
abgewickelt.

Das Verhalten der Verfolgten sei nach italienischem Recht als Beteiligung an
einer kriminellen Vereinigung ("associazione per delinquere", Art. 416 Abs. 1
CP ital.) bzw. als Kulturgüterhehlerei ("ricettazione", Art. 648 CP ital.) zu
qualifizieren.

3.
Nach Auffassung des BJ "könnte ein solches Verhalten als Hehlerei unter Art.
160 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) subsumiert werden". Eine
kriminelle Vereinigung nach italienischem Recht sei zwar "nicht mit dem
Tatbestand der kriminellen Organisation nach schweizerischem Recht (Art.
260ter StGB) gleichzusetzen". Es komme jedoch "Mittäterschaft bei Hehlerei"
in Frage. Soweit "die der Verfolgten vorgeworfenen Tathandlungen der
Sachverhaltsdarstellung" des Ersuchens "entnommen werde können und diese auch
nach schweizerischem Recht strafbar wären", bräuchten "die Funktionen und
Aufgaben der anderen Mitbeteiligten nicht im Einzelnen beschrieben zu sein".
Was die angeblichen Tathandlungen der Beschwerdeführerin betrifft, würden von
den italienischen Behörden zwar "keine Transaktionen an einzelnen, genau
bestimmbaren Fundobjekten beschrieben". Es liessen sich dem Ersuchen jedoch
"die wesentlichen Elemente der grundsätzlichen Vorgehensweise (z.B. Verfolgte
als Endabnehmerin der sich im Eigentum Italiens befindlichen Fundobjekte,
Verschleierung von deren Herkunft mit Hilfe von gefälschten Verkaufs- und
Kaufsbestätigungen)" entnehmen.

4.
Die Beschwerdeführerin bringt im Wesentlichen vor, das Ersuchen selbst
enthalte keine rechtliche Qualifikation des inkriminierten Sachverhaltes;
beim Haftbefehl des Untersuchungsrichters am Gericht von Foggia vom 1. August
2001 handle es sich lediglich um eine Beilage zum Ersuchen. Selbst wenn
angenommen würde, das Ersuchen sei hinsichtlich der rechtlichen Ausführungen
vollständig, werde darin der inkriminierte Sachverhalt nicht ausreichend
umschrieben. Insbesondere finde sich im Ersuchen und dessen Beilagen "nicht
der geringste Hinweis" auf die Zusammensetzung der angeblich illegal
exportierten und hehlerisch gehandelten Gegenstände nach deren "Anzahl, Art
und Wert". Es werde einzig auf eine "grosse Sammlung von C.________"
hingewiesen, welche aber "ebenso wenig näher spezifiziert" werde. Sodann
werde nicht beschrieben, wie die Fundgegenstände angeblich in die Schweiz
gelangt seien, "also wer sie der Beschwerdeführerin wo und an welchen Daten
übergeben haben soll", an wen diese weiter verkauft und was sie dabei erlöst
habe bzw. wohin der Erlös geflossen sei.

Ausserdem mangle es an der Rechtshilfevoraussetzung der beidseitigen
Strafbarkeit. Insbesondere habe der Staat Italien die Berechtigung seiner
Vermögensansprüche nicht plausibel gemacht. Italien verbiete erst seit 1939
die Ausfuhr antiker Münzen. Da als angebliche Hehlerware nur Gegenstände ohne
besonderen wissenschaftlichen Wert in Frage kämen, fehle es nach
schweizerischem Recht an einem strafbaren Vermögensdelikt
(Fundunterschlagung) als Vortat der angeblichen Hehlerei. Darüber hinaus
drohe der Beschwerdeführerin im Falle einer Auslieferung eine
menschenrechtswidrige Behandlung. Der italienische Staat sei in tausenden von
Fällen wegen systematischer Prozessverschleppung vom Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte verurteilt worden. In Missachtung entsprechender
Resolutionen des Europarates weigere sich der italienische Staat,
diesbezüglich Abhilfe zu schaffen. Angesichts der "masslosen" Haltung der bei
der Hausdurchsuchung und Beschlagnahme anwesenden italienischen Beamten (die
für ca. 80% der Warenbestände der Beschwerdeführerin pauschale
Vermögensansprüche des italienischen Staates geltend gemacht hätten)
erscheine das Rechtshilfeersuchen zudem als unverhältnismässige "fishing
expedition".

Im Übrigen erscheine das Auslieferungsersuchen unverhältnismässig. Dabei sei
auch den persönlichen, geschäftlichen und gesundheitlichen Nachteilen
Rechnung zu tragen, welche eine Auslieferung nach sich zöge. Die Verfolgte
wohne seit ihrer frühesten Kindheit in der Schweiz. Zur Klärung der in
Italien untersuchten Fälle von illegalem Kulturgüterhandel genüge es, die
Beschwerdeführerin nötigenfalls rogatorisch einzuvernehmen. Ausserdem sei
bereits die rechtshilfeweise Beschlagnahme von 80% der Warenbestände der
Verfolgten sowie von Geschäftsunterlagen erfolgt. Schliesslich macht die
Verfolgte geltend, es werde ihr keine illegale Tätigkeit auf italienischem
Hoheitsgebiet vorgeworfen. Da nach Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB die
schweizerische Strafrechtshoheit und Gerichtsbarkeit gegeben sei, bestehe für
die Schweiz keine Auslieferungspflicht. Selbst im (unwahrscheinlichen) Falle
einer Verurteilung dränge sich zumindest ein Strafvollzug bzw. eine
Resozialisierung in der Schweiz auf.

5.
5.1 Das Auslieferungsbegehren hat unter anderem eine Darstellung der
Handlungen zu enthalten, derentwegen um Auslieferung ersucht wird. Zeit und
Ort ihrer Begehung und ihre rechtliche Würdigung unter Bezugnahme auf die
anwendbaren Gesetzesbestimmungen sind so genau wie möglich anzugeben (Art. 12
Ziff. 2 lit. b EAUe).
Von den Behörden des ersuchenden Staates kann nicht verlangt werden, dass sie
den Sachverhalt, der Gegenstand des hängigen Strafverfahrens bildet,
lückenlos und völlig widerspruchsfrei darstellen. Das wäre mit dem Sinn und
Zweck des Rechtshilfeverfahrens unvereinbar, ersucht doch ein Staat einen
andern gerade deswegen um Unterstützung, damit er die bisher im Dunkeln
gebliebenen Punkte klären kann. Es reicht daher unter dem Gesichtspunkt des
hier massgebenden Art. 12 Ziff. 2 lit. b EAUe aus, wenn die Angaben im
Rechtshilfeersuchen sowie in dessen Ergänzungen und Beilagen den
schweizerischen Behörden ermöglichen zu prüfen, ob ausreichende Anhaltspunkte
für eine auslieferungsfähige Straftat vorliegen, ob Verweigerungsgründe
gegeben sind bzw. in welchem Umfang dem Begehren allenfalls entsprochen
werden muss. Es kann auch nicht verlangt werden, dass die ersuchende Behörde
die Tatvorwürfe bereits abschliessend mit Beweisen belegt. Die ersuchte
Behörde hat weder Tat- noch Schuldfragen zu prüfen und grundsätzlich auch
keine Beweiswürdigung vorzunehmen, sondern ist vielmehr an die
Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen gebunden, soweit sie nicht durch
offensichtliche Fehler, Lücken oder Widersprüche sofort entkräftet wird (vgl.
BGE 125 II 250 E. 5b S. 257; 122 II 134 E. 7b S. 137, 367 E. 2c S. 371, 422
E. 3c S. 431; 120 Ib 251 E. 5c S. 255; 118 Ib 111 E. 5b S. 121 f.; 117 Ib 64
E. 5c S. 88, je mit Hinweisen).

5.2 Nach Massgabe des EAUe sind die Vertragsparteien grundsätzlich
verpflichtet, einander Personen auszuliefern, die von den Justizbehörden des
ersuchenden Staates wegen einer strafbaren Handlung verfolgt oder zur
Vollstreckung einer Strafe oder einer sichernden Massnahme gesucht werden
(Art. 1 EAUe). Auszuliefern ist wegen Handlungen, die sowohl nach dem Recht
des ersuchenden als auch nach demjenigen des ersuchten Staates mit einer
Freiheitsstrafe (oder die Freiheit beschränkenden sichernden Massnahme) im
Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht
sind (Art. 2 Ziff. 1 EAUe; vgl. auch Art. 35 Abs. 1 lit. a IRSG).

5.3 Der ersuchte Staat kann die Auslieferung des Verfolgten wegen einer
strafbaren Handlung ablehnen, die nach seinen Rechtsvorschriften ganz oder
zum Teil auf seinem Hoheitsgebiet oder an einem diesem gleichgestellten Ort
begangen worden ist (Art. 7 Ziff. 1 EAUe). Für eine Tat, die der
schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegt, kann der Verfolgte ausnahmsweise
ausgeliefert werden, wenn besondere Umstände, namentlich die Möglichkeit der
besseren sozialen Wiedereingliederung, dies rechtfertigen (Art. 36 Abs. 1
IRSG).

6.
Die ersuchende Behörde wirft der Verfolgten die Beteiligung an einer
kriminellen Vereinigung ("associazione per delinquere") gemäss Art. 416 Abs.
1 des italienischen Strafgesetzbuches vor. Dem BJ ist darin zuzustimmen, dass
dem Ersuchen keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer kriminellen
Organisation im Sinne des schweizerischen Strafrechts (Art. 260ter Ziff. 1
StGB ) zu entnehmen sind (vgl. dazu BGE 128 II 355 E. 2.2-2.6 mit Hinweisen;
s. auch BGE 125 II 569 E. 5c S. 574). Eine blosse Mehrheit von Personen, die
gemeinsam (mittäterschaftlich oder in anderer Teilnahmeform) Straftaten
begeht (z.B. Hehlerei oder Urkundenfälschung), stellt noch keine kriminelle
Organisation im Sinne von Art. 260ter StGB dar.

7.
Konkret wird der Verfolgten im Ersuchen vorgeworfen, sie habe zwischen 4.
Oktober 2000 und 1. August 2001 Kontakte mit A.________ unterhalten, der als
Hehler von antiken Kunstgegenständen aufgetreten sei, bzw. sie sei dessen
"Bezugsperson" gewesen. Ausserdem habe sie mit C.________ und D.________,
welche illegal mit archäologischen Gütern gehandelt hätten, persönlich
Geschäftsbeziehungen unterhalten. Weitere konkrete Anhaltspunkte für den
Verdacht, dass sie bei der Verschleierung der Herkunft illegal ausgeführter
archäologischer Wertgegenstände bewusst mitgewirkt haben könnte, werden im
Ersuchen und dessen Beilagen nicht genannt. Insbesondere wird nicht
behauptet, sie selbst habe falsche Herkunftsbescheinigungen ausgestellt oder
andere Urkundenfälschungen begangen. Ebenso wenig wird (ausdrücklich)
behauptet, sie habe gewusst, dass es sich bei Teilen der von ihr angebotenen
Kunstgegenstände um angebliche Hehlerware gehandelt hätte. Die einzelnen
Gegenstände, an denen sich die Verfolgte der Hehlerei schuldig gemacht haben
soll, werden im Ersuchen nicht konkret genannt bzw. spezifiziert.

7.1 Im Ersuchen und dessen Beilagen wird nicht dargelegt, dass die
Beschwerdeführerin in Italien Hehlerware entgegengenommen, selbst
Kunstgegenstände hinausgeschmuggelt oder in Italien andere illegale Vorkehren
getroffen hätte. Es wird hingegen geltend gemacht, ihre Galerie sei
Endabnehmerin ("terminale") der illegal aus Italien exportierten antiken
Fundgegenstände gewesen, und die Verfolgte habe (von der Schweiz aus) für die
Verschleierung der illegalen Herkunft bzw. den Weiterverkauf gesorgt.

7.2 Gemäss Art. 160 Ziff. 1 StGB macht sich wegen Hehlerei strafbar, wer eine
Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie ein anderer durch eine
strafbare Handlung gegen das Vermögen erlangt hat, (insbesondere) erwirbt
oder veräussern hilft. Der Grund der Strafbarkeit des Hehlers liegt darin,
dass er einen durch das Vordelikt geschaffenen rechtswidrigen Zustand
fortsetzt und festigt. Er hindert oder erschwert damit die Wiederherstellung
des durch das Vordelikt gestörten rechtmässigen Zustandes, beispielsweise die
Wiedererlangung der Sache durch den Berechtigten (BGE 117 IV 445 E. 1b S. 446
f.; 116 IV 193 E. 2-3 S. 197 f., je mit Hinweisen).

Als Vortat der Hehlerei kommt namentlich eine unrechtmässige Aneignung (Art.
137 Ziff. 1 StGB) in Frage (vgl. BGE 127 IV 79 E. 2a-b S. 81-83 mit
Hinweisen). Nach diesem Tatbestand wird mit Gefängnis oder mit Busse
bestraft, wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen
andern damit unrechtmässig zu bereichern. Da die Strafandrohung von Art. 137
Ziff. 1 StGB milder ist als diejenige von Art. 160 Ziff. 1 StGB, findet auf
den betreffenden Hehler ebenfalls die Strafandrohung von Art. 137 Ziff. 1
StGB Anwendung (Art. 160 Ziff. 1 Abs. 2 StGB).

7.3 In seinem Urteil 1A.215/2000 vom 16. Oktober 2000 hatte das Bundesgericht
ein Auslieferungsgesuch der Türkei wegen mutmasslicher Hehlerei an antiken
Kunstgegenständen zu beurteilen, welche aus illegalen Ausgrabungen stammten.
Dem Verfolgten wurde vorgeworfen, er habe unter anderem alte Münzen und einen
antiken Grabstein gehehlt. Das Bundesgericht erwog, dass (gemäss Art. 724
Abs. 1 ZGB) archäologische Fundstücke von erheblichem wissenschaftlichem Wert
in das Eigentum des Kantons gelangen, in dessen Gebiet sie gefunden werden.
Nach herrschender Lehre erwerbe der Kanton in dem Augenblick
privatrechtliches Eigentum daran, in dem irgend eine Person solche
Antiquarien findet (Urteil 1A.215/2000, E. 4b; s. auch BGE 113 Ia 368 E. 6b
S. 382 f.; vgl. Renato Ammann, Das Fundrecht des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches, Diss. Zürich 1960, S. 92; Hans Leemann, Zürcher Kommentar
zum ZGB, Art. 724 N. 13; Werner Scheurer, Berner Kommentar zum ZGB, Art.
723/724 N. 17, 26, 28; a.M. Peter Liver, Das Eigentum, in: Schweizerisches
Privatrecht V/1, Basel 1977, S. 367 Rz. 4, der dem Kanton nicht unmittelbar
das Eigentum sondern nur ein Aneignungsrecht zuspricht). Für den Finder
handle es sich in diesem Fall um fremde bewegliche Sachen. Eignet er sich
diese in Bereicherungsabsicht an, weil er sie etwa verkaufen will, erfülle er
den Tatbestand der unrechtmässigen Aneignung (Art. 137 Ziff. 1 StGB), selbst
wenn sich die archäologischen Gegenstände (von erheblichem wissenschaftlichem
Wert) seit deren Auffinden in seinem Gewahrsam befanden bzw. das betreffende
Grundstück in seinem Eigentum stand (Urteil 1A.215/2000, E. 4b, mit Hinweisen
auf Jakob Elser, Die Fundaneignung nach Schweizerischem Strafrecht, Diss. St.
Gallen 1912, S. 51 f.; Rosalie Frenkel, Das Delikt der Fundunterschlagung
nach modernem Recht, Diss. Zürich 1910, S. 64 f.; Ernst Hafter,
Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil, Erste Hälfte, Berlin, 1937, S.
238; Paul Logoz, Commentaire du Code pénal suisse, Partie spéciale, Bd. I, S.
130).

Der Umstand, dass allenfalls die Anwendung von Art. 137 Ziff. 2 bzw. Art. 160
Ziff. 1 Abs. 3 StGB (Antragserfordernis) in Frage käme, stelle kein
Auslieferungshindernis dar (Urteil 1A.215/2000, E. 4c/aa; vgl. Art. 35 Abs. 2
IRSG; Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière
pénale, Bern 1999, S. 84 f.). Ob antike Fundstücke von erheblichem
wissenschaftlichem Wert seien, müsse allerdings durch ein Gutachten geklärt
werden (Urteil 1A.215/2000, E. 4c/aa; vgl. auch Leemann, a.a.O., Art. 724 ZGB
N. 10; Scheurer, a.a.O., Art. 723/724 ZGB N. 10).

7.4 Der subjektive Tatbestand von 160 Ziff. 1 StGB verlangt, dass der Hehler
weiss oder annehmen muss, dass die fraglichen Gegenstände durch ein
Vermögensdelikt erlangt wurden (vgl. BGE 105 IV 303 E. 3a S. 305; 101 IV 402
E. 2 S. 405 f., je mit Hinweisen; Günter Stratenwerth, Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil I: Straftaten gegen Individualinteressen, 5.
Aufl., Bern 1995, § 20 Rz. 18 f.; Stefan Trechsel, Kurzkommentar StGB, 2.
Aufl., Zürich 1997, Art. 160 N. 12).

Die im Ersuchen dargelegten Umstände, wonach die Beschwerdeführerin als
spezialisierte Kunsthändlerin bzw. Numismatikerin antike archäologische
Fundstücke zum Verkauf angeboten habe, die teilweise aus Italien stammten,
und dass sie Kontakte zu internationalen Auktionshäusern gepflegt habe,
vermögen keinen Verdacht strafbarer Handlungen gegen sie zu begründen. Es
wird von der ersuchenden Behörde nicht ausdrücklich behauptet, die Verfolgte
habe gewusst oder wissen müssen, dass es sich bei Teilen der von ihr
angebotenen Kunstgegenstände um angebliche Hehlerware handelte. Ebenso wenig
wird behauptet, die verdächtigten italienischen Kunsthändler seien der
Beschwerdeführerin im massgeblichen Zeitpunkt als mutmassliche Schieber bzw.
Hehler bekannt gewesen oder sie habe damals aus anderen Gründen erkennen
können, dass ihr Hehlerware angeboten worden sei. Dem gegenüber liegen
Stellungnahmen von Behörden, Fachexperten und Berufsorganisationen bei den
Akten, welche der Beschwerdeführerin die Anwendung von besonderer Sorgfalt
bzw. hoher fachlicher und ethischer Standards bei der Abklärung der Herkunft
von Antiken bescheinigen. Vor diesem Hintergrund erscheint schon der
subjektive Tatbestand von Art. 160 Ziff. 1 StGB zumindest fraglich.

7.5 Der objektive Tatbestand von Art. 160 Ziff. 1 StGB verlangt sodann, dass
die gehehlten Gegenstände durch eine strafbare Handlung gegen das Vermögen
erlangt wurden. In Frage kommt namentlich eine unrechtmässige Aneignung (Art.
137 Ziff. 1 StGB) als Vortat der Hehlerei (vgl. BGE 127 IV 79 E. 2a-b S.
81-83).

7.5.1 Problematisch erscheint im vorliegenden Fall, dass das Ersuchen und
dessen Beilagen keine näheren Angaben über die Gegenstände enthalten, bei
denen die Verfolgte sich der (Teilnahme an) Hehlerei schuldig gemacht haben
soll. Im 242 Seiten umfassenden Haftbefehl des Untersuchungsrichters am
Gericht von Foggia vom 1. August 2001 ist im Zusammenhang mit der Verfolgten
von einigen Statuen aus der Periode des Hadrian sowie einigen Dutzend antiken
römischen Münzen die Rede, welche im Mai 2001 (an einem nicht näher bekannten
Fundort) ausgegraben worden seien. Über die mutmassliche Herkunft der im
Geschäft der Beschwerdeführerin beschlagnahmten 3'900 Münzen und 260
Terracotta-Figuren (laut Beschwerdeführerin handelt es sich dabei um ca. 80%
ihrer Warenbestände) wird im angefochtenen Entscheid des BJ nichts
ausgeführt. Insbesondere wird nicht behauptet, dass die sichergestellten
Statuen aus der Periode des Hadrian stammen würden (oder dass in anderer
Hinsicht ein sachlicher Bezug zu den im Ersuchen genannten Gegenständen
bestünde). Gemäss den bei den Akten befindlichen Gutachten lag nur bei einem
kleinen Teil der beschlagnahmten Münzen der Prägeort im heutigen Italien.

7.5.2 Da es bei der Prüfung des objektiven Tatbestandes von Art. 160 Ziff. 1
StGB wesentlich auf den Gegenstand der inkriminierten Hehlerei ankommt, wirkt
sich dieser Mangel an näheren Sachangaben für die Rechtshilfevoraussetzung
der beidseitigen Strafbarkeit nachteilig aus. Zunächst erscheint fraglich, ob
ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die hier fraglichen Münzen
und Statuen der Republik Italien gehören bzw. dass sie illegal (bzw. nach
1939) aus Italien weggeschafft wurden. Der blosse Umstand, dass es sich laut
Ersuchen um antike römische Münzen bzw. um Statuen aus der Periode des
Hadrian gehandelt habe, reicht dafür jedenfalls kaum aus, zumal sich das
römische Imperium im Altertum bekanntlich über grosse Teile Europas, Afrikas
sowie Klein- und Mittelasiens erstreckte und der genaue Fundort der Münzen
und Statuen laut Ersuchen nicht bekannt sei.

Hinzu kommt, dass es sich um archäologische Objekte von erheblichem
wissenschaftlichem Wert handeln müsste. Falls dieser nicht erstellt ist, läge
nach schweizerischem Recht (nämlich gestützt auf Art. 724 Abs. 1 ZGB) kein
staatliches Eigentum an herrenlosen Gegenständen und deshalb auch keine
unrechtmässige Aneignung (Art. 137 Ziff. 1 StGB) als Vortat der mutmasslichen
Hehlerei vor (vgl. dazu oben, E. 7.3). In dem im Urteil 1A.215/2000 (E.
4c/bb) beurteilten Fall stützte sich der Auslieferungsentscheid auf ein
Gutachten, welches zum Schluss kam, dass die dort fraglichen antiken
Fundgegenstände (aus der Türkei) von erheblichem archäologischem Wert waren.
Im vorliegenden Fall fehlt es an einem solchen Nachweis.

Eine strafbare Vortat im Sinne von Art. 160 Ziff. 1 StGB ist nach dem
Gesagten nicht hinreichend dargetan.

8.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Sachverhaltsdarstellung des Ersuchens
(nach schweizerischem Strafrecht und in Bezug auf die Person der Verfolgten)
keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale
der Hehlerei (oder der Teilnahme daran) enthält. Nach dem Gesagten mangelt es
an der Auslieferungsvoraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit.

Es kann offen bleiben, ob die von der Beschwerdeführerin zusätzlich erhobenen
Einwände begründet wären, insbesondere, ob die Schweiz gestützt auf Art. 7
Ziff. 1 EAUe die Auslieferung ablehnen könnte.

9.
Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben
und das Auslieferungsersuchen abzuweisen.

Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156
Abs. 2 OG) und ist die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin aus der
Bundeskasse angemessen zu entschädigen (Art. 159 OG).

Der vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin geltend gemachte Aufwand von
17 Stunden für die Analyse des angefochtenen Entscheides, das Aktenstudium,
die Beratung der Klientin und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, von
19 Stunden für die Ausarbeitung der Beschwerdeschrift und insbesondere von 13
Stunden zur Erstellung der Replik erscheint eher hoch und wird in der
Kostennote nicht näher begründet oder spezifiziert. In Anbetracht der
anspruchsvollen und aufwändigen Beschwerdesache erscheint im vorliegenden
Fall eine Parteientschädigung von pauschal Fr. 10'000.-- (inklusive
Barauslagen und Mehrwertsteuer) als angemessen (Art. 160 OG i.V.m. Art. 6
Abs. 2 und Art. 8 Abs. 1 des Tarifes über die Entschädigungen an die
Gegenpartei für das Verfahren vor Bundesgericht vom 9. November 1978, SR
173.119.1).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, der Entscheid des
Bundesamtes für Justiz vom 19. September 2002 wird aufgehoben, und das
Auslieferungsersuchen wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Die Schweizerische Eidgenossenschaft (Bundesamt für Justiz) hat die
Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 10'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem Bundesamt für Justiz,
Abteilung Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 31. Januar 2003

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: