Sozialrechtliche Abteilungen U 235/2001
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U 235/01 Gi II. Kammer Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichter Ferrari und nebenamtlicher Richter Bühler; Gerichtsschreiber Ackermann Urteil vom 24. Januar 2002 in Sachen G.________, 1968, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts- anwalt Urs Rudolf, Ober-Emmenweid 46, 6020 Emmenbrücke, gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras- se 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern A.- Der 1968 geborene italienische Staatsangehörige G.________ war seit 1990 im Gipsergeschäft C.________ AG als Grundeur tätig und bei der Schweizerischen Unfallver- sicherungsanstalt (SUVA) unfallversichert. Am 21. April 1997 stürzte er beim Verputzen einer Decke vom Gerüst, wobei er sich an der rechten Schulter verletzte (gemäss Bericht des Hausarztes Dr. med. E.________ vom 18. Juli 1997 lag eine Larumläsion anterior superior rechtes Schul- tergelenk, eine Zerrung/Partialruptur der Supraspinatus- sehne sowie eine AC-Arthrose mit Tendinitis der musculo- tendinösen Supraspinatussehne vor). Die SUVA kam für die Heilungskosten auf, richtete Taggelder aus und liess den Versicherten vom 17. Dezember 1997 bis zum 11. Februar 1998 in der Klinik B.________ (Austrittsbericht vom 13. März 1998) sowie vom 14. bis 17. September 1998 in der S.________ Klinik (Bericht vom 14. [recte wohl 22.] Septem- ber 1998), stationär behandeln. Nachdem eine von der IV- Stelle des Kantons Luzern im Werkstätten- und Wohnzentrum Basel (WWB) angeordnete berufliche Abklärung erfolglos abgebrochen werden musste (Bericht vom 3. Februar 1999), sprach die SUVA G.________ mit Verfügung vom 17. Juni 1999 mit Wirkung ab dem 1. Januar 1999 eine Invalidenrente von 25 % sowie eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 10 % zu. Die dagegen erhobene Ein- sprache wies die SUVA mit Einspracheentscheid vom 9. August 2000 ab, nachdem vom 22. März bis 5. April 2000 ein Aufent- halt in der Klinik B.________ (Austrittsbericht vom 26. Ap- ril 2000) und ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. med. K.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, Leitender Arzt Psychosomatik der Klinik B.________, vom 5. April 2000 veranlasst worden waren. B.- Beschwerdeweise liess G.________ die Zusprechung einer ganzen Invalidenrente und einer Integritätsentschädi- gung gestützt auf eine Integritätseinbusse von 40 % bean- tragen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die Beschwerde nach Durchführung eines doppelten Schriftenwech- sels mit Entscheid vom 21. Mai 2001 ab. C.- G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides sei die Sache zur Neubeurteilung an die SUVA zurückzuweisen. Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge- richtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversiche- rung auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- Die Vorinstanz hat die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Invalidenrente und die Bemessung des Invaliditätsgrades (Art. 18 UVG) sowie die Aufgabe des Arztes bei dessen Festsetzung (BGE 125 V 261 Erw. 4 mit Hinweisen) zutreffend dargelegt, was ebenso für die Scha- denminderungspflicht des Versicherten gilt (vgl. BGE 117 V 400 mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. 2.- Streitig ist der Invaliditätsgrad und dabei - als dessen Teilelement - zunächst das Ausmass der Arbeitsfähig- keit des Versicherten. a) Die Vorinstanz geht implizit von einer vollständi- gen Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit aus, während der Beschwerdeführer rügt, dass das kantonale Gericht in der Frage der zumutbaren Arbeitsfähigkeit weder die Spannungsschmerzen in der rechten Hand noch das häufige Anschwellen dieser Hand berücksichtigt habe. b) Die im Auftrag der IV-Stelle mit der Abklärung der Eingliederungs- und Arbeitsfähigkeit befassten Fachleute des WWB stellten beim Versicherten eine Schwellung der rechten Hand fest (vorerst am Abend, dann bereits am Mit- tag), obschon er alle Arbeiten mit der linken Hand ausführ- te und die rechte Hand nur als Hilfshand einsetzte. Auch gegenüber dem psychiatrischen Gutachter Dr. med. K.________ klagte der Beschwerdeführer über "ein seltsames Gefühl we- gen der Schwellung" in der rechten Hand, das aber "nicht eigentlich ein Schmerz" sei. Bereits anlässlich der Ein- trittsuntersuchung für den ersten Aufenthalt in der Klinik B.________ von Dezember 1997 bis Februar 1998 gab der Ver- sicherte an, es sei schon vorgekommen, dass die rechte Hand bei starken Schmerzen aufgeschwollen sei und sich bläulich verfärbt habe. Das Anschwellen der rechten Hand ist somit ein Teil des vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren ge- klagten ausgedehnten Beschwerde- und Schmerzbildes. Für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit ist jedoch entscheidend, dass weder die Ärzte der Klinik B.________ noch diejenigen der S.________ Klinik objektive Befunde angeben konnten, welche die vielfältigen, nicht die rechte Schulter betref- fenden Schmerzen hätten erklären können. Es handelt sich dabei um Beschwerden, die im Zusammenhang mit der vom psy- chiatrischen Gutachter diagnostizierten maladaptiven Bewäl- tigung der erlittenen Schulterverletzung stehen und deshalb auf unfallfremden Ursachen beruhen. Diese nicht die rechte Schulter betreffenden Beschwerden sind somit für die un- fallversicherungsrechtlich relevante Arbeitsfähigkeit ohne Belang. Damit ist das kantonale Gericht zu Recht davon aus- gegangen, dass dem Versicherten eine leichte, leidensange- passten Tätigkeit vollständig zumutbar ist. 3.- a) Nicht zu beanstanden - und auch nicht bestrit- ten - ist die Festsetzung des hypothetisch ohne Invalidität zu erzielenden Einkommens (Valideneinkommen) anhand des ge- mäss Arbeitgeberauskunft im Jahre des Verfügungserlasses erzielten Lohnes. Korrekt und ebenfalls unbestritten ist, dass das trotz Gesundheitsschädigung zumutbarerweise noch erzielbare Einkommen (Invalideneinkommen) anhand der Tabel- lenlöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Schweizerischen Lohnstrukturerhebung festgelegt (und der Lohnentwicklung angepasst) worden ist. Streitig ist hingegen, in welchem Ausmass ein behinde- rungsbedingter Abzug vom Invalideneinkommen vorzunehmen ist. Das kantonale Gericht hat einen Abzug in Höhe von 15 % vorgenommen, während der Beschwerdeführer einen solchen von 25 % als angemessen erachtet. b) Gemäss Rechtsprechung haben persönliche und beruf- liche Merkmale des Versicherten wie Alter, Dauer der Be- triebszugehörigkeit, Nationalität oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad Auswirkungen auf die Höhe des Loh- nes (BGE 126 V 78 Erw. 5a/cc mit Hinweis). Der deswegen vom Tabellenlohn vorzunehmende behinderungsbedingte Abzug be- trägt jedoch nicht generell und in jedem Fall 25 %; es ist vielmehr anhand der gesamten Umstände des konkreten Einzel- falles zu prüfen, ob und in welchem Masse das hypothetische Invalideneinkommen gekürzt werden kann (BGE 126 V 79 f. Erw. 5b). Dieser gesamthaft vorzunehmende Abzug stellt eine Schätzung dar. Bei deren Überprüfung kann es nicht darum gehen, dass die kontrollierende richterliche Behörde ihr Ermessen an die Stelle der Vorinstanz setzt. Bei der Unan- gemessenheit gemäss Art. 132 lit. a OG geht es um die Fra- ge, ob der zu überprüfende Entscheid, den die Behörde nach dem ihr zustehenden Ermessen im Einklang mit den allgemei- nen Rechtsprinzipien in einem konkreten Fall getroffen hat, nicht zweckmässigerweise anders hätte ausfallen sollen. Allerdings darf das Sozialversicherungsgericht sein Ermes- sen nicht ohne triftigen Grund an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es muss sich somit auf Gegebenheiten ab- stützen können, welche seine abweichende Ermessensausübung als naheliegender erscheinen lassen (BGE 126 V 81 Erw. 6 mit Hinweis). c) Die Vorinstanz hat im vorliegenden Fall den behin- derungsbedingten Abzug auf 15 % festgesetzt und dabei aus- ser der unfallbedingt auf leichte Hilfsarbeit eingeschränk- ten Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers sowie der von ihm vor dem Unfall ausgeübten eher schweren Arbeit als an- gelernter Gipser auch seine mangelnden Deutschkenntnisse, die schlechte Assimilation in der Schweiz und die nicht allzu grossen Berufserfahrungen berücksichtigt. Der Versi- cherte bringt vor, es sei zusätzlich der Umstand zu berück- sichtigen, dass er "seit längerem nicht mehr in den Ar- beitsprozess integriert" sei. Nimmt ein Versicherter nach einem Unfall keine Er- werbstätigkeit mehr auf, obwohl ihm dies aufgrund seiner unfallbedingten Behinderung zumutbar wäre, hat die Unfall- versicherung dafür nicht einzustehen. Faktoren wie Alter, mangelnde Ausbildung oder Verständigungsschwierigkeiten erlangen bei der Prüfung der einem Versicherten in einem konkreten Fall noch zumutbaren Arbeiten durchaus Bedeutung. Doch sind solche Aspekte keine zusätzlichen Umstände, wel- che neben der Zumutbarkeit einer Arbeit das Ausmass der In- validität beeinflussen würden, wenn sie das Finden einer Stelle und damit die Verwertung der verbliebenen Restar- beitsfähigkeit erschweren oder gar verunmöglichen (AHI 1999 S. 238 Erw. 1 mit Hinweisen). Dagegen kann sich der Um- stand, dass ein Versicherter nach dem unfallbedingten Ver- lust der bisherigen Arbeitsstelle in einer seiner Behinde- rung angepassten Tätigkeit neu anfangen muss, auf die Höhe des Anfangslohnes auswirken, wobei in der privaten Wirt- schaft die Bedeutung der Dienstjahre abnimmt, je niedriger das Anforderungsprofil ist (AHI 1999 S. 181 Erw. 3b). Bei einfachen und repetitiven Tätigkeiten, wie sie für die Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers massgebend sind, steigt das Lohnniveau vom Eintritt ins Erwerbsleben bis zur Pensionierung nur um 24 % (Lohnstrukturerhebung 1998 S. 19 links oben). Beim Versicherten, der im Zeitpunkt der Beren- tung erst 31 Jahre alt gewesen ist, liegt somit keine Unan- gemessenheit vor, wenn bei der Festsetzung des Behinderten- abzuges nicht abzugserhöhend berücksichtigt wird, dass er in einer leichten Hilfsarbeitertätigkeit neu anfangen muss. Damit ist der festgestellte Invaliditätsgrad von 25 % nicht zu beanstanden. Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- richt des Kantons Luzern und dem Bundesamt für Sozial- versicherung zugestellt. Luzern, 24. Januar 2002 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Vorsitzende der II. Kammer: Der Gerichtsschreiber: i.V.