Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 15/2001
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U 15/01
U 23/01 Gb

                        IV. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Kernen;
Gerichtsschreiberin Keel Baumann

                Urteil vom 4. Dezember 2001

                         in Sachen

ELVIA Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft Zürich,
Badenerstrasse 694, 8048 Zürich, Beschwerdeführerin,

                           gegen

D.________, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsan-
walt Hans Schmidt, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

                            und

D.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsan-
walt Hans Schmidt, Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

                           gegen

ELVIA Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft Zürich,
Badenerstrasse 694, 8048 Zürich, Beschwerdegegnerin,

                            und

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

     A.- Die 1932 geborene D.________ war seit 1. Mai 1987
bei Damenmoden Z.________ als Verkäuferin angestellt und in
dieser Eigenschaft bei der Elvia Schweizerische Versiche-
rungs-Gesellschaft (nachfolgend: Elvia) gegen Unfälle ver-
sichert. Am 24. Juli 1987 stürzte sie im Lager des Ver-
kaufsgeschäftes. Wegen anschliessend auftretender Schmerzen
im rechten Hüftgelenk und im Bereich der Lendenwirbelsäule
begab sie sich am 7. August 1987 in medizinische Behandlung
zu Dr. med. W.________, praktischer Arzt. Dieser diagnosti-
zierte eine Aktivierung einer Coxarthrose sowie eine Zer-
rung eines Muskelansatzes im Bereich der rechten Leiste.
Eine Arbeitsunfähigkeit bestand vorerst nicht. Aufgrund
zunehmender Beschwerden hielt sich die Versicherte vom 8.
bis 29. Oktober 1987 in der Rheumaklinik in Y.________ auf,
wobei ihr von Beginn ihres Aufenthaltes und bis 8. November
1987 eine volle Arbeitsunfähigkeit attestiert wurde. Ab
9. November 1987 war D.________ zu 50 % und ab 1. Januar
1988 erneut zu 100 % arbeitsunfähig. Mit Wirkung auf Ende
Juli 1988 wurde ihr das Arbeitsverhältnis gekündigt.
     Am 8. April 1988 wurde D.________ in der Klinik
X.________ durch Dr. med. C.________, Spezialarzt FMH für
Orthopädische Chirurgie, eine Hüfttotalendoprothese rechts
implantiert. Im Anschluss an den Spitalaufenthalt begab
sich die Versicherte zur Nachbehandlung ins Medizinische
Zentrum in A.________. Im Verlaufe des langwierigen Hei-
lungsprozesses holte die Elvia bei Dr. med. H.________,
Spezialarzt FMH für Chirurgie, einen Bericht vom 15. Januar
1989 ein, bei Dr. med. G.________, Leitender Arzt Orthopä-
die, Klinik B.________ ein Gutachten vom 20. September
1990, bei Dr. med. S.________, Spezialarzt FMH für Chirur-
gie, eine ärztliche Beurteilung nach Aktenlage vom 11. De-
zember 1990 und bei PD Dr. med. E.________, Leitender Arzt,
Klinik für Orthopädische Chirurgie, Spital F.________, ein
Gutachten vom 24. April 1992.  Mit Wirkung auf Ende Februar
1993 stellte die Elvia, welche bis anhin ein Taggeld ausge-
richtet und die Kosten der Heilbehandlung übernommen hatte,

ihre Leistungen ein. Mit Schreiben vom 4. März 1993 unter-
breitete sie D.________ einen Vergleichsvorschlag, in wel-
chem unter anderem die Weiterausrichtung eines Taggeldes
auf der Grundlage einer Arbeitsunfähigkeit von 50 % bis zum
Erreichen des Pensionierungsalters am 30. März 1994 vorge-
sehen war. Im Weitern liess sie ihr am 29. Juli 1993 eine
unpräjudizielle Akontozahlung in der Höhe von Fr. 12'000.-
und zu Beginn des Jahres 1997 eine weitere in der Höhe von
Fr. 10'000.- zukommen. Zu einer vergleichsweisen Erledigung
des Falles kam es in der Folge jedoch nicht.
     In einer im September 1996 durchgeführten Skelettszin-
tigraphie wurde bei der Versicherten eine wahrscheinliche
Lockerung der Hüftgelenksprothesenpfanne rechts festge-
stellt (Bericht des Spitals I.________, Institut für Nukle-
armedizin, vom 26. September 1996). Dr. med. K.________,
Leitender Arzt Orthopädie, Klinik B.________, bestätigte
diesen Befund in seinem Bericht vom 5. März 1997 und nahm
am 1. April 1997 den gestützt hierauf indizierten Pfannen-
wechsel vor. Am 2. Oktober 1998 wurde die Versicherte durch
Prof. Dr. med. L.________, Spezialarzt FMH für Orthopädi-
sche Chirurgie, begutachtet (Expertise vom 26. November
1998).
     Mit Verfügung vom 9. April 1999 teilte die Elvia
D.________ mit, sie werde keine weiteren Versicherungsleis-
tungen mehr erbringen. Zur Begründung führte sie an, dass
der Status quo sine Ende Januar 1988 erreicht worden sei
und sich die Leistungspflicht der Elvia für den Unfall vom
24. Juli 1987 deshalb auf die Zeit bis Ende Januar 1988
beschränke. Was die darüber hinaus bis 28. Februar 1993
ungerechtfertigterweise ausgerichteten Taggelder und über-
nommenen Heilbehandlungskosten anbelange, werde auf eine
Rückforderung verzichtet. Auf Einsprache der Versicherten
hielt die Elvia an ihrem Standpunkt fest (Entscheid vom
15. Februar 2000).

     B.- D.________ liess hiegegen Beschwerde einreichen
mit dem Rechtsbegehren, der Einspracheentscheid sei aufzu-
heben, soweit darin Heilbehandlungskosten und Taggelder nur
bis Ende Januar 1988 (bzw. zufolge Verzichts auf Rückforde-
rung bis 28. Februar 1993) anerkannt würden. Die Elvia sei
zu verpflichten, die gesetzlich geschuldeten Leistungen zu
erbringen, namentlich bis Ende Juli 1997 Taggelder auszu-
richten und die Kosten der Heilbehandlung zu übernehmen;
eventuell sei ihr eine Rente und eine Integritätsentschädi-
gung zuzusprechen. Mit Entscheid vom 22. November 2000
hiess das Versicherungsgericht des Kantons Aargau die Be-
schwerde gut, soweit es auf sie eintrat, hob den Einspra-
cheentscheid auf und wies die Sache an die Elvia zurück,
damit sie im Sinne der Erwägungen über die D.________ ab
1. April 1997 zustehenden Versicherungsleistungen neu
befinde.

     C.- Gegen diesen Entscheid führen sowohl die Elvia als
auch D.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Während die
Elvia die Aufhebung des kantonalen Entscheides beantragt,
stellt die Versicherte das Rechtsbegehren, der Entscheid
sei insoweit aufzuheben, als darin ein Taggeldanspruch für
die Zeit vom 1. März 1993 bis 1. April 1997 verneint werde,
und die Elvia sei zu verpflichten, auch in dieser Periode
die gesetzlich geschuldeten Leistungen, insbesondere ein
Taggeld, zu bezahlen. Im Weitern ersucht D.________ um
Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung.
     In ihren Vernehmlassungen schliessen D.________ und
die Elvia auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
der jeweiligen Gegenpartei. Das Bundesamt für Sozialversi-
cherung verzichtet in beiden Verfahren auf eine Stellung-
nahme.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Da den beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden der-
selbe Sachverhalt zu Grunde liegt, sich die gleichen
Rechtsfragen stellen und die Rechtsmittel den nämlichen
vorinstanzlichen Entscheid betreffen, rechtfertigt es sich,
die beiden Verfahren zu vereinigen und in einem einzigen
Urteil zu erledigen (BGE 123 V 215 Erw. 1, 120 V 466 Erw. 1
mit Hinweisen; vgl. auch BGE 127 V 33 Erw. 1, 157 Erw. 1,
126 V 285 Erw. 1; Poudret, Commentaire de la loi fédérale
d'organisation judiciaire, Bd. 1, S. 343 unten f.).

     2.- a) Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozial-
versicherungsrechts kann die Verwaltung eine formell
rechtskräftige Verfügung, welche nicht Gegenstand materiel-
ler richterlicher Beurteilung gebildet hat, in Wiedererwä-
gung ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig und ihre Berich-
tigung von erheblicher Bedeutung ist (BGE 126 V 23 Erw. 4b,
46 Erw. 2b, 400 Erw. 2b/aa, je mit Hinweisen).
     Von der Wiedererwägung ist die so genannte prozessuale
Revision von Verwaltungsverfügungen zu unterscheiden. Da-
nach ist die Verwaltung verpflichtet, auf eine formell
rechtskräftige Verfügung zurückzukommen, wenn neue Tatsa-
chen oder neue Beweismittel entdeckt werden, die geeignet
sind, zu einer andern rechtlichen Beurteilung zu führen
(BGE 126 V 24 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, je mit Hinweisen).

     b) Bei faktischem Verwaltungshandeln sind die Rückkom-
menstitel der Wiedererwägung oder prozessualen Revision nur
erforderlich, wenn die in Frage stehende Leistungsausrich-
tung auch vom Versicherten nicht mehr beanstandet werden
kann, das Verwaltungshandeln vielmehr eine mit dem Ablauf
der Beschwerdefrist bei formellen Verfügungen eintretende
vergleichbare Rechtsbeständigkeit erreicht hat. Entspre-
chend der im Bereich des KUVG entwickelten, auf den Prinzi-
pien des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit beru-

henden Praxis kann die Rechtsbeständigkeit als eingetreten
gelten, wenn anzunehmen ist, ein Versicherter habe sich mit
einer getroffenen Regelung abgefunden. Dies ist nach der
Rechtsprechung dann der Fall, wenn er sich nicht innert
(nach den Umständen) angemessener Überlegungs- und Prü-
fungsfrist dagegen verwahrt (BGE 126 V 23 Erw. 4b, 122 V
369 Erw. 3, 110 V 168 Erw. 2b; RKUV 1990 Nr. K 835 S. 81
Erw. 2a).

     3.- Streitig und zu prüfen ist vorab, ob die Elvia
berechtigt war, auf die in der Zeit zwischen dem Unfall und
dem 28. Februar 1993 ausgerichteten, nicht in einer formel-
len Verfügung zugesprochenen Versicherungsleistungen (Tag-
geld, Heilbehandlung) zurückzukommen.

     a) Die Vorinstanz verneinte dies mit der Begründung,
die Ausrichtung von Taggeldern und die Übernahme der Heil-
behandlungskosten an die Versicherte seien als de-facto-
Verfügungen nach Ablauf einer (nach den Umständen) angemes-
senen Überlegungsfrist in Rechtskraft erwachsen. Die infol-
gedessen für eine Abänderung erforderlichen Voraussetzungen
der Wiedererwägung oder der prozessualen Revision lägen
nicht vor, weil das Gutachten des Prof. Dr. med. L.________
vom 26. November 1998, auf welches die Elvia sich stützte,
die Leistungserbringung weder zweifellos unrichtig erschei-
nen lasse noch wesentliche und erhebliche neue Tatsachen im
revisionsrechtlichen Sinne beinhalte.

     b) aa) Was die Elvia in der Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde hiegegen vorbringt, vermag zu keinem anderen Er-
gebnis zu führen. Nicht gefolgt werden kann ihr namentlich
insoweit, als sie geltend macht, dass sie die bis Ende Feb-
ruar 1993 erbrachten Leistungen stets unter dem Vorbehalt,
dass die Kausalitätsfrage eindeutig geklärt sein werde,
ausgelöst habe, weshalb ihr Handeln nicht als Anerkennung
der natürlichen Kausalität qualifiziert werden könne und es

ihr jederzeit zustehe, diese Thematik wieder aufzugreifen.
Denn ein derartiger Vorbehalt ist aus den Akten nicht er-
sichtlich und kann keinesfalls darin erblickt werden, dass
weitere Abklärungen in medizinischer Hinsicht veranlasst
worden waren.

     bb) Entgegen der Auffassung der Elvia vermag das Gut-
achten des Prof. Dr. med. L.________ vom 26. November 1998
auch keine Wiedererwägung der Leistungserbringung zu recht-
fertigen. Dabei kann - wie bereits im nicht veröffentlich-
ten Urteil N. vom 16. Mai 1997, U 183/96, und im Urteil H.
vom 27. April 2001, I 4/01 - offen gelassen werden, ob der
Nachweis der Voraussetzung zweifelloser Unrichtigkeit über-
haupt mit einem neuen Gutachten erbracht werden kann. Denn
selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, würde das Gutach-
ten des Prof. Dr. med. L.________ nicht ausreichen, um ge-
stützt darauf auf die erbrachten Leistungen zurückzukommen.
Für seine Annahme, der Status quo sine sei Anfang 1988
erreicht gewesen, stützt sich Prof. Dr. med. L.________
nämlich, worauf er selber hinweist, auf die entsprechenden,
in den Akten liegenden Arbeitsfähigkeitsbeurteilungen, wel-
chen er sich mangels eines Grundes, "daran retrospektiv
etwas zu rütteln", anschliesst. Erkenntnisse, welche die
gegenteilige Auffassung auch nur als unrichtig erscheinen
liessen, enthalten seine Ausführungen hingegen nicht.

     cc) Wie im nicht veröffentlichten Urteil N. vom
16. Mai 1997, U 183/96, braucht auch vorliegend in Bezug
auf den Rückkommenstitel der prozessualen Revision nicht
entschieden zu werden, ob die einem Gutachten - vorliegend
demjenigen des Prof. Dr. med. L.________ vom 26. November
1998 - zu entnehmende Feststellung zur Frage des natürli-
chen Kausalzusammenhanges, welche den Bereich der Sachver-
haltsfeststellung beschlägt (vgl. BGE 119 V 338 oben), als
neuentdeckte vorbestandene Tatsache zu qualifizieren ist
oder bloss als neue Bewertung des im Zeitpunkt der ur-

sprünglichen Verfügung gegebenen Sachverhaltes. Während sie
als letztere revisionsrechtlich von Vornherein unbeachtlich
bliebe, vermöchte sie als erstere vorliegend jedenfalls zu
keiner anderen rechtlichen Beurteilung zu führen, weil die
Begutachtung, wie Prof. Dr. med. L.________ unter Hinweis
auf den Zeitablauf sinngemäss selber festhielt, zu keinen
wesentlichen neuen Erkenntnissen führte.

     4.- Ist eine Leistungspflicht des Unfallversicherers
nach dem Gesagten (Erw. 3 hievor) für die Zeit bis 28. Feb-
ruar 1993 und somit auch für die Implantationsoperation vom
8. April 1988 zu bejahen, hat die Elvia, wie die Vorinstanz
zutreffend erkannt hat, auch Leistungen im Zusammenhang mit
der Reoperation vom 1. April 1997 zu erbringen, weil der
Eingriff vom 1. April 1997 nach den medizinischen Akten
(Bericht des Dr. med. K.________ vom 5. März 1997 sowie
Gutachten des Prof. Dr. med. L.________ vom 26. November
1998) eine Folge desjenigen vom 8. April 1988 darstellt.
Die gegenteilige Auffassung der Elvia, wonach die Gelenks-
pfanne sich "aus ihrer Eigendynamik und nicht wegen der
Fehlstellung um 5°" gelockert habe, findet in den Stellung-
nahmen der Ärzte keine Stütze, weshalb darauf nicht weiter
einzugehen ist.
     Grundlage für die diesbezügliche Anspruchsberechtigung
der Versicherten bildet die Bestimmung des Art. 6
Abs. 3 UVG, wonach Leistungen nicht nur bei den in Abs. 1
erwähnten Berufsunfällen, Nichtberufsunfällen und Berufs-
krankheiten sowie den in Abs. 2 genannten unfallähnlichen
Körperschädigungen erbracht werden, sondern auch bei Schä-
digungen, die dem Verunfallten bei der Heilbhehandlung
(Art. 10 UVG) zugefügt werden (vgl. dazu auch BGE 118 V 292
Erw. 3b; Maurer, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht,
S. 181). Bei dieser Rechtslage vermag an der Leistungs-
pflicht der Elvia, zu deren Festsetzung in quantitativer
Hinsicht die Vorinstanz die Sache an den Unfallversicherer
zurückgewiesen hat, nichts zu ändern, dass die Elvia es als

stossend empfindet, dass die bis Februar 1993 erfolgte
Leistungsausrichtung, welche nach ihrer Betrachtungsweise
einen "Fehler" darstellt, über den 1. April 1997 hinaus
Konsequenzen hat. Auch in diesem Punkt ist der angefochtene
Entscheid somit rechtens.

     5.- Zu prüfen ist schliesslich die Leistungspflicht
der Elvia in der Zeit vom 1. März 1993 bis 31. März 1997,
d.h. zwischen Leistungseinstellung und Reoperation.

     a) Die Vorinstanz erwog, dass die anwaltlich vertrete-
ne Versicherte nach Einstellung der Taggeldleistungen keine
weiteren Schritte gegen den Unfallversicherer unternommen
habe, lasse darauf schliessen, dass sie diese hingenommen
habe. Nicht nur sei sie mit Schreiben vom 4. März 1993 aus-
führlich und detailliert über die in Aussicht gestellte
Erledigungsart informiert worden, sondern es sei ihr am
29. März (recte: Juli) 1993 auch eine Akontozahlung ausge-
richtet worden. Es wäre der Versicherten, auch wenn sie das
Angebot der Elvia nicht annehmen wollte, zumutbar gewesen,
im Zeitraum der Vergleichsverhandlungen zumindest gegen die
Einstellung der Taggeldleistungen zu intervenieren, was sie
indessen unterlassen habe. Ihr neuer Rechtsvertreter habe
sich erstmals am 1. November 1996 gemeldet. Bei dieser
Sachlage könne nicht von einer Anfechtung innert vernünfti-
ger Frist gesprochen werden. Demnach sei die Leistungsein-
stellung per 1. März 1993 in Rechtskraft erwachsen. Es sei
weder ersichtlich noch werde von der Versicherten geltend
gemacht, dass die Rückkommensvoraussetzungen der Wiederer-
wägung oder der prozessualen Revision vor der Operation am
1. April 1997 erfüllt gewesen seien. Da die Einstellung der
Leistungen per 28. Februar 1993 im vorliegenden Verfahren
nicht angefochten werden könne, sei auf die Beschwerde,
soweit es um Taggelder für die Zeit vom 1. März 1993 bis
31. März 1997 gehe, nicht einzutreten.

     b) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden.
Die Vorinstanz geht zwar zutreffend davon aus, dass die
Elvia und die Versicherte in Vergleichsverhandlungen stan-
den, stellt den Sachverhalt aber unvollständig dar. Nach
Ausrichtung einer ersten Akontozahlung Ende Juli 1993 er-
suchte nämlich der damalige Rechtsvertreter der Versicher-
ten die Elvia mit Schreiben vom 20. Januar 1994 um Heraus-
gabe der Röntgenbilder, um zum Vergleich Stellung nehmen zu
können. Was in der Folgezeit geschah, lässt sich den Unter-
lagen nicht entnehmen; nach Darstellung der Versicherten
bemühte sich ihr damaliger Rechtsvertreter um verschiedene
medizinische Abklärungen, ohne sich allerdings je zum Ver-
gleichsvorschlag zu äussern. Dokumentiert ist hingegen,
dass die Elvia, als sie im November 1996 darüber informiert
wurde, dass ein neuer Rechtsvertreter das Mandat übernommen
hatte, diesen mit Schreiben vom 15. November 1996 über den
Verfahrensstand orientierte, wobei sie namentlich die zur
späteren Verrechnung unter allen anfallenden Titeln erfolg-
te Akontozahlung von Fr. 12'000.- erwähnte. Auf Ersuchen
des neuen Rechtsvertreters leistete die Elvia sodann zu
Beginn des Jahres 1997 eine weitere Akontozahlung von
Fr. 10'000.-. Nachdem sie verschiedene neuere Berichte,
darunter auch das Gutachten des Prof. Dr. med. L.________
vom 26. November 1998, zu den Akten genommen hatte, hielt
sie in einem Schreiben vom 6. Januar 1999 fest, dass das am
4. März 1993 vergleichsweise und unpräjudiziell unterbrei-
tete Erledigungsangebot zwar "allerspätestens nach heutigem
Wissensstand eigentlich zurückgezogen werden müsste", sie
jedoch bereit sei, "im Sinne eines wirklich ausserordentli-
chen Entgegenkommens, ohne jegliches Präjudiz, ohne Aner-
kennung einer Rechts- oder Leistungspflicht sowie ausdrück-
lich nur für den Vergleichsfall [...], diesen Vorschlag vom
04.03.1993 vorderhand noch aufrechtzuerhalten". Nachdem der
Rechtsvertreter der Versicherten mit Telefon vom 11. März
1999 erklärt hatte, das Vergleichsangebot nicht akzeptieren
zu können, erging schliesslich die Verfügung vom 9. April
1999.

     Unter diesen Umständen - namentlich mit Blick darauf,
dass die Elvia selbst zu Beginn des Jahres 1999 noch vom
Weiterbestand des Vergleichsangebotes, welches sie sodann
ausdrücklich aufrechterhielt, ausging (andernfalls hätte
die von ihr angesprochene Möglichkeit, dieses zurückzuzie-
hen, gar nicht bestanden) - steht fest, dass sich die Ver-
gleichsverhandlungen, anders als die Sachverhaltsdarstel-
lung im angefochtenen Entscheid vermuten lässt - über einen
sehr weiten Zeitraum (März 1993 bis März 1999) erstreckten.
Solange die Parteien aber in Bezug auf die weitere Leis-
tungspflicht in Verhandlung standen und somit noch mit ei-
ner einvernehmlichen Lösung rechneten, gab es für die Ver-
sicherte keinen Grund, sich - wie bei faktischem Verwal-
tungshandeln zur Verhinderung des Eintritts der Rechtsbe-
ständigkeit praxisgemäss grundsätzlich vorausgesetzt - ge-
gen die Leistungseinstellung zu verwahren. Unter den gege-
benen Umständen stand nämlich für die Elvia klar fest, dass
die Versicherte die Einstellung nicht akzeptierte, andern-
falls die sich unter anderem gerade auf das Taggeld bezie-
henden Vergleichsverhandlungen überflüssig gewesen wären.
Damit war den in Erwägung 2b dargelegten, Grundlage der
Rechtsprechung bildenden Prinzipien der Rechtssicherheit
und des Vertrauensschutzes Genüge getan. Entgegen der im
angefochtenen Entscheid vertretenen Auffassung rechtfertigt
es sich bei dieser Sachlage nicht, von der Versicherten da-
rüber hinaus zu verlangen, dass sie ausdrücklich opponiere.
     Verbietet sich nach dem Gesagten die Annahme, dass die
Versicherte die Leistungseinstellung stillschweigend akzep-
tierte, braucht nicht geprüft zu werden, ob diesem Ergebnis
bereits im Wege stünde, dass ein Verzicht - wie die Versi-
cherte geltend machen lässt - mit Blick auf Art. 65 UVV
ohnehin nur in schriftlicher Form gültig erklärt werden
könnte (zu den strengen Voraussetzungen für die Annahme
eines Verzichts: BGE 124 V 176 Erw. 3a, 101 V 265 Erw. 2)
und es gegebenenfalls einer entsprechenden, vom Unfallver-
sicherer zu erlassenden Verfügung bedürfte (Art. 99 Abs. 1
UVG; zum Ganzen: Maurer, a.a.O., S. 450 ff.).

     Was die Leistungspflicht der Elvia in der Zeit vom
1. März 1993 bis 31. März 1997 betrifft, ist die Vorinstanz
somit zu Unrecht auf die von der Versicherten erhobene
Beschwerde nicht eingetreten. Die Sache ist zur Festsetzung
der der Versicherten in diesem Zeitraum zustehenden Leis-
tungen an die Elvia zurückzuweisen.

     6.- Das vorliegende Verfahren ist kostenfrei, da es um
die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistun-
gen geht (Art. 134 OG).
     Dem Prozessausgang entsprechend steht der Versicherten
eine Parteientschädigung zu (Art. 159 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 135 OG), wobei zu berücksichtigen ist, dass es
sich um zwei Beschwerdeverfahren handelt, die nach Durch-
führung des Schriftenwechsels vereinigt worden sind. Das
Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung erweist sich damit
als gegenstandslos.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verfahren U 15/01 und U 23/01 werden vereinigt.

 II. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Elvia Schweize-
     rische Versicherungs-Gesellschaft wird abgewiesen.

III. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der
     D.________ werden der Entscheid des Versicherungsge-
     richtes des Kantons Aargau vom 22. November 2000 und
     der Einspracheentscheid der Elvia Schweizerische Ver-
     sicherungs-Gesellschaft vom 15. Februar 2000 im Sinne
     der Erwägungen aufgehoben und es wird die Sache an die
     Elvia Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft
     zurückgewiesen, damit sie die D.________ für die Zeit
     vom 1. März 1993 bis 31. März 1997 zustehenden Leis-
     tungen festsetze.

 IV. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  V. Die Elvia Schweizerische Versicherungs-Gesellschaft
     hat D.________ für das Verfahren vor dem Eidgenössi-
     schen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung
     von Fr. 4000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
     bezahlen.

 VI. Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau wird über
     eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren
     entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Pro-
     zesses zu befinden haben.

VII. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge-
     richt des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozial-
     versicherung zugestellt.

Luzern, 4. Dezember 2001

                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der IV. Kammer:

                             Die Gerichtsschreiberin:

                             i.V.