Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 72/2001
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K 72/01 Hm

                        II. Kammer

Präsident Lustenberger, Bundesrichter Meyer und Ferrari;
Gerichtsschreiber Grünvogel

                 Urteil vom 8. August 2001

                         in Sachen

1. H.________,

2. S.________,

3. A.________,

Beschwerdeführer, alle vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Thomas Heiniger, Limmatquai 3, 8001 Zürich,

                           gegen

Helsana Versicherungen AG, Birmensdorferstrasse 94, 8003
Zürich, Beschwerdegegnerin,

                            und

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

                        betreffend

M.________, geboren am 4. November 1942, gestorben am
18. Januar 2000

     A.- Mit Einspracheentscheid vom 30. Dezember 1998
hielt die Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana)
an ihrer Auffassung fest, dass sie für den Aufenthalt von
M.________ (geb. 1942) in der Klinik X.________ vom
22. Juni bis 18. Juli 1998 wegen fehlender Spitalbedürftig-
keit keine Leistungen aus der obligatorischen Krankenpfle-
geversicherung zu erbringen habe.

     B.- Dagegen liess M.________ durch Advokat S.________
beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich Be-
schwerde erheben mit dem Antrag, der Einspracheentscheid
vom 30. Dezember 1998 sei aufzuheben und die Helsana zu
verpflichten, M.________ die Kosten für den Spitalaufent-
halt in der privaten Abteilung in der Klinik X.________ für
die Zeit vom 22. Juni bis 18. Juli 1998 zu ersetzen. Das
Gericht nahm die Beschwerde gleichzeitig als Klage über
Ansprüche aus Zusatzversicherungen entgegen (Verfügung vom
19. April 1999).
     Nachdem die Versicherte am 18. Januar 2000 verstorben
war, sistierte das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich die Verfahren mit Verfügung vom 16. Februar 2001 bis
zum Entscheid über den Antritt der Erbschaft der verstorbe-
nen Versicherten und gab Advokat S.________ auf, dem Ge-
richt von einem rechtskräftigen Entscheid über den Erb-
schaftsantritt sofort schriftlich Kenntnis zu geben und die
massgeblichen Urkunden betreffend Feststellung der Erben
und Erwerb bzw. Ausschlagung der Erbschaft zusammen mit der
Mitteilung, ob die Erben den Prozess weiterführen, einzu-
reichen. Am 11. April 2001 brachte Advokat S.________ dem
Gericht ein vom überlebenden Ehegatten H.________ unter-
zeichnetes Schreiben (vom 5. April 2001) bei, worin er
unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Advokaten vom
22. März 2001 im Namen der Erbengemeinschaft mitteilte,
nicht in den Prozess eintreten zu wollen. Darauf schrieb
das kantonale Gericht Beschwerde und Klage als durch Rück-
zug erledigt ab (Präsidialverfügung vom 25. April 2001).

     C.- H.________, S.________ und A.________ lassen ge-
mäss Rechtsmittelbelehrung des vorinstanzlichen Beschwerde-
entscheides Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben, mit wel-
cher sie geltend machen, sie hätten nie den Verzicht zur
Fortsetzung des Prozesses erklärt, wenn sie von Advokat
S.________ umfassend über die Konsequenzen des Rückzugs,
nämlich die damit einhergehende Verpflichtung, die Rechnung
der Klinik X.________ für den Spitalaufenthalt übernehmen
zu müssen, informiert worden wären. Sie beantragen die Auf-
hebung der Präsidialverfügung vom 25. April 2001 und die
Verpflichtung der Helsana, die durch die Grundversicherung
gedeckten Kosten für den Spitalaufenthalt der verstorbenen
M.________ vom 22. Juni bis 18. Juli 1998 zu übernehmen;
eventuell sei die Sache unter Aufhebung der Präsidialver-
fügung vom 25. April 2001 zur Neubeurteilung an die Vor-
instanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht wird die
Sistierung des Verfahrens bis zur Erledigung eines bei der
Vorinstanz eingereichten Wiedererwägungsgesuchs betreffend
die Präsidialverfügung vom 25. April 2001 verlangt. Gleich-
zeitig wird das Schreiben von Advokat S.________ vom
22. März 2001 ins Recht gelegt.
     Die Helsana schliesst auf Abweisung der Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung
hat sich nicht vernehmen lassen.

     D.- Mit Beschluss vom 7. Juni 2001 tritt das Sozial-
versicherungsgericht des Kantons Zürich auf das Wiedererwä-
gungsgesuch nicht ein.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich
gegen die vorinstanzliche Abschreibungsverfügung. Das Eid-
genössische Versicherungsgericht hat daher lediglich zu
prüfen, ob das kantonale Gericht die Beschwerde mit Recht
als durch Rückzug erledigt abgeschrieben hat. Hingegen kann
es auf den materiellen Antrag auf Verpflichtung der Helsana
zur Übernahme der durch die Grundversicherung gedeckten
Kosten für den Spitalaufenthalt von M.________ in der Kli-
nik X.________ vom 22. Juni bis 18. Juli 1998 nicht ein-
treten (vgl. BGE 117 V 122 Erw. 1).

     2.- a) Da es sich bei der angefochtenen Verfügung
nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versiche-
rungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische Versiche-
rungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder
unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen fest-
gestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104
lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

     b) Im Rahmen von Art. 105 Abs. 2 OG ist die Möglich-
keit, im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungs-
gericht neue tatsächliche Behauptungen aufzustellen oder
neue Beweismittel geltend zu machen, weitgehend einge-
schränkt. Nach der Rechtsprechung sind nur jene neuen Be-
weismittel zulässig, welche die Vorinstanz von Amtes wegen
hätte erheben müssen und deren Nichterheben eine Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II
99 Erw. 1c, 120 V 485 Erw. 1b, je mit Hinweisen).

     3.- Nachdem das kantonale Sozialversicherungsgericht
bereits am 7. Juni 2001 das Wiedererwägungsgesuch vom
25. Mai 2001 prozessual erledigt hat, ist dem Sistierungs-
gesuch die Grundlage entzogen.

     4.- Nach der Rechtsprechung kann der Beschwerderückzug
nur klar, ausdrücklich und unbedingt erfolgen (BGE 119 V 38
Erw. 1b mit Hinweis). Der Rückzug eines Rechtsmittels ist
grundsätzlich unwiderruflich und beendet den Streitfall
unverzüglich; denn die entsprechende Abschreibungsverfügung
hat lediglich deklaratorischen Charakter. Hingegen kann
eine wegen Beschwerderückzugs ergangene Abschreibungsver-
fügung angefochten werden mit der Begründung, der Rückzug
beruhe auf einem Willensmangel (BGE 109 V 237 Erw. 3; vgl.
auch BGE 111 V 58 und 156 mit weiteren Hinweisen). Die Ver-
zichtserklärung von Erben, den von der verstorbenen Person
angestrengten Prozess fortführen zu wollen, entspricht
einer Rückzugserklärung.

     5.- Die Beschwerdeführer legen letztinstanzlich erst-
mals das Schreiben von Advokat S.________ vom 22. März 2001
ins Recht, auf welches sie sich in der Verzichtserklärung
vom 5. April 2001 bezogen haben.
     Nachdem das Prozessvertretungsmandat des Advokates
mangels anderslautender Abrede (vgl. in den vorinstanzli-
chen Akten liegende Vollmachtsurkunde vom 9. Juli 1998)
gestützt auf Art. 35 Abs. 1 OR mit dem Tod von M.________
erloschen und der Rechtsvertreter von den Beschwerdeführern
nicht zur Weiterführung des Prozesses beauftragt worden
war, sondern gegenteils im Auftrag des Gerichts eine Erklä-
rung der Erben zum Prozessfortgang eingeholt hatte, mithin
sein Verhalten der Vorinstanz anzurechnen ist, hätte es an
dieser gelegen, das erwähnte Schriftstück vom 22. März 2001
von Amtes wegen vor der Entscheidfindung einzuholen. Diese
Unterlassung rechtfertigt den Einbezug dieses Aktenstücks
in die Entscheidfindung (Erw. 2b hievor).

     6.- Die Beschwerdeführer haben den Verzicht auf eine
Fortführung des Prozesses am 5. April 2001 ausdrücklich und
vorbehaltlos erklärt. Bei dieser Aussage sind sie zu behaf-
ten. In den vorinstanzlichen Akten fehlen unter Einschluss
des Schreibens vom 22. März 2001 Anhaltspunkte dafür, dass

die Willensäusserung nicht eindeutig gewesen oder irrtüm-
lich erfolgt wäre, was das Gericht verpflichtet hätte, den
tatsächlichen Willen des Rechtsuchenden zu ermitteln (Ur-
teil G. vom 5. Juni 2000 [H 236/99] sowie unveröffentlich-
tes Urteil M. vom 5. November 1985 [H 193/85]). Die Ausfüh-
rungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde über eine an-
geblich ungenügend erfolgte Orientierung über die Auswir-
kungen eines Rückzuges durch Advokat S.________ sind nicht
geeignet darzutun, dass die Beschwerdeführer das Rechtsmit-
tel unter dem Einfluss eines relevanten Willensmangels
zurückgezogen haben. Dem an die Beschwerdeführer gerichte-
ten Schreiben von Advokat S.________ vom 22. März 2001
lässt sich unmissverständlich der Prozessgegenstand entneh-
men: Die Weigerung der Helsana, die Aufenthaltskosten zu
übernehmen. Damit musste es für die Beschwerdeführer zu-
gleich klar sein, dass beim Rückzug diese Kosten, falls
nicht bereits von der Verstorbenen bezahlt, der Erbmasse
angelastet würden. Dafür, dass die Beschwerdeführer eine
falsche Auskunft erhalten hätten, finden sich in den Akten
keine Anhaltspunkte. Dies wird denn auch nicht behauptet.
Der Abschreibungsbeschluss der Vorinstanz kann somit nicht
beanstandet werden.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen,
     soweit darauf einzutreten ist.

 II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwer-
     deführern auferlegt und mit dem geleisteten Kosten-
     vorschuss verrechnet.

III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche-
     rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
     Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 8. August 2001
                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der II. Kammer:

                              Der Gerichtsschreiber: