Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 333/2001
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U 333/01 Hm

                        III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger;
Gerichtsschreiber Grunder

                 Urteil vom 4. April 2002

                         in Sachen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras-
se 1, 6004 Luzern, Beschwerdeführerin,

                           gegen

E.________, 1975, Beschwerdegegner, vertreten durch Für-
sprech Dr. Urs Tschaggelar, Schützengasse 15, 2540 Gren-
chen,
                            und

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

     A.- Der gelernte Hochbauzeichner E.________, geboren
1975, war, nachdem er mit dem Motorrad am 11. April 1997
verunfallt und schwer verletzt worden war, nicht mehr in
der Lage, die im Oktober 1995 begonnene Zusatzausbildung
zum Maurer bei der Firma X.________ zu beenden.

Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), bei
welcher er gegen die Folgen von Unfällen obligatorisch ver-
sichert war, erbrachte die gesetzlichen Leistungen, richte-
te eine Integritätsentschädigung von 25 % aus und sprach
mit Verfügung vom 18. Juli 2000 eine Invalidenrente ge-
stützt auf einen Invaliditätsgrad von 15 % und einen ver-
sicherten Verdienst von Fr. 51'933.- zu. Die Einsprache
wies die SUVA mit Entscheid vom 26. Oktober 2000 ab.

     B.- Die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher
E.________ die Erhöhung des Invaliditätsgrades und des ver-
sicherten Verdienstes beantragte, hiess das Versicherungs-
gericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 22. August
2001 teilweise gut und sprach eine Invalidenrente von 23 %
bei einem versicherten Verdienst von Fr. 55'182.- zu.

     C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die
SUVA, der Entscheid der Vorinstanz sei insoweit aufzuheben,
als sie den versicherten Verdienst auf 55'182.- festgesetzt
hat.
     E.________ lässt Abweisung der Verwaltungsgerichts-
beschwerde beantragen, das Bundesamt für Sozialversicherung
schliesst auf deren Gutheissung.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Gemäss Art. 15 Abs. 1 und 2 UVG werden Renten nach
dem versicherten Verdienst, welcher dem innerhalb eines
Jahres vor dem Unfall bezogenen Lohn entspricht, bemessen.
Für den Sonderfall, dass die Versicherten nicht oder noch
nicht den berufsüblichen Lohn erhalten, erliess der Bundes-
rat gestützt auf Abs. 3 von Art. 15 UVG in Art. 24 Abs. 3
UVV folgende Bestimmung: Bezog der Versicherte wegen beruf-
licher Ausbildung am Tage des Unfalles nicht den Lohn eines
Versicherten mit voller Leistungsfähigkeit derselben Be-
rufsart, so wird der versicherte Verdienst von dem Zeit-

punkt an, da er die Ausbildung abgeschlossen hätte, nach
dem Lohn festgesetzt, den er im Jahr vor dem Unfall als
voll Leistungsfähiger erzielt hätte.

     2.- a) Es ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner
bei der Firma X.________ im Zeitpunkt des Unfalles nicht
den üblichen Lohn eines gelernten Maurers bezog. Den Jah-
reslohn, den sie dem Versicherten vor dem Unfall vom
11. April 1997, unter der Voraussetzung des Abschlusses der
Maurerlehre und in Berücksichtigung der Ausbildung als
Hochbauzeichner, bezahlt hätte, gab die Firma X.________
mit Fr. 51'933.- an. Diesen Betrag setzte die SUVA als ver-
sicherten Verdienst ein. Die Vorinstanz erwog gestützt auf
die Auskünfte mehrerer regionaler Baumeister, dass der Be-
schwerdegegner bei einem Stellenwechsel im Jahr ein um
durchschnittlich Fr. 3'250.- höheres Einkommen als bei der
Firma X.________ erzielt hätte, weshalb es sich rechtferti-
ge, den versicherten Verdienst entsprechend auf
Fr. 55'182.- zu erhöhen.

     b) Die streitige Frage, ob der versicherte Verdienst
nach Art. 24 Abs. 3 UVV im Sinne eines Durchschnittslohnes
zu ermitteln sei, welchen der Versicherte bei den verschie-
denen für ihn in Betracht fallenden Arbeitgebern hätte
erzielen können, oder aufgrund des im Lehrbetrieb erziel-
baren Gehaltes, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht
in BGE 108 V 268 f. Erw. 2c in Anwendung des am 31. Dezem-
ber 1983 aufgehobenen Zweiten und Dritten Titels des Kran-
ken- und Unfallversicherungsgesetzes vom 13. Juni 1911
(KUVG) wie folgt entschieden: Art. 78 Abs. 4 KUVG will
lediglich der Härte begegnen, dass bei uneingeschränkter
Anwendung der Grundregel von Abs. 1 ein noch nicht voll
leistungsfähiger und demzufolge minderbezahlter Versicher-
ter, der einen Unfall erleidet, bei der Rentenberechnung
auf seiner noch unvollkommenen Lohngrundlage fixiert wird,
obwohl dies im Hinblick auf die einbezahlten Prämien, rein
versicherungstechnisch gesehen, richtig wäre. Art. 78

Abs. 4 KUVG soll aber andererseits auch nicht zu einer Bes-
serstellung der Lehrlinge gegenüber den anderen Versicher-
ten führen, sondern nur eine Gleichbehandlung ermöglichen.
Diesem Zweck entsprechend ist im Falle des Lehrlings auf
die Lohnverhältnisse in seinem Betrieb abzustellen, unab-
hängig davon, ob anzunehmen ist, dass nach Lehrabschluss
ein Stellenwechsel erfolgt. Der Lehrling ist damit, wie
jeder andere Versicherte auch, der Zufälligkeit ausgesetzt,
aufgrund des Lohnniveaus seines Betriebes je nachdem besser
oder schlechter zu fahren, als wenn irgendein Mittelwert
beigezogen würde.
     Diese Rechtsprechung zu Art. 78 Abs. 4 KUVG, dem
inhaltlich und redaktionell weitgehend Art. 24 Abs. 3 UVV
entspricht, gilt auch unter der Herrschaft des UVG (RKUV
1992 Nr. U 148 S. 122 Erw. 5b). Die in der Vernehmlassung
erwähnten Urteile betreffen nicht diesen Tatbestand.
     In casu ist demnach zur Festsetzung des versicherten
Verdienstes auf die Angaben der Firma X.________ abzustel-
len.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
     der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons
     Solothurn vom 22. August 2001 bezüglich des auf
     Fr. 55'182.- festgesetzten versicherten Verdienstes
     aufgehoben.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs-
     gericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
     Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 4. April 2002
                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der III. Kammer:

                              Der Gerichtsschreiber: