Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 303/2001
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U 303/01 /Gi

Urteil vom 23. Juli 2002
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiber
Renggli

P.________, 1968, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts-anwalt Massimo
Aliotta, Obergasse 20, 8400 Winterthur,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras-  se 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 29. August 2001)

Sachverhalt:

A.
Der 1968 geborene P.________ arbeitete seit 1993 als Hilfsgipser bei der
S.________ AG und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) gegen die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 10.
Februar 1996 erlitt er einen Skiunfall und zog sich dabei am rechten
Kniegelenk eine Ruptur der vorderen Kreuzbandes und einen Meniskusriss
lateral zu. Am 12. Februar 1996 erfolgte im Spital O.________ eine
Arthroskopie mit anschliessender Rekonstruktion des Kreuzbandes mittels
Kreuzbandplastik. Trotzdem bleibende Beschwerden gaben zu weiteren Eingriffen
Anlass, welche jedoch nicht zur Schmerzfreiheit führten. Vom 20. August bis
8. Oktober 1997 erfolgte ein Aufenthalt in der Klinik B.________ zwecks
Rehabilitation und beruflicher Abklärung. Eine weitere berufliche Abklärung
fand vom 12. Januar bis 13. Februar 1998 in der Abklärungs und
Ausbildungsstätte A.________  statt. P.________ nahm seine frühere
Erwerbstätigkeit seit dem Unfall nicht mehr auf.

Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach ihm mit Verfügung vom 23. Dezember
1998 mit Wirkung ab 1. Februar 1997 eine halbe Rente auf Grund eines
Invaliditätsgrades von 56 % zu. Mit Verfügung vom 12. Januar 1999 stellte die
SUVA die Taggeldleistungen rückwirkend auf 1. Juli 1998 ein. Ab demselben
Zeitpunkt wurde P.________ eine Invalidenrente auf Grund einer
Erwerbsunfähigkeit von 20 % nebst einer Integritätsentschädigung auf Grund
einer In-tegritätseinbusse von 5 % zugesprochen (Verfügung vom 4. Februar
1999). P.________ liess gegen beide Verfügungen Einsprache erheben. Die SUVA
beauftragte die Dres. med. F.________ und X.________ von der Klinik für
Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates am Spital
Y.________ mit einem Gutachten. Mit Einspracheentscheid vom 30. Juni 2000
wies sie beide Einsprachen ab.

B.
Mit Beschwerde an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich liess
P.________ die Zusprechung einer Rente von 50 % und einer
Integritäts-entschädigung von 10 % beantragen. Das angerufene Gericht wies
die Beschwerde ab (Entscheid vom 29. August 2001).

C.
P.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem
Rechts-begehren, der Entscheid der Vorinstanz sei aufzuheben und es sei ihm
eine Rente entsprechend einem Invaliditätsgrad von 50 % zuzusprechen.
Eventualiter wird die Rückweisung der Sache an die SUVA zwecks Vornahme
weiterer medizinischer Abklärungen beantragt.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Stellungnahme.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die massgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und die
dazu ergangene Rechtsprechung zutreffend dargelegt. Es betrifft dies den
Anspruch auf Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 UVG), den Invaliditätsbegriff
(Art. 18 Abs. 2 Satz 1 UVG), die Bestimmung des Invaliditätsgrades mittels
der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 UVG;
BGE 104 V 136 Erw. 2a und b), den Beizug von Tabellenlöhnen zur Ermittlung
des hypothetischen Invalideneinkommens (BGE 126 V 76 Erw. 3b/bb mit
Hinweisen), die Möglichkiet eines Abzuges von solchen Tabellenlöhnen zum
Ausgleich behinderungsbedingter Lohnnachteile (BGE 126 V 79 Erw. 5b mit
Hinweisen), die Anforderungen an einen ärztlichen Bericht mit Beweiswert (BGE
122 V 160 Erw. 1c) und die Einheitlichkeit des Invaliditätsbegriffes für die
Sozialversicherungszweige der Unfall-, Invaliden-, Militär- und
obligatorischen Berufsvorsorgeversicherung sowie die möglichen Gründe für ein
Abweichen der Bestimmung des Invaliditätsgrades durch einen Versicherer von
derjenigen eines anderen (BGE 119 V 470 Erw. 2b mit Hinweisen). Darauf wird
verwiesen.

2.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die Zusprechung einer Rente auf
Grund eines Invaliditätsgrades von 50 % anbegehrt, hingegen kein Antrag auf
eine höhere als die zugesprochene Integritätsentschädigung gestellt. Diese
ist damit nicht mehr streitig. Zu beurteilen bleiben der Invaliditätsgrad und
- davon abhängig - die Höhe der Rente.

2.1
Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers und ihre
Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit sind zuletzt von den Dres. med.
F.________ und X.________ in ihrem Gutachten vom 7. Februar 2000 beurteilt
worden. Die Gutachter kamen, in Kenntnis und nach Würdigung der vor-liegenden
Akten sowie auf Grund eigener Untersuchungen, zum Schluss, der Explorand
leide an einer schmerzhaft gestörten Kniegelenks-Kinematik rechts durch weit
ventro-laterale Position der vorderen Kreuzbandplastik mit Extensionsdefizit
und konsekutivem Hyperpressions-Syndrom der rechten Kniescheibe. Sowohl die
objektiven Befunde als auch die subjektiv geäusserten Beschwerden seien
eindeutig auf den Skiunfall und die nachfolgende Behandlung zurückzuführen.
Frühere Unfälle oder Krankheiten hätten keinen Einfluss. In Bezug auf
berufliche Tätigkeiten wurde festgehalten, dass der Versicherte die frühere
Arbeit als Hilfsgipser nicht mehr verrichten könne, hingegen in einer
geeigneten kniegelenksschonenden Tätigkeit eine ganztägige Beschäftigung
zumutbar sei (Traglimit fünf Kilogramm, keine Benutzung von Leitern, kein
Gehen auf unebenen oder rutschigen Böden, Gehstrecken-maximum von hundert
Metern, kein ununterbrochenes Stehen von mehr als zehn Minuten Dauer,
idealerweise rein sitzend ausgeführte Tätigkeit mit der Möglichkeit,
gelegentlich aufzustehen und umherzugehen). In der
Verwaltungs-gerichtsbeschwerde wird wie schon in der Beschwerde an die
Vorinstanz geltend gemacht, der Bericht sei in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit
widersprüchlich, würde doch einerseits angegeben, der Versicherte sei zu 50 %
arbeitsfähig, während anderseits eine überwiegend im Sitzen ausgeführte
Tätigkeit ganztägig möglich sein soll. Wie die Vorinstanz dazu ausgeführt
hat, besteht dieser angebliche Widerspruch nicht. Zuzugestehen ist dem
Beschwerdeführer, dass die Aussagen der Experten etwas unglücklich formuliert
sind, wodurch immerhin der Anschein einer Widersprüchlichkeit entstehen kann.
Eine Betrachtung des gesamten Textes ergibt jedoch eindeutig, dass sich die
Angabe einer 50%igen Arbeitsunfähigkeit auf sämtliche abstrakt denkbaren
Tätigkeiten bezieht, eingeschlossen die nicht mehr zumutbaren, während als
uneingeschränkt möglich eine geeignete kniegelenksschonende Tätigkeit in
Betracht fällt. Somit kommt dem Gutachten der Dres. med. F.________ und
X.________ vom 7. Februar 2000 volle Beweiskraft zu, erfüllt es doch auch die
übrigen von der Rechtsprechung dafür verlangten Kriterien (vgl. Erw. 1).
Anderseits muss die volle Beweiskraft der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit
vom 11. Februar 1998 durch den behandelnden Arzt Dr. med. K.________
abgesprochen werden, bleibt diese Wertung doch unbegründet, womit sie den
genannten Anforderungen nicht genügt. Überdies ist sie in erster Linie auf
die Selbsteinschätzung durch den Patienten abgestützt.

SUVA und Vorinstanz sind zu Recht von einer vollen Arbeitsfähigkeit in einer
behinderungsangepassten Tätigkeit ausgegangen. Die körperliche
Leistung-fähigkeit des Beschwerdeführers ist genügend abgeklärt und von neuen
Untersuchungen sind keine neuen Aufschlüsse zu erwarten, sodass auf die
eventualiter beantragten weiteren Abklärungen zwecks Ergänzung des
Sachverhalts zu verzichten ist (antizipierte Beweiswürdigung, BGE 124 V 94
Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28 Erw. 4b).

2.2
Die Vorinstanz hat die Abweichung der Berechnung des Invaliditätsgrades durch
die SUVA von der früher erfolgten der IV (Verfügung vom 23. Dezember 1998) in
Anwendung der in BGE 126 V 292 Erw. 2b-d festgehaltenen Kriterien als
gerechtfertigt erachtet. Die diesbezüglichen Erwägungen der Vorinstanz sind
zu bestätigen: die IV hat sich bei ihrer Festlegung auf den Schlussbericht
der Abklärungsstätte A.________ vom 13. Februar 1998 gestützt, der zu den
gesundheitlichen Aspekten mehrheitlich die Selbsteinschätzung des Patienten
übernimmt, ergänzt um eine telefonische Auskunft des behandelnden Arztes, Dr.
med. K.________. Dieser habe für eine leichtere, vorwiegend sitzende
Tätigkeit eine Arbeitsfähigkeit von mindestens 50 % angegeben. Abgesehen
davon, dass diese Aussage sehr unpräzis ist und insbesondere keine sichere
Einschränkung in der Arbeitsfähigkeit bezeichnet, bleibt sie unbegründet und
nicht nachvollziehbar. Dazu kommt, dass der im Bericht vorgenommene Schluss
von der beobachteten 66%igen Leistungsfähigkeit bei den durchgeführten
sitzenden Tätigkeiten (Litzen und Kabelschuhe verlöten, Hauben reinigen,
stanzen und kontrollieren) auf eine generelle Limitierung auf 60 %
Leistungsfähigkeit in allen behinderungsangepassten Tätigkeiten nicht zu
überzeugen vermag, zumal die positive Beurteilung der manuellen Fähigkeiten
des Beschwerdeführers im Abschlussbericht über die beruflichen Abklärungen in
der Klinik B.________ vom 10. Oktober 1997 eine Steigerung der
Leistungsfähigkeit erwarten lässt.

2.3
Die SUVA hat im Einspracheentscheid vom 30. Juni 2000 Lohnzahlen aus ihrer
Dokumentation über die Arbeitsplätze (DAP) herangezogen und darauf basierend
ein hypothetisches Invalideneinkommen von Fr. 48'100.- festgelegt. Die
Vorinstanz ihrerseits hat wegen Zweifeln an der Zumutbarkeit einzelner der in
den DAP-Blättern beschriebenen Tätigkeiten einen Einkommensvergleich auf
Grund von Tabellenlöhnen aus der Schweizerischen Lohnstukturerhebung (LSE)
durchgeführt und ist dabei, unter Zugrundelegung der ganztägigen Ausübung
einer Tätigkeit des Anforderungsniveaus 4 (einfache und repetitive
Tätigkeiten) auf ein hypothetisches Invalideneinkommen von Fr. 48'941.-
gekommen. Im Vergleich zum richtig ermittelten hypothetischen
Valideneinkommen von Fr. 61'620.- ergab sich eine Einbusse von 20,57 %.

In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird geltend gemacht, die Erhebung des
Valideneinkommens auf Grund eines Berichtes eines Aussendienstmitarbeiters
der SUVA sei unter Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beschwerdeführers
geschehen. Die Beschwerdeschrift erläutert nicht, worin die Verletzung des
rechtlichen Gehörs bestehen soll. Sie ist auch aus den Akten nicht erkennbar.
Die Tatsache, dass die SUVA dem Einspracheentscheid vom 30. Juni 2000 neue
DAP-Blätter beilegte (vgl. Einspracheentscheid S. 5 Erw. 2d), die der
Beschwerdeführer bis dahin nicht kannte, spielt in diesem Zusammenhang keine
Rolle, da den DAP-Blättern für die Ermittlung des Valideneinkommens
vorliegend keine Bedeutung zukommt.

Mit Bezug auf das Invalideneinkommen wird in der
Verwaltungs-gerichtsbeschwerde vorgebracht, dieses sei, entsprechend der
Berechnung der IV, auf höchstens Fr. 25'932.- anzusetzen. Von dieser
Berechnung aber kann, wie dargelegt (vgl. Erw. 2b), nicht ausgegangen werden.
Vielmehr ist, wie das die Vorinstanz getan hat, eine ganztägige Beschäftigung
in einer behinderungsangepassten Tätigkeit vorauszusetzen. Die Vorinstanz hat
sodann die Summe der behinderungsbedingt zu erwartenden Lohnnachteile auf 10
% des Jahreslohnes geschätzt und einen entsprechenden Abzug vorgenommen. Bei
der Bestimmung des Abzuges handelt es sich naturgemäss um einen
Ermessensentscheid. Es liegen keine der nach der Rechtsprechung (BGE 126 V 81
Erw. 6 mit Hinweisen) erforderlichen Gründe für ein Eingreifen in die
Ermessensausübung vor, sodass es beim von der Vorinstanz vorgenommenen Abzug
von 10 % bleibt. Dementsprechend ist das vom kantonalen Gericht errechnete
Invalideneinkommen von Fr. 48'941.- zu bestätigen.

Damit ergibt sich, dass im angefochtenen Entscheid sowohl das Validen- als
auch das Invalideneinkommen richtig eingeschätzt worden sind und der
berechnete Invaliditätsgrad von 20.57 % zutrifft.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 23. Juli 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: