Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 168/2001
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2001
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2001


U 168/01 Vr

                        IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari;
Gerichtsschreiber Scartazzini

                  Urteil vom 8. Juli 2002

                         in Sachen

B.________,  1953, Beschwerdeführer, vertreten durch
Rechtsanwältin Dr. Barbara Strehle, Limmatquai 1,
8024 Zürich,
                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmatt-
strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

     A.- Der 1953 geborene B.________ war für verschiedene
Arbeitgeber als Lagermitarbeiter und Chauffeur tätig und
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch gegen Unfälle versichert. Zwischen 1977 und
1994 erlitt er mehrere Unfälle. Am 30. März 1987 prallte
B.________ als Carchauffeur gegen einen Felsen, wobei er
sich ein stumpfes Thorax- und Oberbauchtrauma ohne nach-
weisbare Organschädigungen zuzog (Bericht des Spitals
X.________ vom 9. April 1987). Am 15. Mai 1987 fuhr er mit

einem leeren Car in eine Hausmauer, worauf er seinem Haus-
arzt Dr. med. H.________ Kopfschmerzen klagte (SUVA-Bericht
vom 26. Juni 1995). Am 17. Februar 1990 verursachte
B.________ als Carchauffeur einen Auffahrunfall in Jugos-
lawien. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz wurde am Spital
Y.________ ein Wundinfekt der rechten Wade behandelt bei
Status nach einer beidseitigen Unterschenkel-Schnittver-
letzung und des Musculus triceps surae rechts (Bericht des
Chirurgen Dr. K.________ vom 9. März 1990). Am 16. Februar
1993 liess B.________ einen Rückfall melden. Dr. med.
H.________ diagnostizierte eine sekundäre Angstneurose bei
Status nach mehreren Unfällen mit Arm- sowie Beinverlet-
zungen, Oberbauch- und Kopftraumen (Bericht vom 11. März
1993). Laut Arbeitgeberin war der 29. April 1993 sein
letzter Arbeitstag, die Kündigung erfolgte per 28. Februar
1994.
     Die SUVA stellte im Anschluss an die Beurteilung des
Chirurgen Dr. med. I.________ von ihrem Ärzteteam Unfall-
medizin (vom 30. Oktober 1996) die Heilbehandlung ein und
verneinte sowohl den Anspruch auf Invalidenrente als auch
auf Integritätsentschädigung, weil die geklagten Beschwer-
den in keinem Zusammenhang mit den zwischen 1977 und 1994
erlittenen Unfällen stünden (Verfügung vom 8. Januar 1997).
Die beidseitigen Kniebeschwerden seien ebenso wenig unfall-
ursächlich da degenerativer Natur, sodass die SUVA auch
hiefür ihre Leistungspflicht verneinte (Verfügung vom
23. Februar 1999). Daran hielt sie nach Vereinigung der
Einspracheverfahren fest (Einspracheentscheid vom 11. Juni
1999).

     B.- B.________ liess Beschwerde führen mit den An-
trägen, in Aufhebung des Einspracheentscheids und der Ver-
fügungen vom 8. Januar 1997 und 23. Februar 1999 seien ihm
die gesetzlichen Leistungen wie Heilbehandlungskosten, Tag-
gelder, Invalidenrente und Integritätsentschädigung zuzu-
sprechen. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
wies die Beschwerde ab (Entscheid vom 16. März 2001).

     C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt B.________
die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern, wo-
bei die Unfallkausalität nur noch bezüglich der drei Un-
fälle vom 30. März und 15. Mai 1987 sowie 17. Februar 1990
behauptet wird. Zudem lässt er beantragen, es seien weitere
medizinische Gutachten einzuholen, namentlich bei einem
Kniespezialisten. Weiter wird eine Expertise des Dr. med.
U.________, Spezialarzt für Orthopädische Chirurgie, vom
25. Januar 2001 ins Recht gelegt.
     Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für
Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Im vorinstanzlich bestätigten Einspracheentscheid
vom 11. Juni 1999 wird die Rechtsprechung zu dem für die
Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V
289 Erw. 1b) zwischen einem Unfallereignis und dem einge-
tretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; vgl. auch
Art. 6 Abs. 1 UVG) zutreffend dargelegt. Richtig wiederge-
geben hat das kantonale Gericht sodann die Rechtsprechung
zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 125 V
352 Erw. 3a und b, 122 V 160 Erw. 1c je mit Hinweisen).

     2.- a) Die Vorinstanz verneinte den natürlichen Kau-
salzusammenhang zwischen sämtlichen in den Jahren 1977 bis
1994 erlittenen Unfällen und den geklagten Kopf- und Rü-
ckenschmerzen sowie den damit zusammenhängenden Gedächtnis-
und Konzentrationsproblemen, wobei sie sich zu Recht bezüg-
lich des Gesundheitszustandes auf den hiefür massgebenden
Zeitpunkt des Einspracheentscheids (BGE 121 V 366 Erw. 1b
mit Hinweisen) stützte. Die Arztberichte, welche den Kau-
salzusammenhang bejahen, seien nicht zweifelsfrei, da sie
anhand einer unvollständigen Aktenlage und hiezu im Wider-

spruch stehenden Angaben des Versicherten ergangen seien.
Die diagnostizierte contusio cerebri fände zudem in den ge-
samten medizinischen Unterlagen keine Stütze. Bezüglich der
Kniebeschwerden kam das kantonale Gericht zum Schluss, dass
von degenerativen Meniskusläsionen ausgegangen werden könne
(Bericht des Kreisarztes Dr. med. O.________, Orthopädische
Chirurgie, vom 15. Oktober 1998). Demzufolge sei auch dies-
bezüglich die natürliche Kausalität zwischen den Unfällen
und den geklagten Beschwerden zu verneinen.

     b) Aufgrund der einlässlich begründeten und schlüssi-
gen Gutachten des Dr. med. O.________ vom 15. Oktober 1998
zur Unfallkausalität der Meniskusläsionen und Dr. med.
I.________ zu den übrigen geklagten Beschwerden, welche die
vorhandene medizinische Dokumentation eingehend würdigen,
auf umfassenden Untersuchungen beruhen und sowohl hinsicht-
lich der Rückenbeschwerden als auch der neurologischen Aus-
fälle mit weiteren Gutachten in Einklang stehen (Bericht
von Dr. med. S.________ und Frau Dr. med. F.________, Rheu-
maklinik am Spitals Z.________, vom 1. Juli 1993, wonach
die Rückenbeschwerden nicht auf die Unfälle zurückzuführen
sind; Bericht des Neurologen Dr. med. R.________ vom
27. Januar 1993, welcher keinen neurologischen Befund erhob
und lediglich von Spannungskopfschmerzen ausging), ist als
erstellt zu betrachten, dass die Unfälle vom 30. März,
15. Mai 1987 und 17. Februar 1990 nicht in einem natürli-
chen Kausalzusammenhang mit den geklagten Beschwerden
stehen; aufgrund der gesamten Aktenlage kann auch kein
teilursächlicher Zusammenhang mit überwiegender Wahrschein-
lichkeit angenommen werden. Mithin wurde erstmals 1994 auf-
grund der festgestellten neuropsychologischen Defizite von
erlittenen Schädel-Hirntraumata ausgegangen. Initial wurden
jedoch bei keinem der Unfälle Befunde erhoben, welche eine
solche Diagnose zugelassen hätten, und auch Kniebeschwerden
wurden laut Angaben des Hausarztes Dr. med. H.________
erstmals 1996 geklagt (Zeugnis vom 22. Juli 1998).

     Die Vorinstanz hat zu Recht auf die Abnahme weiterer
Beweise, insbesondere auf die Anordnung von Expertisen
eines Kniespezialisten und Neurologen verzichtet. Der Sach-
verhalt wurde, soweit möglich, umfassend abgeklärt. Von den
beantragten Beweismassnahmen sind daher keine neuen Er-
kenntnisse zu erwarten (BGE 124 V 94 Erw. 4b, 122 V 162
Erw. 1d mit Hinweis; SVR 2001 IV Nr. 10 S. 27), zumal der
Beschwerdeführer wegen des Zeitablaufs zunehmend weniger in
der Lage sein dürfte, zu den Unfallereignissen einigermas-
sen zuverlässige Angaben zu machen. Die diesbezüglichen
Anträge sind demzufolge abzuweisen.

     c) aa) Hinsichtlich des letztinstanzlich aufgelegten
Parteigutachtens des Dr. med. U.________ (vom 25. Januar
2001) sind erhebliche Zweifel angebracht, weil dieser seine
Beurteilung offensichtlich ohne vollständige Einsichtnahme
in die umfangreichen medizinischen Unterlagen vorgenommen
hat. Dies ergibt sich in erster Linie aus der von Dr. med.
U.________ festgehaltenen Anamnese, welche verschiedene
aktenwidrige Angaben (zum Unfall vom 30. März 1987: retro-
grade Amnesie, drei Tage auf der Intensivstation; beim
Unfall vom 15. Mai 1987: Bewusstlosigkeit für die Dauer von
30 Minuten; beim Unfall vom 17. Februar 1990: Stirnverlet-
zung durch die Windschutzscheibe; Bewusstlosigkeit) auf-
weist. Auch sind bei den Ereignissen von 1987 bis 1990
nicht drei Schädelkontusionen dokumentiert. Beim Unfall vom
15. Mai 1987 gibt der Versicherte acht Jahre danach zu Pro-
tokoll, den Kopf an der Frontscheibe angeschlagen zu haben.
Bezüglich des Geschehens vom 30. März 1987 wird im Bericht
des Spitals X.________ vom 9. April 1987 festgehalten, der
Beschwerdeführer habe erklärt, für 5 Minuten bewusstlos
gewesen zu sein, ohne darüber hinaus gehende Amnesie. Es
fand sich am Unfalltag ein neurologisch unauffälliger Sta-
tus ohne Kontusionsmarken am Kopf, sodass der Versicherte
anderntags das Spital klinisch beschwerdefrei verlassen
konnte. Insoweit Dr. med. U.________ die Unfallkausalität
der neuropsychologischen Defizite aufgrund des Gutachtens

der Neurologischen Klinik und Poliklinik am Spital
Z.________ vom 30. Dezember 1995 (recte: 1994) bejaht, kann
dem, wie nachstehend dargelegt, nicht gefolgt werden.

     bb) Aus dem Bericht der Dres. med. A.________ und
L.________, Neurologische Klinik und Poliklinik, Spital
Z.________ (vom 30. Dezember 1994) geht nämlich nicht her-
vor, ob anamnestisch die gesamte Aktenlage berücksichtigt
wurde oder nicht. Sodann ist die Feststellung unzutreffend,
die Aussagen des Versicherten würden mit den Akten überein-
stimmen. Beim Geschehen vom 15. Mai 1987 ist keine 30-minü-
tige Bewusstlosigkeit dokumentiert (Bericht der SUVA vom
26. Juni 1995). Ebenso finden sich darin hinsichtlich des
Unfallereignisses vom 17. Februar 1990 widersprüchliche
Angaben des Versicherten zu seinen Aussagen gemäss SUVA-
Bericht vom 21. März 1990, worin Schürf- und Schnittwunden-
verletzungen, nicht jedoch ein Kopfanprall oder eine späte-
re Bewusstlosigkeit erwähnt werden.

     3.- Daraus erhellt, dass weder auf das Privatgutachten
des Dr. med. U.________ noch auf dasjenige der neurologi-
schen Klinik und Poliklinik der Dres. A.________ und
L.________ sowie den ergänzenden neuropsychologischen
Bericht der Neurologischen Klinik am Spital Z.________ von
Dr. phil. E.________ und Dr. med. T.________ (vom 8. Feb-
ruar 1993, recte: 8. Februar 1994) abgestellt werden kann,
welche ihren Bericht ebenfalls ohne (vollständige) Ein-
sichtnahme in die medizinischen Akten und ausgehend von
aktenwidrigen anamnestischen Angaben abfassten.
     Da ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen den
Unfällen und der Beeinträchtigung der Arbeits- und Erwerbs-
fähigkeit zwar möglich, aber nicht mit überwiegender Wahr-
scheinlichkeit nachgewiesen ist und sich auch mittels zu-
sätzlicher Abklärungen nicht erstellen lässt, entfällt die
Leistungspflicht der SUVA (Erw. 1 hievor).

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
     rungsgericht des Kantons Zürich, dem Bundesamt für
     Sozialversicherung und der Versicherungen Q.________
     zugestellt.

Luzern, 8. Juli 2002

                Im Namen des
         Eidgenössischen Versicherungsgerichts
            Die Präsidentin der IV. Kammer:

               Der Gerichtsschreiber: