Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 34/2001
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U 34/01 Gr

                        IV. Kammer

Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger;
Gerichtsschreiber Ackermann

                 Urteil vom 12. Juni 2001

                         in Sachen

P.________, 1961, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts-
anwalt Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,

                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmatt-
strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern

     A.- P.________, geboren 1961, ist Mitinhaber einer
Carosseriewerkstatt und bei der Schweizerischen Unfallver-
sicherungsanstalt (SUVA) freiwillig gegen Unfall versi-
chert; er erlitt am 19. Januar 1995 einen Auffahrunfall,
der eine Kontusion der Halswirbelsäule (HWS) zur Folge hat-
te. Nach Einholung diverser Arztberichte und einem Aufent-
halt in der Rehabilitationsklinik X.________ erklärte der

SUVA-Kreisarzt Dr. med. L.________ den Versicherten in der
ärztlichen Abschlussuntersuchung vom 18. März 1997 aufgrund
der somatischen Befunde als Carosseriespengler zu mindes-
tens 90 % arbeitsfähig.
     P.________ war am 9. Mai 1997 - diesmal als Beifahrer
- in einen zweiten Autounfall verwickelt, der eine indirek-
te HWS-Distorsion zur Folge hatte. Nach Eingang der ärztli-
chen Berichte des Dr. med. L.________ vom 19. August 1997
und des Dr. med. S.________, Spezialarzt FMH für Chirurgie,
SUVA-Ärzteteam Unfallmedizin, vom 15./16. April 1998 stell-
te die SUVA mit Verfügung vom 30. April 1998 die Ausrich-
tung der Versicherungsleistungen ein, da kein Zusammenhang
zwischen dem Unfall und den geklagten Gesundheitsschäden,
welche die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit beeinträchtigten,
bestehe. Dagegen liess der Versicherte Einsprache erheben.
     P.________ wurde von der IV-Stelle Luzern am 17. März
1999 mit Beginn ab 1. März 1999, und mit Verfügung vom
26. Mai 1999 für die Zeit vom 1. Januar 1996 bis zum
28. Februar 1999, bei einem Invaliditätsgrad von 70 % eine
ganze Invalidenrente zugesprochen. Mit Verfügung vom
18. Mai 1999 forderte die SUVA während des Zeitraums vom
20. Januar 1995 bis zum 3. Mai 1998 zuviel ausbezahlte Tag-
gelder in Höhe von Fr. 32'479.25 zurück. Auch dagegen liess
der Versicherte Einsprache erheben.
     Der Einspracheentscheid vom 24. Juni 1999 bestätigte
sowohl die leistungsaufhebende Verfügung vom 30. April 1998
wie auch die Rückforderungsverfügung vom 18. Mai 1999.

     B.- Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwal-
tungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 27. No-
vember 2000 insofern gutgeheissen, als die Sache zur Einho-
lung eines polydisziplinären Gutachtens und zu neuer Verfü-
gung an die SUVA zurückgewiesen wurde. Soweit die Beschwer-
de die Rückforderungsverfügung vom 18. Mai 1999 betraf,
wurde sie abgewiesen; dem Beschwerdeführer wurde zudem nur
eine reduzierte Parteientschädigung zuerkannt, da er meh-

rere private Arztberichte erst vor dem kantonalen Gericht
eingereicht hatte, obwohl sie schon vor dem Erlass des Ein-
spracheentscheides vorgelegen hatten.

     C.- P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen mit den Anträgen, unter teilweiser Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides
sei von einer Rückforderung der Überentschädigung abzusehen
und es sei ihm eine ungekürzte Parteientschädigung für das
kantonale Verfahren zuzusprechen.
     Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversi-
cherung auf eine Stellungnahme verzichtet.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Vorinstanz hat die Koordinationsregel des
Art. 40 UVG und deren Anwendung (BGE 126 V 193 Erw. 1 mit
Hinweisen), die Grundsätze über die Ermittlung der Über-
entschädigung (BGE 126 V 193 Erw. 1), die Nichtanwendbar-
keit der Schadenminderungspflicht bei Festsetzung der Über-
entschädigung (BGE 117 V 400 f.), die Nichtbeachtung von
Soziallohn bei der Invaliditätsbemessung sowie die strengen
Anforderungen an dessen Nachweis (BGE 117 V 18) zutreffend
dargelegt. Es kann darauf verwiesen werden.

     2.- a) Das kantonale Gericht hat dem Beschwerdeführer
für den Zeitraum vom 20. Januar 1995 bis 3. Mai 1998 einen
Verdienst von Fr. 46'065.-- angerechnet, da die Invaliden-
versicherung ab dem 1. Januar 1996 bei einem Invaliditäts-
grad von 70 % eine ganze Invalidenrente verfügt habe. Der
Versicherte habe in diesem Verfahren weder eine vollständi-
ge Arbeitsunfähigkeit noch das Vorliegen eines Soziallohnes
geltend gemacht; es könne deshalb davon ausgegangen werden,
dass der Versicherte zu 25 % arbeitsfähig sei und keinen
Soziallohn erhalte.

     b) Der Beschwerdeführer wendet gegen die Anrechnung
des Eigenverdienstes von Fr. 46'065.-- ein, dass er -
obwohl medizinisch-theoretisch zu 25 % arbeitsfähig -
effektiv nicht arbeitsfähig gewesen sei; auch wenn die
Invalidenversicherung den Invaliditätsgrad von 70 % auf die
medizinisch-theoretische Arbeitsunfähigkeit abgestützt
habe, könne daraus nicht auf das Mass der effektiven Ar-
beitsfähigkeit geschlossen werden. Diese Einwände hat der
Beschwerdeführer bereits im vorinstanzlichen Verfahren er-
hoben, wo sie mit zutreffender Begründung entkräftet worden
sind. Es bleibt deshalb festzuhalten, dass aufgrund der
Akten eine Arbeitsfähigkeit des Versicherten von 25 % klar
ausgewiesen ist, alle Arztberichte (Dr. med. J.________,
Spezialarzt FMH für physikalische Medizin und Rehabilita-
tion, speziell Rheumaerkrankungen, vom 6. April 1995; Dr.
med. Z.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 17. Juli 1995;
Dr. med. Z.________ vom 29. September 1995; Frau Dr. med.
R.________, Rehabilitationsklinik X.________, vom 31. Janu-
ar 1996; Dr. med. K.________, FMH Psychiatrie/Psychothera-
pie, vom 6. Juni 1996; Dr. med. Z.________ vom 10. November
1997) sowie der Bericht des  Prof. Dr. phil. P.________,
Neuropsychologisches Institut, vom 6. September 1995 stim-
men diesbezüglich überein. Es ist nicht ersichtlich, wes-
halb nicht darauf abgestellt werden kann. Die vom Versi-
cherten mit Beschwerde und Replik eingereichten Arztberich-
te vermögen daran nichts zu ändern, da sie keine Angaben
zur Arbeitsfähigkeit enthalten oder sich - so die undatier-
te und nicht unterschriebene "Schmerz-KG" - einzig auf die
Aussagen des Versicherten stützen.
     Weiter bringt der Versicherte - wie bereits im Verfah-
ren vor dem kantonalen Gericht - vor, dass er einen Sozial-
lohn erhalten habe, der nicht in die Überentschädigungsbe-
rechnung einzubeziehen sei. Nach dem Stand der Akten beste-
hen jedoch keinerlei Hinweise für das - strengen Beweisan-
forderungen unterliegende - Vorliegen eines Soziallohnes
(vgl. dazu BGE 117 V 18). Es ist daher auch nicht zu bean-

standen, wenn die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdi-
gung (BGE 124 V 94 Erw. 4b, SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28
Erw. 4b) auf die beantragte Einvernahme der Ehefrau und des
Geschäftspartners des Versicherten als Zeugen verzichtet
hat.

     3.- Die Vorinstanz hat die (wegen teilweisen Unterlie-
gens bereits um einen Viertel gekürzte) Parteientschädigung
hälftig gekürzt, da der Beschwerdeführer seine Mitwirkungs-
pflichten verletzt habe, indem er ärztliche Gutachten erst
im kantonalen Verfahren eingereicht habe, obwohl sie schon
vor dem Einspracheentscheid vorlagen. Der Beschwerdeführer
beantragt nun, dass ihm für das Verfahren vor der Vorin-
stanz eine volle Parteientschädigung in Höhe von
Fr. 4'200.--, zuzüglich Spesen und Mehrwertsteuer, zuzu-
sprechen sei.

     a) Gemäss Art. 108 Abs. 1 lit. g UVG hat der obsiegen-
de Beschwerdeführer Anspruch auf den vom Gericht festge-
setzten Ersatz der Parteikosten (Satz 1), wobei diese ohne
Rücksicht auf den Streitwert nach dem zu beurteilenden
Sachverhalt und der Schwierigkeit des Prozesses bemessen
werden (Satz 2).
     Daraus folgt, dass das Eidgenössische Versicherungsge-
richt als Frage des Bundesrechts frei prüft, ob der vorin-
stanzliche Entscheid den durch Art. 108 Abs. 1 lit. g UVG
eingeräumten grundsätzlichen Anspruch auf Parteientschädi-
gung verletzt und ob der Entscheid hinsichtlich der -
andernorts allein dem kantonalen Recht überlassenen (vgl.
BGE 114 V 86 Erw. 4a) - Bemessung der Parteientschädigung
den bundesrechtlichen Anforderungen gemäss Art. 108 Abs. 1
lit. g Satz 2 UVG genügt. Darüber hinaus hat das Eidgenös-
sische Versicherungsgericht praktisch lediglich zu prüfen,
ob die Höhe der Parteientschädigung vor dem Willkürverbot
standhält (BGE 117 V 405 Erw. 2a mit Hinweis).

     Nach der Rechtsprechung ist eine Entscheidung willkür-
lich, wenn sie eine Norm oder einen klaren und unumstritte-
nen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzt, sich
mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten lässt
oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwi-
derläuft (BGE 125 I 168 Erw. 2a, 125 II 15 Erw. 3a, 124 I
316 Erw. 5a, 124 V 139 Erw. 2b, je mit Hinweisen).

     b) Zunächst ist festzuhalten, dass der Beschwerdefüh-
rer vor dem kantonalen Gericht nur teilweise obsiegt hat.
Die Kürzung der Parteientschädigung um einen Viertel ist
daher gerechtfertigt.

     c) Der Beschwerdeführer hat nach dem Erlass der Verfü-
gung durch die SUVA, aber vor dem Einspracheentscheid vom
24. Juni 1999, diverse private Arztberichte eingeholt (Dr.
med. M.________, Spezialarzt für Neurologie FMH, vom
14. Januar 1999 und 9. März 1999; Dr. med. Y.________, Spe-
zialarzt FMH für Otorhinolaryngologie, Hals- und Gesichts-
chirurgie, vom 30. April 1999; Dr. med. G.________, Spezi-
alarzt FMH für med. Radiologie, vom 2. Februar 1999), diese
jedoch erst im Verfahren vor dem kantonalen Verwaltungsge-
richt eingereicht. Die entsprechenden Gutachten sind zwar
durch den Hausarzt veranlasst worden, jedoch ist dieser
eine Hilfsperson des Versicherten. Letzterer war zudem als
Explorand an der Erstellung der Berichte beteiligt, sodass
er um deren Vorliegen wusste. Es ist weiter eine Erfah-
rungstatsache, dass dem Hausarzt zugestellte Gutachten
nicht drei bis fünf Monate zurückgehalten, sondern dem
Patienten binnen nützlicher Frist eröffnet werden. Deshalb
kann als erstellt gelten, dass der Beschwerdeführer die
Gutachten kannte, jedoch offensichtlich seinen Anwalt nicht
rechtzeitig darüber informiert hat, sodass dieser die Be-
richte nicht im Einspracheverfahren einreichen konnte. Dies
führte zu einem wesentlich höheren Aufwand für das Anferti-
gen der Rechtsschriften vor dem Verwaltungsgericht, da da-

rin die neuen Arztberichte vorgestellt und behandelt werden
mussten. Hätte der Beschwerdeführer diese Berichte bereits
im Einspracheverfahren einreichen lassen, hätte die SUVA
diese im Einspracheentscheid behandeln müssen, womit dieser
umfassender ausgefallen wäre, was wiederum das vorinstanz-
liche Verfahren (und die dort notwendigen Rechtsschriften)
erheblich vereinfacht und damit weniger aufwendig gemacht
hätte. Der dadurch entstandene Mehraufwand des Anwaltes
verursachte unnötige Parteikosten; diese hat der Beschwer-
deführer gemäss einem allgemeinen, auch in der Unfallversi-
cherung anwendbaren, Prozessrechtsgrundsatz (nicht veröf-
fentlichtes Urteil J. vom 20. November 1997, U 87/97) sel-
ber zu tragen, d.h. in diesem Umfang muss er seinen Rechts-
vertreter aus eigenen Mitteln entschädigen.
     Die Vorinstanz hat die bereits um einen Viertel redu-
zierte Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfah-
ren nochmals hälftig gekürzt; dies ist nicht zu beanstan-
den, da der anwaltliche Mehraufwand nicht nur darin be-
stand, die Gutachten in den Rechtsschriften zu behandeln,
sondern bereits vorher zu studieren, mit dem Versicherten
zu besprechen und in den Kontext des ganzen Verfahrens ein-
zuordnen.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge-
     richt des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtli-
     che Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversiche-
     rung zugestellt.

Luzern, 12. Juni 2001
                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der IV. Kammer:

                             Der Gerichtsschreiber: