Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6P.151/2001
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6P.151/2001/kra
6S.595/2001

                K A S S A T I O N S H O F
                *************************

                     11. Februar 2002

Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des
Kassationshofes, Bundesrichter Wiprächtiger, Kolly und
Gerichtsschreiberin Schild Trappe.

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                        In Sachen

Y.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Josef Ulrich, Morgartenstrasse 17, Luzern,

                          gegen

X.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt
Bruno Krummenacher, Brünigstrasse 164, Sarnen,
Obergerichtskommission des Kantons  O b w a l d e n,

                        betreffend
Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung, Verletzung
des Grundsatzes "in dubio pro reo"; Friedensbürgschaft
                     (Art. 57 StGB),

hat sich ergeben:

     A.- Zwischen den Parteien herrscht seit mehreren
Jahren ein Nachbarstreit. Die Ehefrau von Y.________
ist Eigentümerin der Parzelle Nr. ..., GB Sarnen. Eigen-
tümer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks Parzelle
Nr. ... ist X.________. Beim Verhöramt des Kantons Ob-
walden sind verschiedene Klagen von X.________ gegen
Y.________ und umgekehrt hängig (so unter anderem wegen
Körperverletzungen, Drohungen, Sachbeschädigungen usw.).
Zu einer tätlichen Auseinandersetzung kam es zwischen den
beiden Parteien letztmals am 14. März 2001. Das diesbe-
zügliche Verfahren ist beim Verhöramt des Kantons Obwalden
hängig. Ebenso reichte X.________ beim zuständigen Gericht
Klage auf Beseitigung des sich auf seinem Grundstück
befindenden Parkplatzes ein. Dieser Park- und Wendeplatz
wurde von Y.________ auf dem Grundstück von X.________
erstellt. Mit Urteil vom 4./11. April 2001 verpflichtete
das Kantonsgericht Obwalden Y.________ und seine Ehefrau,
den besagten Parkplatz auf ihre Kosten innert 50 Tagen
nach Rechtskraft des Urteils zu beseitigen. Gegen dieses
Urteil hat Y.________ appelliert. Die Kantonspolizei
Obwalden wurde am 12. April von F.________, Betriebs-
stellvertreter von X.________, und Y.________ gerufen,
nachdem es zwischen den beiden zu einer verbalen Aus-
einandersetzung um die Entsorgung von Ästen gekommen war.
Anlässlich dieser Auseinandersetzung gab Y.________,
nachdem X.________ und sein Betriebsstellvertreter
gegangen waren, gegenüber der Polizei seine Meinung kund,
"dass es Tote geben wird, falls das Kantonsgericht
bezüglich Wende- und Parkplatz nicht zu seinen Gunsten
entscheiden werde. Diese Aussage hat er kurz darauf
wiederholt" (Informationsbericht der Kantonspolizei
Obwalden vom 17. April 2001). Das erwähnte Urteil des
Kantonsgerichts Obwalden wurde den Parteien am 20. April

2001 zugestellt. Am 23. April 2001 stellte X.________ beim
zuständigen Kantonsgerichtspräsidenten das Gesuch auf
Abnahme einer Friedensbürgschaft bei Y.________. Insbe-
sondere wies X.________ darauf hin, dass Y.________ und
seine Ehefrau unter anderem auch in jenem Punkt, welcher
zu den Todesdrohungen Anlass gab (Beseitigung des Park-
und Wendeplatzes), beim Kantonsgericht unterlegen seien.
Somit sei die Gefahr der Verwirklichung der Drohungen
gegeben. Anlässlich der Verhandlung vom 28. Mai 2001
bestätigte Y.________, dass er die erwähnte Aussage
gegenüber der Polizei getätigt habe. Diese Aussage sei
jedoch nicht als Drohung, sondern als Warnung zu verste-
hen. Er habe mit dieser Aussage nur die Öffentlichkeit
warnen wollen. Diese müsse wissen, dass er (Y.________)
bedroht werde. Denn auch wenn das Gericht gegen ihn
entscheide, müsse er den Parkplatz benutzen. Wenn er je-
doch den Parkplatz benutzen werde, werde X.________ ihn
sicherlich töten. Y.________ weigerte sich, eine Friedens-
bürgschaft abzulegen. Er führte aus, dass er nicht gedroht
habe, und er werde auch niemandem etwas antun, auch wenn
das Gericht nicht zu seinen Gunsten entscheiden werde.

     B.- Am 11. Juni 2001 verfügte der Kantonsgerichtsprä-
sident des Kantons Obwalden wie folgt:

        "I.  Y.________ hat gegenüber X.________ eine
             Friedensbürgschaft zu leisten.

         II. Y.________ hat folgendes Versprechen abzule-
             gen:

             Ich bestätige, dass ich am 12. April 2001 auf
             der Liegenschaft Z.________, R.________,
             Sarnen, vor Polizeibeamten der Kantonspolizei
             Obwalden, die wegen einer Auseinandersetzung
             mit X.________, B.________, R.________, an
             Ort und Stelle erschienen waren, gesagt habe,
             dass es Tote geben würde, falls das Kantons-

             gericht Obwalden - bezüglich Wende- und
             Parkplatz - nicht zu meinen Gunsten entschei-
             den würde. Ich verspreche, dass ich diese
             Drohung nicht wahrmachen werde.

        III. Y.________ hat eine Sicherheitsleistung von
             Fr. 2'000.-- zu leisten.

        IV.  Das Versprechen und die Sicherheitsleistung
             sind innert 10 Tagen seit Rechtskraft dieser
             Verfügung zu leisten.

        V.   Wenn Y.________ das Versprechen und/oder die
             Sicherheitsleistung nicht innerhalb von 10
             Tagen seit Rechtskraft dieser Verfügung leis-
             tet, wird eine Sicherheitshaft von einem
             Monat, unbedingt, angeordnet. (...)"

     C.- Die Obergerichtskommission des Kantons Obwalden
wies als Beschwerdeinstanz in Strafsachen am 22. Au-
gust 2001 die von Y.________ eingereichte Beschwerde ab
und bestätigte die Verfügung des Kantonsgerichtspräsiden-
ten vom 11. Juni 2001.

     D.- Gegen das Urteil der Obergerichtskommission führt
Y.________ sowohl staatsrechtliche Beschwerde wie auch
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde.

           Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

I. Staatsrechtliche Beschwerde

     1.- a) Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. a OG hat die Be-
schwerdeschrift die Anträge des Beschwerdeführers zu ent-
halten. Ein formeller Antrag ist der vorliegenden Be-
schwerdeschrift nicht zu entnehmen.

        b) Der Beschwerdeführer macht willkürliche Be-
weiswürdigung, Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro
reo" und der Unschuldsvermutung geltend. Die Vorinstanz
hat sehr ausführlich die Aussagen der zwei Polizeibeamten,
die den Ausspruch des Beschwerdeführers entgegengenommen
haben, gewürdigt (angefochtenes Urteil S. 7/8). Dem setzt
der Beschwerdeführer lediglich seine eigene Auffassung des
Sachverhalts entgegen (Beschwerdeschrift S. 3 - 5 oben)
- eine klassische appellatorische Kritik. In diesem Punkt
ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten.

        c) Im Weiteren macht der Beschwerdeführer die
Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäusserung gemäss
Art. 10 Ziff. 1 EMRK geltend. Diese Rüge begründet er nur
damit, dass er keine Drohung ausgesprochen habe, was
- wie gerade dargelegt - nicht der Fall ist. Auch in die-
sem Punkt ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht
einzutreten.

        d) Schliesslich macht der Beschwerdeführer eine
Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 10 Abs. 3 BV geltend.
Dazu hat die Obergerichtskommission Stellung bezogen (an-
gefochtenes Urteil S. 10 unten). Der Beschwerdeführer
setzt sich mit diesen Argumenten nicht auseinander, womit
auch in diesem Punkt auf die staatsrechtliche Beschwerde
nicht einzutreten ist.

II. Nichtigkeitsbeschwerde

     2.- a) Die Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde
ergibt sich aus Art. 270 BStP. Der Beschwerdeführer wurde
in einem kantonalen Verfahren letztinstanzlich zu einer
Friedensbürgschaft gemäss Art. 57 StGB, und damit zu einer

Massnahme gemäss Schweizerischem Strafgesetzbuch verur-
teilt. Dieses Verfahren lief unabhängig von einer straf-
rechtlichen Anklage. Es stellt sich die Frage, ob dem Be-
schwerdeführer nicht dennoch die Legitimation als Ange-
klagter gemäss Art. 270 lit. a BStP zugestanden werden
müsste. Die Frage kann aus den nachstehenden Gründen offen
gelassen werden.

        b) Gemäss Art. 273 Abs. 1 lit. a BStP muss die
Beschwerdeschrift Anträge enthalten. Solche fehlen hier
wie schon in der staatsrechtlichen Beschwerde.

        c) Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf,
geltend zu machen, nicht gedroht zu haben. Damit wendet er
sich gegen tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz, was
im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde unzulässig ist
(Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP). Auf die Nichtigkeitsbe-
schwerde ist demnach nicht einzutreten.

III. Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege, Kosten,
Parteientschädigung

     3.- Der Beschwerdeführer stellt für beide bundesge-
richtlichen Verfahren ein Gesuch um unentgeltliche Rechts-
pflege. Wegen Aussichtslosigkeit der von ihm - sinn-
gemäss - gestellten Rechtsbegehren ist dieses Gesuch abzu-
weisen (Art. 152 Abs. 1 OG). Der finanziellen Situation
des Beschwerdeführers kann mit einer reduzierten Gerichts-
gebühr Rechnung getragen werden.

        Dem Beschwerdegegner wird mangels Umtrieben für
die bundesgerichtlichen Verfahren keine Entschädigung zu-
gesprochen.

            Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Auf die staatsrechtliche Beschwerde und auf die
eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht einge-
treten.

     2.- Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

     3.- Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 1'600.--
wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien und der Oberge-
richtskommission des Kantons Obwalden schriftlich mit-
geteilt.

                      _____________

Lausanne, 11. Februar 2002

               Im Namen des Kassationshofes
            des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                      Der Präsident:

                 Die Gerichtsschreiberin: