Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 291/2001
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U 291/01 Hm

                        III. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter
Ursprung; Gerichtsschreiber Jancar

               Urteil vom 28. November 2001

                         in Sachen

1. M.________,
2. A.________,
3. S.________,

Beschwerdeführer, Beschwerdeführerin 1 vertreten durch
Rechtsanwalt Dr. Dieter M. Troxler, Wasserturmplatz 2,
4410 Liestal,
                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras-
se 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal

U 291/01 Hm

     A.- Der 1946 geborene W.________ arbeitete seit
1. Juli 1973 bei der Firma X.________ und war bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die
Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Er
lebte seit 1997 von seiner Ehefrau, mit der er zwei Kinder
hat, getrennt. Am 31. Dezember 1998 verstarb er an einer
Überdosis des Schlafmittels Dormicum in Kombination mit
Ethylalkohol. Die SUVA liess durch ihre Kreisagentur die
Ehefrau des Versicherten, M.________, befragen und zog die
Akten der Kantonspolizei Y.________ und des Instituts für
Rechtsmedizin U.________ sowie einen Bericht des behandeln-
den Psychiaters Dr. med. B.________ (vom 16. August 1999),
bei. Gestützt auf diese Unterlagen lehnte sie mit Verfügung
vom 8. September 1999 die Ausrichtung von Versicherungs-
leistungen - mit Ausnahme der Bestattungskosten - ab, weil
der Versicherte Suizid begangen habe und hierbei nicht
vollständig urteilsunfähig gewesen sei. Die gegen diese
Verfügung von der Ehefrau des Verstorbenen erhobene Ein-
sprache wies die SUVA nach Beizug einer Stellungnahme der
Frau Dr. med. H.________, Fachärztin für Psychiatrie und
Psychotherapie, Ärzteteam Unfallmedizin der SUVA (vom
16. November 1999), und eines Gutachtens des Dr. med.
E.________, Spezialarzt FMH für Psychiatrie und Psychothe-
rapie (vom 27. März 2000), ab (Entscheid vom 27. Juni
2000).

     B.- Die hiegegen von M.________ erhobene Beschwerde
wies das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
mit Entscheid vom 22. Juni 2001 ab.

     C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt
M.________, es sei ihr eine Hinterlassenenrente zuzuspre-
chen; die Akten seien zur Ermittlung der konkreten Rente an
die SUVA zurückzuweisen; eventuell sei die Sache zur weite-
ren Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

     Am 28. September 2001 reichte der Vertreter der Be-
schwerdeführerin aufforderungsgemäss die Bescheinigung ein,
dass gesetzliche Erben des Verstorbenen neben der Ehefrau
die Kinder A.________, geb. 7. Mai 1977, und S.________,
geb. 15. September 1979, sind, und dass sie die Erbschaft
angetreten haben.
     Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversiche-
rung auf eine Stellungnahme verzichtet.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Im angefochtenen Entscheid werden die vorliegend
massgebenden gesetzlichen Bestimmungen über die Gewährung
von Versicherungsleistungen bei Unfällen (Art. 6 Abs. 1
UVG), den Begriff des Unfalls (Art. 9 Abs. 1 UVV), den Aus-
schluss von Versicherungsleistungen bei absichtlich herbei-
geführtem Gesundheitsschaden oder Tod (Art. 37 Abs. 1 UVG),
die Ausnahmebestimmung bei gänzlicher Unfähigkeit des Ver-
sicherten, im Zeitpunkt der Tat vernunftgemäss zu handeln
(Art. 48 UVV), sowie die hiezu ergangene Rechtsprechung
(BGE 120 V 352, 115 V 151, 113 V 61; RKUV 1996 Nr. U 267
S. 309) zutreffend dargelegt. Richtig sind auch die Ausfüh-
rungen zu dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweis-
grad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 125 V 195
Erw. 2 mit Hinweisen) sowie zum Grundsatz der freien Be-
weiswürdigung und zum Beweiswert eines Arztberichts (BGE
125 V 352 Erw. 3a; RKUV 2000 KV Nr. 124 S. 214). Darauf
kann verwiesen werden.

     2.- Der Hauptstandpunkt in der Verwaltungsgerichts-
beschwerde, der Versicherte habe sich nicht das Leben neh-
men wollen, ist unbegründet: Es steht auf Grund der Akten
fest, dass W.________ am 31. Dezember 1998 insgesamt
30 Tabletten des Schlafmittels Dormicum geschluckt hat. Es
kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass er dies
in suizidaler Absicht getan hat.

     3.- Streitig ist weiter, ob der Versicherte im Zeit-
punkt des Suizids urteilsunfähig war.

     a) Nach der Rechtsprechung muss bei Suizid die Ur-
teilsunfähigkeit nach Art. 16 ZGB mit dem Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein (RKUV
1996 Nr. U 247 S. 171 Erw. 2a mit Hinweis). Dieser Nachweis
liegt vorliegend nicht vor. Auf Grund des Gutachtens des
Dr. med. E.________ vom 27. März 2000 und des Berichts des
behandelnden Arztes Dr. med. B.________ vom 16. August 1999
steht fest, dass W.________ an einer Borderline-Erkrankung
litt. Auch steht fest, dass er vor der Selbsttötung erheb-
liche Mengen Alkohol zu sich genommen hat. Dennoch kann
nicht davon ausgegangen werden, seine Fähigkeit, vernunft-
gemäss zu handeln, sei aufgehoben gewesen. Er war den über-
mässigen Konsum von Alkohol gewohnt. Diesbezüglich führte
Dr. med. B.________ in seinem Bericht aus, Trennung und
Umzug in eine eigene Wohnung hätten schnell eine schwere
depressive Krise  mit starken suizidalen und autodestrukti-
ven Neigungen (übermässiger abendlicher Alkoholkonsum und
Dormicum) bewirkt. Die zum Todeszeitpunkt festgestellte
Blutalkoholkonzentration von 2,07 Promille war zwar hoch,
hat indessen gemäss dem Gutachten des Dr. med. E.________
nicht zur Urteilsunfähigkeit im Sinne von Art. 48 UVV ge-
führt.

     b) Die Rüge der unrichtigen und unvollständigen Fest-
stellung des Sachverhalts ist unbehelflich. Insbesondere
das Gutachten des Dr. med. E.________ erfüllt die von der
Rechtsprechung aufgestellten Kriterien an einen Experten-
bericht (BGE 125 V 352 Erw. 3a): Dem Gutachter war der
Umstand, dass der Verstorbene vor dem Suizid grössere Men-
gen Alkohol zu sich genommen hatte, auf Grund des Berichtes
des Dr. R.________, Gerichtschemiker, Institut für Rechts-
medizin U.________, vom 2. Februar 1999 bekannt. Im Weite-
ren wusste Dr. med. E.________ auch um die Borderline-Stö-
rung des Versicherten, weshalb der Einwand der Beschwerde-

führer, der Gutachter habe diese Krankheit bei seiner Beur-
teilung nicht schlüssig berücksichtigt, ins Leere stösst.
Insgesamt hat der Gutachter die psychopathologische Verfas-
sung des Versicherten im Zeitpunkt der Tat unter Berück-
sichtigung aller medizinisch relevanten Fakten ausführlich
beschrieben und überdies festgehalten, die Frage, ob und in
welchem Ausmass eine Bewusstseinseinschränkung vorgelegen
habe, könne wissenschaftlich nicht beantwortet werden. Dass
der Gutachter damit auch auf die Schwierigkeiten einer
ex-post-Beurteilung hingewiesen hat, spricht gerade für und
nicht gegen die Richtigkeit seiner psychopathologischen
Erkenntnisse und der daraus gezogenen Schlussfolgerung
(Urteil A. vom 4. April 2000, U 313/99).
     Der Sachverhalt ist nach dem Gesagten umfassend abge-
klärt und von weiteren Beweiserhebungen sind keine neuen
Erkenntnisse zu erwarten, weshalb davon abgesehen werden
kann (BGE 124 V 94 Erw. 4b; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 27).

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge-
     richt des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt
     für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 28. November 2001
                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der III. Kammer:

                              Der Gerichtsschreiber: