Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 226/2001
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U 226/01 Vr

                        III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen;
Gerichtsschreiber Ackermann

                Urteil vom 26. Februar 2002

                         in Sachen

I.________, 1970, Beschwerdeführer, vertreten durch den
Rechtsschutz Q.________,

                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmatt-
strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

     A.- I.________, geboren 1970, arbeitete seit 1995 als
Storenmonteur für die Firma T.________ AG und war bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) unfall-
versichert. Am 5. September 1997 stürzte er während der
Arbeit aus einer Höhe von etwa vier Metern ab; die not-
fallmässig aufgesuchte Klinik für Unfallchirurgie des
Spitals X.________ diagnostizierte eine instabile LWK
1-Fraktur sowie eine distale Radiusfraktur links. In den
folgenden Tagen wurde am Rücken eine dorsale Stabilisierung

BWK 12 - L2 und eine ventrale Spondylodese mit Beckenspan
von links durchgeführt, während an der linken Hand eine
Reposition unter Analgesie sowie eine Platten-/Schrauben-
Osteosynthese vorgenommen wurde; der Fixateur interne
BWK 12 - L2 wurde am 14. August 1998 entfernt.
     Nachdem die SUVA diverse Arztberichte eingeholt und
ein Ergonomie-Trainingsprogramm in der Rehabilitations-
klinik Y.________ (Bericht vom 15. Januar 1999) veranlasst
hatte, stellte sie mit Schreiben vom 15. April 1999 die
Krankenpflege ab sofort und diejenige von Taggeldern ab
Anfang Mai 1999 ein. Mit Verfügung vom 1. Juni 1999 sprach
sie I.________ eine Integritätsentschädigung gestützt auf
eine Integritätseinbusse von 6 % zu und lehnte die Aus-
richtung einer Invalidenrente ab. Der Einspracheentscheid
vom 23. September 1999 bestätigte die verfügte Leistungs-
einstellung und verneinte einen Rentenanspruch; im Übrigen
wurde die zugesprochene Integritätsentschädigung bestätigt.
     Mit Verfügung vom 9. September 1999 hatte die IV-
Stelle des Kantons Zürich I.________ die Umschulung in Form
einer kaufmännischen Ausbildung vom 10. September 1999 bis
zum 17. Juli 2000 zugesprochen.

     B.- Die gegen den Einspracheentscheid der SUVA er-
hobene Beschwerde hiess das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 11. Mai 2001 insoweit gut,
als es mit Blick auf die Verfügung der IV-Stelle vom
9. September 1999 erwog, die SUVA habe den Anspruch auf
Invalidenrente verfrüht beurteilt. Das Gericht stellte
unter teilweiser Aufhebung des Einspracheentscheides fest,
dass I.________ weiterhin Anspruch auf Krankenpflege und
Taggelder bis zum 9. September 1999 habe. Betreffend der
Integritätsentschädigung wurde die Beschwerde jedoch ab-
gewiesen.

     C.- I.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen mit den Anträgen, unter teilweiser Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides und des Einspracheentscheides

sei die Sache zur Neubeurteilung der Integritätsentschädi-
gung an die SUVA zurückzuweisen; eventualiter seien ein
zweiter Schriftenwechsel und weitere Abklärungen anzuord-
nen.
     Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialver-
sicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Da sich in der Beschwerdeantwort der SUVA vom
3. August 2001 keine Argumente finden, die dem Beschwerde-
führer nicht schon bekannt gewesen wären, ist der in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde (eventualiter) beantragte
zweite Schriftenwechsel nicht durchzuführen.

     2.- Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und
Grundsätze zum Anspruch auf Integritätsentschädigung
(Art. 24 UVG; Art. 36 Abs. 1 UVV), zu deren Abstufung nach
der Schwere des Integritätsschadens (Art. 25 Abs. 1 UVG und
Anhang 3 zur UVV, gestützt auf Art. 36 Abs. 2 UVV) und zur
Bedeutung der von der medizinischen Abteilung der SUVA er-
arbeiteten weiteren Bemessungsgrundlagen in tabellarischer
Form (sog. Feinraster; vgl. dazu auch BGE 124 V 32 Erw. 1c)
zutreffend dargelegt, was ebenso für die Feststellung gilt,
dass mehrere Integritätsschäden auch dann addiert werden,
wenn sie im Einzelnen die Mindestschwelle von 5 % nicht er-
reichen (BGE 116 V 157 Erw. 3b, RKUV 1998 Nr. U 296 S. 236,
je mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.

     3.- Streitig ist einzig die Höhe des Integritätsscha-
dens.

     a) Während die Vorinstanz auf den Bericht des SUVA-
Kreisarztes Dr. med. Z.________, Orthopädische Chirurgie
FMH, vom 29. März 1999 abstellt und eine Integritätsein-

busse von 6 % annimmt, geht der Beschwerdeführer davon aus,
dass - wegen der andauernden Heilbehandlung - über die
Integritätsentschädigung noch gar nicht hätte entschieden
werden dürfen und zudem gestützt auf die mündlichen Äusse-
rungen der behandelnden Ärzte des Spitals X.________ eine
Integritätseinbusse von 20 % anzunehmen sei.

     b) Obwohl Art. 24 Abs. 2 UVG vorsieht, dass die Integ-
ritätsentschädigung zusammen mit dem Entscheid über die
Invalidenrente festgesetzt wird, muss es möglich sein,
bereits bei Behandlungsabschluss, aber vor dem - wegen
einer beruflichen Massnahme der Invalidenversicherung aus-
stehenden - Rentenentscheid über die Integritätsentschädi-
gung zu befinden. Letztere betrifft nämlich nicht die
Erwerbsfähigkeit, sondern die körperliche oder geistige
Integrität (Art. 24 Abs. 1 UVG), welche nicht Gegenstand
beruflicher Massnahmen der Invalidenversicherung ist.
     Die ärztliche Behandlung der Unfallfolgen war im Falle
des Beschwerdeführers im Zeitpunkt des Einspracheentschei-
des bereits abgeschlossen. Bei der nach Verfügungserlass
erfolgten Übernahme von neun Physiotherapiesitzungen durch
die SUVA handelt es sich zwar begrifflich um eine Heilbe-
handlung im Sinne des Art. 10 Abs. 1 lit. a UVG, jedoch
nicht um eine ärztliche Behandlung gemäss Art. 24 Abs. 2
UVG, welche geeignet wäre, die Höhe des Integritätsschadens
zu beeinflussen.

     c) Die Festlegung des Integritätsschadens an Rücken
und Hand auf 6 % ist nicht zu beanstanden. Mit der Vor-
instanz ist festzuhalten, dass die Beurteilung des SUVA-
Kreisarztes Dr. med. Z.________ vom 29. März 1999 nach-
vollziehbar und überzeugend begründet ist. Die Hinweise in
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, dass die behandelnden
Ärzte des Spitals X.________ gegenüber dem Versicherten von
einem höheren Integritätsschaden gesprochen hätten, ver-
mögen daran keine berechtigten Zweifel zu erwecken (BGE 125

V 353 Erw. 3b/ee), sodass von weiteren Abklärungen abzu-
sehen ist.

     d) Durch den SUVA-Kreisarzt nicht beurteilt worden
sind die vom Beschwerdeführer geklagten und aktenkundigen
Seh- und Konzentrationsstörungen, die an und für sich
Anspruch auf eine Integritätsentschädigung geben können
(vgl. Anhang 3 zur UVV [Beeinträchtigung von psychischen
Teilfunktionen wie Gedächtnis und Konzentrationsfähig-
keit]). Da diese geklagten Leiden bis zum Zeitpunkt der
Einsprache im September 1999 offensichtlich keine Behand-
lung erforderten, der Versicherte einen Sprachaufenthalt in
England sowie eine Umschulung zum kaufmännischen Angestell-
ten vornehmen konnte und sogar eine Ausbildung als Berufs-
pilot in Angriff nehmen wollte (die aus anderen Gründen als
den Seh- und Konzentrationsstörungen nicht durchgeführt
werden konnte), ist davon auszugehen, dass diese Probleme
keine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen oder
geistigen Integrität (Art. 24 Abs. 1 UVG) darstellen und
somit zu keiner Integritätsentschädigung berechtigen; auf
weitere Abklärungen kann verzichtet werden (antizipierte
Beweiswürdigung, BGE 124 V 94 Erw. 4b). Ob diese Störungen
überhaupt in einem natürlichen und adäquaten Kausalzusam-
menhang zum Unfall stehen (Art. 6 UVG), kann deshalb offen
bleiben.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
     rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
     Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 26. Februar 2002

                   Im Namen des
         Eidgenössischen Versicherungsgerichts
             Der Präsident der III. Kammer:

                Der Gerichtsschreiber: