Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 400/2001
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U 400/01

Urteil vom 16. September 2002
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen; Gerichtsschreiberin
Helfenstein Franke

T.________, 1960, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt lic.iur.
Christof Tschurr, Bellerivestrasse 59, 8034 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras-
se 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 23. Oktober 2001)

Sachverhalt:

A.
Der 1960 geborene T.________ arbeitete als Magaziner / Chauffeur bei der
Firma L.________ AG Bauunternehmung und war bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Berufs-
und Nichtberufsunfällen versichert. Am 18. September 1995 klemmte er sich bei
der Arbeit beim Einhängen eines Anhängers die linke Hand in der
Anhängerkupplung ein und erlitt dabei eine Handkontusion mit nicht
dislozierter Fraktur der proximalen Phalanx Dig. II sowie Verdacht auf Fissur
der Grundphalanx Dig. III, welche mit einem Gips versorgt wurde. Am 20.
Dezember 1995 wurde T.________ vom Kreisarzt der SUVA, Dr. med. B.________,
per 8. Januar 1996 zu 100 % arbeitsfähig geschrieben. Am 24. Oktober 1996 zog
er sich beim Aufstapeln von Verschalungen erneut eine Quetschung der linken
Hand zu, ohne ossäre Läsionen, wobei er am 9. Dezember 1996 wieder zu 100 %
arbeitsfähig geschrieben wurde. Per 31. Oktober 1996 kündigte ihm die
Arbeitgeberin aus wirtschaftlichen Gründen. Im Rahmen eines
Beschäftigungsprogramms der Arbeitslosenversicherung schlug er sich am 14.
April 1998 wiederum die linke Hand an.

Die SUVA zog verschiedene medizinische Unterlagen bei (Röntgenbefund des Dr.
med. K.________, Spital X.________, vom 18. September 1995, Atteste des Dr.
med. S.________, Arzt für Allgemeine Medizin FMH, vom 9., 12., 22. und 28.
Dezember 1995, 6. und 16. Januar 1996, 11. Juni und 28. September 1997 sowie
1. Juni 1998; Berichte des Kreisarztes Dr. med. B.________, Spezialarzt FMH
für Chirurgie, vom 20. Dezember 1995, des Kreisarztes Dr. med. M.________,
Spezialarzt FMH für Chirurgie, vom 21. November 1996, des Dr. med.
F.________, Leitender Arzt Handchirurgie Spital Y.________, vom 13. Mai 1998
und 7. Juli 1999 sowie des Berichts der kreisärztlichen Abschlussuntersuchung
des Dr. med. M.________ vom 25. Februar 1999), schloss gestützt darauf mit
Schreiben vom 26. Februar 1996 den Fall ab und stellte ihre Leistungen ein.
Mit Verfügung vom 8. Februar 2000 lehnte sie den geltend gemachten Anspruch
auf eine Integritätsentschädigung und eine Invalidenrente ab und hielt auf
Einsprache hin mit Entscheid vom 7. Juni 2000 an ihrem Standpunkt fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde, mit welcher T.________ beantragen liess,
unter Aufhebung der Verfügung und des Einspracheentscheides sei die Sache zur
Ergänzung des Verfahrens sowie zur Berechnung und Ausrichtung der ihm
zustehenden Leistungen und neuer Verfügung an die SUVA zurückzuweisen, wies
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 23.
Oktober 2001 ab.

C.
T.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben und beantragen, in
Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Sache "zur allfälligen
Ergänzung des Verfahrens sowie zu neuem Entscheid an die Vorinstanz
zurückzuweisen".

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz hat die massgeblichen Bestimmungen und die Rechtsprechung über
die Gewährung von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG),
insbesondere den Anspruch auf Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 und Art. 19 Abs.
1 UVG) und Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG), zutreffend
dargelegt. Richtig sind auch die Erwägungen zum Beweiswert ärztlicher
Gutachten (BGE 125 V 352 Erw. 3, 122 V 160 Erw. 1c mit Hinweisen). Darauf
wird verwiesen.

2.
Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Invalidenrente und
eine Integritätsentschädigung der Unfallversicherung hat. Dabei ist streitig,
ob beim Beschwerdeführer auf Grund der drei Unfälle vom 18. September 1995,
24. Oktober 1996 und 14. April 1998 nach dem 26. Februar 1999 eine
Arbeitsunfähigkeit und ein Integritätsschaden besteht.

Während die Vorinstanz mit der SUVA davon ausgeht, der Versicherte sei in
seiner Arbeitsfähigkeit in seiner angestammten Tätigkeit als Magaziner /
Chauffeur nicht behindert, macht der Beschwerdeführer eine Einschränkung
geltend. Er bestreitet zwar die grundsätzliche Zumutbarkeit einer selbst
vollen Tätigkeit als Magaziner / Chauffeur nicht, bringt aber vor, Teil
seiner Arbeits- und Erwerbsfähigkeit seien auch Schweissarbeiten und
Tätigkeiten mit beidhändigem Heben und Tragen schwererer Gewichte,
Verrichtungen, die ihm unfallbedingt nicht mehr möglich seien.

3.
3.1 In Bezug auf die Arbeitsfähigkeit ergibt sich aus den Akten:
Kreisarzt Dr. med. B.________ schrieb gemäss Bericht vom 20. Dezember 1995
den Versicherten per 8. Januar 1996 wieder zu 100 % arbeitsfähig und stellte
unter anderem fest, langfristig werde aus diesem Schadenfall kein bleibender
Nachteil zu erwarten sein, da die Fraktur nicht intraartikulär sei.

Kreisarzt Dr. med. M.________ führte im Bericht vom 21. November 1996 aus,
knapp einen Monat nach leichter Quetschung der behandschuhten linken Hand sei
der klinische Befund recht gering. Es bestehe eine leichte
Bewegungseinschränkung der Langfinger bei etwas wechselndem und unpräzisem
lokalem Befund an der Mittelhand und an den MP-Gelenken II und III.
Schonungszeichen fänden sich nicht. Es bestehe kein Zweifel, dass der
Versicherte stark überreagiere und verdeutliche. Sicher bestehe keine 100 %
Arbeitsunfähigkeit mehr, weshalb er 50 % ab 25. November 1996 in den
Unfallschein eingetragen habe.

Der Hausarzt Dr. med. S.________ gab bezüglich der Arbeitsfähigkeit am 11.
Juni 1997 an, im Bereich der Grundphalanx und des Grundgelenks des linken
Zeigefingers bestehe auch heute eine vermehrte Schmerzempfindlichkeit und
eine gewisse Trägheit der Gelenksbeweglichkeit. Daraus resultiere eine
Verminderung der Einsatzfähigkeit dieses Fingers und der linken Hand. Weil es
schwierig sei, die Verminderung der Einsatzfähigkeit der linken Hand zu
bestimmen, wäre eine Begutachtung anzustreben. Am 28. September 1997 gab er
an, durch den neuen Unfall vom 24. Oktober sei innert weniger Wochen der
Vorzustand erreicht worden, wie er sich als Unfallfolge des ersten Unfalles
ergeben hatte. Der linke Zeigefinger sei für schwerere Arbeiten wegen des
plumpen Bewegungsablaufs, Tendenz zu Schmerzen und Weichteilschwellung nicht
einzusetzen. Im Zeugnis vom 1. Juni 1998 führte er aus, die seit dem ersten
Unfall 1995 bestehende Restschädigung (leichte teigige Schwellung im Bereich
des linken Zeigefingers bis zur Mittelhand, 2. Strahl, mit gewisser
Druckdolenz sowie trägerer Beweglichkeit, Druckdolenz etwas erhöht) habe
durch den kürzlich erlittenen Schlag erneut eine starke Schmerzhaftigkeit im
alten Unfallgebiet gemacht, die eher unverhältnismässig sei.

Dr. F.________ führte am 13. Mai 1998 aus, er habe mit dem Versicherten auf
jeden Fall die Arbeitsaufnahme ab 18. Mai 1998 vereinbart, wobei er eine
ganztägige Beschäftigung, zuerst mit leichter Arbeit und vor allem ohne die
Handhabung des Brenners, vorgeschlagen habe. Dieser werde sich dann im Laufe
nächster Woche melden und berichten, inwieweit eine Arbeitsaufnahme
realisierbar gewesen sei. Am 7. Juli 1998 gab er an, bei der letzten
Kontrolle am 11. Mai 1998 habe eine Druckdolenz über dem ersten Ringband des
Zeigefingers links bestanden, wo sich auch ein Sehnenreiben palpieren liess,
weshalb er die Diagnose einer leichten Tendovaginitis stenosans gestellt
habe. Echte schnellende Phänomene seien aber an diesem Zeigefinger nie
aufgetreten. Der Versicherte berichte über belastungsabhängige Schmerzen in
der Region des Grundgelenks, es komme nach seinen Angaben auch zu
Schwellungen. Bei der heutigen Untersuchung bestünden bis auf die Druckdolenz
absolut blande Verhältnisse, eine Ergussbildung des Grundgelenks finde sich
nicht, auch sei die Gelenkkapsel nicht verdickt. Das Sehnengleiten des
Zeigefingers sei nicht eingeschränkt und die Beweglichkeit sei normal. Bei
der groben Kraftprüfung falle eine gewisse Kraftminderung auf, die sich aber
bekanntlicherweise nicht immer objektivieren lasse, da die Kraft auch stark
von den empfundenen Schmerzen abhänge. Der Versicherte arbeite mittlerweile
nicht mehr an seinem alten Arbeitsplatz und arbeite auch nicht mehr mit dem
Schweissbrenner. An seiner neuen Arbeitsstelle sei die Belastung für die
linke Hand offenbar deutlich geringer als an seinem vorherigen Arbeitsplatz,
sodass er dort wieder voll arbeite. Eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
bestehe also nicht. Was die Arbeit mit dem Schweissbrenner anbelange, glaube
er, dass auch diese Arbeiten eigentlich möglich seien, da der Schweissbrenner
mit der nicht verletzten Hand gehalten werde. Inwieweit wirklich das Halten
von Gegenständen und Gewichten mit der linken Hand erschwert sei, könne er
schwer beurteilen, da bis auf die Schmerzangaben des Versicherten keine
pathologischen Veränderungen zu finden seien.

Im Abschlussbericht vom 25. Februar 1999 führte Kreisarzt Dr. med. M.________
aus, der Versicherte habe den Eindruck, dass ihm die Wärme nicht gut tue und
dass der Finger im Sommer immer etwas geschwollen sei. Der klinische Befund
an der linken Hand sei relativ bland und geringfügig. Er zeige eine gewisse
Verdeutlichung, was in Anbetracht seiner schwierigen psycho-sozialen
Situation einfühlbar sei. Die gemachten Schmerzangaben und erhobenen
Kraftmessungen würden relativiert durch den nicht dystrophischen Zustand des
Zeigefingers sowie das völlige Fehlen irgendwelcher Schonungszeichen an der
linken oberen Extremität. Der Versicherte habe ihm noch den Einfluss der
Wärme auf dem Finger zeigen wollen. Er habe längere Zeit beide Hände in
heisses Wasser gehalten, wobei es aber nicht zu der von ihm angekündigten
Schwellung gekommen sei. Er sehe keinen Grund, weshalb der Versicherte nicht
mit einem Schweissbrenner arbeiten sollte. Dem Versicherten sei jegliche
Arbeit zumutbar, wobei beim Spitzgriff zwischen Daumen und Zeigefinger der
linken Hand wegen der leichten Verkürzung des Fingers nicht mehr dieselbe
Geschicklichkeit erwartet werden könne wie früher und beim Grobgriff die
Kraft des Zugreifens etwas vermindert sein, aber sicher nicht im anlässlich
der Untersuchung präsentierten Rahmen.

3.2 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er könne unfallbedingte
Schweissarbeiten und Tätigkeiten mit Heben und Tragen schwererer Gewichte
nicht mehr ausüben, dringt er mit Blick auf diese medizinische Aktenlage
nicht durch:

3.2.1Zunächst ist durch die Arztberichte eine volle Arbeitsfähigkeit des
Versicherten in seiner angestammten Tätigkeit als Magaziner / Chauffeur
ausgewiesen. Im Weiteren sahen Dres. med. M.________ und F.________ keinen
Grund, warum er nicht mit einem Schweissbrenner arbeiten sollte. Die vom
Beschwerdeführer geltend gemachte Unverträglichkeit der Hitze und daraus
entstehende Schwellung der linken Hand konnten die Ärzte nicht bestätigen.
Damit kann auch offenbleiben, ob die Schweissarbeiten einen massgeblichen
Bestandteil der Tätigkeit des Beschwerdeführers bildeten, wie er geltend
macht, oder ob es sich dabei nur um eine gelegentliche Verrichtung handelte,
wie dies aus dem Arbeitszeugnis der Firma L.________ AG vom 7. November 1996
zu schliessen ist, wonach der Versicherte für Ordnung beim Werkhof, Unterhalt
und Reinigung von sämtlichem Baumaterial und Geräten zuständig war und
kleinere Schweissarbeiten sowie Reparaturen an diversen Geräten und Maschinen
ausgeführt hatte.

Dem Beschwerdeführer ist sodann das beidhändige Tragen von Lasten ebenfalls
zumutbar. Die wiedergegebene Auffassung des Hausarztes vermag gegen die
überzeugenden und ausführlichen Berichte der anderen Ärzte nicht aufzukommen.
Eine Begutachtung erübrigt sich. Entscheidend ist das völlige Fehlen
irgendwelcher Schonungszeichen an der linken oberen Extremität.

4.
Bezüglich der Integritätsentschädigung geben weder die Akten noch die
Vorbringen zu der Verwaltungsgerichtsbeschwerde Anlass, die vorinstanzlich
bestätigte Ablehnung einer näheren Prüfung zu unterziehen (BGE 110 V 52 f).
Der Zustand der linken Hand erreicht die Erheblichkeitsgrenze von 5 % nicht
(Art. 24 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 36 Abs. 1 und Abs. 2 UVV sowie
Ziff. 1 in fine Ingress Anhang 3 UVV).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 16. September 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: