Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 110/2001
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U 110/01 Hm

                        III. Kammer

Bundesrichter Schön, Spira und Ursprung; Gerichtsschreiber
Ackermann

                 Urteil vom 3. August 2001

                         in Sachen

G.________, 1955, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechts-
anwalt Daniel Bohren, Forchstrasse 2/Kreuzplatz, 8032
Zürich,

                           gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstras-
se 1, 6004 Luzern, Beschwerdegegnerin,

                            und

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

     A.- G.________, geboren 1955, arbeitete seit dem
1. Juli 1992 als Chauffeur bei der Firma X.________ AG und
war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle versichert. Am
23. Juni 1993 schlug ihm während des Bespannens der Binde-

maschine das einzulegende Stahlband auf das linke Auge. Am
6. Juli 1993 begab sich G.________ wegen Sehbeschwerden zum
Augenarzt, der eine zentrale Venenthrombose links diagnos-
tizierte. Nach Einholen diverser Arztberichte lehnte die
SUVA mit Verfügung vom 1. Dezember 1993, bestätigt durch
Einspracheentscheid vom 6. Januar 1995, ihre Leistungs-
pflicht ab, da keine Unfallfolgen, sondern eine Krankheit
vorliege. Auf Beschwerde des G.________ hin hob das Sozial-
versicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom
13. August 1998 den Einspracheentscheid vom 6. Januar 1995
auf und wies die SUVA an, ein unabhängiges Gutachten ein-
zuholen und anschliessend neu zu verfügen.
     In Nachachtung dieses Entscheides holte die SUVA bei
Prof. Dr. med. B.________, Chefarzt der Klinik für Augen-
krankheiten, Kantonsspital Y.________, ein Gutachten vom
16. April 1999 ein und verneinte darauf mit Verfügung vom
28. Mai 1999 abermals ihre Leistungspflicht, woran sie mit
Einspracheentscheid vom 28. Juli 1999 festhielt.

     B.- Im Rahmen des folgenden Beschwerdeverfahrens legte
G.________ ein Gegengutachten von Dr. med. F.________,
Oberärztin an der Augenklinik und Augenpoliklinik, Spital
K.________, vom 12. Oktober 1999 ins Recht. Das Sozialver-
sicherungsgericht des Kantons Zürich holte einen Ergän-
zungsbericht des Prof. B.________ vom 16. November 2000
ein, worauf G.________ eine Stellungnahme von PD Dr. med.
F.________ vom 8. Januar 2001 einreichte. Mit Entscheid vom
26. Januar 2001 wies das kantonale Gericht die Beschwerde
ab.

     C.- G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen mit den Anträgen, unter Aufhebung des vorinstanzli-
chen Entscheides und des Einspracheentscheides seien ihm
die gesetzlichen Leistungen, nebst Zins zu 5 % seit dem
1. Juni 1997, auszurichten; eventualiter sei ein Obergut-
achten einzuholen; subeventualiter sei ein Gutachten über
die Frage zu erstellen, wie gross die mathematische Wahr-

scheinlichkeit sei, dass bei einer Person wie G.________
nach einer Augenverletzung eine Zentralvenenthrombose auf-
trete und wie gross die mathematische Wahrscheinlichkeit
sei, dass bei einer solchen Person spontan und unabhängig
von der Augenverletzung eine Zentralvenenthrombose auf-
trete.
     Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsge-
richtsbeschwerde, während das Bundesamt für Sozialversiche-
rung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Das kantonale Gericht hat die massgebliche Grund-
lage des natürlichen Kausalzusammenhangs als Anspruchs-
voraussetzung für die Leistungspflicht der Unfallversiche-
rung nach Art. 6 Abs. 1 UVG in materiell- und beweisrecht-
licher Sicht zutreffend dargelegt (BGE 119 V 337 Erw. 1 mit
Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden.

     2.- Streitig ist, ob die auf eine Sehschädigung zu-
rückzuführende Arbeitsunfähigkeit des Beschwerdeführers
eine natürlich kausale Unfallfolge ist.

     a) Die Vorinstanz stellt auf das Gutachten des Prof.
B.________ vom 16. April 1999 und dessen Ergänzung vom
16. November 2000 ab, wonach der Kausalzusammenhang zwi-
schen dem Unfall und der - zum heutigen Leiden führenden -
Zentralvenenthrombose nur möglich sei.

     b) Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, Prof.
B.________ sei befangen; die SUVA sei ein potentieller Auf-
traggeber, was den Gutachter gegenüber der SUVA zu - be-
wusster oder unbewusster - Loyalität verpflichte.

     Der Vorwurf der potentiellen wirtschaftlichen Abhän-
gigkeit des Experten gegenüber der SUVA ist haltlos; es ist
nicht ersichtlich, dass sich Prof. B.________ von ausser-
medizinischen Gesichtspunkten hätte leiten lassen. Sogar
wenn der Gutachter ein Angestellter der SUVA wäre, kann
nach der Rechtsprechung daraus allein nicht auf mangelnde
Objektivität und auf Befangenheit geschlossen werden; viel-
mehr müssen besondere Umstände vorliegen, welche das Miss-
trauen in die Unparteilichkeit der Beurteilung objektiv als
begründet erscheinen lassen (BGE 125 V 353 f. Erw. 3b/ee).
Dies gilt für den von der SUVA unabhängigen Experten Prof.
B.________ erst recht.

     c) Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass nicht
die Auffassung des Prof. B.________, sondern diejenige von
PD Dr. med. F.________ überzeuge.
     Die Äusserungen im Gutachten des Prof. B.________ vom
16. April 1999 und in dessen Ergänzung vom 16. November
2000 beruhen auf zwei Untersuchungen des Versicherten und
berücksichtigen dessen geklagte Beschwerden. Dem Experten
standen die gesamten Vorakten zur Verfügung, und er be-
schäftigte sich auch mit der massgebenden Literatur. Im
Ergänzungsgutachten zog Prof. B.________ zudem einerseits
den Netzhautspezialisten PD Dr. med. H.________ bei und
setzte sich andererseits auch mit den Angaben von PD Dr.
med. F.________ auseinander. Die Beurteilung des Prof.
B.________ leuchtet ausserdem in der Beurteilung der medi-
zinischen Situation ein und weist begründete Schlussfolge-
rungen auf (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a).
     Demgegenüber beruhen die Beurteilungen von PD Dr. med.
F.________ auf einer bloss einmaligen Untersuchung des Be-
schwerdeführers und auf einer unvollständigen Kenntnis der
Aktenlage, da ihr einzig das Gutachten des Prof. B.________
vorgelegen hat. Die Stellungnahme vom 8. Januar 2001 ist
summarisch und nicht näher begründet, zudem finden sich
darin keinerlei Literaturhinweise. Im Weiteren fehlt auch
eine Auseinandersetzung mit der Feststellung des Prof.

B.________, dass sich keine länglichen Aderhautrisse finden
liessen, wie sie bei einer schweren stumpfen Verletzung des
Auges häufig seien.
     Im Gutachten vom 16. April 1999 hielt Prof. B.________
fest, dass die Sehstörung auf eine Zentralvenenthrombose
zurückzuführen sei und zwischen Unfall und Thrombose ein
zeitlicher Zusammenhang bestehe, wobei ein kausaler Zusam-
menhang in der medizinischen Literatur nur selten gefunden
werde. Erst in seinem Ergänzungsbericht vom 16. November
2000 bewertet er - auf explizite Frage der Vorinstanz - den
Zusammenhang als nur möglich. Die Beweiswürdigung des kan-
tonalen Gerichtes, dass der Kausalzusammenhang nicht mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sei, ist deshalb
nicht zu beanstanden, lassen doch die Expertisen des Prof.
B.________ - die von den Berichten von PD Dr. med.
F.________ nicht in Zweifel gezogen werden können - auf
keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen
eines natürlichen Kausalzusammenhanges zwischen Unfall und
Sehstörung schliessen. Da Prof. B.________ seine Aussage
begründet, ist insbesondere auch irrelevant, dass er die
Frage nach der Möglichkeit erst im Ergänzungsgutachten kon-
kret beantwortet. Die Vorinstanz hat die Beweise korrekt
gewürdigt und das Bestehen eines natürlich kausalen Zusam-
menhangs zwischen dem Unfall und dem geklagten Augenleiden
zu Recht verneint.

     d) Da der rechtserhebliche Sachverhalt genügend abge-
klärt worden ist, erübrigen sich weitere Beweisvorkehren.
Insbesondere wurde in der Expertise des Prof. B.________
der Umstand berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer Blut-
verdünnungsmittel einnahm.
     Weil der natürliche Kausalzusammenhang das Verhältnis
zwischen einer konkreten Ursache und einem konkreten Erfolg
betrifft, ist die Frage nach seinem Vorliegen in jedem Ein-
zelfall gesondert zu beantworten (vgl. BGE 119 V 340
Erw. 2b/aa) und nicht anhand mathematischer Wahrscheinlich-
keiten zu bestimmen. Entsprechende Expertisen sind in die-
sem Zusammenhang nicht aussagekräftig und der entsprechende
Beweisantrag des Versicherten ist abzuweisen.

     3.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem
Prozessausgang entsprechend steht dem Beschwerdeführer
keine Parteientschädigung - inkl. Gutachterkosten (vgl.
RKUV 2000 Nr. U 362 S. 44 Erw. 3b) - zu (Art. 159 Abs. 2
in Verbindung mit Art. 135 OG).

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

 II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
     rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
     Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 3. August 2001
                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                         Der Präsident der III. Kammer:

                             Der Gerichtsschreiber: