Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.93/2001
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2A.93/2001/sch

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
            ***********************************

                      31. Oktober 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller,
Bundesrichterin Yersin, Bundesrichter Merkli und Gerichts-
schreiber Arnold.

                         ---------

                         In Sachen

X.________, Gesuchsteller, vertreten durch die Rechtsanwälte
Prof. Dr. Urs Behnisch und Dr. Marcel Lustenberger, Forch-
strasse 452, Postfach 832, Zürich,

                           gegen

Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer von
B a s e l - S t a d t,
Kantonale Rekurskommission für eidgenössische Abgaben von
B a s e l - S t a d t,

                         betreffend
       direkte Bundessteuer 20., 21. und 22. Periode
 (Steuerjahre 1979/80, 1981/82 und 1983/84), Nach- und
   Strafsteuer, Revision der bundesgerichtlichen Urteile
    vom 21. November 1994 (Verfahren 2A.318/1993) und vom
         27. November 1998 (Verfahren 2A.181/1998),

hat sich ergeben:

     A.- Dr. X.________ ist Jurist, Treuhänder und Ver-
mögensberater und hauptberuflich als Direktor einer Ver-
mögensverwaltungsbank, in Basel tätig. Das Inspektorat der
Eidgenössischen Steuerverwaltung führte bei der A.________
AG und weiteren von X.________ beherrschten Gesellschaften
in den Jahren 1983 und 1984 Buchprüfungen durch. Am 9. De-
zember 1983 leitete die Kantonale Verwaltung für die direkte
Bundessteuer gegen X.________ ein Hinterziehungsverfahren im
Sinne von Art. 132 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember
1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer (BdBSt)
ein.

        Das Ergebnis der Untersuchung wurde X.________ und
der A.________ AG am 8. Februar 1985 schriftlich mitgeteilt.
Dabei wurden die in Aussicht gestellten Aufrechnungen auf-
gelistet. Nachdem die Eidgenössische Steuerverwaltung auch
die privaten steuerlichen Verhältnisse von X.________
geprüft hatte, hielt sie in ihrem Bericht vom 9. Dezember
1986 fest, welche Aufrechnungen für X.________ vorzunehmen
seien.

        Am 13. September 1989 eröffnete die Kantonale Ver-
waltung für die direkte Bundessteuer gegenüber X.________
für die 20., 21. und 22. Wehrsteuerperiode die Nach- und
Strafsteuern. Die Bussen betrugen 200 resp. 150 % der je-
weiligen Nachsteuerbeträge. Am 3. Oktober 1989 erläuterte
die Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer die
einzelnen Aufrechnungen schriftlich im Detail. Die Steuer-
verwaltung rechnete X.________ einmal verdeckte Gewinn-
ausschüttungen der A.________ AG auf, die sie darin er-
blickte, dass Y.________, Treuhandkunde der A.________ AG,
Leistungen an die Kinder von X.________ erbracht hatte,
anstatt der A.________ AG Honorare für deren Treuhandleis-

tungen zu zahlen (insgesamt Fr. 364'000.--). Sodann nahm sie
eine Gewinnvorwegnahme in Höhe von Fr. 2'059'000.-- an, weil
die von X.________ beherrschte B.________ AG diesem 500
Aktien der A.________ AG zu einem untersetzten Preis ver-
kauft habe. Weiter rechnete sie X.________ geldwerte Leis-
tungen in Höhe von Fr. 11'700.-- auf, die sich daraus er-
gäben, dass die A.________ AG X.________ neun Aktien der
Kraftwerke C.________ AG zu einem unter dem Börsenkurs
liegenden Preis verkauft habe. Sodann ging die Steuerver-
waltung davon aus, dass beim Verkauf von 20 Aktien der
B.________ AG durch die A.________ AG an die Ehefrau von
X.________ der Kaufpreis zu tief festgesetzt war, und nahm
eine geldwerte Leistung von Fr. 210'643.-- an. Ausserdem
rechnete sie X.________ Zahlungen von Z.________ in Höhe
von Fr. 6'744.--, Fr. 10'500.-- und Fr. 18'144.-- als Er-
werbseinkommen auf. Weitere Aufrechnungen betrafen über-
setzte Mieten, welche die A.________ AG X.________ zahlte
(Fr. 6'120.-- und Fr. 5'120.--), Spenden der A.________ AG
(Fr. 32'697.--), Vermögenserträge der Kinder (Fr. 10'371.--
und Fr. 16'900.--) und Berufsunkosten (Fr. 2'400.--).

        Mit Entscheid vom 17. November 1992 (zugestellt
am 1. September 1993) wies die Kantonale Rekurskommission
für eidgenössische Abgaben des Kantons Basel-Stadt (im fol-
genden: Rekurskommission) die Beschwerde von X.________ in
den Hauptpunkten ab, reduzierte den Bussenbetrag von 150 %
auf 100 % der hinterzogenen Beträge und wies die Sache zur
Neubemessung von Nachsteuern und Bussen im Sinne der Erwä-
gungen an die Kantonale Verwaltung für die direkte Bundes-
steuer zurück.

     B.- Die gegen den Entscheid der Rekurskommission er-
hobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies das Bundesgericht
mit Urteil vom 21. November 1994 ab, soweit es darauf ein-
trat (Verfahren 2A.318/1993). Am 26. Oktober 1995 wies das

Bundesgericht ein hiegegen von X.________ eingereichtes
Revisionsgesuch ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren
2A.77/1995).

        Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt setzte
am 16. Februar 1995 die Nachsteuern und Bussen gestützt auf
den Entscheid der Rekurskommission vom 17. November 1992 wie
folgt neu fest:

         Steuerjahre 1979/80

         Steuerbarer Betrag:   Fr.   168'000.--
         Steuersatz:            9.182 %
         Nachsteuer:   Fr.    13'728.40
         Busse:   Fr.    13'728.40

         Steuerjahre 1981/82

         Steuerbarer Betrag:   Fr. 1'410'900.--
         Steuersatz:           11.495 %
         Nachsteuer:   Fr.   295'783.20
         Busse:   Fr.   295'783.20

         Steuerjahre 1983/84

         Steuerbarer Betrag:   Fr.   395'100.--
         Steuersatz:           11.464 %
         Nachsteuer:   Fr.    29'409.20
         Busse:   Fr.    29'409.20

        Auf die dagegen erhobene Einsprache trat die Steu-
erverwaltung am 30. März 1995 nicht ein. Die Steuerrekurs-
kommission des Kantons Basel-Stadt wies die Beschwerde von
X.________ mit Entscheid vom 26. Juni 1997 (zugestellt am
9. März 1998) ab. Hiegegen gelangte X.________ mit Eingabe
vom 30. März 1998 erneut mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht, welches diese mit Urteil vom 27. No-
vember 1998 abgewiesen hat (Verfahren 2A.181/1998).

        Am 1. Juli 1998 hat die Europäische Menschenrechts-
kommission (im Folgenden: Kommission) die Individualbe-
schwerde von X.________ gegen das Urteil des Bundesgerichts
von 21. November 1994 für zulässig erklärt und in ihrem
Bericht einstimmig die Meinung vertreten, dass das Steuer-
strafverfahren zu lange gedauert habe und dadurch das Be-
schleunigungsgebot von Art. 6 Ziff. 1 der Konvention vom
4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grund-
freiheiten (SR 0.101; im Weitern: EMRK oder Konvention)
verletzt worden sei. In der Folge hat das Ministerkomitee
des Europarates am 19. Februar 1999 in einer Zwischenreso-
lution festgestellt, die Schweiz habe durch die lange Dauer
des Steuerstrafverfahrens Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt
(résolution intérimaire DH (99) 233, requête 27741/95). Am
24. Juli 2000 erliess das Ministerkomitee die Schlussreso-
lution (DH (2000) 103), in der es erklärte, die Schweizer
Regierung habe ihre Verpflichtungen nach Art. 32 EMRK (in
der hier noch zur Anwendung gebrachten Fassung vor der
Revision gemäss dem 11. Zusatzprotokoll, aEMRK) im vor-
liegenden Fall erfüllt.

     C.- Mit Eingabe vom 22. Februar 2001 hat X.________
gestützt auf Art. 139a OG beim Bundesgericht ein Revisions-
gesuch eingereicht. Er beantragt (1) die Aufhebung der
Urteile des Bundesgerichts vom 21. November 1994 und vom
27. November 1998. Sodann beantragt er, (2) dass in Gut-
heissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. Septem-
ber 1993 der Entscheid der kantonalen Rekurskommission vom
17. November 1992 aufzuheben sei. Weiter verlangt er, (3)
dass das Steuerhinterziehungsverfahren gegen ihn einzustel-
len und dass (4) die Kantonale Verwaltung für die direkte
Bundessteuer von Basel-Stadt zu verpflichten sei, ihm die
bezahlte Busse zuzüglich 5 % Zins zurückzuerstatten. Even-
tualiter verlangt er, (5) dass die überlange Verfahrensdauer
bei der Strafzumessung zu berücksichtigen und die Kantonale

Verwaltung für die direkte Bundessteuer von Basel-Stadt zu
verpflichten sei, die zuviel bezahlte Busse zuzüglich 5 %
Zins zurückzuerstatten.

     D.- Die Steuerverwaltung und die Steuerrekurskommission
des Kantons Basel-Stadt sowie die Eidgenössische Steuerver-
waltung beantragen, das Revisionsgesuch abzuweisen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Nach Art. 139a OG ist die Revision eines Ent-
scheids des Bundesgerichts zulässig, wenn der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte oder das Ministerkomitee des
Europarates eine Individualbeschwerde wegen Verletzung der
Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschen-
rechte und Grundfreiheiten und deren Protokollen gutge-
heissen hat und eine Wiedergutmachung nur durch eine Re-
vision möglich erscheint (Abs. 1). Das Gesuch ist innert
90 Tagen ab Zustellung des Entscheids durch das Bundesamt
für Justiz beim Bundesgericht einzureichen (Art. 141 Abs. 1
lit. c OG). Dazu befugt ist, wer im Verfahren, das zum an-
gefochtenen Entscheid geführt hat, Parteistellung hatte und
deshalb an der Wiederaufnahme ein schutzwürdiges Interesse
besitzt (Elisabeth Escher, Revision und Erläuterung, in:
Geiser/Münch, Prozessieren vor Bundesgericht, 2. Aufl.,
Basel/Frankfurt a.M. 1998, S. 273, Rz. 8.6; VPB 63.86 II.3.
S. 817).

        b) Das Bundesamt für Justiz hat dem Anwalt des Ge-
suchstellers die Schlussresolution des Ministerkomitees vom
24. Juli 2000 am 28. November 2000 eröffnet, womit das Revi-
sionsgesuch am 22. Februar 2001 rechtzeitig eingereicht

worden ist. Der Gesuchsteller war am ursprünglichen Ver-
fahren als Beschwerdeführer beteiligt und ist somit befugt,
dessen Revision gestützt auf Art. 139a OG zu beantragen.

        c) Der Gesuchsteller verlangt auch die Revision des
bundesgerichtlichen Urteils vom 27. November 1998. Da sein
Individualbeschwerdeverfahren allein das Urteil des Bundes-
gerichts vom 21. November 1994 betraf bzw. das Urteil vom
27. November 1998 nicht Gegenstand des Verfahrens vor der
Europäischen Menschenrechtskommission bzw. dem Ministerkomi-
tee gebildet hat, ist auf das Revisionsgesuch gegen das
Urteil vom 27. November 1998 von vornherein nicht einzutre-
ten (vgl. BGE 123 I 329 E. 2b S. 334 f.).

     2.- a) Nach Art. 46 EMRK (in der Fassung des 11. Zu-
satzprotokolls) bzw. Art. 32 Ziff. 4 und Art. 53 aEMRK über-
nehmen die Vertragsstaaten die Pflicht, in den sie betref-
fenden Fällen das Urteil des Gerichtshofs zu befolgen. Wird
eine Individualbeschwerde gutgeheissen, sind sie gehalten,
soweit möglich für eine vollkommene Wiedergutmachung zu
sorgen ("Naturalrestitution", "restitutio in integrum";
vgl. Urteil vom 2. März 2001 i.S. A., Verfahren 2A.232/2000,
E. 2a, publiziert in EuGRZ 2001 S. 319 ff.; BGE 120 V 150
E. 3c/bb S. 159; Jörg Polakiewicz, Die Verpflichtungen der
Staaten aus den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte, Berlin et al. 1992, S. 97 f.; Frank Schür-
mann, Erste Erfahrungen mit Art. 139a OG, in: Festschrift
125 Jahre Kassationsgericht des Kantons Zürich, Zürich 2000,
S. 101 FN 28; Martin Philipp Wyss, EMRK-Verletzung und bun-
desrechtliche Revision nach Art. 139a OG, in: recht 17/1999
S. 97). Die Urteile des Gerichtshofs bzw. die Resolutionen
des Ministerkomitees haben in der Regel rein deklaratorische
Wirkung; es kann damit weder der konventionswidrige inner-
staatliche Entscheid, der Gegenstand der Beschwerde gebildet
hat, noch ein allenfalls diesem zugrunde liegendes natio-

nales Gesetz aufgehoben werden (Haefliger/Schürmann, Die
Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern
1999, S. 426; Frowein/Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl.,
Kehl/Strassburg/Arlington 1996, Rz. 3 zu Art. 53; Andreas
Kley, Das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte und die Tragweite seiner Urteile, in: AJP
1997 S. 1004). Die Art der Wiederherstellung des konven-
tionskonformen Zustands bleibt im Wesentlichen Sache des
einzelnen Staates (BGE 124 I 274 E. 3b, mit weiteren Hin-
weisen [Plumey]; 124 I 327 E. 4d/bb S. 335 [Michailov];
120 V 150 E. 3c/bb S. 158 [Schuler-Zgraggen]; Mark E.
Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonven-
tion [EMRK], 2. Aufl., Zürich 1999, Rz. 232 f.; Polakiewicz,
a.a.O., S. 98). Aus der Konvention selber ergibt sich keine
Verpflichtung, das innerstaatliche Verfahren wieder aufzu-
nehmen (Haefliger/Schürmann, a.a.O., S. 429; Polakiewicz,
a.a.O., S. 112 f.). Gestattet das innerstaatliche Recht nur
eine unvollkommene Wiedergutmachung, spricht der Gerichts-
hof der verletzten Partei, soweit ihm dies notwendig er-
scheint, völkerrechtlichen Gepflogenheiten im zwischen-
staatlichen Verkehr entsprechend (Villiger, a.a.O., Rz. 238)
eine gerechte Entschädigung zu (Art. 41 EMRK; vgl. Urteil
des Gerichtshofs vom 31. Januar 1995 i.S. Schuler-Zgraggen,
in: EuGRZ 1996 S. 608 ff.). Er macht heute von dieser Mög-
lichkeit meist direkt Gebrauch, ohne die Frage der "resti-
tutio in integrum" noch näher zu prüfen (Villiger, a.a.O.,
Rz. 238; vgl. weiter auch Schürmann, in: La tutela giudi-
ziaria dei diritti dell'uomo nelle convenzioni internazio-
nali, S. 161 ff.).

        b) aa) Gestützt auf Art. 139a OG kann das Bundes-
gericht umgekehrt ein Urteil revidieren, wenn die Wieder-
gutmachung der festgestellten Konventionsverletzung nicht
anderweitig möglich ist. Das nationale und das internatio-
nale Recht stehen damit in einem gewissen Spannungsverhält-
nis zueinander (vgl. Wyss, a.a.O., S. 100; Schürmann, Erste

Erfahrungen, a.a.O., S. 93; Haefliger/Schürmann, a.a.O.,
S. 430): Der Europäische Gerichtshof ist an sich nur befugt,
eine Entschädigung zuzusprechen, soweit innerstaatlich
lediglich eine unvollkommene Wiedergutmachung möglich ist;
das Bundesgericht kann sein Urteil seinerseits bloss revi-
dieren, wenn keine andere Wiedergutmachung, wozu auch die
"gerechte Entschädigung" nach Art. 41 EMRK zählt, offen
steht. Ob bei dieser Ausgangslage der nationalen Vorschrift
(Art. 139a OG; so Jean-François Poudret, Le nouveau motif
de révision prévu dans la loi fédérale d'organisation judi-
ciaire à raison de la violation de la CEDH, in: Beiträge
zum schweizerischen und internationalen Zivilprozessrecht,
Festschrift für Oscar Vogel, Freiburg 1991, S. 212; der-
selbe, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judi-
ciaire, Bern 1992, Bd. V, Ziff. 2.3 zu Art. 139a, S. 50;
Villiger, a.a.O., Rz. 254 ff.) oder der internationalen
Norm (Art. 41 bzw. 50 EMRK; in dieser Richtung: Schürmann,
a.a.O., S. 100 ff. u. 105) Vorrang zukommt, hängt von den
Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (BGE 123 I 283 E. 3a
S. 287 [Stürm]; Wyss, a.a.O., S. 101). Die Frage ist prag-
matisch - mit Blick auf eine wirksame, aber verfahrensöko-
nomische Durchsetzung der Konventionsgarantien einerseits
und auf eine Berücksichtigung der sich an den Bestand eines
Urteils knüpfenden Interessen andererseits - zu beantworten;
dabei muss die Art der festgestellten Konventionsverletzung
mitberücksichtigt werden (Wyss, a.a.O., S. 99). Das Zusam-
menspiel von nationalem und internationalem Recht soll ins-
gesamt zu einer sinnvollen und zweckmässigen Wiederherstel-
lung eines konventionskonformen Zustands führen und damit
den effektiven Schutz der in der Konvention verankerten
Garantien gewährleisten (vgl. Wyss, a.a.O., S. 93 f.;
Gerhard Dannemann, Schadenersatz bei Verletzung der Euro-
päischen Menschenrechtskonvention, Köln/Berlin/Bonn/München,
1994, S. 14 f.; Polakiewicz, a.a.O., S. 96; vgl. zum Ganzen
EuGRZ 2001 S. 319 ff.).

        bb) Stehen nur materielle Interessen auf dem Spiel
und kann die Konventionsverletzung bloss noch mit einer Ent-
schädigung gutgemacht werden, ist die Revision nach Art. 139a
OG grundsätzlich ausgeschlossen (EuGRZ 2001 319 E. 2b/bb;
BGE 125 III 185 E. 3 S. 188 [Hertel]; 123 I 283 E. 3a S. 287
[Stürm]; 123 I 329 E. 3 S. 335 ff. [Stürm II]; BBl 1991 II
529 f.; VPB 63.86 III. 4. - 6., S. 819 ff.). Die Frage der
"gerechten Entschädigung" für die festgestellte Beeinträch-
tigung in den konventionsmässigen Rechten ist in diesem Fall
im Rahmen von Art. 41 EMRK durch den Gerichtshof zu erledi-
gen (vgl. Polakiewicz, a.a.O., S. 144). Die entsprechende
Entschädigung ist völkerrechtlicher Natur und kann nicht
innerstaatlich durchgesetzt werden (vgl. Villiger, a.a.O.,
Rz. 237). Anders verhält es sich, wenn die Entschädigung
und die Feststellung des Gerichtshofs die Verletzung nicht
hinreichend auszugleichen vermögen, etwa bei einem (allen-
falls auch nur impliziten) Fortbestehen eines Schuldvorwurfs
(BGE 124 II 480 E. 2c S. 485 [Revision Erbenhaftung]; VPB
63.86 III. 4. S. 819), oder wenn der konventionswidrige Zu-
stand trotz der Feststellung einer Konventionsverletzung
durch den Gerichtshof andauert (BGE 125 III 185 E. 4b
S. 190 [Hertel; Fortbestehen eines UWG-rechtlichen Verbots];
BGE 123 I 329 E. 2a S. 333 [Stürm; Anrechnung der Untersu-
chungshaft auf die Strafe bei überlanger Verfahrensdauer]).
In diesen Fällen ist die Revision des bundesgerichtlichen
Urteils möglich, falls sie geeignet erscheint, über die
finanzielle Abgeltung hinaus fortbestehende, konkrete nach-
teilige Auswirkungen der Konventionsverletzung im Rahmen
des ursprünglichen Verfahrens noch zu beseitigen (vgl.
Schürmann, a.a.O., S. 100, der aber davon ausgeht, dass
die bundesgerichtliche Praxis dies vorschnell annimmt);
dieses ist dann - lediglich, aber immerhin - im Umfang des
konkreten Revisionsgrundes wieder aufzunehmen (BGE 120 V
150 E. 3a S. 156 f. [Schuler-Zgraggen], mit Hinweisen; 125
III 185 E. 4c S. 192 [Hertel]; VPB 63.86 III. 1. S. 817).

     3.- a) Nach Art. 32 Ziff. 2 aEMRK hatte das Ministerko-
mitee bei Bejahung einer Konventionsverletzung einen Zeit-
raum festzusetzen, innerhalb dessen der betroffene Vertrags-
staat die von ihm festgelegten Massnahmen zur Beseitigung
der Konventionsverletzung durchzuführen hatte.

        Vorliegend hat die Schweiz dem Gesuchsteller im Ver-
fahren vor der Kommission mit Schreiben vom 18. März 1998 an-
geboten, dass die schweizerische Regierung auf die Hälfte der
festgesetzten Strafsteuern (d.h. auf 50 % von Fr. 338'920.80)
verzichtet. Der Gesuchsteller hat diesen Vorschlag mit Ein-
gabe vom 9. April 1998 an die Kommission ausdrücklich abge-
lehnt. Zudem hat er nach der Zustellung des Berichts der
Kommission vom 1. Juli 1998 dieser gegenüber am 19. Septem-
ber 1998 erklärt, er verzichte - nachdem die Beurteilung
eindeutig zu seinen Gunsten ausgefallen sei - darauf, den
Gerichtshof anzurufen, und er stelle keine materiellen For-
derungen, da diese den ideellen Schaden ohnehin nicht gut-
machen könnten; er bitte die Kommission daher, die Akten
abzuschliessen.

        Die Kommission entschied in der Folge am 3. Dezem-
ber 1999 - offensichtlich aufgrund des Verzichts des Gesuch-
stellers, eine Wiedergutmachungssumme zu verlangen -, dass
die Schweiz dem Gesuchsteller gestützt auf Art. 32 Ziff. 2
aEMRK keine Wiedergutmachungssumme zu zahlen habe, "le re-
quérant n'ayant soumis aucune prétention à ce titre". In
der Schlussresolution vom 24. Juli 2000 hat das Minister-
komitee diese Würdigung übernommen, also festgestellt, dass
die Schweiz das Beschleunigungsgebot verletzt habe, und
entschieden, dass sie dem Gesuchsteller keine Wiedergutma-
chungssumme zu zahlen und ihre Verpflichtungen nach Art. 32
EMRK erfüllt habe.

        b) Soweit die festgestellte Konventionsverletzung
durch eine "gerechte Entschädigung" im Sinne von Art. 41
EMRK bzw. Art. 32 Ziff. 2 aEMRK (im Sinne der Regel Nr. 9
und der Ziff. 2bis des Anhangs der "Regeln des Ministerkomi-
tees für die Anwendung von Art. 32 EMRK") wiedergutgemacht
werden kann, hat der Verletzte sein Recht vor den Strassbur-
ger Organen und nicht im Revisionsverfahren nach Art. 139a
OG vor dem Bundesgericht zu suchen (vgl. oben E. 2 b/bb
a.A.). Der Beschwerdeführer hätte für die Belastung durch
die lange Verfahrensdauer und die dadurch allenfalls zusätz-
lich verursachten Verfahrenskosten eine Entschädigung bzw.
eine Wiedergutmachungssumme verlangen können. Dass er darauf
im Verfahren vor den Strassburger Organen verzichtet hat,
hat er selber zu vertreten; auf diesem Verzicht ist er nach
dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV) zu
behaften. Im vorliegenden Revisionsverfahren stellt er dem-
nach zu Recht kein Begehren um Zusprechung einer Wiedergut-
machungssumme oder einer Entschädigung für das Verfahren in
Strassburg.

        c) Er verlangt stattdessen die Einstellung des
Steuerhinterziehungsverfahrens und die Aufhebung der Bussen
wegen Verjährung sowie die Rückforderung der bezahlten Bus-
sen, eventualiter die Reduktion der Bussen und die Rückzah-
lung der zuviel bezahlten Bussen.

        aa) Hat ein Strafverfahren lange bzw. zu lange
gedauert, kann dem nach Art. 64 StGB durch eine Strafmil-
derung Rechnung getragen werden, wenn sich der Täter wäh-
rend dieser Zeit wohl verhalten hat. Eine Berücksichtigung
ist auch im Rahmen der Regelung der Verfahrenskosten und
der Parteientschädigung möglich, etwa indem die Verfahrens-
kosten ganz oder teilweise dem Staat überbunden werden oder
indem der Beschuldigte trotz eines teilweisen oder voll-
ständigen Unterliegens für das Verfahren entschädigt wird
(vgl. etwa Art. 156 Abs. 6 und Art. 159 Abs. 5 in Verbindung

mit Art. 156 Abs. 6 OG). Schliesslich kann eine lange Ver-
fahrensdauer auch nach strafprozessualen oder verfahrens-
rechtlichen Grundsätzen sowie gegebenenfalls nach den Vor-
schriften des anwendbaren Staatshaftungsrechts wiedergut-
gemacht werden, so etwa - bei einer Verfahrenseinstellung
oder einem vollständigen oder teilweisen Freispruch - durch
eine Entschädigung bzw. Genugtuung für eine ungerechtfer-
tigte oder zu lange Untersuchungshaft oder für andere auf-
grund der Belastung durch ein Strafverfahren erlittene
Nachteile.

        bb) Vorliegend hat vorab im Verfahren vor den
Strassburger Organen die Möglichkeit bestanden, die Ver-
letzung des Beschleunigungsgebots wiedergutzumachen, dies
einmal durch die autoritative Feststellung einer Konventi-
onsverletzung und die Veröffentlichung des Berichts der
Kommission (vgl. VPB 2000 Nr. 147). Es hätte ausserdem die
Möglichkeit bestanden, für die überlange Verfahrensdauer
bzw. für die dadurch erlittenen Beeinträchtigungen bereits
im Verfahren in Strassburg eine Wiedergutmachungszahlung
zu verlangen; solche Zahlungen werden von den Strassburger
Organen namentlich im Falle einer überlangen Verfahrensdauer
zugesprochen (vgl. BGE 123 I 329 E. 3). Soweit der Gesuch-
steller - wie vorliegend - im Verfahren in Strassburg auf
Zusprechung einer solchen Summe ausdrücklich verzichtet hat,
kann er sich nicht nachträglich im nationalen Revisionsver-
fahren auf das Fortbestehen eines Wiedergutmachungsbedarfs
berufen. Die Voraussetzungen für eine Entschädigung für
die Belastung durch das überlange Verfahren - vgl. soeben
lit. aa - sind damit von vornherein nicht gegeben und die
Revision ist aus diesem Grunde zu verweigern.

        cc) Des Weiteren besteht vorliegend kein Anlass,
das Urteil des Bundesgerichts vom 21. November 1994 wegen
der Feststellung einer überlangen Verfahrensdauer im Straf-
punkt und betreffend die Festsetzung der Höhe der Straf-

steuer in Revision zu ziehen (vgl. BGE 123 I 329 E. 3
S. 336). Dass die lange Verfahrensdauer namentlich durch
eine Reduktion des Strafmasses sanktioniert wird, besagt
noch nicht, dass die Feststellung einer solchen Konven-
tionsverletzung durch die Konventionsorgane stets eine
revisionsweise Anpassung des Strafmasses zur Folge hätte.
Eine lange Verfahrensdauer ist zunächst kein zwingender
Strafmilderungsgrund, verweist Art. 64 StGB doch auf das
Ermessen des Richters, indem dort festgehalten ist, dass
dieser die Strafe mildern "kann", wenn seit der Tat ver-
hältnismässig lange Zeit verstrichen ist und der Täter sich
während dieser Zeit wohl verhalten hat. Die Strassburger
Organe haben den Schuldvorwurf (die Steuerhinterziehung)
des Weiteren nicht in Frage gestellt. Vorliegend hat die
Kantonale Rekurskommission für eidgenössische Abgaben von
Basel-Stadt die Steuerbussen von 150 bzw. 200 % des hinter-
zogenen Steuerbetrages auf 100 % dieses Betrages reduziert,
dies, weil ihr die absolute Höhe der von ihr zu beurteilen-
den Bussen als sehr hoch erschienen ist; sie hielt aber
- in Kenntnis der Länge des Strafverfahrens - ausdrücklich
fest, dass die Busse als "prozessmässig eher milde" zu
bezeichnen sei. Es kann demnach nicht davon ausgegangen
werden, dass bei Anerkennung der Verfahrensdauer als Straf-
milderungsgrund die Strafsteuer zusätzlich herabgesetzt
worden wäre.

        dd) Zusammenfassend ergibt sich: Hat der Gesuch-
steller auf die Möglichkeit verzichtet, die Belastung durch
die lange Verfahrensdauer mittels Zusprechung einer Wieder-
gutmachungszahlung durch die Konventionsorgane auszuglei-
chen, und die ihm im Verfahren vor der Kommission von der
Schweizer Regierung angebotene Reduktion der Strafsteuern
abgelehnt, so kann er nicht nachträglich nach Art. 139a OG
die Wiederaufnahme des Verfahrens und dessen Einstellung
zufolge Verjährung bzw. die Revision der Strafverfügungen
sowie die Reduktion der Bussen verlangen.

     4.- Das Revisionsbegehren nach Art. 139a OG erweist
sich daher als unbegründet, soweit es zulässig ist.

        Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die
Kosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Das Revisionsbegehren wird abgewiesen, soweit
darauf einzutreten ist.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem
Gesuchsteller auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Gesuchsteller, der Kanto-
nalen Verwaltung für die direkte Bundessteuer und der
Kantonalen Rekurskommission für eidgenössische Abgaben
von Basel-Stadt sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung
schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 31. Oktober 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
      Der Präsident:            Der Gerichtsschreiber: