Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 209/2001
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U 209/01

Urteil vom 2. September 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Signorell

K.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Ulrich Seiler,
Falkenhöheweg 20, 3012 Bern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin,

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

(Entscheid vom 27. April 2001)

Sachverhalt:
Die Arbeitslosenkasse der Gewerkschaft Industrie, Gewerbe, Dienstleistungen
SMUV erstattete am 9. Februar 2000 der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) Meldung über einen Unfall vom 6. Oktober
1999 des K.________. Diese widerrief am 9. März eine anfängliche
Leistungszusage, ordnete ergänzende Abklärungen an und verneinte mit
Verfügung vom 11. April 2000 eine Leistungspflicht, woran sie im
Einspracheentscheid vom 3. Juli 2000 festhielt.
Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 27. April 2001 ab.
Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt K.________ die Aufhebung des
Einspracheentscheides vom 3. Juli 2000 beantragen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die
mitbeteiligte Versicherung X.________ AG und das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichten auf Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Leistungspflicht des Unfallversicherers gemäss Art. 6 Abs. 1 UVG setzt
voraus, dass zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden
(Krankheit, Invalidität, Tod) ein natürlicher und adäquater
Kausalzusammenhang besteht. Ob zwischen dem schädigenden Ereignis und dem
Gesundheitsschaden ein natürlicher Kausalzusammenhang besteht, beurteilt sich
nach dem im Sozialversicherungsrecht üblichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit; die blosse Möglichkeit eines Zusammenhangs genügt für die
Begründung eines Leistungsanspruchs nicht (BGE 119 V 337 Erw. 1 mit
Hinweisen). Wie der leistungsbegründende natürliche Kausalzusammenhang muss
auch der Wegfall eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfallereignis
und den bestehenden Beschwerden mit dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Weil es sich dabei um eine
anspruchsaufhebende Tatfrage handelt, liegt die Beweislast - anders als bei
der Frage, ob ein leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang
gegeben ist - nicht beim Versicherten, sondern beim Unfallversicherer (RKUV
2000 Nr. U 363 S. 45, 1994 Nr. U 206 S. 328).
Wird durch einen Unfall ein krankhafter Vorzustand verschlimmert oder
überhaupt erst manifest, entfällt die Leistungspflicht des
Unfallversicherers, wenn entweder der (krankhafte) Zustand, wie er
unmittelbar vor dem Unfall bestanden hat (Status quo ante), oder aber
derjenige Zustand, der sich nach dem schicksalsmässigen Verlauf eines
krankhaften Vorzustandes auch ohne den Unfall früher oder später eingestellt
hätte (Status quo sine), erreicht ist (RKUV 1994 Nr. U 206 S. 328 Erw. 3b,
1992 Nr. U 142 S. 75 Erw. 4b, je mit Hinweisen). Dabei hat der
Unfallversicherer nicht den Beweis für unfallfremde Ursachen zu erbringen.
Welche Ursachen ein nach wie vor geklagtes Leiden hat, ist an sich
unerheblich. Entscheidend ist allein, ob die unfallbedingten Ursachen eines
Gesundheitsschadens ihre kausale Bedeutung verloren haben, also dahingefallen
sind (Urteil O. vom 31. August 2001, U 285/00).

2.
2.1 Strittig ist, ob der Beschwerdeführer einen Sehnen(an)riss als
unfallähnliche und den Unfällen gleichgestellte Körperschädigung (Art. 9 Abs.
2 lit. f UVV) erlitten hat und dieser durch ein Unfallereignis vom 6. Oktober
1999 (mit-)verursacht worden ist.

2.2 Unbestrittenermassen leidet der Beschwerdeführer seit etwa 1996 unter
einem Schmerzsyndrom in der Schulter-/Rückengegend (Periarthropathie) links
und dem Tietze-Syndrom links. Deswegen liess er sich zunächst bei seinem
Hausarzt Dr. med. A.________, Allgemeine Medizin FMH, und ab 28. Januar 2000
zudem bei Dr. B.________, Spezialarzt für Orthopädische Chirurgie FMH,
behandeln.

Am 11. Februar 2000 berichtete Dr. B.________ dem Hausarzt des
Beschwerdeführers, anhand der Untersuchung positive Zeichen einer
Rotatorenmanschettenläsion gefunden zu haben, welche Verletzung sich
anlässlich der Arthro-MRI-Untersuchung bestätigt habe.

2.3 Nach der Praxis der SUVA werden zwar nicht nur vollständige Sehnenrisse
als unfallähnliche Körperschädigungen übernommen, sondern auch Teilrupturen.
Weil die Diagnose eines Teilrisses mangels eines Funktionsausfalles jedoch
klinisch schwierig zu stellen ist und nach Sehnenteilrupturen sehr rasch eine
Irritation des Begleitgewebes entsteht, so dass ein Teilriss nicht mehr von
der Pathologie des Sehnenbegleitgewebes unterschieden werden kann, sind an
den Nachweis eines Teilrisses strenge Anforderungen zu stellen. Nur unter
dieser Voraussetzung bleibt eine klare Abgrenzung der Sehnenteilrupturen von
den Sehnenzerrungen gewährleistet. Weil sich die partiellen Sehnenrisse in
der Regel klinisch nicht von sekundären entzündlichen Reaktionen (Tendinitis,
Peritendinitis, Paratenonitis, Tendovaginitis) unterscheiden lassen
(Ramseyer, Unfallähnliche Körperschädigungen, Therapeutische Umschau, 1985,
S. 576), fällt eine Qualifikation als unfallähnliche Körperschädigung nur in
Betracht, wenn die Teilruptur als solche medizinisch eindeutig festgestellt
ist, sei dies intraoperativ oder durch Kontrastmitteldarstellung. Kann dieser
Nachweis nicht erbracht werden, so hat der Leistungsansprecher die Folgen zu
tragen (BGE 114 V 305 Erw. 5b). Es ist daher zunächst zu prüfen, ob eine
unfallähnliche Körperschädigung überhaupt nachgewiesen ist.

2.4 Dr. B.________ diagnostizierte im Zwischenbericht vom 17. Februar 2000
eine partielle Supraspinatussehnenruptur über die ganze Ansatzbreite Schulter
links und empfahl eine operative Sanierung. Im Operationsbericht vom 22.
Februar 2000 (Arthroskopie) wird zwar in der Diagnose u.a. eine Partialruptur
der Supraspinatussehne links erwähnt, beim Beschrieb des Operationsverlaufes
ist eine solche indessen nicht belegt. Der Operateur berichtete vielmehr,
dass eine durchgehende Läsion der Supraspinatussehne nicht erkennbar gewesen
sei. Man sei nicht in den Subacrominalraum gelangt. Bei der Revision der
Sehne habe sich dann aber eine ganz massive Bursitis subacromial ergeben, so
dass hier ein Débridement durchgeführt worden sei. Die Sehne als solche sei
aber ohne durchgehende Läsion gewesen, so dass keine Naht oder etwas
Ähnliches notwendig geworden sei. Die Arthroskopie ergab damit lediglich
einen massiven entzündlichen Vorgang, welcher in der Folge behandelt wurde.
Damit fehlt es an einem hinreichenden Hinweis auf eine Teilruptur der Sehne.
Daran vermögen die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu
ändern.

2.5 Bei dieser Aktenlage erübrigen sich Überlegungen dazu, ob ein
plötzliches, schädigendes und nicht beabsichtigtes Ereignis vorliegt, welches
die Körperschädigung (mit-)verursacht haben könnte. Doch sei immerhin
erwähnt, dass die Erwägungen des kantonalen Gerichtes zum Nachweis eines
derartigen Vorfalles der Rechtsprechung (vgl. vorne Erw. 1) entsprechen und
daher nicht zu beanstanden wären. Nicht weiter zu prüfen ist sodann, ob ein
allfälliges Unfallgeschehen beim gegebenen gesundheitlichen Vorzustand
überhaupt noch kausal sein konnte.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Versicherung X.________ AG und
dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 2. September 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber: