Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 260/2001
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U 260/01 Go

                        IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari;
Gerichtsschreiber Schmutz

                 Urteil vom 28. März 2002

                         in Sachen

T.________, 1957, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokat
Marco Albrecht, Hauptstrasse 54, 4132 Muttenz,

                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras-
se 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft, Liestal

     A.- Der 1957 geborene T.________ arbeitete seit 1997
bei der Firma S.________ als Hilfsmonteur-Isolateur und war
obligatorisch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von
Berufs- und Nichtberufsunfall versichert. Am 26. September
1998 erlitt er als Fahrer eines Personenwagens einen
Verkehrsunfall. Sein Fahrzeug überschlug sich bei einem
Selbstunfall auf der Autobahn bei hoher Geschwindigkeit
mehrmals. T.________ wurde aus dem Wagen geschleudert und
erlitt eine BWK 10 + BWK 11-Kompressionsfraktur sowie einen
Schlüsselbeinbruch. Mit Verfügung vom 18. August 1999
lehnte die SUVA, die zunächst die gesetzlichen Leistungen
erbracht hatte, gestützt auf eine kreisärztliche Unter-
suchung vom 3. August 1999 den Anspruch auf Taggeldleis-
tungen der Unfallversicherung über den 3. August 1999
hinaus ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom
30. September 1999 fest, weil die beim Unfall erlittenen
Frakturen gut geheilt und keine auf den Unfall zurückzu-
führenden organischen Beschwerden mehr vorhanden seien,
sodass der Versicherte die angestammte Tätigkeit als
Hilfsmonteur-Isolateur wiederum voll ausüben könne.

     B.- T.________ liess gegen die Verfügung der SUVA beim
Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft Beschwer-
de erheben und beantragen, es seien ihm auch über den
3. August 1999 hinaus Taggeldleistungen in der Höhe von
50 % auszurichten. Mit Entscheid vom 2. Februar 2001 wies
das kantonale Gericht die Beschwerde ab.

     C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt
T.________ das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren er-
neuern und eventualiter die Rückweisung der Sache zur mate-
riellen Beurteilung an die Vorinstanz beantragen. Zudem er-
sucht er um die unentgeltliche Prozessführung und Verbei-
ständung.
     Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für
Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Vorinstanz hat die gesetzliche Bestimmung über
den Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung (Art. 6
Abs. 1 UVG) sowie die Rechtsprechung zu dem für die Leis-
tungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten natür-
lichen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b) und adä-
quaten Kausalzusammenhang zwischen dem versicherten Unfall
und der in der Folge eingetretenen psychischen Fehlentwick-
lung mit Einschränkung der Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
(BGE 115 V 138 ff. Erw. 6; vgl. auch BGE 123 V 99 Erw. 2a,
125 V 461 Erw. 5a) zutreffend wiedergegeben. Darauf kann
verwiesen werden.

     2.- Streitig ist, ob die SUVA für die Folgen des Un-
falles vom 26. September 1998 über den 3. August 1999 hin-
aus Taggeldleistungen zu erbringen hat.

     3.- Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid sorgfältig
und zutreffend begründet, dass keine körperlichen Unfall-
folgen mehr vorliegen, was vom Beschwerdeführer nun aner-
kannt wird.

     4.- Hingegen lässt der Beschwerdeführer vorbringen, er
leide unter psychischen Beschwerden, die als Unfallfolge im
Laufe der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit aufgetreten
seien und vor dem Unfallereignis nicht bestanden hätten.

     a) Die Vorinstanz hat die Frage, ob es sich bei der
psychischen Problematik ganz oder teilweise um eine natür-
liche Folge des versicherten Unfalles handelt, offen ge-
lassen und auf diesbezügliche Aktenergänzungen verzichtet,
weil sie befand, es fehle am adäquaten Kausalzusammenhang.
Nach der Rechtsprechung erübrigt sich die Anordnung er-
gänzender medizinischer Abklärungen, wenn es an der nach
Massgabe der in BGE 115 V 133 ff. entwickelten Kriterien zu
beurteilenden Adäquanz des Kausalzusammenhangs fehlt.

     b) Umstritten ist im Zusammenhang mit der Beurteilung
des adäquaten Kausalzusammenhanges die Frage nach der
Schwere des Unfallereignisses vom 26. September 1998. Dies-
bezüglich muss auf Grund der Unfallakten zwar von einem
Unfall im mittleren Bereich, aber - entgegen der Auffassung
von SUVA und Vorinstanz - in Anbetracht des augenfälligen
Geschehensablaufs von einem schwereren Fall in diesem
Bereich oder sogar von einem Grenzfall zu den schweren
Unfällen ausgegangen werden. Zur Bejahung des adäquaten
Kausalzusammenhanges genügt somit, dass eines der massge-
benden Kriterien erfüllt ist.

     c) Von den verschiedenen Kriterien, die bei mittel-
schweren Unfällen in die Adäquanzbeurteilung einzubeziehen
sind (vgl. BGE 115 V 140 Erw. 6c/aa), kommt vorliegend nur
jenes der besonders dramatischen Begleitumstände oder der
besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls in Betracht. Der
Berücksichtigung dieses Kriteriums liegt der Gedanke zu
Grunde, dass solche Umstände geeignet sind, beim Betroffe-
nen während des Unfallgeschehens oder nachher psychische
Abläufe in Bewegung zu setzen, die an den nachfolgenden
psychischen Fehlentwicklungen mitbeteiligt sein können.
Dabei sind objektive Massstäbe anzuwenden. Nicht was im
einzelnen Betroffenen beim Unfall psychisch vorgeht - so-
fern sich dies überhaupt zuverlässig feststellen liesse -,
soll entscheidend sein, sondern die objektive Eignung sol-
cher Begleitumstände, bei Betroffenen psychische Vorgänge
der genannten Art auszulösen (RKUV 1999 U 335 S. 209 Erw.
3b/cc).

     d) Das Fahrzeug des Beschwerdeführers überschlug sich
bei einem Selbstunfall auf der Autobahn mit einer Geschwin-
digkeit von mindestens 140 km/h mehrmals, wobei der Fahrer
aus dem Wagen geschleudert wurde und auf dem Grünstreifen
u. a. mit einer BWK-Kompressionsfraktur verletzt liegen
blieb; das Fahrzeug brannte nach dem Unfall vollständig
aus. Dieser Geschehensablauf allein genügt zur Annahme der
besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls. Damit ist eines
der verschiedenen bei mittelschweren Unfällen massgebenden
Kriterien zur Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhanges
erfüllt, was wie im vorliegenden Falle bei schwereren
Unfällen in diesem Bereich oder bei Grenzfällen zu den
schweren Unfällen dafür bereits ausreicht.

     e) Auf Grund der bei den Akten liegenden Angaben kann
indessen nicht mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen
Beweisgrad der überwiegenden wahrscheinlichkeit beurteilt
werden, ob es sich bei den vom Beschwerdeführer geltend
gemachten psychischen Beschwerden ganz oder teilweise um
eine natürliche Folge des Unfalles vom 26. September 1998
handelt und inwiefern sie sich auf seine Arbeitsfähigkeit
auswirken. Nach dem Bericht von Dr. med. S.________,
Facharzt FMH für Innere Medizin, speziell Rheumatologie,
und Ärztlicher Leiter der SUVA-Bäderklinik Zum Schiff, vom
30. Juni 1999 bestand beim Beschwerdeführer eine zunehmende
funktionelle Überlagerung die sich in einer Schmerz-
fixierung und -verdeutlichung, widersprüchlichem Verhalten
und verminderter Selbsteinschätzung der körperlichen
Leistungsfähigkeit äusserte und die er als "massgeblich"
bezeichnete. Der SUVA-Kreisarzt Dr. med. W.________ stellte
anlässlich einer Untersuchung vom 29. April 1999 fest, dass
der Versicherte auf seine Beschwerden "ziemlich fixiert"
sei und eventuell auch bereits eine Chronifizierung ein-
gesetzt habe. Auch der Hausarzt Dr. med. M.________ gab am
2. März 1999 eine "psychosomatische Fixierung" und am
19. Oktober 1999 eine "psycho-neurotische Überlagerung" an.
Prof. Dr. med. D.________, Chefarzt der Orthopädischen
Klinik des Spitals, erwähnte in seinem Bericht vom
10. November 1999 an den Hausarzt Dr. med. M.________, beim
Beschwerdeführer liege mit Sicherheit "eine Schmerzver-
arbeitungsstörung" vor.

     f) Die Vorinstanz hat die Frage, ob es sich bei der
von verschiedenen Ärzten angegebenen psychischen Problema-
tik beim Beschwerdeführer ganz oder teilweise um eine
natürliche Folge des versicherten Unfalles handelt, ist
noch zusätzlich abzuklären. Dazu ist die Sache an die SUVA
zurückzuweisen, welche unter Gewährung des rechtlichen
Gehörs ein Gutachten eines Facharztes veranlassen und her-
nach erneut über den Leistungsanspruch des Beschwerdefüh-
rers nach dem 3. August 1999 befinden wird.

     5.- Im vorliegenden Verfahren geht es um die Bewilli-
gung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen, weshalb
von der Auferlegung von Gerichtskosten abzusehen ist (Art.
134 OG). Dem Prozessausgang entsprechend ist dem Beschwer-
deführer eine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 135 in
Verbindung mit Art. 159 OG). Das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege, einschliesslich der unentgeltlichen Verbei-
ständung, erweist sich damit als gegenstandslos.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wer-
     den der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kan-
     tons Basel-Landschaft und der Einspracheentscheid vom
     30. September 1999 aufgehoben und es wird die Sache an
     die SUVA zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwä-
     gungen verfahre.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren
     vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
     Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich
     Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

 IV. Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
     wird über eine Parteientschädigung für das kantonale
     Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzli-
     chen Prozesses zu befinden haben.

  V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge-
     richt des Kantons Basel-Landschaft und dem Bundesamt
     für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 28. März 2002
                                 Im Namen des
                     Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                        Die Präsidentin der IV. Kammer:

                            Der Gerichtsschreiber: