Kassationshof in Strafsachen 6A.111/2001
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6A.111/2001/otd K A S S A T I O N S H O F ************************* 4. März 2002 Es wirken mit: Bundesrichter Schubarth, Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Karlen und Gerichtsschreiber Borner. --------- In Sachen B.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Franz Hollinger, Stapferstrasse 28, Postfach, Brugg, gegen Verwaltungsgericht des Kantons A a r g a u, 4. Kammer, betreffend Entzug des Führerausweises (Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 25. September 2001), hat sich ergeben: A.- Am 5. September 1998 gegen Mitternacht fuhr B.________ auf der Autobahnausfahrt in Pregny-Chambésy mit seinem Auto mit einer rechtlich massgebenden Ge- schwindigkeit von 86 km/h anstelle der signalisierten Geschwindigkeit von 60 km/h. Am 18. November 1998 wurde B.________ deswegen in Anwendung von Art. 90 Ziff. 1 SVG (SR 741.01) wegen Überschreitens der signalisierten Höchstgeschwindigkeit zu einer Busse von Fr. 480.-- verurteilt. B.- Das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau ent- zog B.________ am 25. März 1999 den Führerausweis für die Dauer von einem Monat. Am 4. Juli 2000 wies das Departe- ment des Innern des Kantons Aargau eine Verwaltungsbe- schwerde des Betroffenen ab. Eine dagegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau am 25. September 2001 ab. C.- B.________ erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und er sei lediglich zu verwarnen. Das Verwaltungsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet; das Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragt, die Verwaltungsgerichtsbe- schwerde abzuweisen (act. 9 und 11). Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- a) Die Vorinstanz begründet den einmonatigen Führerausweisentzug im Wesentlichen mit der konkreten Gefahrenlage. Im Gegensatz zur allgemeinen Höchstge- schwindigkeit von 120 km/h auf Autobahnen sei die Höchst- geschwindigkeit auf der erwähnten Autobahnausfahrt auf 60 km/h limitiert. Werde auf einer Autobahnausfahrt die Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h - und somit unter die Ausserortshöchstgeschwindigkeit - reduziert, so müsse in der Regel davon ausgegangen werden, dass die Geschwindig- keitsbegrenzung aus Gründen der Verkehrssicherheit ange- ordnet worden sei. Die Rechtsprechung, wonach auf Auto- bahnen erst bei Geschwindikgeitsüberschreitungen von 31 bis 34 km/h von einem mittelschweren Fall ausgegangen werde, beziehe sich auf die normal geführte Autobahn mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Diese Rechtsprechung könne nicht unbesehen auf Autobahn- abschnitte übertragen werden, auf welchen die Geschwin- digkeit aus Sicherheitsgründen limitiert sei. Entspre- chend sei die festgestellte Geschwindigkeitsüberschrei- tung von 26 km/h als schwerwiegender einzustufen, als wenn sie sich auf der "normalen" Autobahn ereignet hätte. Vorliegend müsse somit von einem mittelschweren Fall aus- gegangen werden, habe der Beschwerdeführer die zulässige Höchstgeschwindigkeit doch immerhin um rund 43 % über- schritten (angefochtener Entscheid S. 8 f. lit. aa). b) Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, auf einer Autobahnausfahrt dürften nicht die Grundsätze betreffend Geschwindigkeitsüberschreitung auf Ausserorts- strecken angewandt werden. Es sei eine notorische Tatsa- che, dass an derartigen Stellen generelle Geschwindig- keitsbeschränkungen auf 60 km/h regelmässig überschritten würden, sei doch die Gewöhnung an 120 km/h noch präsent und es bedürfe einer gewissen Zeit, dies zu ändern. In casu habe sich der Vorfall zu Beginn dieser mit einer tieferen Limite versehenen Strecke ereignet, das heisse zu Beginn der "Umgewöhnungsphase", weshalb er eher leicht zu gewichten sei. Hinzu komme, dass es sich um eine ein- spurige Autobahnausfahrt handle. Dort bestehe nicht nur kein Frontalkollisionsrisiko, sondern auch kein Risiko einer seitlichen Kollision wie auf der eigentlichen Auto- bahn; der Beschwerdeführer sei "allein auf weiter Flur" gewesen (Beschwerdeschrift S. 7 f. lit. c). 2.- a) Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen von 31 bis 34 km/h auf Autobahnen ist der Führerausweis, und zwar selbst bei günstigen Umständen (günstige Verkehrs- verhältnisse und guter automobilistischer Leumund), ge- stützt auf Art. 16 Abs. 2 Satz 1 SVG zu entziehen (BGE 123 II 106 E. 2c S. 113). Ein mittelschwerer Fall mit der Rechtsfolge eines fakultativen Führerausweis- entzugs liegt ebenso vor, wenn die zulässige Höchstge- schwindigkeit ausserorts von 80 km/h um 26 bis 29 km/h überschritten wird (BGE 124 II 259 E. 2c). b) Wie das ASTRA zutreffend ausführt (act. 11), kann eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer Auto- bahnausfahrt nicht mit einer Überschreitung auf der Auto- bahn selbst, der Stammlinie, gleichgesetzt werden. Die Stammlinie weist beispielsweise in aller Regel weitere Kurvenradien auf als eine Ausfahrtsstrecke mit einer ver- hältnismässig tiefen zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Gerade die relativ engen Kurvenradien auf Autobahnaus- fahrten, die je nach Bepflanzung oder Verbauungen die Sicht nach vorne oft stark beeinträchtigen, erhöhen die Gefahr von Auffahrkollisionen bei Stau erheblich. Diese Gefahrenlage besteht - dank der relativ weiten Sicht - kaum auf Autobahnen. Auch kommt auf einer Autobahn eine Herabsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 60 km/h nur in seltenen Ausnahmefällen, zum Beispiel ei- ner sehr schwierig zu befahrenden Baustelle, in Betracht. Zudem wird die gesetzliche Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h auf Autobahnen auf der Autobahnausfahrt nicht unvermittelt auf 60 km/h herabgesetzt. Denn Art. 22 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 (SSV; SR 741.21) schreibt in solchen Fällen eine stufenweise Senkung der Höchstgeschwindigkeit vor. Eine Autobahnausfahrt ist daher hinsichtlich des Gefahrenpotentials mit einer Ausserortsstrecke vergleich- bar und nicht mit einer Autobahn. Das bedeutet, dass be- züglich Geschwindigkeitsüberschreitungen im Regelfall die von der Rechtsprechung für Ausserortsstrecken entwickel- ten Grundsätze anzuwenden sind. Danach liegt bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 26 bis 29 km/h ungeachtet der konkreten Umstände ein mittel- schwerer Fall vor, der grundsätzlich einen Führerausweis- entzug nach Art. 16 Abs. 2 SVG nach sich zieht (BGE 124 II 259). Besondere Verhältnisse, die ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen könnten (BGE 118 Ib 229 ff.) liegen nicht vor. Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet. 3.- Es bleibt zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer geltend gemachte lange Verfahrensdauer zu einem abwei- chenden Entscheid führt. Hier sind folgende Daten zu beachten: - 5. Sept. 1998: Inkriminierter Vorfall; - 19. Nov. 1998 : In Rechtskraft erwachsene Strafverfügung; - 25. März 1999 : Erstinstanzliche Verfügung be- treffend Führerausweisentzug; - 4. Juli 2000 : Beschwerdeabweisung durch das Departement des Innern; - 21. Sept. 2000: Zustellung des entsprechenden Beschwerdeentscheids; - 25. Sept. 2001: Beschwerdeabweisender Ent- scheid des Verwaltungsge- richts. Es ist einzuräumen, dass die Verfahrensdauer vor den kantonalen Instanzen zu lange gedauert hat. Es ist mit Sinn und Zweck eines Warnungsentzugs schwer zu ver- einbaren, wenn das kantonale Verfahren vom Zeitpunkt an gerechnet, an dem das kantonale Amt von der rechtskräfti- gen Erledigung des Strafverfahrens Kenntnis hat, insge- samt über ein Jahr dauert. Nach der Rechtsprechung (BGE 122 II 180 E. 5a, vgl. auch 127 II 297 E. 3d) führt jedoch eine Verfahrensdauer von drei Jahren nicht zu ei- ner Herabsetzung der Dauer des Führerausweisentzugs. Der Antrag des Beschwerdeführers, es sei bloss eine Verwar- nung auszusprechen, ist deshalb abzuweisen. 4.- Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der Be- schwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewie- sen. 2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be- schwerdeführer auferlegt. 3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Verwaltungsgericht (4. Kammer) und dem Strassenverkehrs- amt des Kantons Aargau sowie dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. ______________ Lausanne, 4. März 2002 Im Namen des Kassationshofes des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: