Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 132/2001
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K 132/01 Hm

                        III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger;
Gerichtsschreiberin Fleischanderl

                Urteil vom 18. Februar 2002

                         in Sachen

T.________ und S.________, Beschwerdeführer,

                           gegen

VISANA, Juristischer Dienst, Weltpoststrasse 19/21, 3000
Bern, Beschwerdegegnerin,
                            und

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

     A.- T.________, seine Ehefrau S.________ sowie ihre
vier Kinder, J.________, O.________, P.________ und
A.________ sind bei der Krankenkasse Visana (nachfolgend:
Visana; vormals Schweizerische Grütli, welche per 1. Januar
1996 mit anderen Krankenkassen zur Visana fusionierte) -
seit 1. Januar 1996 im Rahmen der obligatorischen Kranken-
pflegeversicherung - versichert. Nachdem die Prämien für
die Monate November (Restbetrag)/Dezember 1996 und Januar
1997 bis Dezember 1999 (in Höhe von Fr. 23'033.45) sowie

Kostenbeteiligungen in der Zeit vom 15. Oktober 1996 bis
28. Dezember 1999 (in Höhe von Fr. 2'151.10) im Gesamtbe-
trag von Fr. 25'184.55 nicht beglichen worden waren, leite-
te die Visana gegen T.________ die Betreibung ein. Dieser
erhob Rechtsvorschlag, woraufhin die Visana ihn mit Verfü-
gung vom 27. März 2000 unter gleichzeitiger Beseitigung des
Rechtsvorschlages zur Bezahlung von Fr. 26'653.80, zuzüg-
lich Mahnspesen in Höhe von Fr. 40.- und Bearbeitungskosten
von Fr. 400.- verpflichtete. Die dagegen erhobene Einspra-
che hiess die Kasse insoweit gut, als sie den Forderungsbe-
trag wiederum auf Fr. 25'184.55 (zuzüglich Mahn- und Bear-
beitungskosten in Höhe von Fr. 440.-) festsetzte (Einspra-
cheentscheid vom 17. Juli 2000).

     B.- Das beschwerdeweise vorgetragene Ersuchen um
Herabsetzung des Forderungsbetrages wies das Versicherungs-
gericht des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 20. Septem-
ber 2001 ab.

     C.- T.________ und S.________ erheben Verwaltungsge-
richtsbeschwerde und erneuern ihr vorinstanzlich gestelltes
Rechtsbegehren.
     Während das kantonale Gericht und die Visana auf Ab-
weisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, ver-
zichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Ver-
nehmlassung.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerde-
führer der Visana Prämien für die Zeit vom November 1996
bis Ende Dezember 1999 in Höhe von Fr. 23'033.45 sowie Kos-
tenbeteiligungen in der Zeit vom 15. Oktober 1996 bis
28. Dezember 1999 im Betrag von Fr. 2'151.10 samt Akzesso-
rien schulden.

     b) Da somit nicht Versicherungsleistungen im Streit
stehen, hat das Eidgenössische Versicherungsgericht nur zu
prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht Bundesrecht verletzt
hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Er-
messens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offen-
sichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist
(Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie
Art. 105 Abs. 2 OG).

     2.- Gemäss Art. 61 ff. KVG in Verbindung mit Art. 89
ff. KVV ist jede versicherte Person verpflichtet, - in der
Regel monatlich zu bezahlende - Prämien zu entrichten. In
Art. 64 KVG in Verbindung mit Art. 103 ff. KVV wird sodann
festgehalten, dass sich die Versicherten an den für sie
erbrachten Leistungen in Form einer Franchise sowie eines
Selbstbehaltes zu beteiligen haben. Korrekt dargelegt -
weshalb darauf zu verweisen ist - hat die Vorinstanz die
massgebende Rechtsprechung über die Vollstreckung der Prä-
mienzahlungs- und Kostenbeteiligungspflicht der Versicher-
ten gegenüber dem Versicherer (BGE 119 V 331 f. Erw. 2b mit
Hinweisen; vgl. auch Art. 88 Abs. 2 KVG in Verbindung mit
Art. 80 SchKG).

     3.- a) Soweit das kantonale Gericht die seitens der
Beschwerdeführer - vor- wie auch letztinstanzlich - erhobe-
nen Einwände, wonach die Visana zum einen eine Zahlung in
Höhe von Fr. 2'313.60 unberücksichtigt gelassen habe und
zum anderen einem im Jahre 1997 gestellten Antrag auf Erhö-
hung der Franchise nicht nachgekommen sei, als unbegründet
abgewiesen hat, ist ihm beizupflichten. In Anbetracht des
Schreibens der Visana an den Beschwerdeführer 1
(T.________) vom 19. April 1997, worin von Prämienausstän-
den für die Monate Januar bis März 1997 von Fr. 2'313.60 -
inklusive einer Bearbeitungsgebühr von Fr. 30.- - die Rede
ist, sowie der im Einspracheentscheid vom 17. Juli 2000
enthaltenen Aufstellung, welche am 28. Mai 1997 eine Prä-

mienzahlung von Fr. 2'283.60 ausweist, erscheint die Argu-
mentation der Visana, die Beschwerdeführer hätten am
26. Mai 1997 (Datum der Einzahlung am Postschalter) einen
Betrag von Fr. 2'313.60 - bestehend aus Fr. 2'283.60 Prä-
mienrestanz sowie Fr. 30.- Mahnkosten - überwiesen, glaub-
haft. Für die erstmals vorgebrachte Behauptung der Be-
schwerdeführer, im Mai 1997 je Fr. 2'313.60 und Fr.
2'283.60 einbezahlt zu haben, fehlt demgegenüber jeglicher
Nachweis. Was die Erhöhung der Franchise anbelangt, wurde
zwar mit Brief vom 31. Juli 1997 um Wechsel der Franchise
von Fr. 600.- auf Fr. 1'500.- ersucht, im Schreiben vom
3. Dezember 1997 jedoch wiederum von einer gewünschten Ver-
sicherung mit "Franchise/Selbstbehalt Fr. 600.-" gespro-
chen. Ebenso entbehrt der in der Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde erhobene Einwand, eine Erhöhung des Franchisebe-
trags auf Fr. 1'500.- sei bereits auf Juli 1997 vorgenommen
worden, angesichts des Umstands, dass der Wechsel zu einer
höheren Franchise nur auf den Beginn eines Kalenderjahres
erfolgen kann (Art. 94 Abs. 1 KVV), einer Rechtsgrundlage.

     b) aa) Nicht gefolgt werden kann den vorinstanzlichen
Erwägungen hingegen zunächst im Hinblick auf die unter Ver-
weis auf eine Kopie aus dem Postempfangsscheinbuch durch
die Beschwerdeführer geltend gemachte Zahlung von
Fr. 550.80 an die Grütli Krankenkasse, deren Erhalt von der
Visana mit der Begründung bestritten wird, die angegebene
Kontonummer beziehe sich weder auf ein ehemaliges Konto der
Grütli noch auf ein solches der Visana.
     Rechtsprechungsgemäss ist der Sozialversicherungs-
prozess vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Danach hat
das Gericht von Amtes wegen für die richtige und vollstän-
dige Abklärung des rechtserheblichen Sachverhaltes zu sor-
gen. Dieser Grundsatz gilt indessen nicht uneingeschränkt;
er findet sein Korrelat in den Mitwirkungspflichten der
Parteien (BGE 125 V 195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit
Hinweisen). Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Be-
weislast im Sinne einer Beweisführungslast begriffsnotwen-

dig aus. Im Sozialversicherungsprozess tragen mithin die
Parteien in der Regel eine Beweislast nur insofern, als im
Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener
Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sach-
verhalt Rechte ableiten wollte. Diese Beweisregel greift
allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist,
im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer
Beweiswürdigung einen Sachverhalt zu ermitteln, der zumin-
dest die Wahrscheinlichkeit für sich hat, der Wirklichkeit
zu entsprechen (BGE 117 V 264 Erw. 3b mit Hinweisen).
     Das kantonale Gericht hat im Lichte dieser beweis-
rechtlichen Grundsätze übersehen, dass der Verbleib des
offenkundig am 26. April 1995 an einem Postschalter einbe-
zahlten Betrags von Fr. 550.80 in tatsächlicher Hinsicht
weiterer Abklärungen bedarf, wobei von Amtes wegen vorzu-
nehmende Beweisvorkehren wie etwa ein unter Mitwirkung der
Beschwerdeführer zu stellendes Nachforschungsbegehren bei
der Post durchaus zur Klärung der Situation beizutragen
vermöchten. Da der Sachverhalt diesbezüglich somit unvoll-
ständig festgestellt wurde, ist der angefochtene Entscheid
insoweit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurück-
zuweisen, damit sie die erforderlichen Beweismassnahmen in
die Wege leitet.

     bb) Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwer-
deführer 1 gemäss der in Art. 166 Abs. 3 ZGB statuierten
güterstandsunabhängigen Solidarhaftung für die laufenden
familiären Bedürfnisse, zu welchen auch der Abschluss einer
Krankenversicherung gehört (Honsell/Vogt/Geiser, Kommentar
zum Schweizerischen Privatrecht, Schweizerisches Zivilge-
setzbuch I, Basel 1996, N 7 zu Art. 166 ZGB), gegenüber der
Visana auch für die während des ehelichen Zusammenlebens
aufgelaufenen, seine Ehefrau betreffenden Prämienschulden
haftet (BGE 119 V 16; Gebhard Eugster, Krankenversicherung,
in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], S. 182
Rz 337 mit Hinweisen; Honsell/Vogt/Geiser, a.a.O., N 7 zu
Art. 163 ZGB). Gleiches gilt sodann im Hinblick auf die

Prämienzahlungspflicht der - unmündigen - Kinder, die im
Rahmen der Unterhaltspflicht nach Art. 276 Abs. 1 in Ver-
bindung mit Art. 277 Abs. 1 ZGB von den Eltern wahrzunehmen
ist. Die das obligatorische Krankenpflegeversicherungsver-
hältnis betreffenden Kinderprämien gehören ebenfalls zu den
laufenden Bedürfnissen der Familie im Sinne von Art. 166
ZGB, für welche die in gerichtlich ungetrennter Ehe leben-
den Eltern solidarisch haften (RKUV 1993 Nr. K 914 S. 86
Erw. 2b/bb; Eugster, a.a.O., S. 182 Rz 337). Eine Unter-
haltspflicht im Sinne der Prämienzahlungs- sowie Kostenbe-
teiligungspflicht für im Zeitpunkt der Beitragserhebung
bereits mündige Kinder besteht demgegenüber nicht.
     Den Akten zu entnehmen ist vorliegend einzig das Alter
der Söhne O.________ (geb. 1984) und J.________ (geb.
1975), währenddem die Geburtsdaten von P.________ und
A.________ nicht ersichtlich sind. Bereits aus diesen Anga-
ben erhellt indes, dass die Beschwerdeführer, namentlich
der dahingehend betriebene Beschwerdeführer 1, für die aus-
stehenden Prämien und Kostenbeteiligungen des im Zeitpunkt
der relevanten Beitragserhebung bereits volljährigen Sohnes
J.________ nicht haften. Im Hinblick auf den Sohn
P.________, welcher gemäss Schreiben der Visana an die Be-
schwerdeführerin 2 (S.________) vom 15. Januar 1997 aus dem
Familienhaushalt ausgezogen war und somit vermutungsweise
ebenfalls das Mündigkeitsalter erreicht hat, sowie die
Tochter A.________ lässt sich auf Grund der vorhandenen
Unterlagen hingegen keine abschliessende Beurteilung der
Haftungsfrage vornehmen.

     cc) Zusammenfassend hat die Vorinstanz den rechtser-
heblichen Sachverhalt aus den vorstehend dargelegten Grün-
den unvollständig im Sinne von Art. 105 Abs. 2 OG festge-
stellt. Ferner enthalten die Akten weder die einzelnen
Familienmitglieder betreffende Versicherungsausweise der
Jahre 1996 bis 1999 noch sonstige, Bestand und Umfang des
in Betreibung gesetzten Forderungsbetrages substantiierende
Belege, zumal betriebsinterne EDV-Auszüge mit nicht nach-
vollziehbaren und näher erläuterten Codierungen sowie Ab-

kürzungen jedenfalls für sich alleine keinen rechtsgenüg-
lichen Beweis zu erbringen vermögen (Urteil A./B. vom
28. März 2001, K 144/99). Des Weitern ist - wie das kanto-
nale Gericht grundsätzlich richtig erkannt hat - die Erhe-
bung angemessener Mahngebühren und Umtriebsspesen beim Ver-
zug in der Zahlung von Prämien und Kostenbeteiligungen
unter der Voraussetzung der schuldhaften Verursachung der
(bei rechtzeitiger Zahlung unnötigen) Aufwendungen durch
die versicherte Person zulässig, sofern der Krankenversi-
cherer in seinen allgemeinen Bestimmungen über die Rechte
und Pflichten der Versicherten eine entsprechende Regelung
vorsieht (BGE 125 V 276 f. Erw. 2c mit Hinweisen). Da indes
einzig die ab 1999 gültigen Allgemeinen Versicherungsbedin-
gungen für die obligatorische Krankenpflegeversicherung der
Visana aktenkundig sind, kann die Rechtmässigkeit der auf
Grund der in den Jahren 1996 bis Ende 1998 aufgelaufenen
Prämien- und Kostenbeteiligungsschulden erhobenen Mahn- und
Bearbeitungskosten nicht schlüssig eruiert werden.
     Der angefochtene Entscheid ist folglich aufzuheben und
die Sache zu ergänzenden Abklärungen im Sinne der Erwägun-
gen sowie neuer Entscheidung an das kantonale Gericht zu-
rückzuweisen.

     4.- Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 134 OG e
contrario). Entsprechend dem Ausgang des Prozesses sind die
Kosten der Visana zu überbinden (Art. 156 Abs. 1 in Verbin-
dung mit Art. 135 OG).

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne
     gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungs-
     gerichts des Kantons Solothurn vom 20. September 2001
     aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurück-
     gewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im
     Sinne der Erwägungen, über die Beschwerde neu ent-
     scheide.

 II. Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.- werden der Kranken-
     kasse Visana auferlegt.

III. Die geleisteten Kostenvorschüsse von je Fr. 1'000.-
     werden den Beschwerdeführern vollumfänglich zurücker-
     stattet.

 IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungs-
     gericht des Kantons Solothurn und dem Bundesamt für
     Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 18. Februar 2002
                                  Im Namen des
                      Eidgenössischen Versicherungsgerichts
                          Der Präsident der III. Kammer:

                              Die Gerichtsschreiberin: