Sozialrechtliche Abteilungen K 79/2001
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K 79/01 Gb III. Kammer Bundesrichter Spira, Bundesrichterin Widmer und Bundes- richter Ursprung; Gerichtsschreiberin Kopp Käch Urteil vom 5. Dezember 2001 in Sachen K.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Vater A.________, wohnhaft an gleicher Adresse, gegen Concordia Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung, Rechtsdienst, Bundesplatz 15, 6003 Luzern, Beschwerdegeg- nerin, und Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern A.- Die 1981 geborene K.________ ist bei der Concor- dia, Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung (nach- folgend: Concordia) unter anderem obligatorisch kranken- pflegeversichert. Wegen einer akuten schizophreniformen psychotischen Störung mit Adoleszentenproblematik war sie vom 29. April bis 10. Oktober 1998 in der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ der Universitären Psychiatri- schen Dienste (UPD) Y.________ hospitalisiert und weilte anschliessend ab 11. Oktober 1998 in der betreuten Wohnge- meinschaft L.________. Die Concordia stufte die Versicherte für die ersten 90 Tage des Aufenthalts in der Therapeuti- schen Wohngemeinschaft X.________ als Akutpatientin und für die anschliessenden 77 Tage als Langzeitpatientin ein. Den Aufenthalt in der Wohngemeinschaft L.________ rechnete sie als Akutbehandlung (82 Tage) ab. Vom 5. Februar bis 17. Juli 1999 hielt sich K.________ erneut in der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ auf. Für diesen zweiten Aufenthalt stellten die UPD insge- samt Fr. 20375.- in Rechnung. Die Concordia qualifizierte die Versicherte diesbezüglich als Chronischkranke und ver- gütete daran Fr. 7824.-, was 163 Tagespauschalen à Fr. 48.- entspricht. Mit Verfügung vom 23. März 2000 bestätigte die Krankenkasse diese Leistungen. An ihrem Standpunkt hielt sie mit Einspracheentscheid vom 1. Mai 2000 fest. B.- Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwal- tungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 17. April 2001 ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt K.________, vertreten durch ihren Vater, die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und die Verpflichtung der Concordia zur Übernahme sämtlicher wegen des Aufenthaltes in den UPD vom 5. Februar bis 17. Juli 1999 angefallenen Kosten beantragen, dies unter Kosten- und Entschädigungs- folge. Sie legt neu ein Schreiben der UPD vom 31. Mai 2001 zu den Akten. Die Concordia schliesst auf Abweisung der Verwaltungs- gerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- Streitig und zu prüfen ist der Umfang der Kosten- pflicht der Beschwerdegegnerin hinsichtlich des vom 5. Feb- ruar bis 17. Juli 1999 dauernden Aufenthaltes der Beschwer- deführerin in der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ der UPD Y.________. Dabei ist die grundsätzliche Leistungspflicht der Krankenkasse gemäss den Bestimmungen nach Art. 24 ff. KVG unbestritten und gibt zu keinen weite- ren Ausführungen Anlass. Zu prüfen ist indessen die Höhe der von der Beschwerdegegnerin zu übernehmenden Kosten. 2.- a) Die Beschwerdegegnerin stützte sich bei der Verfügung vom 23. März 2000 und beim Einspracheentscheid vom 1. Mai 2000 auf den am 15. Oktober 1991 unterzeichneten und am 15. April 1996 revidierten Vertrag zwischen den Psy- chiatriekliniken des Kantons Bern und dem Kantonalverband Bernischer Krankenkassen, worin sich die Parteien auf die Tagespauschalvergütung geeinigt haben. Vorgesehen ist darin eine Taxdifferenzierung nach Aufenthaltsdauer (Art. 7). Die Krankenkasse qualifizierte die Beschwerdeführerin vom ers- ten Tag ihres zweiten Aufenthaltes in der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ an als Chronischkranke und sprach ihr die im Anhang I dafür vereinbarte Pauschale für hospitalisierte Patientinnen und Patienten der Pflegestufe 2 zu. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die UPD die Patientin ab dem ersten Tag so eingestuft und deshalb der Krankenkasse einen Kostgeldausweis zugestellt hätten. Darin seien die massgebende Pflegestufe als "mit- tel" bezeichnet und die Höhe der Leistungen des Krankenver- sicherers an das Heim mit Fr. 48.- pro Tag angegeben wor- den. Diese Vollpauschale habe sie für alle 163 Aufenthalts- tage erbracht, weshalb eine weitergehende Leistungspflicht zu verneinen sei. b) Die Vorinstanz bestätigt in ihrem Entscheid die Anwendung des Chronischkranken-Tarifes nach Massgabe der Hospitalisationsdauer. Sie wirft die Frage auf, ob allen- falls medizinische Gründe es rechtfertigen würden, die Beschwerdeführerin auch nach dem 180. Hospitalisationstag als Akutkranke einzustufen, verneint dies im Ergebnis aber, weil bezüglich des streitigen Aufenthaltes in der Therapeu- tischen Wohngemeinschaft X.________ nicht erstellt sei, dass die Behandlung nicht anders als in einem Spital hätte durchgeführt werden können. In den Akten seien denn auch keine entsprechenden Stellungnahmen von mit dem Fall be- fassten Medizinern enthalten. Im Gegenteil sei die Versi- cherte von den UPD im Februar 1999 nicht als Akutspitalbe- dürftige, sondern als Chronischkranke eingestuft worden. c) Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen gel- tend, die Anwendung des Tarifvertrages dürfe nicht dazu führen, dass den Versicherten ihr Recht auf den Spitaltarif - solange sie nach medizinischer Indikation dieser Behand- lung bedürften - abgesprochen werde. Die Gegebenheit der medizinischen Indikation sei beim zweiten Eintritt in die Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ - wie aus dem Schreiben der UPD vom 31. Mai 2001 hervorgehe - grösser gewesen als beim ersten und in jedem Fall zwingend ver- stärkt gegenüber dem Übertritt von der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ in die Wohngemeinschaft L.________, wo dann aber der Akuttarif zur Anwendung gekom- men sei. 3.- Gemäss Art. 7 Abs. 1 des Tarifvertrages zwischen dem Kantonalverband Bernischer Krankenkassen und den Psy- chiatriekliniken des Kantons Bern wird für hospitalisierte Patienten unterschieden zwischen einer Tagespauschale für Akutkranke bis 90. Tag, einer Tagespauschale für Langzeit- patienten ab 91. bis 180. Tag sowie einer Tagespauschale für Chronischkranke ab 181. Tag. Die Tagespauschale für Akutkranke gilt für Patienten, die höchstens 90 Tage in einer Vertragsklinik verweilen. Ab dem 91. Tag kommt die Tagespauschale für Langzeitpatienten, ab dem 181. Tag die- jenige für Chronischkranke zur Anwendung (Art. 7 Abs. 2 Tarifvertrag). Wird ein Patient aus der Vertragsklinik ent- lassen und muss dann innert 90 Tagen wieder eingewiesen werden, so werden die Tagespauschalen festgesetzt, wie wenn der Patient die Vertragsklinik nie verlassen hätte (Art. 7 Abs. 4 Tarifvertrag). Bei Verlegung von einer andern sta- tionären Einrichtung (Akutspital, Spezialklinik, Psychia- triestützpunkt, Psychiatrieklinik usw.) in eine Vertrags- klinik werden vorangehende Spitaltage für die Behandlung der gleichen Krankheit für die Abgrenzung zwischen den Tagespauschalen für Akutkranke, Langzeitpatienten und Chro- nischkranke gemäss Abs. 2 angerechnet (Art. 7 Abs. 5 Tarif- vertrag). 4.- Die Abrechnung für den zweiten Aufenthalt in der Vertragsklinik X.________ richtet sich grundsätzlich nach Art. 7 Abs. 2 des Tarifvertrages, d.h. beim Eintritt kommt für die ersten 90 Tage wieder die Tagespauschale für Akut- kranke zur Anwendung, ausser der Wiedereintritt erfolgt innert 90 Tagen nach der Entlassung aus der Vertragsklinik (Art. 7 Abs. 4 Tarifvertrag) oder es liegt eine Verlegung von einer andern stationären Einrichtung in eine Vertrags- klinik vor (Art. 7 Abs. 5 Tarifvertrag). a) Aus den Akten geht hervor, dass die Versicherte am 10. Oktober 1998 aus der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ ausgetreten und am 5. Februar 1999 wieder dort eingetreten ist. Zwischen den beiden Aufenthalten in der Vertragsklinik liegen 118 Tage, sodass die für den Wieder- eintritt innert 90 Tagen vorgesehene Anrechnung des frühe- ren Aufenthaltes gemäss Art. 7 Abs. 4 des Tarifvertrages nicht erfolgen kann. b) Zu prüfen ist des Weitern, ob der Tarif für Akut- kranke beim Wiedereintritt in die Therapeutische Wohnge- meinschaft X.________ wegen einer Verlegung von einer andern stationären Einrichtung in eine Vertragsklinik keine Anwendung finden kann. Art. 7 Abs. 5 des Tarifvertrages be- zieht sich grundsätzlich auf einen ununterbrochenen statio- nären Aufenthalt zur Behandlung der gleichen Krankheit in verschiedenen Einrichtungen. Dessen Anwendung scheitert vorliegend bereits daran, dass von einer Verlegung im erwähnten Sinne nicht gesprochen werden kann. Nach dem ers- ten Austritt aus der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ am 10. Oktober 1998 ist die Beschwerdeführerin am 11. Oktober 1998 in die betreute Wohngemeinschaft L.________ eingetreten. Wie lange sie sich dort effektiv aufgehalten hat, kann den Akten nicht genau entnommen wer- den. Wohl ist in der Verfügung vom 23. März 2000 von "Be- handlungsdauer bis 29. Januar 1999" die Rede, doch stimmt dies mit der Anzahl der durch die Krankenkasse geleisteten Tagespauschalen - nämlich 82 - nicht überein. Ein ununter- brochener Aufenthalt von 82 Tagen hätte Ende Dezember 1998, mit einigen Tagen Unterbruch anfangs Januar 1999 geendet. Dies korrespondiert denn auch mit den glaubwürdigen Darle- gungen des Vaters der Beschwerdeführerin, wonach diese Ende 1998 immer häufiger zu Hause geweilt und nach der Betreuung zu Hause über die Festtage 1998 zwar nochmals ein paar Tage in der Wohngemeinschaft L.________, anschliessend ab 9. Ja- nuar 1999 jedoch zu Hause gewesen sei. Der Wiedereintritt in die Therapeutische Wohngemeinschaft X.________ erfolgte am 5. Februar 1999. Die Beschwerdeführerin ist somit nicht von der Wohngemeinschaft L.________ direkt in die Therapeu- tische Wohngemeinschaft X.________ übergetreten, sodass von einer Verlegung im Sinne von Art. 7 Abs. 5 des Tarifvertra- ges nicht ausgegangen werden kann. Dabei kann die Frage offen bleiben, ob die erwähnte Vertragsbestimmung nur dann Anwendung findet, wenn die Ver- legung aus einer Klinik oder einem Akutspital erfolgt, nicht jedoch aus einer Wohngruppe wie der Wohngemeinschaft L.________, in der keine Behandlung für Akutkranke durchge- führt wird. Der Umstand, dass die Krankenkasse für die Dau- er des Aufenthalts in dieser Institution offenbar einen höheren Tarif bezahlt hat, vermag daran nichts zu ändern, erfolgte diese Kostengutsprache doch "entgegenkommenderwei- se", mithin ohne eigentlichen Rechtsgrund und ohne entspre- chende Gegenleistung. c) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Abrech- nung für den zweiten Aufenthalt in der Therapeutischen Wohngemeinschaft X.________ ab 5. Februar 1999 gemäss Art. 7 Abs. 2 des Tarifvertrages vorzunehmen ist, was zur Folge hat, dass für die ersten 90 Tage wieder der Akuttarif zur Anwendung gelangt. 5.- Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Die Beschwerdeführerin ist bei der Einreichung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht durch eine fachkundige Person vertreten gewesen, weshalb ihr keine Parteientschä- digung zusteht. Soweit die Ausrichtung einer Umtriebsent- schädigung beantragt wird, muss darauf hingewiesen werden, dass eine solche praxisgemäss nur unter besonderen Umstän- den gewährt wird, und namentlich für die Interessenwahrung einen hohen notwendigen Arbeitsaufwand voraussetzt, welcher den Rahmen dessen überschreitet, was die Einzelperson übli- cher- und zumutbarerweise auf sich zu nehmen hat (BGE 110 V 82). Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weshalb eine Entschädigung nicht zugesprochen werden kann. Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbe- schwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 17. April 2001 und der Einspra- cheentscheid der Concordia vom 1. Mai 2000 aufgehoben, und es wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin für den Aufenthalt in der Therapeutischen Wohngemein- schaft X.________ ab 5. Februar 1999 Anspruch hat auf Vergütung im Sinne der Erwägungen. II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. III. Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen. IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- richt des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 5. Dezember 2001 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Vorsitzende der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: