Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.71/2001
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2001


2A.71/2001/leb

             II. ÖFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                        22. Mai 2001

Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Hartmann,
Hungerbühler und Gerichtsschreiber Häberli.

                         ---------

                         In Sachen

A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dominique Chopard, Werdstrasse 36, Zürich,

                           gegen

Die Schweizerische Post, Viktoriastrasse 21, Bern,
Beschwerdegegnerin,
Eidgenössische Personalrekurskommission,

                         betreffend
             Auflösung des Dienstverhältnisses,

hat sich ergeben:

     A.- A.________ arbeitete seit dem 1. März 1991 für
die Schweizerische Post (vormals: PTT-Betriebe der Schweize-
rischen Eidgenossenschaft). Ab dem Herbst 1998 beanstandete
die Arbeitgeberin wiederholt Leistung und Verhalten von
A.________; dieser wurde (mehrmals) mündlich und schriftlich
aufgefordert, sich zu verbessern. Am 27. März 2000 wurde
A.________ die Auflösung seines Dienstverhältnisses auf den
31. August 2000 in Aussicht gestellt und ihm eine Frist zur
Stellungnahme angesetzt. Seit dem 24. März 2000 war
A.________ zu 100 Prozent arbeitsunfähig geschrieben (Arzt-
zeugnis vom 27. März 2000), was in der Folge andauerte.

        Mit Verfügung vom 12. April 2000 löste die Post
(Paketpost, Region Ost) das Dienstverhältnis von A.________
per 31. August 2000 auf, wobei sie auf das Ungenügen von
dessen Leistung und Verhalten hinwies; der Betroffene hatte
sich vorgängig innert Frist nicht vernehmen lassen.

     B.- Gegen seine Entlassung beschwerte sich A.________
erfolglos bei der Konzernleitung der Post (Entscheid vom
22. August 2000) und anschliessend bei der Eidgenössischen
Personalrekurskommission (Entscheid vom 8. Januar 2001).

     C.- Am 8. Februar 2001 ist A.________ mit Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gelangt. Er bean-
tragt, den Entscheid der Eidgenössischen Personalrekurs-

kommission aufzuheben und die Nichtigkeit der Verfügung vom
12. April 2000 festzustellen; eventuell seien der angefoch-
tene Entscheid und die Verfügung vom 12. April 2000 aufzuhe-
ben. Subeventuell sei die Vorinstanz anzuweisen, auf das
Begehren des Beschwerdeführers einzutreten, die Post sei für
die Dauer seiner Krankheit zur Lohnfortzahlung zu verpflich-
ten.

        Die Post beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die
Eidgenössische Personalrekurskommission hat auf eine Ver-
nehmlassung verzichtet.

     D.- Am 16. März 2001 hat der Präsident der II. öffent-
lichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das mit der
Beschwerde verbundene Gesuch um aufschiebende Wirkung abge-
wiesen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Gegen einen Entscheid der Eidgenössischen Perso-
nalrekurskommission betreffend die Auflösung des Dienstver-
hältnisses ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig
(Art. 98 lit. e und Art. 100 Abs. 1 lit. e OG e contrario;
Art. 15 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Organisation der
Postunternehmung des Bundes [POG; SR 783.1] in Verbindung
mit Art. 79 der Angestelltenordnung vom 10. November 1959
[AngO; SR 172.221.104] und Art. 58 Abs. 2 lit. d des Be-
amtengesetzes vom 30. Juni 1927 [BtG; SR 172.221.10]). Der
Beschwerdeführer, dessen Entlassung von der Vorinstanz

geschützt wurde, ist zur Beschwerde legitimiert (Art. 103
lit. a OG). Auf seine form- und fristgerechte Eingabe ist
einzutreten.

        b) Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
kann ein Verstoss gegen Bundesrecht, einschliesslich Über-
schreitung oder Missbrauch des Ermessens, sowie die unrich-
tige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und lit. b OG).
Hat - wie hier - eine richterliche Behörde als Vorinstanz
entschieden, ist das Bundesgericht allerdings an deren Sach-
verhaltsfeststellung gebunden, sofern diese nicht offen-
sichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgt ist (Art. 105
Abs. 2 OG).

     2.- a) Auf die vorliegende Streitigkeit findet die
Angestelltenordnung PTT vom 3. August 1993 (AO PTT) Anwen-
dung (Art. 15 Abs. 1 POG in Verbindung mit Art. 62a BtG
und Art. 93 der Beamtenordnung 2 vom 15. März 1993 [BO 2;
SR 172.221.102.1]). Gemäss dieser kann das Dienstverhältnis
der ständigen Angestellten (von beiden Seiten) unter Angabe
der Gründe grundsätzlich jederzeit ordentlich gekündigt wer-
den, wobei je nach Dauer des Dienstverhältnisses eine Frist
von drei bis sechs Monaten zu wahren ist (Ziff. 2101 in Ver-
bindung mit Ziff. 2201 AO PTT; vgl. auch Ziff. 2102 AO PTT).
Unzulässig ist eine Kündigung einzig, solange der Angestell-
te schweizerischen obligatorischen Militär- bzw. Militäri-
schen Frauendienst, Zivilschutz-, Zivil- oder Rotkreuzdienst
leistet, sowie während der Schwangerschaft und in den ersten
16 Wochen nach der Niederkunft der Angestellten (Ziff. 2103
AO PTT). Sofern wichtige Gründe vorliegen, kann die Wahlbe-
hörde das Dienstverhältnis sofort umgestalten oder auflösen
(Ziff. 2300 ff. AO PTT).

        b) Für das privatrechtliche Arbeitsverhältnis sieht
Art. 336c Abs. 1 lit. b OR vor, dass der Arbeitgeber während
einer (nach Dauer der Anstellung abgestuften) Frist nicht
kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschul-
den durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an
der Arbeitsleistung verhindert ist. Die Angestelltenordnung
PTT kennt - wie auch die (allgemeine) Angestelltenordnung
vom 10. November 1959 und die Angestelltenordnung SBB vom
2. Juli 1993 - keine entsprechende Vorschrift. Bezüglich der
Letzteren hat das Bundesgericht entschieden, sie weise inso-
fern keine Lücke auf; das Fehlen einer entsprechenden Be-
stimmung sei vielmehr auf ein qualifiziertes Schweigen des
Gesetzgebers zurückzuführen (BGE 124 II 53).

        c) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
gilt Gleiches für die Angestelltenordnung PTT vom 3. August
1993: Diese wurde - wie die Angestelltenordnung SBB - zu
einem Zeitpunkt beschlossen, als im Privatrecht der Kündi-
gungsschutz bei Krankheit längst bestand; die fragliche
Sperrfrist wurde auf den 1. Januar 1972 eingeführt
(Art. 336e Abs. 1 lit. b aOR) und gilt in ihrer heutigen
Fassung (Art. 336c Abs. 1 lit. b OR) seit dem 1. Januar
1989. Mithin ist auszuschliessen, dass die Generaldirektion
PTT als "Gesetzgeberin" diese Problematik übersehen hat. Es
lässt sich denn auch inhaltlich keine Regelungslücke erken-
nen: Das Dienstverhältnis kann - anders als ein privatrecht-
liches Arbeitsverhältnis - nur bei Vorliegen eines sachli-
chen bzw. triftigen Grunds aufgelöst werden; dies gilt auch
für die Postangestellten, unbesehen der Tatsache, dass
Ziff. 2101 AO PTT keine entsprechende Präzisierung enthält
(vgl. BGE 108 Ib 209 E. 2 S. 210). Der öffentlichrechtliche
Angestellte ist insofern deutlich besser gegen Kündigung
geschützt als der privatrechtliche. Darüber hinaus gilt im

öffentlichen Dienstrecht eine weitreichende Lohnfortzah-
lungspflicht. Gemäss Ziff. 1100 AO PTT in Verbindung mit
Art. 73 BO 2 hat der Postangestellte bei Dienstaussetzung
wegen Krankheit oder Unfalls Anspruch auf die volle Ent-
löhnung. Dauert seine gesundheitsbedingte Abwesenheit länger
als ein Jahr, so erhält er mindestens noch die Hälfte seines
Lohns (plus die vollen Zulagen), wobei die ausbezahlte Summe
gewisse sozial- und pensionskassenrechtliche Beträge nicht
unterschreiten darf (vgl. Art. 73 Abs. 2 BO 2). Demgegenüber
schuldet der privatrechtliche Arbeitgeber den Lohn im ersten
Jahr nur für drei Wochen und nachher "für eine angemessene
längere Zeit" (Art. 324a Abs. 2 OR), welche in der Praxis
auch bei zehn- und zwanzigjährigen Arbeitsverhältnissen vier
bis sechs Monate nicht übersteigt (vgl. Manfred Rehbinder,
in: Basler Kommentar, N 6 zu Art. 324a OR). Schliesslich
kann das privatrechtliche Arbeitsverhältnis nach Ablauf der
Sperrfrist ohne weiteres aufgelöst werden, auch wenn der
Grund hierfür die Krankheit selber ist. Im öffentlichen
Dienstverhältnis bildet diese für sich allein indessen
keinen Kündigungsgrund. In diesem Zusammenhang ist unerheb-
lich, dass dem Beschwerdeführer nicht wegen einer krank-
heitsbedingten Berufsunfähigkeit gekündigt worden ist, wie
sie dem Sachverhalt von BGE 124 II 53 zugrunde lag, sondern
aufgrund mangelnder Leistung.

        d) Nach dem Gesagten ist eine analoge Anwendung
der privatrechtlichen Sperrfrist auf öffentlichrechtliche
Dienstverhältnisse nicht angezeigt. An dieser Praxis ist
ungeachtet der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Kritik
festzuhalten: Selbst wenn sich die Beschwerdegegnerin unter
den gegebenen Umständen - gestützt auf die Angestellten-
ordnung PTT - schneller vom Beschwerdeführer trennen kann,
als es nach der privatrechtlichen Regelung möglich wäre,

erscheint dies nicht unzulässig; angesichts der insgesamt
erheblichen Besserstellung der öffentlichrechtlichen im
Vergleich zu den privatrechtlichen Angestellten haben Ers-
tere solche Nachteile hinzunehmen. Was der Beschwerdeführer
weiter gegen die publizierte Rechtsprechung vorbringt, ist
nicht stichhaltig: Soweit privatrechtliche Arbeitnehmer über
einen Anspruch auf Krankentaggelder verfügen, gründet dieser
nicht im Arbeitsvertragsrecht; vielmehr dürften Verhandlun-
gen der Sozialpartner zum Abschluss von Kollektivversiche-
rungsverträgen geführt oder sich die Betroffenen selbst
gegen krankheitsbedingten Verdienstausfall versichert haben.
Für die Frage, ob das öffentliche Dienstrecht im Vergleich
mit dem Arbeitsvertragsrecht lückenhaft ist, lässt sich
jedenfalls aus dem Bestehen privatrechtlicher Krankentag-
geldversicherungen nichts ableiten.

     3.- a) Der Beschwerdeführer macht überdies geltend,
die Kündigung sei nicht aus sachlichen Gründen ausgesprochen
worden; die Beschwerdegegnerin habe ihn vielmehr "negativ
etikettiert" und ihn wegen krankheitsbedingten Einschränkun-
gen "als unbrauchbar abgeschoben". Dieser Einwand dringt
nicht durch: Die Vorinstanz hat verbindlich festgestellt
(Art. 105 Abs. 2 OG; vgl. oben E. 1b), beim Beschwerdeführer
sei nicht primär die Quantität der Leistung beanstandet wor-
den, welche allenfalls durch gesundheitliche Beschwerden
hätte beeinträchtigt werden können, sondern vielmehr die
Qualität seiner Arbeit; er habe sich denn auch gegenüber der
Beschwerdegegnerin nie mit gesundheitlichen Problemen zu
rechtfertigen gesucht. Der Beschwerdeführer bringt, soweit
er sich überhaupt mit diesen Erwägungen auseinander setzt,
nichts vor, was diese Feststellungen entkräften könnte. Es
ist deshalb mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass es
ungenügende Leistungen waren, die zur Kündigung des Dienst-

verhältnisses führten. Nachdem der Beschwerdeführer trotz
mehrmaliger Ermahnung über eineinhalb Jahre weg keine Ver-
besserung seiner Leistung erreichte, ist die Auflösung des
Dienstverhältnis (unter Einhaltung der Kündigungsfristen)
sachlich gerechtfertigt.

        b) Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer,
dass das angefochtene Urteil nur die Zulässigkeit der Kündi-
gung bestätige, jedoch die Frage offen lasse, ob allenfalls
eine Pflicht zur Lohnfortzahlung bestehe. Die Vorinstanz hat
sich zu dieser Frage nicht geäussert, weil es insoweit an
einer erstinstanzlichen Verfügung fehle. Nachdem in der Kün-
digungsverfügung der Post vom 12. April 2000 über eine all-
fällige Lohnfortzahlung nicht befunden worden war und die
Konzernleitung der Post in ihrem Beschwerdeentscheid vom
23. Juni 2000 die Frage der Lohnfortzahlungspflicht "trotz
zulässiger Kündigungsmöglichkeit" ausdrücklich ausgeklammert
hatte, durfte die Vorinstanz diesen Punkt mangels eines An-
fechtungsobjektes ihrerseits ohne materielle Prüfung offen
lassen. Es obliegt der Post, hierüber auf Verlangen des Be-
schwerdeführers einen (ergänzenden) anfechtbaren Entscheid
zu erlassen.

     4.- a) Der angefochtene Entscheid verletzt nach dem
Gesagten kein Bundesrecht, weshalb die Verwaltungsgerichts-
beschwerde abzuweisen ist.

        b) Diesem Verfahrensausgang entsprechend wird der
Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1 in Verbin-
dung mit Art. 153 und Art. 153a OG); der Grundsatz der Kos-
tenlosigkeit von Personalstreitigkeiten erstreckt sich nur
auf das erstinstanzliche Verfahren vor der Eidgenössischen
Personalrekurskommission (BGE 121 II 207 E. 6 S. 208). Es
ist keine Parteientschädigung auszurichten.

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Be-
schwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird den Parteien sowie der Eidge-
nössischen Personalrekurskommission schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 22. Mai 2001

      Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: