Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 35/2001
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K 35/01

Urteil vom 25. März 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiberin
Berger Götz

I.________, Beschwerdeführer,

gegen

CSS Versicherung, Rösslimattstrasse 40, 6005 Luzern, Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau, Weinfelden

(Entscheid vom 12. Februar 2001)

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 12. Oktober 2000 lehnte es die CSS Versicherung
(nachfolgend: CSS), bei welcher der 1947 geborene, unter einem Keratokonus
leidende I.________ obligatorisch krankenpflegeversichert ist, ab, die den
Betrag von Fr. 700.- übersteigenden Kosten für eine Kontaktlinse links und
deren Anpassung zu übernehmen. Mit Einspracheentscheid vom 20. November 2000
bestätigte sie die Ablehnung der Kostenübernahme.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Thurgau ab (Entscheid vom 12. Februar 2001).

C.
I.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem sinngemässen Antrag,
die Krankenkasse sei zu verpflichten, die Kosten für die Kontaktlinse und
deren Anpassung vollumfänglich zu übernehmen.

Die CSS schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Krankenversicherungsbereich geändert
worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze
massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden
Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das
Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf
den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides
(hier: 20. November 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366
Erw. 1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden
Bestimmungen anwendbar.

2.
2.1 Die Versicherer dürfen nach Art. 34 Abs. 1 KVG im Rahmen der
obligatorischen Krankenpflegeversicherung keine anderen Kosten als diejenigen
für die Leistungen nach Art. 25 bis 33 KVG übernehmen. Diese umfassen unter
anderem die ärztlich verordneten, der Untersuchung oder Behandlung dienenden
Mittel und Gegenstände (Art. 25 Abs. 2 lit. b KVG).

Auf Grund der Delegationsnorm in Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 KVG erlässt
das Departement Bestimmungen über die Leistungspflicht und den Umfang der
Vergütung bei Mitteln und Gegenständen, die der Untersuchung oder Behandlung
dienen. Das Departement bezeichnet nach Anhören der zuständigen Kommission
die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu übernehmenden Mittel
und Gegenstände nach Art. 52 Abs. 1 lit. a Ziff. 3 KVG und setzt
Höchstbeträge für ihre Vergütung fest (Art. 33 lit. e KVV). Die der
Untersuchung oder Behandlung dienenden Mittel und Gegenstände sind in der
Mittel- und Gegenstände-Liste (MiGeL) im Anhang 2 der KLV aufgelistet (Art.
20 Abs. 1 KLV). In diesem Bereich unterstehen die Leistungserbringer keiner
Tarifschutzpflicht (Art. 44 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1
lit. a Ziff. 3 KVG; Botschaft des Bundesrates über die Revision der
Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 93 ff., insbesondere
176). Es gilt eine so genannte Festbetragsregelung, d.h. die
Leistungserbringer dürfen der versicherten Person mehr als den Festpreis in
Rechnung stellen, während die Versicherer ihrerseits höchstens den behördlich
festgelegten Preis zu entschädigen haben (BBl 1992 I 176; Eugster,
Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S.
172 Rz 323).

2.2 Wie das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt
hat, beträgt die Vergütung für Kontaktlinsen bei Keratokonus pro Seite
höchstens Fr. 700.- (Art. 22 sowie Art. 24 Abs. 1 und 2 KLV in Verbindung mit
Ziff. 25.24 MiGeL in der ab 1. Januar 1998 geltenden Fassung; vgl. im Übrigen
die gleich lautende Ziff. 25.02.03.00.1 MiGeL in der Fassung vom 1. Januar
2002).

3.
3.1 In der Invalidenversicherung werden die Hilfsmittel zu Eigentum oder
leihweise in einfacher und zweckmässiger Ausführung abgegeben (Art. 21 Abs. 3
Satz 1 IVG). Durch eine andere Ausführung verursachte zusätzliche Kosten hat
der Versicherte selbst zu tragen (Art. 21 Abs. 3 Satz 2 IVG). Der Bundesrat
kann nähere Vorschriften erlassen (Art. 21 Abs. 4 IVG). Nach Art. 27 Abs. 1
IVG ist der Bundesrat überdies befugt, mit den Abgabestellen für Hilfsmittel
(und anderen Leistungserbringern im Bereich der Eingliederungsmassnahmen)
Verträge abzuschliessen, um die Zusammenarbeit mit den Organen der
Versicherung zu regeln und die Tarife festzulegen. Soweit kein Vertrag
besteht, kann der Bundesrat die Höchstbeträge festsetzen, bis zu denen den
Versicherten die Kosten der Eingliederungsmassnahmen vergütet werden (Art. 27
Abs. 3 IVG). Der Bundesrat hat die Kompetenzen zum Erlass von
Ausführungsvorschriften und zur Festsetzung von Höchstbeträgen, bis zu denen
die Hilfsmittelkosten vergütet werden, in Art. 14 lit. a IVV an das
Eidgenössische Departement des Innern delegiert, welches gestützt auf diese
Subdelegation die Verordnung über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die
Invalidenversicherung (HVI) mit anhangsweise aufgeführter Hilfsmittelliste
erlassen hat. Gemäss Art. 2 Abs. 4 HVI können beim Fehlen von vertraglich
vereinbarten Tarifen vom BSV angemessene Höchstbeiträge im Sinne von Art. 27
IVG festgelegt werden. Nach der Rechtsprechung kann das Gericht von den durch
das BSV festgelegten Preislimiten abweichen, falls deren Beachtung im
Einzelfall eine Beeinträchtigung des gesetzlichen Hilfsmittelanspruches zur
Folge hat (BGE 123 V 18).

3.2 Es fragt sich, ob die Versicherer im Sinne der erwähnten Praxis im
Hilfsmittelbereich der Invalidenversicherung in Ausnahmefällen auch bei
Mitteln und Gegenständen aus der MiGeL zur Leistung einer höheren als der in
der MiGeL vorgesehenen maximalen Vergütung verpflichtet werden können. Dies
muss allerdings vorliegend nicht beantwortet werden, weil die MiGeL für die
Übernahme der Kontaktlinsenkosten eine nach der Art der Erkrankung
differenzierte Abstufung der Vergütungsansätze vorsieht und namentlich für
den Keratokonus eine dem Einzelfall gerecht werdende Spezialregelung
(Vergütung von Fr. 700.- pro Seite, ohne zeitliche Limitierung) trifft. Es
ergeben sich aus den Akten denn auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass nur
ein kostspieligeres Hilfsmittel der Krankheit des Beschwerdeführers angepasst
wäre. Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geäusserten Ansicht
hat sich die Krankenkasse demnach an den Festpreis der MiGeL zu halten. Einen
weitergehenden Leistungsanspruch des Versicherten hat sie zu Recht abgelehnt.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau,
als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
zugestellt.

Luzern, 25. März 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: