Sozialrechtliche Abteilungen U 156/2001
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U 156/01 Gb III. Kammer Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiberin Polla Urteil vom 3. Mai 2002 in Sachen E.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Ilg, Rämistrasse 5, 8001 Zürich, gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmatt- strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin, und Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau A.- Der 1955 geborene E.________ arbeitete seit 1991 als Kranführer bei der Firma X.________ AG und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen Unfälle versichert. Am 31. Januar 1998 erlitt er bei einer Frontalkollision als Fahrzeuglenker eine mehrfragmentäre Patellaquerfraktur links, eine distale intraartikuläre Unterschenkelfraktur (pilon-tibiale) rechts, eine Sustentaculum tali-Fraktur links, eine stabile (Lendenwirbelkörper) LWK-4 Fraktur und eine Thoraxkontusion (Berichte der Chirurgischen Klinik am Spital Y.________ vom 31. Januar und 11. Februar 1998, Austrittsbericht der Chi- rurgischen Klinik am Spital Z.________ vom 23. Februar 1998). Im Rahmen der Heilbehandlung, für welche die SUVA aufkam, musste er sich weiteren operativen Eingriffen unterziehen, wobei u.a. eine Re-Osteosynthese durchgeführt wurde (Berichte der Chirurgischen Klinik am Spital Z.________ vom 16. Februar und 10. August 1998, Bericht des SUVA-Kreisarztes Dr. med. W.________ vom 10. Mai 1999). Nach verschiedenen medizinischen und beruflichen Abklärun- gen, unter anderem auch in der Rehabilitationsklinik A.________ (Berichte vom 7. Juni, 5. Juli und 2. August 1999), schloss die SUVA den Fall ab (kreisärztliche Ab- schlussuntersuchung vom 22. Februar 2000). Sie sprach für die Unfallfolgen auf der Grundlage einer 35%igen Integri- tätseinbusse eine Integritätsentschädigung von Fr. 34'020.- sowie eine Invalidenrente für eine volle Erwerbsunfähigkeit ab 1. Juni 2000 zu (Verfügung vom 23. Mai 2000). Auf Ein- sprache des Versicherten hin, mit welcher er eine Integri- tätsentschädigung im Umfang von 80 % beantragte, hielt die SUVA mit Entscheid vom 7. August 2000 an ihrem Standpunkt fest. B.- E.________ liess Beschwerde führen mit dem Antrag, der Einspracheentscheid sei aufzuheben und es sei ihm eine Entschädigung für eine Integritätseinbusse von 80 % zu gewähren. Mit Entscheid vom 21. März 2001 hiess das Versi- cherungsgericht des Kantons Aargau die Beschwerde insoweit teilweise gut, als es basierend auf einer 45%igen Integri- tätseinbusse eine Integritätsentschädigung von Fr. 43'740.- zusprach. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt E.________ die vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren erneuern; eventuell sei die Sache hinsichtlich der psychischen Er- krankung weiter abzuklären. Während die SUVA unter Hinweis auf die zutreffende Begründung des vorinstanzlichen Entscheids Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, lässt sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- Im kantonalen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze über den Anspruch auf Integritätsentschädi- gung (Art. 24 Abs. 1 UVG; Art. 36 Abs. 1 UVV), zu deren Ab- stufung nach der Schwere des Integritätsschadens (Art. 25 Abs. 1 UVG und Anhang 3 zur UVV, gestützt auf Art. 36 Abs. 2 UVV) und zur Bedeutung der von der medizinischen Abteilung der SUVA erarbeiteten weiteren Bemessungsgrundla- gen in tabellarischer Form (sog. Feinraster; vgl. dazu auch BGE 124 V 32 Erw. 1c) zutreffend dargelegt. Ebenso verhält es sich in Bezug auf die Rechtsprechung, wonach bei psycho- genen Störungen nach Unfällen Anspruch auf Integritätsent- schädigung entsteht, wenn eine eindeutige individuelle Langzeitprognose gestellt werden kann, welche für das ganze Leben eine Änderung durch Heilung oder Besserung des Scha- dens praktisch ausschliesst, wobei für den Entscheid über die Dauerhaftigkeit des Integritätsschadens die Praxis weg- leitend ist, wie sie für die Beurteilung der Adäquanz psy- chischer Unfallfolgen Geltung hat (BGE 124 V 29, 209, 115 V 133). Darauf wird verwiesen. 2.- Streitig und zu prüfen ist die Höhe der Integri- tätsentschädigung. a) Die SUVA ging in ihrem Einspracheentscheid vom 7. August 2000 von einer Integritätseinbusse in der Höhe von 35 % aus, wobei sie bezüglich der somatischen Unfall- folgen auf die Einschätzung des Kreisarztes Dr. med. W.________ vom 22. Februar 2000 abstellte. Dieser diagnos- tizierte eine Belastungsintoleranz der LWS mit bewegungs- und haltungsabhängigen lumbalen Beschwerden bei Status nach LWK 2 (recte: 4) Fraktur. Gestützt auf die Feinrastertabel- le 7.1 (recte: 7.2) Schmerzfunktionsskala ++ - +++, ausge- hend von einer mässigen Bewegungseinschränkung mit einem Bewegungsumfang der LWS von 43°, bemass Dr. med. W.________ den Integritätsschaden mit 10 %. Für die Unfallfolgen des linken Knies setzte er beim Vorliegen einer Belastungsinto- leranz bei mässiger Femoropatellararthrose gestützt auf die SUVA-Tabelle 5.2 den Integritätsschaden auf 10 % fest. Beim rechten Fuss erhob Dr. med. W.________ ebenfalls den Befund einer Bewegungsintoleranz bei einer mässigen OSG-Arthrose und noch mässiger Dystrophie. In Berücksichtigung einer eventuellen späteren Arthrodese schätzte er den Schaden gemäss Skala 5.2 auf 15 %. b) Das kantonale Gericht erachtete, namentlich ge- stützt auf die in der Rehabilitationsklinik A.________ (Be- richt vom 2. August 1999) und anlässlich der kreisärztli- chen Untersuchung vom 22. Februar 2000 erhobenen medizini- schen Befunde, die vorgenommene Einstufung des LWS-Schadens nicht als angemessen. Es ging somit nicht von einer 10°igen, sondern mittleren Funktionseinschränkung aus und legte die Einbusse gemäss Skala auf 20 % fest. Gesamthaft ergab sich eine Integritätseinbusse von 45 %, wogegen die SUVA in ihrer Vernehmlassung nicht opponierte. c) Die Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbeschwer- de, welche eine Wiederholung der vom kantonalen Gericht mit einlässlicher Begründung entkräfteten Einwände im vorin- stanzlichen Verfahren darstellen, vermögen die Zuverlässig- keit der ärztlichen Befunderhebung und deren vorinstanzli- che Würdigung sowie Beurteilung des Integritätsschadens nicht in Frage zu stellen. In Beachtung der widerspruchs- freien ärztlichen Einschätzung kann dem Einwand, es sei von einem "faktisch unbrauchbaren Körper auszugehen, was in der Auswirkung einer Paraplegie nahe komme", nicht gefolgt wer- den. d) Mit Vorinstanz und SUVA ist in Bezug auf die psy- chische Beeinträchtigung auf Grund der medizinischen Unter- lagen, insbesondere des psychosomatischen Konsiliums der Rehabilitationsklinik A.________ vom 7. Juni 1999 davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer ein subdepressives Zustandsbild zeigt. Die psychische Störung - welche kein eigentliches medizinisches Substrat mit Krankheitswert dar- stellt - wird überwiegend unfallfremden Faktoren zugeord- net, die im soziokulturellen Umfeld und im persönlichen Be- reich des Versicherten liegen. In der Rehabilitationsklinik konnte weder eine Anpassungsstörung bestätigt noch eine Krankheit nach ICD-10-Normen diagnostiziert werden, wobei stützende Gespräche und eine Musik- und Malgruppentherapie zur Heilung oder Besserung der subdepressiven Stimmungslage angeboten wurden. Die natürliche Unfallkausalität zwischen psychischem Leiden und Unfallereignis ist somit zu vernei- nen. Anzufügen ist, dass selbst bei Bejahung einer teilwei- sen natürlichen Kausalität zwischen psychischer Störung und Unfallereignis (BGE 119 V 337 Erw. 1, 118 V 289 Erw. 1b) und unter Annahme eines schweren Unfalls, im Lichte der dargestellten Rechtsprechung kein Anspruch auf eine Ent- schädigung für die Beeinträchtigung der psychischen Störung bestünde. Anhand der eindeutigen, schlüssigen und einleuch- tend begründeten medizinischen Unterlagen ist die Dauerhaf- tigkeit des Integritätsschadens zu verneinen (BGE 124 V 45). Es wurde keine eindeutige individuelle Langzeitprogno- se gestellt, welche für das ganze Leben eine Änderung durch Heilung oder Besserung des Schadens praktisch ausschliesst (BGE 124 V 29, 209). Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass zur Anordnung einer ergänzenden psychiatrischen Abklärung zur Frage der Dauerhaftigkeit der psychogenen Störung, was zur Abweisung des entsprechenden beschwerdeführerischen Antrags und zur Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids führt. Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsge- richt des Kantons Aargau und dem Bundesamt für Sozial- versicherung zugestellt. Luzern, 3. Mai 2002 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: i.V.