Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 129/2001
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U 129/01 Ge

                        III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Kernen;
Gerichtsschreiber Arnold

                 Urteil vom 22. Juli 2002

                         in Sachen

M.________, 1974, Beschwerdeführer, vertreten durch Für-
sprecher Peter Gomm, Dornacherstrasse 10, 4600 Olten,

                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmatt-
strasse 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

     A.- Mit Verfügung vom 17. September 1998, bestätigt
durch den Einspracheentscheid vom 26. Oktober 1998, lehnte
es die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ab,
für die Behandlung der von M.________, geb. 1974, als Rück-
fall zu einem Unfall vom 25. September 1990 im Sommer 1997
gemeldeten Nackenschmerzen (Rezidiv des Zervikalsyndroms)
Leistungen zu erbringen. Sie begründete dies im Wesentli-

chen damit, ein Zusammenhang zwischen dem damaligen
Ereignis und den heutigen Beschwerden sei nicht mit der er-
forderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.

     B.- Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versi-
cherungsgericht des Kantons Solothurn ab (Entscheid vom
6. März 2001)

     C.- M.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Ent-
scheides und des Einspracheentscheides vom 26. Oktober 1998
sei die SUVA zu verpflichten, die gesetzlichen Leistungen
für den im Jahre 1997 gemeldeten Rückfall zu erbringen;
eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz, subeventu-
aliter an die SUVA, zur Vornahme weiterer Abklärungen
zurückzuweisen.
     Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde. Die als Mitinteressierte beigeladene
Concordia Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung,
Krankenversicherer des M.________, und das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung. Die
Wincare Versicherungen bestreiten den Bestand eines Ver-
sicherungsverhältnisses (Krankentaggeldversicherung) und
äussern sich nicht zur Sache.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Streitig und zu prüfen ist, ob die mit Schreiben
des behandelnden Chiropraktors Dr. B.________ am
16. Oktober 1997 geltend gemachte Behandlungsbedürftigkeit
sich auf ein Leiden bezieht, das in natürlichem und adäqua-
tem Kausalzusammenhang zu den beim Unfall vom 25. September
1990 erlittenen Verletzungen steht. Die Vorinstanz hat die
für die Beurteilung dieser Frage erforderlichen Rechts-
grundlagen nach Art. 6 Abs. 1 UVG zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen.

     2.- In tatsächlicher Hinsicht hat das kantonale Ge-
richt die medizinischen Unterlagen - nebst jenen im Admi-
nistrativdossier der SUVA, die Berichte des Dr. B.________
vom 11. November 1998 sowie des Dr. med. R.________,
Röntgenologe, vom 11. Oktober 1999 und die ärztlichen
Beurteilungen des Dr. med. K.________, Facharzt FMH für
Orthopädische Chirurgie vom Ärzteteam Unfallmedizin, vom 5.
Juli 1999 und vom 10. Oktober 2000 - dahingehend gewürdigt,
dass der Zusammenhang zwischen dem Unfall und den vom
Beschwerdeführer ab Juni 1997 rückfallweise gemeldeten
HWS-Beschwerden (Rezidiv des Zervikalsyndroms) nicht mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sei. Denn es
lägen keine substanziellen Verletzungen an Knochen, Bändern
oder primäre Neuropathologien vor, woran die Auffassung des
Dr. B.________ nichts zu ändern vermöge, habe doch der
Beschwerdeführer kein Schleudertrauma erlitten, sondern
eine "einfache HWS-Distorsion". Auch eine milde trauma-
tische Hirnverletzung liege nicht vor.

     3.- a) Die SUVA hat im Anschluss an die erste Unfall-
meldung vom 28. September 1990 ihre Leistungspflicht be-
jaht. Die primäre Behandlung konnte nach rund zwei Wochen
abgeschlossen werden, und der Beschwerdeführer war schon ab
8. Oktober 1990 wieder arbeitsfähig. Auf Rückfallmeldungen
vom 21. Februar 1992, vom 2. Februar 1994 und vom 22. Juni
1994 hin hat die Beschwerdegegnerin ihre Leistungspflicht
ebenfalls anerkannt, zuletzt gestützt auf eine kreisärzt-
liche Untersuchung vom 27. März 1995 durch Dr. med.
C.________. Diese Leistungsübernahmen bestanden allesamt in
vorübergehenden chiropraktorischen Behandlungen bei Auf-
flackern von Restbeschwerden des Zervikalsyndroms, beruhten
jeweils auf kreisärztlichen Feststellungen und gingen vom
Vorliegen vorübergehender Rückfälle im Sinne von Art. 11
UVV aus.

     b) Vor diesem Hintergrund bilden die verfügbaren medi-
zinischen Akten keine rechtsgenügliche Grundlage für die
Beurteilung der strittigen (Tat-)Frage des natürlichen Kau-
salzusammenhangs zwischen den im Sommer/Herbst 1997 als
(vierten) Rückfall zum Unfall vom 25. September 1990 gemel-
deten Nackenbeschwerden. Es vermag insbesondere nicht zu
überzeugen, wenn sich die Beschwerdegegnerin und mit ihr
die Vorinstanz nunmehr gestützt auf die Überlegungen der
Anstaltsärzte, insbesondere jene des Dr. med. K.________ in
den ärztlichen Beurteilungen vom 5. Juli 1999 und vom 10.
Oktober 2000 sowie des Dr. med. C.________ im
kreisärztlichen Bericht vom 10. September 1998, auf den
Standpunkt stellen, bei Unfallereignissen ohne sub-
stanzielle Verletzung des Achsenskelettes seien (Jahre
später auftretende) chronische Schmerzen (oder wie hier
zeitlich limitierte Schmerzschübe) nie als Unfallfolgen zu
betrachten sondern stets als davon verselbstständigtes
Krankheitsbild. Es mag sein, wie sich auf der induktiven
Ebene der allgemeinen medizinischen Erfahrung ergibt, dass
ein Grossteil der Bevölkerung Nackenschmerzen von der Art
der hier zur Diskussion stehenden aufweist. Nach der
gleichen induktiven Beweisführung (BGE 126 V 183 Erw. 4c)
steht aber fest, dass sich unzählige Personen nie über
behandlungsbedürftige Nackenschmerzen beklagen. Es kommt
daher für die Beurteilung der natürlichen Kausalität auf
die Aktenlage und den Verlauf im Einzelfall an. Im
vorliegenden Fall lässt sich bei der gegebenen Aktenlage
der Schluss auf ein von der seinerzeitigen unfallmässigen
Beeinträchtigung verselbstständigtes Krankheitsbild nicht
bestätigen. Es sind keine Anhaltspunkte greifbar, welche
die medizinische Erfahrungstatsache widerlegen, dass eine -
mehr als banale - mit einer erheblichen Weichteilverletzung
verbundene und folglich mit einer gewissen Heftigkeit
einhergehende Distorsion der HWS von Zeit zu Zeit
behandlungsbedürftige Beschwerden bewirkt, die chiro-
praktorisch - im Übrigen mit Erfolg - angegangen werden.
Eine Ablehnung der Leistungspflicht kann daher

nicht ohne zusätzliche Abklärungen erfolgen. Die Sache ist
aus diesem Grunde an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen,
damit sie eine geeignete anstaltsexterne medizinische Be-
gutachtung des Beschwerdeführers anordne und danach über
die Leistungsberechtigung neu verfüge.

     4.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem
Ausgang des Prozesses entsprechend steht dem obsiegenden
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu (Art. 159
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbe-
     schwerde werden der Entscheid des Versicherungsge-
     richts des Kantons Solothurn vom 6. März 2001 und der
     Einspracheentscheid vom 26. Oktober 1998 aufgehoben
     und es wird die Sache an die SUVA zurückgewiesen,
     damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren
     vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Par-
     teientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehr-
     wertsteuer) zu bezahlen.

 IV. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn wird
     über eine Parteientschädigung für das kantonale Ver-
     fahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen
     Prozesses zu befinden haben.

  V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs-
     gericht des Kantons Solothurn, der Concordia Kranken-
     und Unfallversicherung, Luzern, den Wincare Versiche-
     rungen, Winterthur, und dem Bundesamt für Sozialversi-
     cherung zugestellt.

Luzern, 22. Juli 2002

                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                         Der Präsident der III. Kammer:

                             Der Gerichtsschreiber: