Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.199/2002
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1A.199/2002 /sta

Urteil vom 5. Dezember 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Féraud, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Bopp.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.iur. René
Bussien, Neustadtgasse 1a, Postfach 579, 8402 Winterthur,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld,
Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12, 8500 Frauenfeld.

Übernahme der Vollstreckung einer Reststrafe (B 101027),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des
Kantons Thurgau vom 29. Juli 2002.

Sachverhalt:

A.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2000 ersuchte das Bundesministerium der Justiz
in Bonn die Schweiz um Übernahme der Vollstreckung einer Reststrafe von 815
Tagen aus dem gegen den schweizerischen Staatsangehörigen X.________
ausgesprochenen rechtskräftigen und gemäss den Angaben der deutschen Behörden
vollstreckbaren Urteil des Landgerichts Augsburg vom 4. August 1994 wegen
vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht, vorsätzlichen Bankrotts und
Kreditbetrugs.

Das angegangene Bundesamt für Justiz übermittelte das Ersuchen mit Schreiben
vom 14. Dezember 2000 dem Departement für Justiz und Sicherheit des Kantons
Thurgau und lud dieses gemäss Art. 104 Abs. 1 IRSG zu einer Stellungnahme
ein.

Am 19. Dezember 2000 erklärte sich das genannte Departement zur Übernahme der
Angelegenheit bereit.

Am 8. Februar 2001 entschied das Bundesamt in Anwendung von Art. 104 Abs. 1
IRSG, das deutsche Ersuchen vom 7. Dezember 2000 anzunehmen, indem es die
massgebenden Voraussetzungen im Sinne von Art. 94 ff. und 103 IRSG als
erfüllt erachtete. Es beantragte dem Departement, das Exequaturverfahren
gegen X.________ im Sinne von Art. 105 ff. IRSG durch den dafür zuständigen
Richter in die Wege zu leiten und die Vollstreckung des deutschen Urteils
vollumfänglich zu übernehmen. Das Bundesamt fügte seinem Entscheid die
Rechtsmittelbelehrung bei, es stehe dagegen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht offen.

Dieser Rechtsmittelbelehrung entsprechend führte X.________ mit Eingabe vom
21. März 2001 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem
Antrag, der Entscheid vom 8. Februar 2001 sei aufzuheben; das deutsche
Ersuchen sei abzuweisen. Sodann ersuchte er, das bundesgerichtliche Verfahren
sei zu sistieren, bis über ein in Augsburg eingeleitetes Wiederaufnahme- bzw.
Revisionsverfahren rechtskräftig entschieden worden sei.

Mit Entscheid vom 26. April 2001 wies die I. öffentlichrechtliche Abteilung
des Bundesgerichts das Sistierungsbegehren ab, und mangels Anfechtbarkeit des
vom Bundesamt getroffenen Vorprüfungsbeschlusses trat sie auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein (Verfahren 1A.53/2001).

Mit Schreiben vom 9. Mai 2001 ersuchte das Bundesamt das Departement
abermals, das Exequaturverfahren gegen X.________ in die Wege zu leiten. Die
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen kam dieser Aufforderung am 31. Mai
bzw. 31. August 2001 nach.

Die Einzelrichterin des Bezirksgerichts Weinfelden wies den von der
Staatsanwaltschaft am 31. August 2001 gestellten Antrag und das vom
Bundesministerium der Justiz am 7. Dezember 2000 eingereichte Gesuch um
Übernahme der Vollstreckung der Reststrafe von 815 Tagen ab. Zur Begründung
wurde ausgeführt, Voraussetzung für die Vollstreckung des Urteils des
Landgerichts Augsburg sei, dass Gegenstand der Verurteilung im Ausland
verübte Handlungen gewesen seien, welche, wenn entsprechend in der Schweiz
begangen, hier strafbar wären. In Bezug auf den X.________ vorgeworfenen
Kreditbetrug treffe dies nicht zu. X.________ hätte hier nur der Unterlassung
der Buchführung schuldig befunden und mit maximal 36 Monaten Gefängnis
bestraft werden können. Ausgehend vom Prinzip der Unteilbarkeit der zu
übernehmenden Vollstreckung könne der Entscheid des Landgerichts Augsburg
daher in der Schweiz nicht vollstreckt werden.

Hiergegen führte die Staatsanwaltschaft am 9./10. April 2002 Beschwerde mit
dem Begehren, in Gutheissung des deutschen Gesuchs sei die Vollstreckung der
fraglichen Reststrafe anzuordnen.

Mit Beschluss vom 29. Juli 2002 schützte das Obergericht des Kantons Thurgau
die Beschwerde. Es erachtete die massgebenden Voraussetzungen gemäss Art. 94
ff. IRSG als erfüllt, entsprach dem deutschen Ersuchen und ordnete die
Vollstreckung der Reststrafe von 815 Tagen gemäss dem eingangs erwähnten
Urteil des Landgerichts Augsburg vom 4. August 1994 an.

B.
Mit Eingabe vom 27. September 2002 führt X.________
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit den Begehren, der
Beschluss des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 29. Juli 2002 sei
aufzuheben; das deutsche Vollstreckungsgesuch sei abzuweisen.

Die Staatsanwaltschaft, das Obergericht und das Bundesamt beantragen, die
Beschwerde sei abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid betrifft nicht eine Auslieferungssache,
sondern die - nach erfolgtem Vorentscheid durch das Bundesamt für Justiz -
kantonal letztinstanzlich verfügte Annahme eines von den deutschen Behörden
gestellten Strafvollstreckungsbegehrens. Wie das Bundesgericht bereits im
früheren den Beschwerdeführer betreffenden Urteil vom 26. April 2001 erwogen
hat, geht es dabei um die Frage, ob die Voraussetzungen erfüllt sind, dass
die ersuchten schweizerischen Behörden die Vollstreckung der in Frage
stehenden Reststrafe gemäss dem dem deutschen Begehren zugrunde liegenden
Urteil des Landgerichts Augsburg vom 4. August 1994 übernehmen können,
nachdem der Beschwerdeführer am 18. Dezember 1994 aus einem Hafturlaub nicht
in den deutschen Strafvollzug zurückgekehrt, sondern in die Schweiz
geflüchtet ist. In einer solchen Angelegenheit massgebend sind in erster
Linie die Bestimmungen von Art. 94 ff. IRSG in Bezug auf die
Vollstreckungsvoraussetzungen und die Regeln von Art. 103 ff. IRSG in Bezug
auf das Verfahren in Fällen von Vollstreckungsersuchen (E. 2b des Urteils vom
26. April 2001), wie denn auch schon das Bundesamt in seinem Vorentscheid vom
8. Februar 2001 festgestellt hat. Auf den anderslautenden Standpunkt des
Beschwerdeführers, die betreffenden Voraussetzungen seien nicht erfüllt, wird
nachfolgend soweit erforderlich einzugehen sein.

Gegen den hier angefochtenen, auf den Regeln von Art. 94 ff. IRSG beruhenden
Entscheid der letztinstanzlichen kantonalen Behörde ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 16 und 25
Abs. 1 IRSG in Verbindung mit Art. 98 lit. g OG, s. auch das genannte Urteil
vom 26. April 2001).

1.2 Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Entscheid persönlich
betroffen und hat ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder
Änderung. Er ist daher zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert (Art. 21
Abs. 3 IRSG).

Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt; sie geben zu keinen
Erörterungen Anlass.

Auf die vorliegende Beschwerde ist daher einzutreten.

1.3 Zulässige Beschwerdegründe sind die Verletzung von Bundesrecht (inkl.
gegebenenfalls Staatsvertragsrecht), einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens, sowie die unzulässige oder offensichtlich
unrichtige Anwendung ausländischen Rechts (Art. 104 lit. a OG in Verbindung
mit Art. 25 Abs. 1 und 4 IRSG). Die Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts durch das Obergericht kann nur auf die Frage der
offensichtlichen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit bzw. auf Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen hin geprüft werden (Art. 104 lit. b in
Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 OG und Art. 25 Abs. 1 IRSG). Soweit die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben (und die staatsrechtliche Beschwerde
daher ausgeschlossen) ist, kann auch die Verletzung verfassungsmässiger
Individualrechte mitgerügt werden (BGE 123 II 289 E. 1c, 122 II 373 E. 1b).

1.4 Nur beiläufig hat das Bundesamt in seiner im bundesgerichtlichen
Verfahren erstatteten Vernehmlassung beanstandet, dass ihm der angefochtene
Entscheid nicht zur Kenntnis gebracht worden ist, was sich nachteilig hätte
auswirken können, falls es seinerseits von der Beschwerdebefugnis hätte
Gebrauch machen wollen. Das Beschwerderecht der Bundesbehörden soll den
richtigen und rechtsgleichen Vollzug des Bundesverwaltungsrechts
sicherstellen (BGE 128 II 193 E. 1, mit Hinweisen). Das Bundesamt weist zu
Recht darauf hin, dass es im Rahmen von Rechtshilfeverfahren ausdrücklich zur
Beschwerde gegen Verfügungen der letztinstanzlichen kantonalen Behörde
berechtigt ist (Art. 103 lit. b OG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 sowie
Art. 80f und Art. 80h lit. a IRSG). Dies ist auch in Bezug auf
Vollstreckungsverfahren nach Art. 94 ff. IRSG zu bejahen, damit es
sinnvollerweise auch bei solchen Verfahren eine gewisse Aufsichtsfunktion
wahrnehmen kann. Bereits in den allgemeinen Bestimmungen des IRSG werden denn
auch in Art. 25 Abs. 1 IRSG die Bestimmungen von Art. 97 bis 114 OG als
anwendbar erklärt für den Fall, dass das IRSG nichts anderes bestimmt.
Mangels anderweitiger Bestimmung ist somit Art. 103 lit. b OG auf alle durch
das IRSG geregelten Verfahrensarten bezogen anwendbar, also auch für den
vorliegenden Fall. Dies ist hier allerdings ohne weitere Bedeutung, da das
Bundesamt den vom Beschwerdeführer angefochtenen verwaltungsgerichtlichen
Entscheid laut der Vernehmlassung, die es im bundesgerichtlichen Verfahren
erstattet hat, vollumfänglich unterstützt.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen wie im vorinstanzlichen
Verfahren geltend, die Gutheissung des deutschen Übernahmeersuchens
widerspreche der schweizerischen Rechtsordnung und verstosse gegen den Ordre
public, zudem verletze sie die EMRK. Zunächst hält er dafür, das IRSG sei
nach dem Wortlaut von Art. 1 lediglich in Bezug auf Strafsachen im
richterlichen Bereich anwendbar, also nicht in einem Fall wie dem
vorliegenden, bei dem es um Strafvollzug und damit um eine blosse
Verwaltungssache gehe. Abgesehen davon vermöge die ersuchende deutsche
Behörde aus dem IRSG keinen Anspruch auf zwischenstaatliche Zusammenarbeit
abzuleiten, was durch den Wortlaut von Art. 1 Abs. 4 IRSG klar belegt werde.
Ob eine solche Zusammenarbeit erfolge, liege im Ermessen der Schweiz, welche
alles Interesse daran habe, ihre eigenen Bürger vor übermässiger
ausländischer Einwirkung zu schützen.

Die soeben erwähnte Feststellung des Beschwerdeführers, es gehe hier um einen
Fall von Strafvollzug, hindert ihn indes nicht daran, in seiner
Beschwerdebegründung (Seite 4 unten) auch zu erklären, es gehe hier weder um
eine Strafverfolgung gegen ihn noch grundsätzlich um einen Strafvollzug. Denn
es stehe einzig eine Reststrafverbüssung in Frage, für welche - wie erwähnt -
die Vollzugsbehörden im Verwaltungsbereich zuständig seien. Mithin finde das
deutsche Ersuchen im schweizerischen Recht keine gesetzliche Grundlage, wie
übrigens auch das Europäische Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember
1957 (EAUe, SR 0.353.1) bzw. der diesbezüglich zwischen der Schweiz und
Deutschland am 13. November 1969 abgeschlossene Zusatzvertrag (ZV, SR
0.353.913.61) hier nicht anwendbar seien.

Der Vollzug der fraglichen Reststrafe - wie der Beschwerdeführer weiter
ausführt - erscheine sodann in Deutschland nicht ausgeschlossen. Die dem
deutschen Ersuchen bzw. Urteil zugrunde liegenden Delikte wären, wie er
geltend macht, zur Zeit ihrer Begehren nach inländischem (schweizerischem)
oder internationalem Recht nicht strafbar gewesen, weshalb es nicht angehe,
dass er nun die Reststrafe in der Schweiz verbüssen müsse. Unter diesen
Umständen und weil die Höhe der ausländischen Sanktion ohnehin den Rahmen
jeglicher Verhältnismässigkeit sprenge, würden durch eine Verbüssung in der
Schweiz Art. 5 und 7 EMRK verletzt.

Ferner macht der Beschwerdeführer geltend, er sei vom deutschen Gericht für
Delikte - d.h. wegen vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht,
vorsätzlichem Bankrott und Kreditbetrug - bestraft worden, die dem
schweizerischen Recht nicht bekannt seien. Indem das deutsche Gericht das
Vorliegen einer - auch dem deutschen Recht bekannten - Urkundenfälschung
verneint habe, sei es den Schweizer Behörden verwehrt zu prüfen, ob er, der
Beschwerdeführer, (auch) dieses Delikt verübt habe. Im Übrigen habe er laut
dem dem Übernahmebegehren zugrunde liegenden Urteil des Augsburger
Landgerichts nicht aus Eigennutz gehandelt, sondern um ein alteingesessenes
Unternehmen vor dem Konkurs zu bewahren. Von daher sei es umso stossender,
wenn er nun für 15 und mehr Jahre zurückliegende Vorgänge (erneut) hinter
Gitter geschickt werden soll. Denn er habe es nicht selber zu verantworten,
dass er zunächst einem überhöhten Strafmass ausgesetzt worden sei und später
die Möglichkeit erhalten habe, sich der unverhältnismässig hohen Strafe durch
Absetzen zu entziehen; und auch sei es nicht sein Fehler, dass die deutschen
Behörden bis zum nunmehrigen Übernahmebegehren jahrelang zugewartet hätten.
Schliesslich sei darauf hinzuweisen, dass inzwischen, Ende September 2002, in
Bezug auf das ihm zur Last gelegte deliktischen Verhalten bereits die
absolute Vollstreckungsverjährung eingetreten sei. Auch aus diesem Grund
dürfe dem deutschen Begehren nicht entsprochen werden. Würde diesem
entsprochen, so würde dadurch nicht nur seine - des Beschwerdeführers -
Existenz, sondern auch diejenige seiner jungen Familie und seines Betriebs
zerstört.

2.2 Das IRSG regelt alle Verfahren der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in
Strafsachen, namentlich die Vollstreckung ausländischer Strafurteile (Art. 1
Abs. 1 lit. d IRSG), soweit internationale Vereinbarungen nichts anderes
bestimmen. Rechtskräftige und vollstreckbare Strafentscheide eines andern
Staates können, auf dessen Ersuchen hin, vollstreckt werden, wenn der
Verurteilte in der Schweiz seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich hier
wegen einer schweren Straftat verantworten muss, wenn Gegenstand der
Verurteilung eine im Ausland verübte Handlung ist, die, wenn entsprechend in
der Schweiz begangen, hier strafbar wäre, und die Vollstreckung in der
Schweiz - insbesondere aus einem der Gründe nach Art. 85 Abs. 1 und 2 IRSG -
angezeigt oder wenn sie im ersuchenden Staat ausgeschlossen erscheint (Art.
94 Abs. 1 lit. a-c IRSG; vgl. zum Ganzen BGE 120 Ib 167 E. 3 S. 170 ff. und
das schon erwähnte, den Beschwerdeführer betreffende Urteil vom 26. April
2001, ferner nicht publ. Urteil 1A.134/2001 vom 11. Dezember 2001; Robert
Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Bern
1999, S. 403 ff., sowie Curt Markees, SJK Nr. 425a zum IRSG, S. 6 ff.).
Im Ausland verhängte Sanktionen werden vollzogen, soweit sie das Höchstmass
der im schweizerischen Recht für eine entsprechende Tat vorgesehene Strafe
nicht übersteigen (Art. 94 Abs. 2 IRSG). Die Vollstreckbarerklärung
(Exequatur) ist unzulässig, wenn die Verurteilung in einem Zeitpunkt
erfolgte, in dem bei Anwendung schweizerischen Rechts die Strafverfolgung
absolut verjährt gewesen wäre, sofern eine schweizerische Behörde sie im
gleichen Zeitpunkt ausgesprochen hätte, oder die Tat auch der schweizerischen
Gerichtsbarkeit unterworfen ist und nach schweizerischem Recht aus andern
Gründen keine Sanktion verhängt werden könnte (Art. 95 Abs. 1 lit. a-c IRSG,
vgl. auch Art. 96 IRSG).

Der Richter ist bei der Beurteilung der Strafbarkeit und der Verfolgbarkeit
nach schweizerischem Recht an die Feststellungen über den Sachverhalt
gebunden, auf denen der Entscheid beruht. Soweit sie nicht ausreichen, können
Beweiserhebungen angeordnet werden (Art. 97 IRSG). Der Richter prüft von
Amtes wegen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung gegeben sind, und
erhebt die nötigen Beweise. Sind die Voraussetzungen erfüllt, so erklärt der
Richter den Entscheid für vollstreckbar und trifft die für die Vollstreckung
erforderlichen Anordnungen (Art. 106 Abs. 1 und 2 IRSG). Die Sanktion wird
nach schweizerischem Recht vollzogen (Art. 107 Abs. 1 IRSG).

Auch wenn der Beschwerdeführer mit - wie erwähnt - teilweise
widersprüchlichen Ausführungen das Gegenteil behauptet, geht es im
vorliegenden Fall jedenfalls aus schweizerischer Sicht um eine Strafsache
gemäss Art. 1 Abs. 3 IRSG und nicht um eine blosse Verwaltungssache
ausserhalb des Anwendungsbereichs des IRSG. Das deutsche Übernahmebegehren
stützt sich auf ein rechtskräftiges und vollstreckbares Strafurteil des
Landgerichts Augsburg, somit auf ein richterliches Straferkenntnis im Sinne
der genannten Bestimmung. Wie auch das Bundesamt zutreffend festgestellt hat,
ist in diesem Zusammenhang die Frage unerheblich, ob es um die Vollstreckung
einer gesamten Freiheitsstrafe oder nur um eine Reststrafe geht und welche
Behörde im ersuchenden Staat für den Strafvollzug zuständig ist. Mit der
Vorinstanz und dem Bundesamt ist somit festzustellen, dass die Regelung von
Art. 94 ff. IRSG auf den vorliegenden Fall bezogen anwendbar ist. Entgegen
den anderslautenden Behauptungen des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz den
vorstehend dargelegten Grundsätzen bei ihrem Entscheid sehr wohl Rechnung
getragen.

Zwar trifft immerhin der Einwand des Beschwerdeführers zu, dass gemäss Art. 1
Abs. 4 IRSG aus diesem Gesetz kein Anspruch auf zwischenstaatliche
Zusammenarbeit in Strafsachen abgeleitet werden kann; und in Bezug auf
Vollstreckungsverfahren ergibt sich ein solcher Anspruch auch nicht aus dem
EAUe bzw. dem zugehörigen ZV. Nach konstanter Rechtsprechung ist aber in
einem solchen Fall, wenn die im IRSG umschriebenen Voraussetzungen erfüllt
sind, die vom ersuchenden Staat verlangte Rechtshilfe zu leisten (vgl. BGE
111 Ib 242 E. 4c S. 248, seither immer wieder bestätigt); dies um so mehr,
als hier der ersuchende Staat laut den Ausführungen des Bundesamts in der von
ihm erstatteten Vernehmlassung Gegenrecht hält und damit der Gutheissung des
deutschen Begehrens auch im Lichte von Art. 8 IRSG nichts entgegen steht. Bei
Vorliegen der Voraussetzungen des IRSG hat die Schweiz, wie das Bundesamt
zutreffend feststellt, kein Interesse an der Verweigerung der verlangten
Rechtshilfe, sondern vielmehr - unter Respektierung der einem Verfolgten
gesetzlich oder allenfalls staatsvertraglich zustehenden Rechte - ein
Interesse an einer effizienten internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen.

2.3 Was der Beschwerdeführer in Bezug auf die nach seiner Auffassung fehlende
doppelte Strafbarkeit (Art. 94 Abs. 1 lit. b IRSG) der ihm zur Last gelegten
Delikte vorbringt, ist nicht stichhaltig, ebenso wenig seine
Verjährungseinrede. Die Vorinstanz ist mit ausführlichen und zutreffenden
Erwägungen zum Ergebnis gelangt, dass auch diese Voraussetzungen erfüllt
sind, um dem deutschen Ersuchen zu entsprechen. Wie ebenfalls das Bundesamt
in seiner im bundesgerichtlichen Verfahren erstatteten Vernehmlassung
festhält, werden gemäss Art. 94 Abs. 2 IRSG im Ausland verhängte Sanktionen
in der Schweiz vollzogen, soweit sie das Höchstmass der im schweizerischen
Recht für eine entsprechende Tat vorgesehene Strafe nicht übersteigen. Die in
Deutschland gegen den Beschwerdeführer verhängte Freiheitsstrafe erfüllt
diese Voraussetzungen, wie das Obergericht richtig dargelegt hat; die
Verhältnismässigkeit der betreffenden Strafe ist im Vollstreckungsverfahren
nicht weiter zu prüfen, so dass auch der vom Beschwerdeführer erhobene
Einwand der Unverhältnismässigkeit der Verbüssung der Reststrafe nicht weiter
zu erörtern ist. Es kann in diesem Zusammenhang im Übrigen auf die dem
angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Erwägungen verwiesen werden. Gründe
nach Art. 95 und 96 IRSG, die der Übernahme dem der Reststrafe in der Schweiz
entgegen stehen würden, liegen nicht vor.

Verhält es sich so, so stossen die Rügen des Beschwerdeführers, durch die
Gutheissung des deutschen Begehrens würden der Ordre public bzw. Art. 5 und 7
EMRK verletzt, ins Leere.

2.4 Mit dem Bundesamt ist schliesslich festzustellen, dass eine weitere
Strafvollstreckung in Deutschland entgegen der Behauptung des
Beschwerdeführers als ausgeschlossen zu erachten ist, da dieser die
schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt und somit, ohne seine Zustimmung,
nicht an Deutschland ausgeliefert werden kann (s. Art. 85 Abs. 1 lit. a
IRSG). Abgesehen davon hat er es selbst zu vertreten, dass er sich dem
dortigen Strafvollzug - wie erwähnt - durch Flucht entzogen hat. Auch dies
weist übrigens darauf hin, dass ein Vollzug der Reststrafe in Deutschland
auch aus seiner Sicht nicht in Frage kommen kann.

Ob bzw. inwieweit seinen durch die Verbüssung der Reststrafe bedingten
persönlichen bzw. familiären sowie betrieblichen Schwierigkeiten, die er
vorgibt, allenfalls im Rahmen des Vollzugs oder im Rahmen eines
Begnadigungsverfahrens Rechnung getragen werden könnte, bildet nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

3.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unbegründet und daher
abzuweisen.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Thurgau sowie dem Bundesamt für Justiz, Abteilung
Internationale Rechtshilfe, Sektion Auslieferung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Dezember 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: