Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.166/2002
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1A.166/2002 /bmt

Urteil vom 16. Dezember 2002

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtsvizepräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Féraud, Catenazzi,
Gerichtsschreiberin Gerber.

G.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Lukas Denger, Schwarztorstrasse
7, 3007 Bern,

gegen

Kanton Bern, vertreten durch die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des
Kantons Bern, Münstergasse 2, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.

Genugtuung nach OHG,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern, Verwaltungs-
rechtliche Abteilung, vom 5. August 2002.

Sachverhalt:

A.
G. ________ ist seit 1985 als Unternehmensberaterin und Leiterin von
Therapiekursen bei der G.________ + Partner AG tätig. Am 6. Januar 1994
erlitt sie in Indien ohne eigenes Verschulden einen Verkehrsunfall, welcher
unter anderem zu einem Schleudertrauma der Halswirbelsäule führte.

B.
Am 9. Februar 1995 stellte sie bei der Justiz-, Gemeinde- und
Kirchendirektion des Kantons Bern ein Gesuch um Entschädigung von Fr.
100'000.-- und am 18. August 1995 ein Gesuch um Genugtuung von Fr. 60'000.--
aus Opferhilfe. Mit Schreiben vom 5. April 2001 bezifferte G.________ die
Genugtuungsforderung neu mit Fr. 70'000.-- zuzüglich Zins ab Unfalltag.

C.
1995 gewährte ihr die Direktion im Hinblick auf den geforderten Schadenersatz
Vorschusszahlungen in Höhe von insgesamt Fr. 40'000.--. Am 24. April 1998
sprach ihr die verwaltungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts Bern
einen weiteren Zuschuss in Höhe von Fr. 60'000.-- zu, nachdem G.________
zuvor erfolgreich Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht geführt
hatte (Urteil 1A.128/1997 vom 19. Januar 1998).

D.
Mit Verfügung vom 18. Februar 2002 sprach ihr die zuständige Direktion eine
Entschädigung von Fr. 100'000.-- und eine Genugtuung von Fr. 10'000.-- zu.
Die Entschädigung wurde mit dem geleisteten Vorschuss in gleicher Höhe
verrechnet.

E.
Gegen den Genugtuungsentscheid führte G.________ Beschwerde an das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit den Begehren, ihr sei eine Genugtuung
von Fr. 70'000.-- zuzüglich 5% Zins ab dem 19. Januar 1994 zuzusprechen,
unter Anrechnung der ihr bereits ausgerichteten Fr. 10'000.--. Überdies
beantragte sie, Advokat Lukas Denger sei ihr als amtlicher Anwalt
beizuordnen. Am 5. August 2002 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde
sowie das Gesuch um unentgeltlichen Verbeiständung ab. Es hielt eine
Genugtuung von ca. 7'000.-- Franken, die nach Abzug der im Gesamtbetrag von
Fr. 10'000.-- enthaltenen Zinsen verbleibe, angesichts der unfallbedingten
Arbeitsunfähigkeit von 0-20% nicht für zu niedrig.

F.
Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid erhob G.________ am 22. August
2002 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragt, der
Entscheid der Vorinstanz sei aufzuheben und der Kanton Bern sei zu
verpflichten, ihr eine höhere Genugtuung nach OHG auszurichten. Eventualiter
sei die Streitsache zur Vornahme ergänzender Abklärungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin beantragt ferner, ihr sei für das
bundesgerichtliche und das verwaltungsgerichtliche Verfahren die
unentgeltliche Verbeiständung in der Person von Advokat Lukas Denger zu
gewähren.

G.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde;
hinsichtlich des Begehrens um unentgeltliche Verbeiständung enthält es sich
eines Antrags. Die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons Bern
schliesst ebenfalls auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Justiz
vertritt in seiner Vernehmlassung vom 31. Oktober 2002 die Auffassung, dass
die Vorinstanzen den ihnen zustehenden Spielraum bei der Bemessung der
Genugtuung nicht überschritten hätten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, der sich auf
das Bundesgesetz vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten
(OHG; SR 312.5) und damit auf Bundesverwaltungsrecht stützt. Hiergegen steht
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht offen (Art. 97 OG i.V.m.
Art. 5 VwVG; BGE 122 II 315 E. 1 S. 317, 121 II 116 E. 1 S. 117). Die
Beschwerdeführerin ist als Gesuchstellerin legitimiert, die Zusprechung einer
höheren Genugtuungssumme und damit die Abänderung der angefochtenen Verfügung
zu verlangen (Art. 103 lit. a OG). Auf die rechtzeitig erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher einzutreten.

1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht können die
Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens - und die unrichtige oder unvollständige Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat
allerdings - wie im vorliegenden Fall - eine richterliche Behörde als
Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht an den festgestellten
Sachverhalt gebunden, es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden (Art. 105 Abs. 2 OG). Nicht überprüfen kann es die Frage
der Angemessenheit des angefochtenen Entscheides (Art. 104 lit. c OG).

2.
Das Verwaltungsgericht ging von einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit der
Beschwerdeführerin zwischen 0-20% aus und stufte deshalb das Unfallereignis
von seinen Auswirkungen her als "eher leicht" ein. Es schloss sich damit der
Beweiswürdigung der sozialversicherungsrechtlichen Abteilung des Berner
Verwaltungsgerichts (Entscheide vom 24. Februar 1998 und vom 20. Oktober
1999) und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts (Entscheide vom 10.
September 1998 und vom 1. März 2001) an. Diese Entscheide stützen sich
massgeblich auf die Expertisen von PD Dr. med. B. Radanov der Psychiatrischen
Poliklinik Universitätsspital Bern vom 14. Mai 1996, Dr. med. U. Kaspar,
Spezialarzt FMH für Neurologie, vom 11. Juni 1996 und Dr. med. Rolf Imboden,
Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 2. Juli 1996 sowie
auf medizinische Berichte von Dr. med. Albrecht, Spezialarzt FMH für
Chirurgie und Orthopädie, vom 7. März 1994 und von Dr. med. Fierz,
Spezialarzt für Neurologie FMH, vom 15. März 1994.

2.1 Die Beschwerdeführerin hält die Sachverhaltsfeststellung des
Verwaltungsgerichts für offensichtlich unrichtig, unvollständig und
verfahrensfehlerhaft: Die Vorinstanz habe die Stellungnahme von Dr. med. A.
Wyler, Homöopathischer Arzt SAHP, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 17.
Oktober 1996 und den medizinischen Bericht der REHA-Klinik vom 25. August
1997 übergangen, obwohl diese Unterlagen im Bundesgerichtsentscheid vom 19.
Januar 1998 als für das OHG-Verfahren relevant bezeichnet worden seien. Aus
diesen Berichten gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin aufgrund des
Unfalls zu 50% arbeitsunfähig und zu 25-30% in der Haushaltsführung
beeinträchtigt sei und voraussichtlich mit bleibenden gesundheitlichen
Einschränkungen rechnen müsse. Auch die Annahme der Vorinstanz, die
Schleudertraumafolgen seien rasch wieder abgeklungen, sei offensichtlich
unzutreffend: Beide vom Verwaltungsgericht beigezogenen Arztberichte
bestätigten zwar eine frei bewegliche Halswirbelsäule, erwähnten jedoch
anhaltende schleudertraumatypische Beschwerden wie Konzentrationsschwäche,
Reizbarkeit, usw. Die Sachverhaltsbeurteilung des EVG sei für das
Opferhilfeverfahren unerheblich; der blosse Verweis auf die Beweiswürdigung
anderer Instanzen genüge den verfahrensrechtlichen Anforderungen im
OHG-Verfahren nicht. Schliesslich hätte das Verwaltungsgericht von sich aus
den aktuellen Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin abklären lassen
müssen, wenn es die vorhandenen medizinischen Unterlagen nicht für
ausreichend gehalten habe.

2.2 Mit Urteil vom 19. Januar 1998 hob das Bundesgericht den Entscheid des
Verwaltungsgerichts zur Verweigerung eines weiteren Vorschusses gemäss Art.
15 OHG auf, weil dieses bei der Ermittlung des Erwerbsausfalls und des
Aufwands für eine Haushaltshilfe massgeblich auf die Verfügung der IV-Stelle
Bern abgestellt habe, ohne sich mit den Einwänden gegen die dieser Verfügung
zugrunde liegenden medizinischen Gutachten, namentlich mit der Kritik von Dr.
med. Wyler, auseinander zu setzen. Es wies die Sache zur Neubeurteilung an
das Verwaltungsgericht zurück mit der Massgabe, neben der Stellungnahme von
Dr. Wyler auch den zwischenzeitlich vorliegenden Bericht der REHA-Klinik
Rheinfelden zu berücksichtigen. Aufgrund dieses Urteils sprach die
verwaltungsrechtliche Abteilung des Berner Verwaltungsgerichts der
Beschwerdeführerin am 24. April 1998 einen weiteren Vorschuss vom Fr.
60'000.-- zu, wobei sie sich auf die als plausibel bezeichneten Ausführungen
zur Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit im Haushalt der REHA-Klinik Rheinfelden
stützte, ohne nochmals eine umfassende Würdigung aller vorliegenden
medizinischen Berichte vorzunehmen.

Da der Vorschuss aufgrund einer nur summarischen Prüfung des
Entschädigungsgesuchs zugesprochen wird, durften und mussten die
Opferhilfebehörde und das Verwaltungsgericht beim Entscheid über die
definitive Entschädigung und die Genugtuung eine erneute, vertiefte Würdigung
der medizinischen Gutachten vornehmen. Dabei mussten sie sich mit der Kritik
von Dr. Wyler und den abweichenden Ergebnissen der REHA-Klinik
auseinandersetzen; dagegen bestand aufgrund des bundesgerichtlichen
Entscheids vom 19. Januar 1998 - der ohnehin nur den Vorschuss und damit das
summarische Verfahren gemäss Art. 15 OHG betraf - keine Verpflichtung, im
Ergebnis den Berichten Wyler/ REHA-Klinik zu folgen.

2.3 Auch wenn die Sachverhaltsfeststellungen der Sozialversicherungsgerichte
für das Opferhilfeverfahren nicht verbindlich sind (in BGE 128 II 49 nicht
publizierte E. 1.2), ist es den Opferhilfebehörden doch nicht verwehrt, sich
der für zutreffend erachteten Beweiswürdigung der Sozialversicherungsgerichte
anzuschliessen und ihrem Entscheid denselben Sachverhalt zugrunde zulegen.
Die aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) abgeleitete
Begründungspflicht gebietet den Behörden und Gerichten, wenigstens kurz die
Überlegungen zu nennen, von denen sie sich leiten liessen und auf welche sich
ihr Entscheid stützt (BGE 126 I 97 E. 2b S. 102 f.; 112 Ia 107 E. 2b S. 109
f., mit Hinweisen). Decken sich diese Überlegungen jedoch mit denjenigen
eines bereits ergangenen und den Parteien bekannten Urteils, genügt es
grundsätzlich, auf die entsprechenden Erwägungen dieses Urteils zu verweisen.

Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht auf die die
Beschwerdeführerin betreffenden und ihr damit bekannten Urteile der
sozialversicherungsrechtlichen Abteilung des Verwaltungsgerichts und des EVG
bezogen und deren entscheidende Passagen teils wörtlich, teils sinngemäss
wiedergegeben (E. 3b des angefochtenen Entscheids): Das Verwaltungsgericht
nahm mit dem EVG an, dass die Expertisen von Dres. med. Radanov, Kaspar und
Imboden aufgrund ihrer weitgehenden Übereinstimmung in der Einschätzung der
medizinischen Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin - es wird eine
Arbeitsfähigkeit von 80 - 100% angenommen - als schlüssig und nachvollziehbar
zu bewerten seien, weshalb sich eine weitere Begutachtung erübrige. Aufgrund
der Arztzeugnisse vom 7. März 1994 und vom 15. März 1994, welche die freie
und schmerzlose Beweglichkeit der Halswirbelsäule bescheinigen, könne als
erstellt gelten, dass die Beschwerdeführerin sich von den Beschwerden eines
Schleudertraumas jedenfalls rasch wieder erholt habe. Bezüglich der beklagten
körperlichen Dauerschmerzen seien sodann Vorbehalte anzubringen, nachdem eine
erhebliche Diskrepanz zwischen den subjektiven Angaben und den objektiven
Befunden sowie eine Verselbständigung des Schmerzbildes festgestellt worden
seien. Die Beschwerdeführerin wusste somit, weshalb das Verwaltungsgericht
entgegen ihrem Antrag entschieden hatte, und konnte das Urteil sachgerecht
anfechten.

2.4 Die Beschwerdeführerin kritisiert, das Verwaltungsgericht habe die
Berichte Dr. med. Wylers und der REHA-Klinik einfach übergangen. Dies trifft
jedoch nicht zu: Die sozialversicherungsrechtliche Abteilung des
Verwaltungsgerichts Bern legte in ihrem Entscheid vom 24. Februar 1998 (E. 4c
S. 11 f.) ausführlich dar, weshalb sie die Kritik Dr. Wylers am Gutachten
Imboden nicht für überzeugend halte, und weshalb die Beschwerdeführerin
nichts aus dem Gutachten der REHA-Klinik Rheinfelden ableiten könne. Diese
Beweiswürdigung wurde vom EVG bestätigt und vom Verwaltungsgericht im
vorliegenden Verfahren implizit übernommen. Die Beweiswürdigung der
Sozialversicherungsgerichte bzw. ihre Übernahme ins opferhilferechtliche
Verfahren kann jedenfalls nicht als offensichtlich unzutreffend bzw.
willkürlich bezeichnet werden.

2.5 Auch die Annahme der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin habe sich vom
Schleudertrauma der Halswirbelsäule rasch wieder erholt, ist weder
offensichtlich unrichtig noch aktenwidrig. Beide Arztberichte (Bericht Dr.
med. Fierz vom 15. März 1994 und Bericht Dr. med. Albrecht vom 7. März 1994)
stellen eine frei bewegliche Halswirbelsäule fest; Dr. Fierz schliesst sein
Gutachten mit der Beurteilung, die Patientin habe sich schon recht gut erholt
und habe wenigstens keine Dauerschmerzen mehr. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass das Verwaltungsgericht selbst von einer unfallbedingten, dauerhaften
Einschränkung der Arbeitsunfähigkeit zwischen 0 und 20% ausging, den
Fortbestand gewisser unfallbedingter Beschwerden also gar nicht leugnete.

2.6 Schliesslich ist auch die von der Beschwerdeführerin hervorgehobene
Diskrepanz zwischen der bei der Bemessung der Entschädigung einerseits und
der Genugtuung andererseits zugrunde gelegten unfallbedingten
Beeinträchtigung nicht geeignet, die Sachverhaltsfeststellungen des
Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen: Vor Verwaltungsgericht war nur noch
der Genugtuungsentscheid angefochten; nur dieser konnte überprüft und
gegebenenfalls geändert werden. Aufgrund dieser prozessualen Ausgangslage
sind Widersprüche zwischen dem Sachverhalt des Entschädigungsentscheids und
dem vom Verwaltungsgericht für die Beurteilung des Genugtuungsanspruchs
festgestellten Sachverhalt  möglich. Sie führen weder zur Aufhebung des
angefochtenen Genugtuungsentscheids noch zur Korrektur des nicht mehr
streitigen Entschädigungsentscheids.

2.7 Da das Verwaltungsgericht die vorliegenden medizinischen Unterlagen für
ausreichend hielt, war es nicht verpflichtet, weitere Beweismassnahmen
anzuordnen.

2.8 Nach dem Gesagten leidet der vom Verwaltungsgericht festgestellte
Sachverhalt nicht an einem der in Art. 105 Abs. 2 OG genannten Mängel und ist
deshalb für das Bundesgericht verbindlich.

3.
Sodann rügt die Beschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht habe ohne nähere
Begründung die Praxis der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion bestätigt,
wonach für die Beurteilung des opferhilferechtlichen Genugtuungsanspruchs
nicht der haftpflichtrechtliche sondern der strengere
sozialversicherungsrechtliche Adäquanzmassstab anzulegen sei. Damit habe das
Verwaltungsgericht seine Begründungspflicht verletzt und gegen Bundesrecht
verstossen.

3.1 Nach der Praxis der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des Kantons
Bern ist für die Entschädigung gemäss OHG wie folgt zu differenzieren: Mit
Bezug auf die Körperschäden, die dem Opfer noch innerhalb der zweijährigen
Verwirkungsfrist entstanden sind, ist der haftpflichtrechtliche
Adäquanzmassstab anzulegen, während für später entstandene Schäden der
strengere sozialversicherungsrechtliche Adäquanzmassstab anzuwenden sei (vgl.
Verfügung vom 19. Juni 1998, publ. in BVR 1998 S. 546 ff. E. 6e; zu den
Unterschieden zwischen beiden Adäquanzmassstäben vgl. BGE 123 III 110 E. 3 S.
111 ff.; BGE 124 V 29  E. 5c/bb S. 44 und 209 E. 4b S. 213 f.; 115 V E. 6 133
S. 138 ff.). Nach der im vorliegenden Fall ergangenen Verfügung vom 18.
Februar 2002 (S. 8) findet dieser "differenzierte opferhilferechtliche
Adäquanzmassstab" auch bei der Genugtuung Anwendung. Das Verwaltungsgericht
nahm an, im Lichte der Funktion der opferhilferechtlichen Genugtuung sei es
jedenfalls nicht zu beanstanden, wenn grundsätzlich auf die
Adäquanzbeurteilung durch die Sozialversicherungsbehörden abgestellt werde.

3.2 Es ist allerdings nicht ersichtlich, inwiefern diese Frage im
vorliegenden Fall entscheiderheblich ist: Der Beschwerdeführerin wurde für
die Jahre 1994 und 1995 der Höchstbetrag für Entschädigungen von Fr.
100'000.-- zugesprochen, weshalb sich die Frage der Adäquanz etwaiger später
entstandener Schäden nicht mehr stellt. Die Unfallfolgen wurden von allen
kantonalen Instanzen als so intensiv qualifiziert, dass sie zu einer schwerer
Betroffenheit i.S.v. Art. 12 Abs. 2 OHG führen und einen Genugtuungsanspruch
auslösen. Dies bedeutet, dass der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall und den festgestellten (vgl. oben, E. 2) - überwiegend psychischen -
Beschwerden der Beschwerdeführerin bejaht wurde, entgegen der Beurteilung
durch die Sozialversicherungsgerichte. Das Verwaltungsgericht bezeichnete
denn auch die Kritik der Beschwerdeführerin am Adäquanzmassstab als
"unerheblich" und wies darauf hin, dass sich der Adäquanzbegriff im
Haftpflichtrecht nicht grundsätzlich, sondern höchstens in einzelnen
Konkretisierungen vom sozialrechtlichen unterscheide. Handelt es sich somit
um ein blosses obiter dictum des Verwaltungsgerichts, so musste dieses nicht
näher begründet werden und kann nicht zur Aufhebung oder Änderung des
angefochtenen Entscheids führen.

4.
Gemäss Art. 12 Abs. 2 OHG kann dem Opfer unabhängig von seinem Einkommen eine
Genugtuung ausgerichtet werden, wenn es schwer betroffen ist und besondere
Umstände es rechtfertigen. Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die
Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Genugtuung hat, umstritten ist nur deren
Höhe.

4.1 Das Opferhilfegesetz enthält keine Bestimmungen über die Bemessung der
Genugtuung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind grundsätzlich die
von den Zivilgerichten zu Art. 47 und 49 OR entwickelten Grundsätze
sinngemäss heranzuziehen (BGE 123 II 210 E. b/dd S. 216). Namentlich gewährt
die opferrechtliche Genugtuung nicht weitergehende Ansprüche, als das Opfer
zivilrechtlich gegen den Täter geltend machen könnte (BGE 121 II 369 E. 5a S.
376). Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich bei der opferrechtlichen
Genugtuung um eine staatliche Hilfeleistung handelt (BGE 125 II 169 E. 2b S.
173, 554 E. 2a S. 556). Sie erreicht deshalb nicht automatisch die gleiche
Höhe wie die zivilrechtliche, sondern kann unter Umständen davon abweichen
(BGE 128 II 49 E. 4.3 S. 55).

Die Bemessung der Genugtuung ist eine Entscheidung nach Billigkeit, die von
einer Würdigung der massgeblichen Kriterien abhängt. Innerhalb gewisser
Grenzen sind mehrere angemessene Lösungen möglich (BGE 123 II 210 E. 2c S.
212 f.). Den kantonalen Behörden steht ein breiter Ermessensspielraum zu, in
den das Bundesgericht nur eingreift, wenn die kantonale Instanz ihr Ermessen
überschritten oder missbraucht hat (Art. 104 lit. a OG). Im Zusammenhang mit
der Bemessung einer Genugtuungssumme greift es ein, wenn grundlos von den in
Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen abgewichen wird, wenn
Tatsachen berücksichtigt werden, die für den Entscheid im Einzelfall keine
Rolle spielen dürfen oder wenn umgekehrt Umstände ausser Betracht geblieben
sind, die hätten beachtet werden müssen, oder wenn sich der Entscheid als
offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht erweist (BGE
125 II 169 E. 2b/bb S. 174; 125 III 412 E. 2a S. 417 f.; 123 III 10 E. 4c/aa
S. 13, 306 E. 9b S. 315).

4.2 Im vorliegenden Fall hielt das Verwaltungsgericht die von der Direktion
festgesetzte Genugtuung von Fr. 10'000.-- (einschliesslich Zinsen) bzw. Fr.
7'000.-- (unter Herausrechnung des Zinses) für angemessen. Es berücksichtigte
dabei, dass das Unfallereignis von den Auswirkungen her eher als leicht
einzustufen sei, wenn auch einer frontalen Kollision zweier Busse eine
gewisse Eindrücklichkeit nicht abgesprochen werden könne. Es berücksichtigte
ferner die Gerichtspraxis zur Genugtuung bei vollständiger Invalidität oder
Erwerbsunfähigkeit, die von einer Genugtuung zwischen Fr. 100'000.-- und Fr.
200'000.-- ausgehen, sowie diverse andere Vergleichsfälle. Insbesondere
angesichts des Umstands, dass eine Genugtuung nur ausgesprochen wird, wenn
das Opfer durch eine Straftat schwer betroffen ist und besondere Umstände es
rechtfertigen (Art. 12 Abs. 2 OHG), könne der Beschwerdeführerin keine höhere
Genugtuungssumme zugesprochen werden.
Diese Erwägungen lassen keine Rechtsfehler erkennen. Der angefochtene
Entscheid kann auch im Ergebnis, hinsichtlich der ausgesprochenen
Genugtuungshöhe, nicht als offensichtlich unbillig oder als in stossender
Weise ungerecht bezeichnet werden. Die Kritik der Beschwerdeführerin
beschränkt sich denn auch im Wesentlichen auf die Behauptung, die
unfallbedingte dauernde Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin sei weit
schwerwiegender als vom Verwaltungsgericht angenommen. Sie deckt sich also
mit den bereits oben (E. 2 und 3) behandelten Rügen zur
Sachverhaltsfeststellung und zum Adäquanzmassstab.

5.
Schliesslich rügt die Beschwerdeführerin, das Verwaltungsgericht hätte ihr
Zinsen auf die von der Direktion festgesetzte Genugtuung von Fr. 10'000.--
zusprechen müssen, habe es doch selbst anerkannt, dass die Genugtuung ab
Unfalltag zu verzinsen sei. Stattdessen sei das Verwaltungsgericht davon
ausgegangen, dass im Genugtuungsbetrag der Zins mit enthalten sei. Dieses
Vorgehen reduziere die zugesprochene Genugtuung wertmässig von Fr. 10'000.--
auf rund Fr. 7'000.--. Indem sie ohne nähere Begründung auch diesen Betrag
als ausreichend erklärt und keinen Zins zugesprochen habe, habe sie
Bundesrecht verletzt.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass Genugtuungssummen
grundsätzlich ab dem Schadenereignis zu verzinsen sind. Es hat ferner die
Direktion angewiesen, in Zukunft aus Gründen der Gleichbehandlung und der
Rechtsklarheit den Zins separat auszuweisen, anstatt, wie im vorliegenden
Fall geschehen, eine pauschale Summe zuzusprechen, die sowohl die Genugtuung
als auch die Zinsen umfasst. Es sprach der Beschwerdeführerin jedoch keine
zusätzlichen Zinsen zu, sondern rechnete den im zugesprochenen Betrag
enthaltenen Zinsbetrag heraus (5% Zinsen zwischen Unfallereignis und
Genugtuungsausrichtung) und überprüfte sodann die Angemessenheit des
verbleibenden Genugtuungsbetrags. Es begründete sein Vorgehen damit, dass die
Direktion nicht vergessen habe, einen Zins zuzusprechen, sondern ausdrücklich
festgehalten habe, dass in der ermittelten Genugtuungssumme der Zinsanspruch
bereits enthalten sei. Dies wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.
Dann aber durfte das Verwaltungsgericht ohne Verletzung des hier
massgeblichen Opferhilferechts davon ausgehen, die Vorinstanz habe in
Wirklichkeit nur eine Genugtuungssumme von ca. Fr. 7'000.-- zuzüglich 5%
Zinsen seit Schadenereignis zugesprochen, und durfte diese Summe auf ihre
Angemessenheit überprüfen.

6.
Die Beschwerdeführerin ersuchte sowohl im verwaltungs- als auch im
bundesgerichtlichen Verfahren um die Gewährung der unentgeltlichen
Verbeiständung.

6.1 Das Verwaltungsgericht bejahte die Prozessbedürftigkeit der
Beschwerdeführerin, nahm aber an, die Beschwerde sei aussichtslos gewesen,
nachdem bereits die sozialversicherungsrechtliche Abteilung des
Verwaltungsgerichts und das EVG festgehalten hatten, dass die unfallbedingte
Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin zwischen 0 und 20% liege. Die
Beschwerdeführerin habe keine medizinischen Erkenntnisse ins Verfahren
eingebracht, die nicht bereits in den sozialversicherungsrechtlichen
Verfahren bekannt und gewürdigt worden seien.

6.1.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des verfassungsmässigen
Anspruchs auf unentgeltliche Verbeiständung (Art. 29 Abs. 3 Satz 2 BV): Die
Zulässigkeit des von der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion kreierten,
besonderen opferhilferechtlichen Adäquanzmasstabs sei eine Grundsatzfrage,
über welche das Verwaltungsgericht bisher noch nie entschieden habe. Überdies
sei die Beurteilung der Schwere einer Beeinträchtigung der körperlichen oder
psychischen Integrität in einem OHG-Verfahren nicht einfach, so dass durchaus
die Möglichkeit bestanden habe, dass das Verwaltungsgericht eine von der
Vorinstanz abweichende Beurteilung vornehmen würde.

6.1.2 Es trifft zu, dass die Direktion durch ihre ausführliche Wiedergabe der
Erwägungen des EVG zur fehlenden Adäquanz (S. 5 f. der Verfügung vom 18.
Februar 2002) und ihren Ausführungen zum spezifisch opferhilferechtlichen
Adäquanzmassstab (S. 7 und 8) zumindest den Anschein erweckte, die
Grundsatzfrage  des Adäquanzmassstabs sei für ihren Entscheid massgeblich
gewesen.

Hinzu kommt, dass das Verwaltungsgericht bei der Gewährung des Vorschusses
gemäss Art. 15 OHG eine weit höhere Beeinträchtigung der Erwerbs- und
Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin angenommen hatte. Diese Berechnung
wurde von der Direktion indirekt bestätigt, indem sie ohne nähere Begründung
eine Entschädigung in Höhe des Vorschusses von Fr. 100'000.-- zusprach.
Insofern ist es nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin die weit hinter
ihrem Gesuch zurückbleibende Genugtuungssumme als zu gering empfand und
darauf vertraute, die verwaltungsrechtliche Abteilung des Verwaltungsgerichts
werde, wie in ihrem Entscheid vom 24. April 1998, eine höhere unfallbedingte
Beeinträchtigung der Erwerbs- und Arbeitsfähigkeit anerkennen als die
sozialversicherungsrechtliche Abteilung desselben Gerichts.

Schliesslich hatte die Beschwerdeführerin auch aufgrund der fehlenden
Ausscheidung von Zinsen Anlass zur Beschwerde.

6.1.3 Aus den genannten Gründen hätte das Verwaltungsgericht die Beschwerde
nicht als von vornherein aussichtslos qualifizieren dürfen. Insofern liegt
ein Verstoss gegen Art. 29 Abs. 3 BV vor.

6.2 Nach dem Gesagten ist der Beschwerdeführerin auch im bundesgerichtlichen
Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Aufgrund einzelner
Erwägungen des Bundesgerichtsentscheids vom 19. Januar 1998 wurde bei ihr die
Hoffnung geweckt, das Bundesgericht werde von einer höheren unfallbedingten
Beeinträchtigung ausgehen als 0 - 20% und demzufolge eine höhere
Genugtuungssumme zusprechen.

7.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, soweit sie sich
gegen die Abweisung des Gesuchs um Beiordnung eines amtlichen Anwalts
richtet. Insoweit ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu
neuem Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Im Übrigen ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen. Es sind keine Kosten zu  erheben
(vgl. BGE 122 II 211 E. 4b S. 219). Da die Beschwerdeführerin im Wesentlichen
unterliegt, ist ihr keine Parteientschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen und es wird
Disp.-Ziff. 3 des Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern,
verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 5. August 2002 aufgehoben. Die Sache
wird zu neuem Entscheid über das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung an
das Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Im Übrigen wird die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben und keine Parteientschädigung zugesprochen.

3.
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Verbeiständung gewährt.
Rechtsanwalt Lukas Denger wird als amtlicher Vertreter der Beschwerdeführerin
bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Bundesgerichtskasse ein Honorar von Fr. 2'000.-- ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Justiz-, Gemeinde- und
Kirchendirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie dem Bundesamt für Justiz schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 16. Dezember 2002

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin: