Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 351/2001
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U 351/01

Urteil vom 22. Oktober 2002
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und nebenamtlicher Richter Bühler;
Gerichtsschreiber Hochuli

K.________, 1964, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Marc R.
Bercovitz, Zentralstrasse 47, 2502 Biel,

gegen

"Zürich" Versicherungs-Gesellschaft, Alfred-Escher-Strasse 50, 8022 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 10. September 2001)

Sachverhalt:

A.
Der 1964 geborene, aus Kosovo (Serbien) stammende K.________ arbeitete ab 1.
November 1992 als Kellner für die Q.________ AG und war aufgrund dieses
Arbeitsverhältnisses bei der "Zürich" Versicherungs-Gesellschaft
(nachfolgend: "Zürich") obligatorisch gegen die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen versichert. Am 29. Dezember 1992 erlitt er bei einem
Sturz auf Glatteis ein Epiduralhämatom rechts temporo-parietal, das
gleichentags in der Neurologischen-Neurochirurgischen Poliklinik des Spitals
X.________ operativ behandelt wurde. In der Folge übernahm die "Zürich" die
Kosten der Heilbehandlung und richtete K.________ bis 31. Mai 1994 das
versicherte Taggeld für 100%ige Arbeitsunfähigkeit aus. Nach einem
gescheiterten Arbeitsversuch vom 2. August 1993 löste die Q.________ AG das
Arbeitsverhältnis per 31. Oktober 1993 auf. Seither ist K.________ nicht mehr
erwerbstätig. Gestützt auf das Gutachten des PD Dr. med. M.________,
Chefarztstellvertreter der Neurologischen Klinik und Poliklinik des Spitals
X.________, vom 29. April 1994, das dem Versicherten eine vollständige
Arbeitsfähigkeit im angestammten Beruf als Kellner bescheinigte, stellte die
"Zürich" mit Verfügung vom 6. Mai 1994 die Taggeldleistungen mit Wirkung ab
1. Juni 1994 ein. Daran hielt sie nach Einholung eines Ergänzungsgutachtens
desselben Sachverständigen vom 22. September 1995 mit Einspracheentscheid vom
7. Dezember 1995 fest. Beschwerdeweise liess K.________ die weitere
Ausrichtung der gesetzlichen Leistungen ab 1. Juni 1994, eventuell die
Rückweisung der Sache an die "Zürich" zur Einholung eines
neuropsychologischen- und/oder psychiatrischen Gutachtens beantragen, und
legte ein Gutachten des Dr. med. S.________, Oberarzt in der Medizinischen
Abteilung des Spitals X.________, vom 23. Februar 1996 zu den Akten. Mit
Entscheid vom 4. September 1996 hob das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
den angefochtenen Einspracheentscheid auf und wies die Sache an die "Zürich"
zurück, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre. Zur Begründung führte es
im Wesentlichen aus, dass die Verfügung vom 6. Mai 1994 auch der davon
mitbetroffenen Versicherung Z.________ zu eröffnen gewesen wäre, was
nachzuholen sei. Die von der "Zürich" dagegen erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Eidgenössische Versicherungsgericht
mit Urteil vom 10. Februar 1997 im Sinne der Erwägungen ab.

Per 1. Januar 1996 stellte die "Zürich" sämtliche Leistungen (namentlich auch
die bis dahin noch übernommene Heilbehandlung) ein (Verfügung vom 22. März
1996) und eröffnete dies zusammen mit der Verfügung vom 6. Mai 1994
(Einstellung der Taggeldleistungen per Ende Mai 1994) im Sinne der Erwägungen
gemäss Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 10. Februar 1997
am 6. Oktober 1997 auch der Versicherung Z.________ als
Kollektiv-Krankentaggeldversicherer der Q.________ AG. Die von der
Versicherung Z.________ und von K.________ dagegen erhobenen Einsprachen wies
die "Zürich" mit Einspracheentscheiden vom 28. April und 15. Juli 1998 ab.

B.
Hiegegen führten sowohl die Versicherung Z.________ als auch K.________
Beschwerde und beantragten, die "Zürich" sei zu verpflichten, ab 1. Juni 1994
Taggeldleistungen (Rechtsbegehren der Versicherung Z.________) bzw. ab 1.
Juni 1994 weiterhin die gesetzlichen Leistungen (Rechtsbegehren von
K.________) auszurichten. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern vereinigte
die beiden Beschwerdeverfahren und führte einen doppelten Schriftenwechsel
durch. Mit ihrer Replik vom 5. März 1999 verurkundete die Versicherung
Z.________ ein von ihr bei Prof. Dr. phil. P.________, Neuropsychologisches
Institut Y.________, eingeholtes neuropsychologisches Gutachten vom 10.
Februar 1999. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies beide Beschwerden
ab (Entscheid vom 10. September 2001).

C.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt K.________ sein vorinstanzliches
Rechtsbegehren erneuern und beantragen, es sei ihm die unentgeltliche
Verbeiständung zu gewähren.

Die "Zürich" schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während Vorinstanz und Versicherung Z.________
auf eine Stellungnahme verzichten.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen ist die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts nicht auf die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens beschränkt,
sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der angefochtenen
Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren der
Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die anhaltend geklagten Beschwerden des
Versicherten über den Zeitpunkt der Leistungseinstellung gemäss Verfügungen
vom 6. Mai 1994 und 22. März 1996 hinaus nach Art. 6 Abs. 1 UVG in einem
natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhang mit dem Unfallereignis vom 29.
Dezember 1992 stehen.

2.1 Die Vorinstanz hat den Begriff des natürlichen Kausalzusammenhanges und
die für seine Bejahung erforderlichen Voraussetzungen (BGE 119 V 337 Erw. 1,
118 V 289 Erw. 1b, 117 V 360 Erw. 4a je mit Hinweisen) sowohl in materiell-
als auch beweisrechtlicher Hinsicht zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

2.2 Zu ergänzen ist, was das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 117 V
379 ff. Erw. 3e zum Nachweis des natürlichen Kausalzusammenhanges bei
Schädel-Hirntraumata dargelegt hat:
Die Unfallkausalität muss nicht mit (medizinisch-) wissenschaftlicher
Genauigkeit zwingend nachgewiesen sein; es genügt, dass die überwiegende
Wahrscheinlichkeit für einen bestimmten Kausalverlauf spricht. Was in dieser
Hinsicht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung für das private
Haftpflichtrecht gilt (BGE 107 II 272 Erw. 1b und 430), hat erst Recht für
das soziale Unfallversicherungsrecht Geltung. Die Anforderungen an den
Nachweis des natürlichen Kausalzusammenhangs in Medizin und Recht müssen
folglich nicht immer gänzlich deckungsgleich sein. Deshalb kann es vorkommen,
dass der natürliche Kausalzusammenhang aufgrund (unfall-) medizinischer
Erfahrung rechtlich bejaht wird, obwohl im Einzelfall ein strikter Beweis im
medizinisch-wissenschaftlichen Sinn nicht zu erbringen ist. Von einer solchen
Unterscheidung geht die Rechtsprechung auch in anderem Zusammenhang aus (vgl.
BGE 105 V 230 Erw. 4a sowie 111 V 189 Erw. 3b betreffend Art. 5 Abs. 1 MVG
bzw. Art. 7 Abs. 1 IVG).
Damit wird der Stellenwert medizinischer Erkenntnisse als unabdingbare
Grundlage für die Beurteilung des natürlichen Kausalzusammenhangs als einer
Tatfrage nicht verkannt. Im Rahmen freier rechtlicher Beweiswürdigung haben
die Verwaltung und im Streitfall der Richter indessen alle medizinischen
Berichte zu würdigen, und zwar auch solche, welche die Wahrscheinlichkeit der
natürlichen Kausalität nicht allein vom sicheren Nachweis neurologischer
Ausfälle oder entsprechender Befunde mittels bildgebender
Untersuchungsmethoden wie Computertomogrammen usw. abhängig machen. Dies hat
auch dort zu gelten, wo der Natur der Sache nach ein direkter
wissenschaftlicher Beweis im Einzelfall (noch) nicht geführt werden kann, so
etwa bei Unfällen mit Schleudertrauma der Halswirbelsäule oder
Schädel-Hirntrauma. Wie die SUVA in den Mitteilungen der Medizinischen
Abteilung 59, November 1986, S. 7 dargelegt hat, kann in vielen Fällen
"gerade der computertomografische oder der neurologische Befund ... negativ
sein, und dennoch können erhebliche psychoorganische Störungen vorliegen.
Diese Störungen werden in der Praxis oft übersehen, wenn das Verhalten des
Patienten im Alltag im Allgemeinen unauffällig ist. Es sind die typischen
Folgen nach einer gedeckten Schädelhirnverletzung wie
Konzentrationsstörungen, Frischgedächtnisstörungen und Störungen der
Handlungsplanung, die sich oft nur nach längerer Belastung im Beruf bemerkbar
machen ... Auch wenn keine motorischen oder sensiblen Ausfälle mehr
vorliegen, sind psychoorganische Defizite die häufigsten Befunde nach
Hirnverletzungen". In derartigen Fällen können im Rahmen der Anamnese oder
ergänzend auch nichtärztliche Auskünfte, wie beispielsweise von Arbeitgebern,
über Leistung und Verhalten des Versicherten vor und nach dem Unfall in die
Beweiswürdigung einbezogen werden.

2.3
2.3.1Was sodann den Beweiswert von neuropsychologischen Gutachten für den
Nachweis des natürlichen Kausalzusammenhangs nach einem Schädel-Hirntrauma im
Speziellen betrifft, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 117 V
381 f. Erw. 3f ausgeführt, medizinisch werde den neuropsychologischen
Testergebnissen von der SUVA (Mitteilungen der Medizinischen Abteilung 59,
November 1986 S. 7) die Bedeutung eines wertvollen Mosaiksteins in der
Gesamtbeurteilung bleibender Defizite nach Hirnverletzungen beigemessen, die
sich auf neurologische, neuroradiologische, neuropsychologische und
eventuelle otoneurologische Daten stütze. Es bestehe deshalb kein Grund, die
neuropsychologische Diagnostik bei der Kausalitätsbeurteilung grundsätzlich
unbeachtet zu lassen.

2.3.2 Im Zusammenhang mit dem Nachweis des natürlichen Kausalzusammenhanges
zwischen einer Schleuderverletzung der Halswirbelsäule ohne organisch
nachweisbare Beschwerden und eingetretenen Gesundheitsschädigungen mittels
neuropsychologischer Untersuchungsergebnisse hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht in BGE 119 V 341 Erw. 2b/bb überdies Folgendes
ausgeführt:
Auch in diesem Bereich bedarf es somit für die Leistungsberechtigung
gegenüber dem Unfallversicherer, dass die geklagten Beschwerden medizinisch
einer fassbaren gesundheitlichen Beeinträchtigung zugeschrieben werden können
und dass diese Gesundheitsschädigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in
einem ursächlichen Zusammenhang mit dem versicherten Unfall steht. Dafür ist
unter Umständen ein interdisziplinäres Zusammenwirken der verschiedenen
medizinischen Fachrichtungen, nötigenfalls unter Einschluss der
Neuropsychologie, erforderlich. Zu beachten sind hier die Schwierigkeiten,
die sich aus dem Umstand ergeben, dass der im Zusammenhang mit
HWS-Verletzungen sich manifestierende Beschwerdekomplex mitunter noch andere
Ursachen haben kann, was aber nicht von vornherein zur Verneinung der
natürlichen Kausalität führen darf, da der Unfall als eine Teilursache für
die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhanges genügt (...). Anderseits
vermag auch die Neuropsychologie, nach derzeitigem Wissensstand, es nicht,
selbständig die Beurteilung der Genese abschliessend vorzunehmen. Spricht
nach der Aktenlage medizinisch vieles für Unfallkausalität der ausgewiesenen
Beschwerden, ohne dass aber vom unfallärztlichen Standpunkt aus der
Zusammenhang direkt mit Wahrscheinlichkeit zu bejahen wäre, können die
neuropsychologischen Untersuchungsergebnisse im Rahmen der gesamthaften
Beweisführung bedeutsam sein. Das setzt aber voraus, dass der Neuropsychologe
-  im Einzelfall  -  in der Lage ist, überprüf- und nachvollziehbare, mithin
überzeugende Aussagen zur Unfallkausalität zu machen, die sich in die anderen
(interdisziplinären) Abklärungsergebnisse schlüssig einfügen. Blosse Klagen
über diffuse Beschwerden genügen somit keineswegs für den Beweis der
Unfallkausalität.
Diese für den Nachweis des natürlichen Kausalzusammenhanges bei
Schleudertraumata der Halswirbelsäule mittels neuropsychologischer
Abklärungen formulierten Anforderungen gelten in gleicher Weise für
Schädel-Hirntraumata und deren gesundheitliche Folgen. Den von Fachleuten der
Neuropsychologie erstellten Gutachten kommt hier dieselbe beweisrechtliche
Bedeutung zu wie bei der Beurteilung der Unfallkausalität der nach einem
Schleudertrauma aufgetretenen Gesundheitsstörungen.

3.
Im vorliegenden Fall liegen drei für die Beurteilung der Unfallkausalität
relevante Gutachten des PD Dr. med. M.________ (vom 29. April 1994 mit
Ergänzungsgutachten vom 22. September 1995), des Dr. med. S.________ (vom 23.
Februar 1996) und des Prof. Dr. phil. P.________ (vom 10. Februar 1999) vor.

3.1
3.1.1Der neurologische Spezialarzt PD Dr. M.________ hat zuhanden der
"Zürich" ein umfassendes Gutachten unter Berücksichtigung aller vom
Beschwerdeführer geklagten Beschwerden, sämtlicher Vorakten und
anamnestischer Angaben sowie einer allseitigen Untersuchung des Exploranden
erstattet. Gestützt darauf kam er zum Schluss, bis auf eine kleine
Knochenlücke frontal rechts lasse sich kein objektiver pathologischer,
namentlich kein neurologischer Befund, erheben. Es lägen keine
objektivierbaren gesundheitlichen Unfallfolgen mehr vor. Einzig eine
Irritation im Ausbreitungsgebiet des rechten Nervus supraorbitalis stelle
eine "subjektiv empfundene(n) Unfallfolge" dar. Alle anderen vom Versicherten
geklagten Beschwerden (Kopf- und Nackenschmerzen, Sensibilitätsstörungen,
Kraftlosigkeit, Schwindel, depressive Gedanken, Vergesslichkeit, Müdigkeit
und Potenzstörungen) seien auf unfallfremde Faktoren zurückzuführen, welche
zur Chronifizierung und "Ausgestaltung" der Symptome beigetragen hätten. Als
solche für das vom Versicherten geklagte Beschwerdebild ursächliche Faktoren
nannte der Gutachter: Arbeitslosigkeit, übermässige soziale Entlastung,
sozio-kulturelle Entwurzelung und unsicherer ausländerrechtlicher Status.
Mutmasslich habe die permanente Einnahme verschiedener Schmerzmittel in
höherer Dosierung zu einer medikamentös "induzierten Kopfschmerzproblematik"
geführt. Eine Arbeitsunfähigkeit im angestammten Beruf als Kellner liege
nicht vor.

3.1.2 An diesen Schlussfolgerungen hielt der neurologische Gutachter in
seinem Ergänzungsgutachten vom 22. September 1995 fest, nachdem ihm die nicht
näher begründete, gegenteilige medizinische Auffassung eines Verdachts auf
subdurales Hämatom links parietal des Hausarztes Dr. med. A._______ das
Ergebnis einer computertomografischen Schädeluntersuchung vom 26. Oktober
1994 und die Beurteilung des Vertrauensarztes der "Zürich", welcher zum
Ausschluss einer Atrophie der Hirnsubstanz im Bereich des ausgeräumten
Hämatoms die Untersuchung vom 26. Oktober 1994 in Auftrag gegeben hatte, zur
Kenntnis gebracht worden waren. Dabei stellte PD Dr. med. M.________
entscheidend auf die Ergebnisse einer kernspintomografischen
Schädeluntersuchung vom 15. März 1995 ab. Er erachtete diese als für die
Klärung der vom Vertrauensarzt der "Zürich" aufgeworfenen, medizinischen
Frage geeigneter ("sensitiver") und gelangte gestützt darauf zum sicheren
Ausschluss einer Hirnatrophie oder Pathologie im Epidural- und Subduralraum.

3.1.3 PD Dr. med. M.________ hat somit einen medizinischen
Ursache-Wirkungszusammenhang zwischen dem beim Unfall vom 29. Dezember 1992
erlittenen Epiduralhämatom und den 15 Monate später vom Beschwerdeführer
weiterhin geklagten, vielfältigen Gesundheitsstörungen vollständig, d.h. auch
im Sinne einer blossen Teilkausalität, verneint. Diese Beurteilung der
medizinischen Situation und Zusammenhänge hat er eingehend begründet. Sie ist
gut nachvollziehbar und leuchtet ohne weiteres ein. Den gutachterlichen
Schlussfolgerungen kommt daher volle Beweiskraft zu. Es ist unsachlich und
unzutreffend, wenn der Beschwerdeführer sie in seiner
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als "oberflächlich und tendenziös", ja als
"fremdenfeindlich" abqualifiziert.

3.2
3.2.1Der psychosomatische Spezialarzt Dr. med. S.________ hat in dem vom
Hausarzt des Versicherten eingeholten Gutachten vom 23. Februar 1996 in
psychopathologischer Hinsicht die Diagnose eines chronischen Schmerzsyndroms
mit Krankheitswert und psychoprothetischer Funktion bei narzisstischer Krise
und ausgeprägten psychophysiologischen Störungen und subakuter Suizidalität
bei einem Patienten mit stark verminderter Impulskontrolle und
verzweifelt-depressivem Zustandsbild gestellt. Zur medizinischen Begründung
dieser Diagnose hat er im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
"Die multiplen Beschwerden können am besten im Rahmen
einer pathologischen Unfallverarbeitung infolge der erlittenen
Beeinträchtigung der körperlichen Integrität durch das Unfallgeschehen
verstanden werden. Das Leiden hat Krankheitswert und begründet die
derzeitige Erwerbsunfähigkeit. Typischerweise finden sich bei Patienten, bei
denen der Schmerz eine 'psychoprothetische' Funktion erfüllt prätraumatisch
die Vorstellung eines unverletzlichen Körpers, es sind häufig aggressive
kämpferische Persönlich keiten, welche auch ein hypermaskulines Verhalten -
wie dies der Patient auch betont - zeigen. Die Schmerzentstehung ist
auf die existentielle Bedrohung durch den Unfall zurückzuführen (siehe Adler,
Hemmeler, Anamnese und Körperuntersuchung, 3. Aufl., 1992, S. 200-201). Die
aktuelle lebens bedrohliche existentielle Krise ist nicht nur durch die
erlebte Zerstörung der körperlichen Integrität durch den Unfall und die
Unfallfolgen sondern auch durch die Infragestellung der psychischen und
sozialen Integrität durch den Verlust der Lebensperspektive in der Schweiz
bedingt. Beim Patienten äussert sich dies in einem verzweifelt-depressiven
Zustandsbild mit subakuter Suizidalität. Aufgrund der schlechten
Impulskontrolle bei bereits vorhandenen, für die Familie bedrohlichen,
aggressiven Ausbrüchen mit Verletzungsfolgen muss auf eine deutlich
erhöhte Gefahr eines erweiterten Suizides (sich, Frau und Kind) im Falle
der Ausführung der Ausweisung hingewiesen werden."
3.2.2Das Gutachten des Dr. med. S.________ beruht einerseits auf den
ausschliesslich vom Beschwerdeführer erfragten, anamnestischen Angaben und
einer kursorischen, klinischen Untersuchung, welche keine gravierenden
Befunde ergab. Hingegen hat der Gutachter weder die medizinischen Vorakten,
namentlich auch nicht das neurologische Gutachten des PD Dr. med. M.________
beigezogen, noch psychiatrische Untersuchungen durchgeführt und ausgewertet.
Die gestellte Diagnose stützt sich einzig auf den Eindruck, den der Explorand
aufgrund seines auffälligen, aggressiven Verhaltens während des mit ihm
geführten Gesprächs auf den Gutachter machte. Das zeigt sich deutlich an der
Teildiagnose "subakute Suizidalität ... mit stark verminderter
Impulskontrolle", die der Gutachter nur anhand einer entsprechenden Erklärung
des Exploranden und der von ihm geäusserten Drohung, "seine Frau mit Kind
umzubringen", gewonnen haben kann. Weder für diese noch für die anderen vom
Gutachter angegebenen Teildiagnosen hat er irgendwelche nachvollziehbare,
psychopathologische Befunde erhoben, die als wissenschaftlich anerkannte,
diagnostische Grundlage dienen könnten. Abgesehen davon können die Diagnosen
"chronisches Schmerzsyndrom mit ... psychoprothetischer Funktion" und
"ausgeprägte psychophysiologische Störungen" keiner fassbaren,
psychiatrischen Diagnose gemäss der anerkannten, internationalen
Klassifikation psychischer Störungen der WHO (ICD-10 Kapitel V) zugeordnet
werden. Es bleibt deshalb unklar, was für eine psychische Krankheit der
Gutachter unter der von ihm angegebenen Diagnose verstanden hat.

3.2.3 Als psychische Ursachen der geklagten körperlichen Beschwerden hat Dr.
med. S.________ zusammenfassend angegeben: "Pathologische Unfallverarbeitung
infolge der erlittenen Beeinträchtigung der körperlichen Integrität durch das
Unfallgeschehen". In der weiteren Kausalitätsbegründung werden mehrere
unfallfremde Ursachen genannt, auf welchen dieser
Ursache-Wirkungszusammenhang beruhe; so die "prätraumatische" Vorstellung des
Exploranden von der Unverletzlichkeit seines Körpers, sein "hypermaskulines"
Verhalten, der Verlust der "Lebensperspektive" in und die drohende
"Ausweisung" aus der Schweiz. Solche nicht unfallkausale Faktoren können aber
den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen einem Unfall und einer danach
eingetretenen psychischen Fehlentwicklung nicht begründen. Die
Unfallkausalität einer psychischen Fehlentwicklung muss vielmehr ihre
Grundlage im Unfallereignis und -erlebnis als solchem, dem erlittenen
körperlichen Gesundheitsschaden und den dadurch ausgelösten Auswirkungen auf
den Gesundheitszustand sowie die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit haben.
Ausserdem muss ein unfallbedingter psychischer Gesundheitsschaden einer
diagnostisch fassbaren, von unfallfremden Faktoren unterscheidbaren
psychischen Störung mit Krankheitswert zugeordnet werden können. Weder das
eine noch das andere wird im Gutachten des Dr. med. S.________ aufgezeigt,
weshalb ihm kein Beweiswert beigemessen werden kann.

3.3
3.3.1Der neuropsychologische Experte Prof. Dr. phil. P.________ hält in dem
von der Versicherung Z.________ eingeholten Gutachten vom 10. Februar 1999
als objektivierbare Befunde ein "ausgesprochen tiefes Gesamtniveau" im
Allgemeinen und "strategische Besonderheiten" sowie "nachvollziehbare
Besonderheiten" im Speziellen fest. Bei den "strategischen Besonderheiten"
handle es sich um nicht nachvollziehbare, "absurde" Fehler, welche auf eine
"grundlegende Strategie" in der Produktion richtiger oder falscher Antworten
zurückzuführen seien. Gestützt auf diese Befunde diagnostizierte der
neuropsychologische Gutachter ein Ganser-Syndrom, eine rechts-hemisphärische
Funktionsstörung mit Schwerpunkt im Temporallappen und ein
Entwurzelungssyndrom. Das Unfallereignis vom 29. Dezember 1992 sei mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der allein "auslösende Faktor" für
die erhobenen Befunde.

3.3.2 Dieses Gutachten wurde ohne Berücksichtigung der medizinischen Vorakten
erstattet. Namentlich hat sich auch der neuropsychologische Gutachter mit dem
neurologischen Gutachten des PD Dr. med. M.________ und dem blanden Ergebnis
der MRI-Untersuchung vom 22. September 1995 überhaupt nicht
auseinandergesetzt, sondern einen nicht bei den Akten liegenden,
computertomografischen Untersuchungsbericht vom 16. Februar 1998, in dem ein
gegenüber demjenigen vom 26. Oktober 1994 völlig verschiedener Befund erhoben
wurde, als strikten Beweis für das Vorliegen einer hirnorganischen Schädigung
erachtet. Ebenso blieb unbeachtet, dass der Beschwerdeführer gegenüber dem
neuropsychologischen Gutachter nur noch über Kopfschmerzen klagte, allen
anderen Voruntersuchern aber stets vielfältige, weitere körperliche
Beschwerden angegeben hatte. Es fehlt demgemäss bereits an dem für die
Beweistauglichkeit eines neuropsychologischen Gutachtens unabdingbaren
Erfordernis, dass es mit den übrigen - bei einem Schädel-Hirntrauma
namentlich den neurologischen - Abklärungsergebnissen und
Untersuchungsbefunden schlüssig korreliert (oben Erw. 2.3.2).
3.3.3 Im Weiteren beruhen die erhobenen neuropsychologischen Befunde nur auf
wenigen Tests, weil der Explorand zahlreiche Untersuchungspausen
beanspruchte, viele Fragen stellte und für die Lösung einzelner Aufgaben
unverhältnismässig viel Zeit brauchte. Nicht ersichtlich ist aus dem
Gutachten, ob in den wenigen durchgeführten neuropsychologischen Tests auch
Aggravations- oder Simulationsfallen eingebaut waren, wie das üblicherweise
geschieht (vgl. BGE 117 V 376 Erw. 2b in fine).

3.3.4 Mit Bezug auf die vom neuropsychologischen Gutachter gestellten
Diagnosen ist festzuhalten, dass es sich beim Ganser-Syndrom um eine
unbewusste, neurotische Störung handelt, die auf einer ganz seltenen,
aussergewöhnlichen Persönlichkeitsstruktur beruht (RKUV 1993 Nr. U 166 S. 94
Erw. 2b). Es handelt sich dabei um einen unfallfremden psychischen
Gesundheitsschaden, der nicht durch das Unfallereignis vom 29. Dezember 1992
ausgelöst worden sein kann. Klarerweise unfallfremd und daher für die
Kausalitätsbeurteilung ebenfalls unbeachtlich ist auch das vom
neuropsychologischen Experten diagnostizierte "Entwurzelungssyndrom".

3.3.5 Insgesamt ist daher das vorliegende neuropsychologische Gutachten nicht
geeignet, in der dargelegten Weise (Erw. 2.3.2) im Rahmen einer
Gesamtwürdigung aller Abklärungsergebnisse die Unfallkausalität der vom
Beschwerdeführer geklagten körperlichen Beschwerden zu erklären und zu
beweisen.

3.4 Zusammenfassend haben Vorinstanz und Unfallversicherung den natürlichen
Kausalzusammenhang zwischen den beim Beschwerdeführer nach dem 31. Mai 1994
persistierenden, körperlichen Beschwerden und dem beim Unfall vom 29.
Dezember 1992 erlittenen Schädel-Hirntrauma gestützt auf das neurologische
Gutachten/Ergänzungsgutachten des PD Dr. med. M.________ vom 29. April
1994/22. September 1995 zu Recht verneint.

4.
Wie dargelegt ist durch das Gutachten des Dr. med. S.________ (Erw. 3.2.2 und
3.2.3) kein fassbarer unfallkausaler psychischer Gesundheitsschaden und durch
das neuropsychologische Gutachten des Prof. Dr. phil. P.________ (Erw. 3.3.4)
als psychische Fehlentwicklung lediglich ein in jedem Fall unfallfremdes
Ganser-Syndrom ausgewiesen, weshalb sich die von der Vorinstanz vorgenommene
Prüfung erübrigt, ob eine nach dem Unfallereignis vom 29. Dezember 1992
eingetretene psychische Gesundheitsstörung eine adäquat-kausale Unfallfolge
darstellt oder nicht.

5.
Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind gemäss
Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um unentgeltliche
Prozessführung im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten erweist sich
daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann gewährt
werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die Bedürftigkeit
aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die
Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw. 5b je mit
Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG aufmerksam
gemacht, wonach die begünstigste Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Fürsprecher Marc R.
Bercovitz, Biel, für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.-
(einschliesslich Mehrwertsteuer) ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Bundesamt für Sozialversicherung
und der Versicherung Z.________ zugestellt.

Luzern, 22. Oktober 2002

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: