Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 91/2001
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U 91/01 Vr

                        IV. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichterin Leuzinger und Bundes-
richter Kernen; Gerichtsschreiber Hochuli

               Urteil vom 19. Dezember 2001

                         in Sachen

"Winterthur" Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft,
General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur, Beschwerde-
führerin, vertreten durch Fürsprecher René W. Schleifer,
Stampfenbachstrasse 42, 8006 Zürich,

                           gegen

S.________, 1942, Beschwerdegegner,

                            und

Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz

     Mit Verfügung vom 27. August 1999 stellte die "Win-
terthur" Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft (nach-
folgend: Winterthur) ab 22. Mai 1999 sämtliche Versiche-
rungsleistungen (Heilbehandlung und Taggeld) ein, die sie
dem 1942 geborenen S.________ für die Folgen des Unfalles
vom 15. Januar 1998 erbracht hatte. Daran hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 16. Juni 2000 fest.
     Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwal-
tungsgericht des Kantons Schwyz in dem Sinne gut, dass es

den angefochtenen Entscheid aufhob und die Sache an die
Winterthur zurückwies, damit diese im Sinne der Erwägungen
vorgehe und sodann neu entscheide. Das kantonale Gericht
verlangte insbesondere die Durchführung einer psychiatri-
schen Abklärung.
     Die Winterthur führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben.
S.________ schliesst sinngemäss auf Abweisung der Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversiche-
rung hat sich nicht vernehmen lassen.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Ver-
sicherungsgerichts stellt der Rückweisungsentscheid einer
kantonalen Rekursinstanz eine im Sinne von Art. 128 in Ver-
bindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 VwVG mit Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versiche-
rungsgericht anfechtbare Endverfügung dar. Anfechtbar ist
grundsätzlich nur das Dispositiv, nicht aber die Begründung
eines Entscheides. Verweist indessen das Dispositiv eines
Rückweisungsentscheides ausdrücklich auf die Erwägungen,
werden diese zu dessen Bestandteil und haben, soweit sie
zum Streitgegenstand gehören, an der formellen Rechtskraft
teil. Dementsprechend sind die Motive, auf die das Dispo-
sitiv verweist, für die Behörde, an die die Sache zurück-
gewiesen wird, bei Nichtanfechtung verbindlich. Beziehen
sich diese Erwägungen auf den Streitgegenstand, ist somit
auch deren Anfechtbarkeit zu bejahen (BGE 120 V 237 Erw. 1a
mit Hinweis).

     2.- Die Vorinstanz hat die massgebende Gesetzesbestim-
mung über die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Un-
fällen (Art. 6 Abs. 1 UVG) und die Rechtsprechung zu dem
für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausge-
setzten natürlichen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289

Erw. 1b, 117 V 376 Erw. 3a mit Hinweisen) und adäquaten
Kausalzusammenhang (BGE 123 III 112 Erw. 3a, 123 V 103
Erw. 3d, 139 Erw. 3c, 122 V 416 Erw. 2a, je mit Hinweisen)
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden
(Krankheit, Invalidität, Tod), insbesondere auch zur Adä-
quanzbeurteilung bei Unfällen und der in der Folge einge-
tretenen psychischen Fehlentwicklung mit Einschränkung der
Arbeits- und Erwerbsfähigkeit (BGE 115 V 133), sowie zu dem
im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich massgeblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 121 V
47 Erw. 2a und 208 Erw. 6b, je mit Hinweisen) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

     3.- Die Vorinstanz hat nach umfassender Würdigung
sämtlicher medizinischer Unterlagen zutreffend festge-
stellt, dass unter anderem gestützt auf die nachvollzieh-
bare und überzeugende Beurteilung des Versicherungsarztes
Dr. H.________ vom 18. Mai 2000 von einer Steissbeinfraktur
auszugehen sei, die für eine Zeitdauer von sechs bis zwölf
Monaten zu Beschwerden geführt habe. Die jetzt im Vorder-
grund stehende, wahrscheinlich funktionelle neurologische
Störung (subjektiv angegebene Schwäche) im rechten Bein und
in der ganzen rechten Körperhälfte ab BWK 10 stehe jedoch
nicht in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall vom
15. Januar 1998. Derjenige Zustand, wie er sich nach dem
schicksalsmässigen Verlauf eines krankhaften Vorzustandes
auch ohne Unfall früher oder später eingestellt hätte
(status quo sine), sei spätestens zum Zeitpunkt der ver-
fügten Leistungseinstellung vom 22. Mai 1999 erreicht wor-
den. Dr. med. C.________ von der Klinik X.________ beur-
teilt diese Symptome als vereinbar mit einer leichten
Kompression L4/L5, L5/S1. Die Diskusprotrusion sei jedoch
als degenerativ zu bezeichnen und stehe nicht in einem
Zusammenhang mit dem Sturz auf das Steissbein (Bericht vom
11. Juni 1999). Darauf weist implizit auch der Versicherte
hin, wenn er in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsge-
richtsbeschwerde ausführt, die Klinik X.________ wisse

schon seit 1961 von seiner Diskushernie im LWS-Bereich und
habe ihm immer wieder gesagt, die schubweise auftretenden
Schmerzen seien nur Einbildung. Zu Recht ging die Vorin-
stanz demnach davon aus, dass die über die verfügte Leis-
tungseinstellung der Winterthur hinaus gegebenenfalls fort-
bestehenden somatischen Beschwerden mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit nicht in einem ursächlichen Zusammenhang
mit dem Unfall stehen, sondern diesbezüglich der status quo
sine erreicht worden war.

     4.- In Bezug auf die in verschiedenen medizinischen
Berichten geäusserten Vermutungen auf funktionelle oder
psychische Überlagerung will die Vorinstanz die Winterthur
mit dem angefochtenen Rückweisungsentscheid dazu verhalten,
eine psychiatrische Abklärung durchzuführen und sodann auch
diesbezüglich zur Unfallkausalität Stellung zu nehmen.
     Beim Unfall vom 15. Januar 1998 (Treppensturz auf das
Gesäss, initial Verdacht auf Handgelenksbruch, röntgenolo-
gischer Ausschluss einer ossären Läsion am Handgelenk,
Ruhigstellung und Arbeitsunfähigkeit für sechs Tage, Be-
handlungsabschluss gut zwei Wochen nach dem Unfall [Arzt-
zeugnis UVG des Hausarztes Dr. med. A.________ vom
25. Februar 1998]; zwei Monate später Feststellung eines
Steissbeinbruches ohne Arbeitsunfähigkeit) handelt es sich
um ein leichtes Unfallereignis, ohne für die Entstehung
einer psychischen Störung erhebliche Folgen (RKUV 1998
Nr. U 297 S. 243, nicht veröffentlichtes Urteil M. vom
17. Oktober 2000, U 18/00), weshalb die Adäquanz psychi-
scher Störungen ohne weiteres verneint werden kann (BGE 115
V 139 Erw. 6a). Das Vorliegen eines allfälligen natürlichen
Kausalzusammenhangs ist deshalb für die Beurteilung des
Leistungsanspruchs nicht erheblich, weshalb die Vorinstanz
die Sache zu Unrecht an den Versicherer zurückgewiesen hat.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
     der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons
     Schwyz vom 9. Februar 2001 aufgehoben.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungs-
     gericht des Kantons Schwyz und dem Bundesamt für
     Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 19. Dezember 2001

                Im Namen des
         Eidgenössischen Versicherungsgerichts
            Der Präsident der IV. Kammer:

               Der Gerichtsschreiber: