Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.92/2001
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001


2A.92/2001/bol

            II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
            ***********************************

                       19. März 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller
und Gerichtsschreiber Feller.

                         ---------

                         In Sachen

A.________, geb. 20. November 1971, Beschwerdeführer,

                           gegen

Amt für Migration des Kantons  L u z e r n,
Verwaltungsgericht des Kantons  L u z e r n, Verwaltungs-
rechtliche Abteilung,

                         betreffend
                         Ausweisung,

         wird festgestellt und in Erwägung gezogen:

     1.- A.________, geboren am 20. November 1971, ist ita-
lienischer Staatsangehöriger. Im September 1988 reiste er in
die Schweiz ein und arbeitete in der Folge als Saisonnier im
Kanton Luzern. Nach der Heirat mit einer Schweizerin im Jahr
1991 wurde ihm die Jahres-Aufenthaltsbewilligung erteilt.
Die Ehe wurde anfangs 1993 geschieden und A.________ aus dem
Kanton weggewiesen. Nachdem A.________ am 3. Dezember 1993
eine andere Schweizer Bürgerin geheiratet hatte, erhielt er
wiederum eine Aufenthaltsbewilligung. Die Ehe, welcher zwei
Kinder, B.________, geb. 30. Dezember 1993, und C.________,
geb. 16. Mai 1995, entstammen, wurde am 25. April 1997 ge-
schieden, wobei die Kinder unter die elterliche Gewalt der
Mutter gestellt wurden.

        Am 24. Juli 2000 stellte die Fremdenpolizei des
Kantons Luzern fest, dass die Aufenthaltsbewilligung von
A.________ am 15. August 1999 durch Zeitablauf erloschen
sei, da er eine ins Auge gefasste Erneuerung der Bewilligung
nicht akzeptiert habe. Zugleich wies sie ihn gestützt auf
Art. 10 Abs. 1 lit. a und b des Bundesgesetzes über Aufent-
halt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) aus
der Schweiz aus. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
wies die gegen die Ausweisungsverfügung erhobene Beschwerde
mit Urteil vom 19. Januar 2001 im Sinne der Erwägungen ab.

        A.________ erhob am 21./22. Februar 2001 gegen die-
ses Urteil (Verwaltungsgerichts-)Beschwerde an das Bundes-
gericht.

        Die kantonalen Akten sind eingeholt, ein Schriften-
wechsel ist indessen nicht angeordnet worden.

     2.- a) Gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann der Aus-
länder aus der Schweiz oder aus einem Kanton nur ausgewiesen
werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens ge-
richtlich bestraft wurde. Nach Art. 10 Abs. 1 lit. b ANAG
kann der Ausländer ferner ausgewiesen werden, wenn sein Ver-
halten im Allgemeinen und seine Handlungen darauf schliessen
lassen, dass er nicht gewillt oder nicht fähig ist, sich in
die im Gaststaat geltende Ordnung einzufügen. Die Ausweisung
gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. b ANAG kann namentlich als be-
gründet erscheinen bei schweren oder wiederholten Verstössen
gegen gesetzliche Vorschriften oder behördliche Verfügungen,
grober Verletzung allgemeiner Gebote der Sittlichkeit, fort-
gesetzter böswilliger oder liederlicher Nichterfüllung der
öffentlichrechtlichen oder privatrechtlichen Verpflichtun-
gen, sonstiger fortgesetzter Liederlichkeit oder Arbeits-
scheu (Art. 16 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 1. März
1949 zum ANAG [ANAV; SR 142.201]).

        Die Ausweisung darf jedoch nur verfügt werden, wenn
sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint (Art. 11
Abs. 3 ANAG). Hierbei sind vor allem die Schwere des Ver-
schuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in
der Schweiz und die ihm und seiner Familie drohenden Nach-
teile zu berücksichtigen (Art. 16 Abs. 3 ANAV).

        Ob die Ausweisung im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG
und Art. 16 Abs. 3 ANAV "angemessen", d.h. verhältnismässig
sei, ist eine Rechtsfrage, die vom Bundesgericht frei ge-
prüft wird (Art. 104 lit. a OG in Verbindung mit Art. 114
Abs. 1 letzter Teilsatz OG). Dem Bundesgericht ist es jedoch
verwehrt, sein eigenes Ermessen - im Sinne einer Überprüfung
der Zweckmässigkeit (Opportunität) der Ausweisung - an die
Stelle desjenigen der zuständigen kantonalen Behörde zu set-
zen (BGE 125 II 105 E. 2a S. 107, 521 E. 2a S. 523, mit Hin-
weisen).

        Die Ermittlung des Sachverhalts der Vorinstanz als
richterlicher Behörde bindet das Bundesgericht, soweit sie
ihn nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 2 OG).

        b) Das Verwaltungsgericht konnte bei seinem Ent-
scheid von folgenden für das Bundesgericht verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen ausgehen:

        Seit dem Jahr 1991 kam es zu rund 40 Strafverfügun-
gen und polizeilichen Interventionen gegen den Beschwerde-
führer, praktisch ausschliesslich wegen Verstosses gegen
Regeln des Strassenverkehrsgesetzes. Allein in den Jahren
1998 und 1999 ergingen 24 Strafverfügungen wegen SVG-Delik-
ten, einmal wegen einfacher Körperverletzung. Die dabei aus-
gesprochenen Bussen bezahlte der Beschwerdeführer mehrheit-
lich nicht, sodass im Jahr 2000 verschiedene anstehende Bus-
sen in insgesamt 127 Tage Haft umgewandelt werden mussten.
Der Beschwerdeführer ist ferner erheblich überschuldet. Im
Zeitraum vom 1. Januar 1997 bis 19. April 2000 wurden 40 Be-
treibungen im Gesamtbetrag von Fr. 35'239.15 eingeleitet,
welche regelmässig zu Verlustscheinen führten. Während mehr
als zwei Jahren bezog er sodann als ausgesteuerter Arbeits-
loser wirtschaftliche Sozialhilfe, welche er sich auch dann
ausrichten liess, als er vorübergehend ein Erwerbseinkommen
erzielte. Am 5. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer we-
gen seines Verhaltens fremdenpolizeilich verwarnt (Andro-
hung, dass die Aufenthaltsbewilligung nicht erneuert würde).
Unbeeindruckt von dieser Verwarnung änderte der Beschwerde-
führer sein Verhalten nicht. So überschritt er kurze Zeit
später die signalisierte Höchstgeschwindigkeit auf der Auto-
bahn massiv (um 48 km/h nach Abzug der Toleranz).

        c) Der Beschwerdeführer hat mit diesem Verhalten
die Ausweisungsgründe von Art. 10 Abs. 1 lit. a und b ANAG
klar erfüllt. Zur Beurteilung der Frage, ob die Ausweisung
im konkreten Fall auch angemessen (d.h. verhältnismässig)
ist, muss insbesondere die Schwere des Verschuldens des
Ausländers gewichtet werden, wobei seinem Verhalten insge-
samt Rechnung zu tragen ist. So kann die Ausweisung nach
Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG (gerichtliche Bestrafung wegen
eines Verbrechens oder eines Vergehens) auch dann zulässig
sein, wenn einzelne strafrechtliche Verurteilungen für sich
allein betrachtet nicht besonders schwer wiegen, der Auslän-
der aber immer wieder straffällig geworden ist. Eine Be-
trachtung des gesamten Verhaltens des Ausländers über einen
längeren Zeitraum hinweg erscheint, angesichts der Natur
dieses Ausweisungsgrunds, erst recht im Falle von Art. 10
Abs. 1 lit. b ANAG geboten, wie sich insbesondere aus der
Umschreibung in Art. 16 Abs. 2 ANAV ergibt. Nur eine Gesamt-
betrachtung des Verhaltens in diesem Sinn erlaubt es zu be-
urteilen, ob der Ausländer nicht gewillt oder nicht fähig
ist, sich in die im Gaststaat geltende Ordnung einzufügen
(Urteil des Bundesgerichts vom 18. August 1994 i.S. Saad,
E. 4, publiziert in RDAT 1995 I 53 131; nicht veröffentlich-
tes Urteil vom 15. November 2000 i.S. Ljubic, E. 2b; Alain
Wurzburger, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en
matière de police des étrangers, in: RDAF 53/1997, S. 308).

        Das Verwaltungsgericht ist in Berücksichtigung die-
ser Vorgaben zutreffend von einem schweren Verschulden des
Beschwerdeführers und damit einem gewichtigen öffentlichen
Interesse an seiner Ausweisung ausgegangen. In der Tat ver-
stösst der Beschwerdeführer fortlaufend gegen die öffentli-
che Ordnung. Weder die zahlreichen Strafen noch behördliche
Ermahnungen vermögen ihn zu beeinflussen; er zeigt sich seit
Jahren unbelehrbar. Das Verwaltungsgericht hat die privaten
Interessen des Beschwerdeführers, die dem öffentlichen Inte-
resse an der Ausweisung gegenüberstehen, vollständig berück-

sichtigt und in zulässiger Weise gewichtet. Es kann dazu auf
E. 3b/aa (soziale und berufliche Integration) und E. 3b/bb
(Beziehung zu seinen Kindern) des angefochtenen Urteils ver-
wiesen werden (vgl. Art. 36a Abs. 3 OG). Keiner Ergänzung
bedürfen insbesondere die allgemeinen sowie fallspezifischen
Darlegungen über die Gewichtung von familiären Beziehungen,
die im Rahmen eines Besuchsrechts ausgeübt werden. Die pri-
vaten Interessen des Beschwerdeführers vermögen das öffent-
liche Interesse an seiner Ausweisung nicht aufzuwiegen.

        Die Ausweisung des Beschwerdeführers verletzt Bun-
desrecht nicht. Zu Handen der kantonalen Fremdenpolizeibe-
hörden sei aber nochmals besonders hervorgehoben, was das
Verwaltungsgericht zu den Modalitäten der Ausweisung, d.h.
zu deren jeweiligen Suspendierung im Sinne von Art. 11
Abs. 4 ANAG, festgestellt hat (letzter Absatz von E. 3b/bb,
S. 8).

        d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich
als offensichtlich unbegründet. Sie ist demnach im verein-
fachten Verfahren (Art. 36a OG) abzuweisen.

        e) Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die bun-
desgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht
               im Verfahren nach Art. 36a OG:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amt
für Migration und dem Verwaltungsgericht (Verwaltungsrecht-
liche Abteilung) des Kantons Luzern sowie dem Bundesamt für
Ausländerfragen schriftlich mitgeteilt.

                       _____________

Lausanne, 19. März 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: