Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4P.248/2001
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4P.248/2001/rnd

              I.  Z I V I L A B T E I L U N G
              *******************************

                      31. Januar 2002

Es wirken mit: Bundesrichterin und Bundesrichter Walter,
Präsident, Rottenberg Liatowitsch, Nyffeler und Gerichts-
schreiber Huguenin.

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                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Jürg Peyer, Löwenstrasse 17, Postfach 7678, 8023 Zürich,

                           gegen

B.________ Ltd., Beschwerdegegnerin, vertreten durch
Rechtsanwalt Andreas C. Huwyler, Chamerstrasse 2, 6304 Zug,
Obergericht des Kantons  Z u g, Zivilrechtliche Abteilung,

                         betreffend
          Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (Zivilprozess),

hat sich ergeben:

     A.- C.________ verkaufte am 4. Juli 1995 A.________
286 Inhaberaktien der D.________ AG für insgesamt
Fr. 43'300.--, zahlbar am 31. Dezember 1997. Der Verkäufer
trat seine Forderungen aus dem Kaufvertrag am 9. Oktober
1997 an die B.________ Ltd. ab, welche die Kaufpreisforde-
rung in der Folge gegenüber A.________ geltend machte. Die-
ser zahlte nicht, worauf die B.________ Ltd. Betreibung ein-
leitete und am 31. März 1998 provisorische Rechtsöffnung für
den Betrag von Fr. 43'300.-- erhielt.

        A.________ erhob Aberkennungsklage gegen die
B.________ Ltd. mit der Begründung, zur Zahlungsverweigerung
berechtigt zu sein, weil er eine den Kaufpreis übersteigende
Verrechnungsforderung gegenüber C.________ habe. Das Kan-
tonsgericht Zug wies die Klage mit Urteil vom 10. Juni 1999
ab. Der Kläger appellierte an das Obergericht des Kantons
Zug, das sein Rechtsmittel mit Urteil vom 4. September 2001
abwies und den Entscheid des Kantonsgerichts bestätigte.

     B.- A.________ hat das Urteil des Obergerichts mit
staatsrechtlicher Beschwerde und Berufung beim Bundesgericht
angefochten. Mit der vorliegenden Beschwerde beantragt er,
das angefochtene Urteil aufzuheben.

        Die Beschwerdegegnerin und das Obergericht schlies-
sen auf Abweisung der Beschwerde.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Der Beschwerdeführer hat im kantonalen Beru-
fungsverfahren zahlreiche neue Dokumente eingereicht, um da-
mit den Bestand eines Verrechnungsanspruchs zu beweisen. Das
Obergericht erklärte diese Schriftstücke jedoch aufgrund des
Novenverbots für unbeachtlich. Zur Begründung hielt es fest,
die Mehrzahl der Dokumente (Bilanzen, Jahresrechnungen, Pro-
tokolle) stamme aus den Jahren 1992 bis 1997 und betreffe
die D.________ AG, deren Geschäftsführer und Aktionär der
Beschwerdeführer gewesen sei, weshalb ihm diese Dokumente
bekannt gewesen seien und er sie schon früher hätte einrei-
chen können. Das Obergericht erklärte zudem jene Dokumente,
die sich auf Vorgänge nach der Zession beziehen, für uner-
heblich. Schliesslich habe der Beschwerdeführer von jenen
Dokumenten, welche die A.________ Küchengeräte Vertriebs
GmbH erstellt hatte oder die an sie gerichtet waren, als Ge-
schäftsführer dieser Firma offensichtlich schon füher Kennt-
nis gehabt. Aus diesen Gründen liess das Obergericht die
neuen Vorbringen des Beschwerdeführers an der Berufungsver-
handlung unberücksichtigt.

        b) Der Beschwerdeführer rügt eine Verweigerung des
rechtlichen Gehörs im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV. Er räumt
zwar ein, dass das Obergericht einzelne neu eingereichte Un-
terlagen zu Recht zurückgewiesen hat. Dagegen läuft nach
seiner Auffassung auf eine willkürliche Anwendung von § 205
der Zivilprozessordnung für den Kanton Zug vom 3. Oktober
1940 ([BGS 222.1] nachfolgend: ZPO/ZG) hinaus, dass das
Obergericht die Dokumente insgesamt zurückgewiesen hat, ohne
danach zu unterscheiden, ob sie unter die in § 205 Abs. 1
ZPO/ZG vorgesehene Ausnahme vom Novenverbot fallen. Eben-
falls willkürlich sei der Ausschluss bereits bekannter Ak-
ten, deren Bedeutung trotz aller Anstrengung erst gestützt
auf neue Akten klar werde.

        c) aa) Nach § 205 Abs. 1 ZPO/ZG sind neue Begehren,
neue tatsächliche Behauptungen, Bestreitungen, Einreden und
Beweismittel nur zulässig, wenn eine Partei wahrscheinlich
macht, dass sie jene früher entweder nicht gekannt oder
trotz aller Anstrengungen nicht habe anrufen können. Dass
diese Bestimmung als solche gegen den verfassungsmässigen
Gehörsanspruch im Sinne von 29 Abs. 2 BV verstösst, bringt
der Beschwerdeführer nicht vor. Die Nichtzulassung der neuen
Beweismittel und Behauptungen vor Obergericht ist somit ein-
zig unter dem Gesichtswinkel der willkürlichen Anwendung
dieser Bestimmung abzuhandeln. Zu beachten gilt dabei, dass
das Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Be-
schwerde nur klar und detailliert erhobene und soweit mög-
lich belegte Rügen prüft (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE 125
I 492 E. 1b mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer hat im Ein-
zelnen zu zeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid of-
fensichtlich unhaltbar ist (BGE 110 Ia 1 E. 2a). Ferner sind
in einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des
Willkürverbots neue tatsächliche und rechtliche Vorbringen
grundsätzlich unzulässig (BGE 119 II 6 E. 4a; 118 Ia 20
E. 5a mit Hinweisen).

        bb) Der Beschwerdeführer listet in der staatsrecht-
lichen Beschwerde einzelne Belege auf und bringt dazu vor,
es stehe mit Sicherheit fest, dass er sie erst nach Abfas-
sung der Berufungsschrift vom 13. Juli 1999 zur Kenntnis
habe nehmen können. Dabei handelt es sich um folgende Doku-
mente:

- Klageschrift E.________ AG vom 10. Dezember 1999
- Konkursanzeige D.________ AG
- Schreiben des Konkursamts Zug betreffend Forderung der
  F.________ AG
- Verfügung des Kantonsgerichts Zug vom 21. Oktober 1999
- Vorladung zur zweiten Parteibefragung vom 2. November 1999
- Verfügung des Kantonsgerichts Zug vom 29. November 1999

- Protokoll der ordentlichen Generalversammlung der
  D.________ AG vom 9. September 1999 betreffend die Ge-
  schäftsjahre 1997 und 1998
- Jahresrechnungen der D.________ AG für 1997 und 1998

        Von einer weiteren Reihe von Urkunden behauptet der
Beschwerdeführer, deren Inhalt gehe zwar aus der Klage-
schrift der E.________ AG vom 10. Dezember 1999 hervor, je-
doch habe er sie selbst noch nicht zu Gesicht bekommen, da
er nicht an jenem Prozess beteiligt sei.

        Der Beschwerdeführer lässt die Erwägung des Oberge-
richts unangefochten, wonach Dokumente, die sich auf Vorgän-
ge nach der Zession vom 9. Oktober 1997 beziehen, von vorn-
herein unbeachtlich sind. Dennoch wirft er dem Obergericht
als willkürliche Anwendung kantonalen Prozessrechts vor,
derartige Belege ausser Acht gelassen zu haben. Insoweit ist
auf seine Beschwerde nicht einzutreten. Im Übrigen zeigt der
Beschwerdeführer nicht auf, dass er vor Obergericht im Ein-
zelnen dargelegt hat, welche neuen Akten, die er nicht frü-
her gekannt haben will, sich auf Vorgänge bezogen, die sich
vor dem Zeitpunkt der Zession abgespielt haben, und er un-
terlässt es, dem Bundesgericht mit Bezug auf die einzelnen
Belege vorzutragen, welche prozesskonform geltend gemachten
Gründe für die Verspätung das Obergericht willkürlich miss-
achtet hätte. Da die staatsrechtliche Beschwerde in diesen
Punkten den Begründunganforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit.
b OG nicht genügt, ist insoweit nicht darauf einzutreten.

     2.- a) Nach dem angefochtenen Urteil bestritt der Be-
schwerdefürer weder den Bestand noch die Höhe der Kaufpreis-
forderung für das Aktienpaket. Hingegen stellte er Schaden-
ersatzforderungen gegenüber C.________ zur Verrechnung. Er
brachte vor, er selbst, C.________, G.________ und andere

Personen hätten sich am 11. November 1994 in einer Partner-
vereinbarung zu einer einfachen Gesellschaft zusammenge-
schlossen mit dem Zweck, die H.________ AG und deren Toch-
tergesellschaften E.________ AG, I.________ AG, K.________
AG und D.________ AG gemeinsam zu führen. Ab Ende 1996 habe
C.________ seine Pflichten aus der Partnervereinbarung ver-
letzt, indem er sämtliche Aktien der E.________ AG erworben
und alsdann durch Kündigung der betreffenden Verträge die
der I.________ AG und der D.________ AG eingeräumten Lizen-
zen entzogen habe, wodurch die Aktien der D.________ AG
vollständig entwertet worden seien.

        b) Das Obergericht hielt keine der vom Beschwerde-
führer behaupteten Pflichtverletzungen C.________s für be-
wiesen. Ausserdem betrachtete es die geltend gemachten
Schadenspositionen als nicht hinreichend substanziiert. Der
Beschwerdeführer habe zwar geltend gemacht, dass er zu Un-
recht als Geschäftsführer der K.________ AG entlassen und in
der "neuen K.________ AG" nicht mehr angestellt worden sei,
wodurch er eine Lohneinbusse von monatlich Fr. 15'000.-- er-
litten habe. Er habe seinen Lohnanspruch aber, sollte dieser
denn bestehen, im Quantitativ nicht belegt. Bezüglich des
zufolge des Konkurses der F.________ AG (vormals K.________
AG) angeblich entstandenen Schadens hob das Obergericht her-
vor, dass dieser Anspruch jedenfalls nicht gegenüber
C.________ bestehe. Zudem habe der Beschwerdeführer selbst
nicht behauptet, im Konkurs dieser Gesellschaft leer ausge-
gangen zu sein. Das Obergericht hielt schliesslich fest,
dass der Beschwerdeführer aus der behaupteten Herabsetzung
des Aktienkapitals der D.________ AG von Fr. 300'000.-- auf
Null von vornherein nichts für seinen Standpunkt ableiten
könne, da die Kapitalherabsetzung nach seiner Darstellung
für das Geschäftsjahr 1998, mithin nach der Zession der
Hauptforderung an die Beschwerdegegnerin erfolgt sei.

        c) Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz in
verschiedener Hinsicht willkürliche Tatsachenfeststellung
vor. Entsprechende Rügen erhebt er sowohl mit Bezug auf die
Ausführungen des Obergerichts zu den behaupteten Pflichtver-
letzungen C.________s wie auch mit Bezug auf die Erwägung
des Obergerichts, dass der Beschwerdeführer die geltend ge-
machten Schadenspositionen nicht substanziiert habe. Sollten
sich die Rügen zum letztgenannten Themenkreis als unbegrün-
det erweisen, kann offen bleiben, ob das Obergericht will-
kürfrei den Nachweis der behaupteten Pflichtverletzungen
C.________s als gescheitert betrachten durfte.

        aa) Der Beschwerdeführer macht geltend, das Oberge-
richt sei mit der Feststellung, eine Quantifizierung des im
Konkurs der F.________ AG erlittenen Schadens sei nicht er-
folgt, in Willkür verfallen. Er habe die Forderungseingaben
im Konkurs der Senendo für sich und für G.________
(Fr. 119'876.25 bzw. Fr. 76'319.45) bereits vor erster In-
stanz eingereicht. Ausserdem habe er das Schreiben des Kon-
kursamtes Zug der Noveneingabe beigelegt, woraus hervorgehe,
dass die Forderung im Konkurs anerkannt worden sei.

        Die Rüge ist unbegründet. Der Beschwerdeführer
lässt ausser Acht, dass mit der Anerkennung einer Konkurs-
forderung ein Schaden nicht ausgewiesen werden kann, solange
nicht feststeht, in welchem Umfang die Forderung schliess-
lich gedeckt wurde. Ein Beleg, nach welchem die Forderung im
Konkurs anerkannt wurde, taugt daher für sich allein nicht
für den Schadensnachweis; erst recht nicht die Anmeldung im
Konkurs. Soweit das Obergericht in diesem Zusammenhang über-
haupt Tatsachenfeststellungen getroffen haben sollte, ver-
fiel es jedenfalls nicht in Willkür.

        bb) Der Beschwerdeführer macht schliesslich gel-
tend, das Obergericht habe seinen Anspruch auf rechtliches
Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV verletzt, indem es sich
geweigert habe, seine Behauptung zu hören, dass durch die
Herabsetzung des Aktienkapitals der D.________ AG von
Fr. 300'000.-- auf Null seine Aktien wertlos geworden seien.
Zur Begründung dieser Rüge beruft sich der Beschwerdeführer
auf die gleichen Argumente, die er im Zusammenhang mit der
Kritik an der Nichtzulassung der Noveneingabe durch das
Obergericht vorgebracht hat. Die entsprechenden Einwände ha-
ben sich bereits als unbehilflich erwiesen (oben E. 1). Es
kann auf das dazu Ausgeführte verwiesen werden.

     3.- Aus diesen Gründen ist die staatsrechtliche Be-
schwerde abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann.

        Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend ist die Ge-
richtsgebühr dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156
Abs. 1 OG). Er hat die Beschwerdegegnerin für das bundesge-
richtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 und 2
OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen,
soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin für
das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu ent-
schädigen.

     4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht
des Kantons Zug, Zivilrechtliche Abteilung, schriftlich mit-
geteilt.

                       ______________

Lausanne, 31. Januar 2002

               Im Namen der I. Zivilabteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: