Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 289/2001
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U 289/01

Urteil vom 29. August 2002
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Scartazzini

B.________, 1965, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Rémy
Wyssmann, Hauptstrasse 36, 4702 Oensingen,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras    se 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Schwyz

(Entscheid vom 11. Juli 2001)

Sachverhalt:

A.
B. ________ stürzte am 24. März 1994 in einen 1.2 m tiefen Schacht, wobei er
sich am Rücken verletzte. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
(SUVA), bei welcher er gegen Unfälle versichert war, stellte ihre Leistungen
wegen unfallbedingter Rückenbeschwerden mit Verfügung vom 31. März 1995 ein.
Eine dagegen erhobene Einsprache hiess die SUVA mit Entscheid vom 11. Januar
1996 teilweise gut. Ab 1. September 1995 stellte sie die Heilkosten- und
Taggeldleistungen ein. Zwei gemeldete Rückfälle wurden nicht als unfallkausal
beurteilt.

Am 27. Januar 1998 erlitt B.________ bei einem Verkehrsunfall eine
HWS-Distorsion/Rückenkontusion. Mit Verfügung vom 5. Februar 1999 stellte die
SUVA die Versicherungsleistungen, welche wegen grobfahrlässiger Herbeiführung
des Unfalls um 10 % gekürzt wurden, ab 1. Juli 1998 ein, da zu jenem
Zeitpunkt der Vorzustand wiederum erreicht war. Eine dagegen erhobene
Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 18. Juli 2000 ab.

B.
Hiegegen liess B.________ Beschwerde erheben mit folgenden Rechtsbegehren:
1.Der Einsprache-Entscheid der SUVA vom 18.7.2000 sei aufzuheben.

2. Die SUVA sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer mit Wirkung ab
02.07.1998 Taggeldleistungen auf der Basis einer richterlich zu bestimmenden
Arbeitsunfähigkeit auszurichten.
b) Eventualiter: Die Rechtsstreitsache sei zur Festlegung der Höhe der
Taggelder an die SUVA zurückzuweisen.
c) Subeventualiter: Die SUVA sei anzuweisen, Rente und
Integritätsentschädigung festzulegen.

3. Die SUVA sei anzuweisen, die bisherigen und kommenden Heilungskosten für
die Behandlungen aus dem Unfallereignis vom 27.01.1998 zu übernehmen.

4. Die SUVA sei anzuweisen, die weiteren gesetzlichen Leistunspflichten zu
prüfen.

5. a) Das vorliegende Beschwerdeverfahren sei bis zum Vorliegen der
fachärztlichen Berichte der Orthopädischen Klinik X.________ sowie der
Rheuma- und Rehabilitationsklinik Z.________ zu sistieren.
b) Eventualiter: Es sei dem unterzeichneten Fürsprecher eine angemessene
Nachfrist zur einlässlichen Beschwerdebegründung anzusetzen.

6. Dem Beschwerdeführer sei für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht die
volle unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung zu gewähren, und
der Unterzeichnete sei als unentgeltlicher Rechtsbeistand einzusetzen.

7. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der
Beschwerdegegnerin."

Mit Entscheid vom 11. Juli 2001 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons
Schwyz die Beschwerde insoweit teilweise gut, als die Leistungskürzung
aufgehoben wurde.

C.
B. ________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und dabei folgende
Rechtsbegehren stellen:
1.Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 11.07.2001
sei aufzuheben.

2. a) Die SUVA sei zu verpflichten, dem Beschwerdeführer mit Wirkung
ab 02.07.1998 ungekürzte Taggeldleistungen auf der Basis einer
richterlich zu bestimmenden Arbeitsunfähigkeit auszurichten.
b) Eventualiter: Die Rechtsstreitsache sei zur Festlegung der Höhe
der ungekürzten Taggelder an die SUVA zurückzuweisen.
c) Subeventualiter: Die SUVA sei anzuweisen, eine ungekürzte Rente
und Integritätsentschädigung festzulegen.

3. Die SUVA sei anzuweisen, die bisherigen und kommenden Heilungskosten für
die Behandlungen aus dem Unfallereignis vom 27.01.1998 zu überneh- men.

4. Die SUVA sei anzuweisen, die weiteren gesetzlichen Leistungspflichten
zu prüfen.

5. Dem Beschwerdeführer sei für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
Ver- sicherungsgericht die volle unentgeltliche Rechtspflege und
Rechtsverbei- ständung zu gewähren, und der Unterzeichnete sei als
unentgeltlicher Rechtsbeistand einzusetzen.

6. Alles unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der
Beschwer- degegner und unter Kostenrückerstattung des bei Dr. med.
D.________, Neurologie FMH, in Auftrag gegebenen Privatgutachtens. Sowie
der Rech- nung der Rheuma- und Rehabilitationsklinik Z.________
vom 31.01.2001."

Der Beschwerdeführer legt zudem ein am 3. September 2001 erstelltes
Privatgutachten und einen EEG-Bericht (vom 24. August 2001) von Dr. med.
D.________ sowie eine Rechnung der Rheuma- und Rehabilitationsklinik
Z.________ (vom 31. Januar 2001) ins Recht.

Die SUVA, welche sich zum Privatgutachten von Dr. med. D.________ ausführlich
äussert und hiezu ebenfalls eine medizinische Beurteilung einreicht, sowie
das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherung
auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage der
Leistungskürzungen wegen grobfahrlässiger Herbeiführung des Unfalles nach
Art. 37 Abs. 2 UVG, da diesbezüglich der vorinstanzliche Entscheid
unangefochten in Rechtskraft erwachsen ist.

2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Grundlagen zur Leistungspflicht
des Unfallversicherers gemäss UVG, zum natürlichen Kausalzusammenhang
zwischen schädigendem Ereignis und gesundheitlicher Störung, zur Verteilung
der Beweislast bei anspruchsaufhebenden Verfügungen und zur Beweiskraft von
medizinischen Gutachten richtig wiedergegeben. Darauf kann verwiesen werden.

3.
Die Vorinstanz hat erkannt, dass ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen
dem Auffahrunfall vom 27. Januar 1998 und den vom Versicherten geklagten
Beschwerden nicht gegeben ist. Vielmehr seien die seit Mitte 1998 geltend
gemachten Beschwerden mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zur Hauptsache auf
unfallfremde Ursachen zurückzuführen, einerseits auf die krankhafte
Veränderung der Wirbelsäule und anderseits auf eine offenkundig massive
funktionelle Überlagerung dieser Beschwerden.

An dieser Beurteilung vermögen die Einwendungen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern:
3.1 Der Versicherte macht geltend, er sei nachgewiesenermassen seit mehreren
Jahren arbeitsunfähig. Dies ergebe sich aus mehreren ärztlichen Zeugnissen.
Er übersieht dabei jedoch, dass die Vorinstanz die Frage der Arbeitsfähigkeit
nicht näher zu prüfen hatte. Vielmehr hat sie den natürlichen
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den vom Versicherten
geklagten Leiden verneint. Aus einer Arbeitsunfähigkeit für sich allein kann
der Beschwerdeführer somit nichts zu seinen Gunsten ableiten.

3.2 Der Beschwerdeführer lässt vorbringen, keiner der beurteilenden Ärzte
habe den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den
geklagten Leiden verneint. Diese Darstellung ist offensichtlich aktenwidrig,
haben doch beispielsweise die Ärzte der Y.________-Klinik ausdrücklich
festgestellt, der erste, am 24. März 1994 erlittene Unfall sei nicht
ursächlich für die LWS-Leiden des Versicherten. Im Übrigen ist festzuhalten,
dass die Beurteilung des Kausalzusammenhanges grundsätzlich dem Richter
obliegt, wobei dieser nicht ohne zwingende Gründe von der Einschätzung
medizinischer Fachleute abweicht. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz
ausdrücklich begründet, weshalb sie auf das MEDAS-Gutachten abgestellt hat,
welches am  7. Oktober 1999 der IV-Stelle des Kantons Schwyz erstattet wurde.
Dessen Schlussfolgerungen sind nachvollziehbar, widerspruchsfrei und
zuverlässig (BGE 125 V 352 Erw. 3).

3.3 Auf das mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichte, von Dr. med.
D.________ am 3. September 2001 erstellte Privatgutachten kann nicht
abgestellt werden. Grundsätzlich besitzt ein Parteigutachten nicht den
gleichen Rang wie ein vom Gericht oder von einem Unfallversicherer nach dem
vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholtes Gutachten (BGE 125 V 351). Im
vorliegenden Fall verfügte zudem der Privatgutachter nicht über alle
wesentlichen Unterlagen. Insbesondere wird schliesslich vom Privatgutachter
übersehen, dass der Versicherte bereits vor dem Unfallereignis vom 27. Januar
1998 die für ein HWS-Trauma üblichen Symptome geltend gemacht hatte und
dieses Unfallereignis deshalb für das geklagte Beschwerdebild gerade nicht
kausal sein kann.

3.4  Fehlt es am natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis
und den geklagten Beschwerden, ist die Adäquanz nicht zu prüfen. Aus
demselben Grund schuldet die Beschwerdegegnerin auch keine
Integritätsentschädigung.

4.
4.1 Die Kosten für das Parteigutachten von Dr. med.  D.________ bzw. für die
Untersuchung der Rheuma- und Rehabilitationsklinik Z.________ können dem
Versicherten nicht ersetzt werden, da es sich dabei nicht um notwendige
Kosten im Sinne von Art. 159 Abs. 2 OG handelt (vgl. BGE 115 V 63 Erw. 5c und
d; RKUV 2000 U 362 S. 44 Erw. 3b).

4.2 Da es im vorliegenden Verfahren um Versicherungsleistungen geht, sind
gemäss Art. 134 OG keine Gerichtskosten zu erheben. Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten
erweist sich daher als gegenstandslos. Die unentgeltliche Verbeiständung kann
hingegen gewährt werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG), da die
Bedürftigkeit aktenkundig ist, die Beschwerde nicht als aussichtslos zu
bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a und 372 Erw.
5b, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 152 Abs. 3 OG
aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu
leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Fürsprecher Rémy
Wyssmann für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus
der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
Mehrwertsteuer)  ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 29. August 2002
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: