I. Zivilabteilung 4P.184/2001
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4P.184/2001/rnd I. Z I V I L A B T E I L U N G ****************************** 14. Dezember 2001 Es wirken mit: Bundesrichterinnen und Bundesrichter Walter, Präsident, Klett, Rottenberg Liatowitsch und Gerichts- schreiber Vonmoos. --------- In Sachen X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechts- anwalt Jürg Reichenbach, Herrenweg 17, 8303 Bassersdorf, gegen Y.________ AG, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Rohrer, Neuhofstrasse 25, 6340 Baar, Handelsgericht des Kantons S t. G a l l e n, betreffend Art. 9 BV (Willkürliche Beweiswürdigung im Zivilprozess), hat sich ergeben: A.- Die X.________ AG (Beschwerdeführerin) ist eine in A.________ domizilierte Holding-Gesellschaft mit dem Zweck, Beteiligungen an Alters- und Pflegepensionen zu halten. Bei der "Y.________ AG" (Beschwerdegegnerin) handelt es sich um eine im Seniorenbereich in Deutschland etablierte Aktiengesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in B.________, die Bau und Baubetreuungsdienstleistungen erbringt und Kon- zepte für Hotel-, Wohn- und Freizeitanlagen entwickelt. Am 12. Januar 1994 unterzeichneten die Parteien einen Dienst- leistungsvertrag, welcher die geschäftliche Zusammenarbeit zwischen der X.________ AG und der "Y.________ AG" regelte. Mit diesem Vertrag verfolgten die Parteien das Ziel, die Tätigkeit der Beschwerdeführerin auf den süddeutschen Raum auszudehnen. Bei einer fünfjährigen Vertragsdauer sollten die vertragsgemässen Leistungen der Beschwerdegegnerin insbesondere in der Vermittlung von Know-How im Bereich Seniorenanlagen, der Unterstützung in der Akquisition von bestehenden Seniorenanlagen und entsprechenden Grundstücken sowie in der Organisation von Ausbildungsprogrammen beste- hen, ohne dass aber der Umfang der Leistungen genauer defi- niert wurde. Demgegenüber verpflichtete sich die X.________ AG, der "Y.________ AG" jährlich Fr. 500'000.-- als Bera- tungshonorar zu bezahlen, zahlbar in zwei Raten zu je Fr. 250'000.--. Unter Bezugnahme auf den Dienstleistungsvertrag teilte die X.________ AG der "Y.________ AG" mit Schreiben vom 24. März 1997 mit, dass bis Ende 1996 der Betrag von Fr. 1'075'000.-- ausstehend sei, da von den bis zu diesem Zeit- punkt aufgelaufenen Honoraren von Fr. 1,5 Mio. im Jahr 1994 lediglich Fr. 250'000.-- und im Jahr 1995 Fr. 175'000.-- bezahlt wurden, während im Jahr 1996 keine Zahlungen erfolg- ten. Darauf hielt die X.________ AG in einem Schreiben vom 14. April 1997 an die "Y.________ AG" unter dem Rubrum "Sal- denbestätigung zum 31.12.96" fest, dass sie den Beratungs- vertrag für hinfällig erachte, da nach 1994 seitens der Be- schwerdegegnerin keine Leistungen mehr erbracht worden seien. Nach Ausbleiben der geforderten Zahlungen leitete "Y.________ AG" gegen die X.________ AG über den Betrag von Fr. 1'575'000.-- nebst Zins zu 6 % seit 16. Juli 1998 die Betreibung ein. Die X.________ AG erhob Rechtsvorschlag. B.- Mit Klage vom 6. März 2000 verlangte die "Y.________ AG" beim Handelsgericht St. Gallen die Bezahlung der ausstehenden Honorare für die Geschäftsjahre 1994 bis 1998 abzüglich die bereits erbrachten Teilzahlungen der Jah- re 1994 und 1995, insgesamt Fr. 2'075'000.--, nebst Verzugs- zinsen. Mit Urteil vom 2. Mai 2001 verpflichtete das Han- delsgericht St. Gallen die Beschwerdeführerin zur Bezahlung der Honorare der Jahre 1994 bis 1996 abzüglich bereits be- zahlter Fr. 425'000.--, also Fr. 1'075'000.-- zuzüglich 5% Verzugszins seit dem 4. August 1998. Das Handelsgericht be- gründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, dass die Beschwerdeführerin mit ihrem Schreiben vom 14. April 1997 die Honorarschuld bis Ende 1996 sinngemäss anerkannt habe, indem sie darin erklärte, gegenüber der Beschwerdegegnerin per 31. Dezember 1996 keine Verbindlichkeiten mehr zu haben. C.- Gegen diesen Entscheid erhob die X.________ AG am 16. Juli 2001 staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesge- richt mit dem Antrag auf Aufhebung des Handelsgerichtsur- teils. Die Beschwerdegegnerin stellte Antrag auf Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- Gemäss Art. 84 Abs. 1 OG kann die staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden wegen Verletzung verfassungsmässi- ger Rechte der Bürger, Verletzung von Konkordaten und Staatsverträgen (mit Ausnahmen) und wegen Verletzung von bundesrechtlichen Vorschriften über die Abgrenzung der sach- lichen und örtlichen Zuständigkeit der Behörden. Der blosse Verstoss gegen einfaches Bundes- oder kantonales Gesetzes- recht kann nur im Kontext einer Verletzung spezifischer ver- fassungsmässiger Rechte gerügt werden. Es bleibt bloss die Rüge einer qualifizierten Missachtung solcher Normen, d.h. eine Verletzung des Willkürverbotes (BGE 118 Ia 64 E. 1d S. 69; Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwer- de, Bern 1994, S. 75; Forster, Staatsrechtliche Beschwerde, in: Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, Basel 1996, S. 67). 2.- Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat die Beschwerde- schrift eine kurz gefasste Darlegung darüber zu enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte betroffen sind und inwie- fern sie der angefochtene Entscheid verletzt. Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 122 I 70 E. 1c S. 73; 119 Ia 197 E. 1d S. 201; 118 Ia 64 E. 1b S. 67; 117 Ia 10 E. 4b S. 11 f.; 115 Ia 183 E. 3 S. 185). a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die vom Handelsgericht St. Gallen aus der Beweiswürdigung abge- leiteten Rechtswirkungen offensichtlich unzutreffend seien und den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 8 BV verletzen wür- den. Da die Beschwerdeführerin aber nicht klar darlegt, in- wiefern sie den Gleichheitsgrundsatz verletzt sieht, ist dieses Vorbringen nicht zu hören. Ebenfalls nicht zu hören sind die unverständlichen und nahezu ungehörigen Rügen, die die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit dem von ihr be- haupteten Bestätigungsschreiben erhebt. b) Soweit die Vorbringen der Beschwerdeführerin überhaupt den Rügeanforderungen genügen, wendet sie im We- sentlichen ein, die Beweiswürdigung der Saldobestätigung per 31.12.96 und der Zeugenaussage Engelhardt sei willkürlich. Das Handelsgericht schliesse zu Unrecht aus der Saldobestä- tigung per 31.12.96 im Schreiben der Beschwerdeführerin vom 14. April 1997, dass die Beschwerdeführerin die Leistungser- bringung stillschweigend anerkenne und das Honorar bis Ende 1996 geschuldet sei, nachdem der Nachweis der Beratungsleis- tungen der Jahre 1995 bis 1998 aus den Aussagen des Zeugen Engelhardt nicht habe entnommen werden können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verfällt eine Behörde in Willkür, wenn sie ihrem Entscheid Tatsachen- feststellungen zugrunde legt, die mit den Akten in klarem Widerspruch stehen (BGE 114 Ia 27 f. E. 3b, 218 E. 2a; 113 Ia 20 E. 3a mit Hinweisen). Im Bereich der Beweiswürdigung besitzt der Richter allerdings einen weiten Ermessensspiel- raum. Das Bundesgericht greift auf staatsrechtliche Be- schwerde hin nur ein, wenn die Beweiswürdigung offensicht- lich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in kla- rem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen be- ruht oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zu- widerläuft (BGE 117 Ia 106 E. 5b, 139 E. 2c; 116 Ia 88 E. 2b; 116 II 29 E. 5; 114 Ia 27 f. E. 3b; 105 Ia 190 f.). Willkürlich ist insbesondere eine Beweiswürdigung, welche einseitig einzelne Beweise berücksichtigt (BGE 112 Ia 371 E. 3 mit Hinweis), oder die Abweisung einer Klage mangels Beweisen, obwohl die nicht bewiesenen Tatsachen aufgrund der Vorbringen und des Verhaltens der Parteien eindeutig zuge- standen sind (BGE 113 Ia 435 f. E.4). In der aufgrund der Saldobestätigung per 31.12.96 getroffenen Feststellung des Handelsgerichts, dass die Leis- tungen für die Jahre 1995 und 1996 anerkannt worden sind, liegt keine stossende oder gar untragbare Beweiswürdigung. Das Handelsgericht hält vielmehr vertretbar und in willkür- freier Auslegung des deutschen Rechts fest, dass das Schrei- ben der Beschwerdeführerin vom 14. April 1997 mangels vor- ausgegangener Vertragsverhandlungen nicht als Bestätigungs- schreiben gelten könne. Da sich der Entscheid des Handelsge- richts damit auf nachvollziehbare Gründe stützt, liegt Will- kür nicht vor, wenn der Ansicht des Beschwerdeführers nicht gefolgt wird. 3.- Nach diesen Erwägungen erweisen sich die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Rügen als unbegründet. Die staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen soweit darauf eingetreten wird. Bei diesem Verfahrensausgang wird die Be- klagte kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG). Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 10'000.-- wird der Be- schwerdeführerin auferlegt. 3.- Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen. 4.- Dieses Urteil wird den Parteien und dem Handelsge- richt des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt. ______________ Lausanne, 14. Dezember 2001 Im Namen der I. Zivilabteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: