Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 9/2001
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U 9/01 Ge

                        IV. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Bundesrichterin
Leuzinger; Gerichtsschreiberin Riedi Hunold

               Urteil vom 20. November 2001

                         in Sachen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmatt-
strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdeführerin,

                           gegen

SWICA Gesundheitsorganisation, Rechtsdienst, Römer-
strasse 38, 8401 Winterthur, Beschwerdegegnerin,

                            und

Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden,

betreffend N.________

     A.- N.________ (geboren 1973) war seit 1. März 1995
bei der Genossenschaft X.________ als Köchin angestellt und
durch ihre Arbeitgeberin bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) gegen die
Folgen von Unfällen versichert. Am 10. Juni 1997

stürzte sie beim Inline-Skaten und zog sich dabei eine
Rissquetschwunde über dem linken Knie mit Bursaeröffnung
zu, welche eine Bursektomie notwendig machte. Die SUVA er-
brachte die gesetzlichen Leistungen.
     Am 18. März 1999 liess N.________ auf Grund erneuter
Beschwerden an der operierten Stelle seit Januar 1999 einen
Rückfall melden. Mit Verfügung vom 24. November 1999 lehnte
die SUVA die Übernahme von Leistungen ab, da ein
Zusammenhang mit dem Unfall vom 10. Juni 1997 nicht mit der
erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sei. Die vom
Krankenversicherer von N.________, der SWICA Gesundheits-
organisation (nachfolgend: SWICA), hiegegen erhobene
Einsprache wies die SUVA mit Einspracheentscheid vom
22. März 2000 ab.

     B.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau hiess
die von der SWICA erhobene Beschwerde mit Entscheid vom
8. November 2000 gut und verpflichtete die SUVA zur Erbrin-
gung der gesetzlichen Leistungen.

     C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids.
     Die SWICA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde; eventualiter sei bezüglich der Frage der
medizinischen Kausalität ein Gerichtsgutachten einzuholen,
subeventualiter seien für den Fall der Gutheissung der Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde die Gerichtskosten zu Lasten des
Staates zu nehmen bzw. der SUVA aufzuerlegen. Sowohl
N.________ als auch das Bundesamt für Sozialversicherung
verzichten auf eine Vernehmlassung.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze
über den Begriff des Unfalls (Art. 9 Abs. 1 UVV; BGE 122 V

232 Erw. 1 mit Hinweisen) und des Rückfalls (Art. 11 UVV;
BGE 118 V 296 Erw. 2c mit Hinweisen) sowie über die Voraus-
setzung des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs
(BGE 125 V 461 Erw. 5a, 119 V 337 Erw. 1, je mit Hinweisen)
zutreffend dargelegt. Dasselbe gilt für den Untersuchungs-
grundsatz und den Beweisgrad der überwiegenden Wahrschein-
lichkeit (BGE 125 V 195 Erw. 2 mit Hinweisen) sowie für den
Beweiswert und die Anforderungen an medizinische Gutachten
und Berichte (BGE 125 V 261 Erw. 4, 352 Erw. 3a; AHI 2000
S. 152 Erw. 2c, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.

     2.- Streitig ist, ob die Beschwerden im linken Knie
einen Rückfall der anlässlich des Unfalles vom 10. Juni
1997 erlittenen Verletzungen darstellen.

     a) Dr. med. A.________, Facharzt für Allgemeine
Medizin, hielt in seinem Bericht vom 4. Juli 1997 als
Befund eine Rissquetschwunde über dem linken Knie mit
Bursaeröffnung und als Diagnose eine traumatische Bursa-
eröffnung links präpatellär fest. Dr. med. C.________,
Facharzt für orthopädische Chirurgie, stellte die Diagnose
eines femoro-patellaren Schmerzsyndroms am linken Knie mit
der Differentialdiagnose posttraumatisch und Laterali-
sationstendenz (Bericht vom 10. März 1999). Auf Nachfrage
der SWICA hin präzisierte er, dass zwar prädisponierende
Faktoren bestünden, eine direkte, traumatische Knorpelschä-
digung der Patella auf Grund des Traumamechanismus sowie
der Schwere des Traumas (Bursaschädigung) aber ebenso wahr-
scheinlich sei; eine unfallbedingte Schädigung müsse als
wahrscheinlich (gedanklich = 50 %) angenommen werden, und
der Unfall sei als auslösendes Moment überwiegend wahr-
scheinlich im Sinne einer conditio sine qua non. Dies er-
gebe sich insbesondere auch daraus, dass beim nicht unfall-
betroffenen Knie die gleiche krankheitsbedingte Pathologie
bestehe, welche aber schmerzfrei sei (Bericht vom 27. Ja-
nuar 2000). Gemäss den SUVA-Kreisärzten Dres. L.________

und O.________ ist ein Zusammenhang höchstens möglich, die
konstitutionelle Komponente, das Übergewicht sowie das
beschwerdefreie Intervall sprechen aber dagegen (Aktenver-
merke vom 19. November 1999 und vom 15. Februar 2000). Dr.
med. B.________, Ärzteteam Unfallmedizin, SUVA, kritisiert
in seinem auf Grund der Akten erstellten Bericht vom 13.
Dezember 2000 die Aussagen des Dr. med. C.________ und hält
fest, dass die Unfallkausalität nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit erwiesen sei.

     b) Die sich in ein paar Stichworten erschöpfenden
Aktenvermerke der Kreisärzte sind nicht geeignet, die von
Dr. med. C.________ erstellten Diagnosen und Schlüsse in
Zweifel zu ziehen.
     Dasselbe gilt auch für den Bericht des Dr. med.
B.________. Einerseits stellt er die am 10. Juni 1997
zugezogenen Verletzungen als simple Kniekontusion dar,
obwohl die erlittene Rissquetschwunde mit Schädigung der
Bursa eine Operation notwendig machte und eine
Arbeitsunfähigkeit von fünf Wochen nach sich zog.
Andererseits behauptet er, dass Dr. med. C.________
"offenbar auch nicht das vollständige Dossier zur Verfügung
stand"; dies ist nicht nachvollziehbar, zumal sich den dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht vorliegenden Akten
keine Angaben - wie etwa der Operationsbericht der
Bursektomie - entnehmen lassen, welche nicht auch in den
Berichten des Dr. med. C.________ enthalten wären. Vor
allem aber beschränkt er sich nicht auf die an eine
ärztliche Fachperson gestellte Aufgabe der medizinischen
Beurteilung des Gesundheitszustandes (BGE 125 V 261 Erw.
4), sondern nimmt in vielfacher Hinsicht bereits die für
einen Sachverständigen unzulässige juristische Subsumtion
vor (AHI 2000 S. 152 Erw. 2c mit Hinweisen; vgl. auch
Meyer-Blaser, Rechtliche Vorgaben an die medizinische
Begutachtung, in: Schaffhauser/Schlauri, Rechtsfragen der
medizinischen Begutachtung in der Sozialversicherung, St.

Gallen 1997, S. 28 ff.). Beispielsweise qualifiziert er die
Fragen der SWICA als suggestiv, ordnet einzelnen Worten aus
den Berichten des Dr. med. C.________ ein übermässiges
Gewicht zu und hebt hervor, dass Dr. med. C.________
lediglich von einem Kausalitätsanteil von 50 % und nicht
mindestens 51 % spreche; zudem stellt er fest, dass
höchstens von einer Beweislosigkeit ausgegangen werden
könne, deren Folgen bekanntlich der Kläger zu tragen habe,
und schliesst zuletzt darauf, dass auf Grund der
medizinisch ausreichenden Dokumentation eine
Unfallkausalität dieser Kniebeschwerden nicht mit Wahr-
scheinlichkeit erwiesen sei.

     c) Nachdem Dr. med. C.________ überzeugend darlegt,
dass auch weitere Abklärungen keine vollständige
ätiologische Klärung bringen würden - was auch von der SUVA
anerkannt wird - und seine Berichte im Übrigen den von der
Rechtsprechung aufgestellten Erfordernissen genügen, ist
gestützt auf seine Beurteilung der Unfall vom 10. Juni 1997
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zumindest als
Teilursache für die im Jahre 1999 als Rückfall gemeldeten
Beschwerden zu qualifizieren. Der vorinstanzliche Entscheid
besteht demnach zu Recht.

     3.- a) Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern
über Leistungen aus Unfallfolgen für einen gemeinsamen Ver-
sicherten sind kostenpflichtig (BGE 126 V 192 Erw. 6 mit
Hinweisen). Die SUVA hat deshalb als unterliegende Partei
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).

     b) Nach Art. 159 Abs. 2 OG darf im Verfahren der Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde obsiegenden Behörden oder mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in
der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen werden. In
Anwendung dieser Bestimmung hat das Eidgenössische Versi-
cherungsgericht der SUVA und den privaten UVG-Versicherern
sowie - von Sonderfällen abgesehen - den Krankenkassen
keine Parteientschädigungen zugesprochen, weil sie als
Organisationen mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu
qualifizieren sind (BGE 123 V 309 Erw. 10 mit Hinweisen).

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

 II. Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der SUVA auf-
     erlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss ver-
     rechnet.

III. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

 IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge-
     richt des Kantons Thurgau, dem Bundesamt für Sozial-
     versicherung und N.________ zugestellt.

Luzern, 20. November 2001

                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der IV. Kammer:

                            Die Gerichtsschreiberin: